Finnbar Trout Cycles aus Köln zeigte auf den Craft Bike Days 2023 einen „Rat Racer“ – einen Gravel Bike-Prototyp, der zusammen mit den Bikefittern von Kom-Sport neue Geometrie-Möglichkeiten auslotet und das auch offen zur Schau stellt.
„Ich baue keine Showbikes, ich baue funktional schöne und einzigartige Fahrräder, die von Individuen gefahren und genossen werden, die das Radfahren lieben”, schildert James Buckley sein Schaffen auf der eigenen Webseite. James Buckley ist der Mann hinter Finnbar Trout Cycles und hat mit dem Rahmenbau sein Hobby zum Beruf gemacht. Der Brite sieht sich in der Tradition der großen Rahmenbaukultur in seiner Heimat Nordengland. Seine eigene Werkstatt hat er aber im Süden von Köln. Buckley hat es sich zum Ziel gesetzt, „Fahrräder zu bauen, die dem Körper und der Seele des späteren Besitzers passen“ – was er darunter genau versteht, erklärt er im Interview unten. Das Material seiner Wahl dazu ist Stahl, das er in allen Lötverfahren verarbeitet: klassische Muffenbauweise treibt er ebenso voran wie Fillet-Brazing. Trotz des klassischen Materials, das Buckley auch wegen seiner Nachhaltigkeit schätzt, ist er sich als passionierter Radfahrer der Vorteile von Aerodynamik und Komfort auf dem Fahrrad bewusst und berücksichtigt sie bei seinen Bauten (wenn es zu den Kundinnen und Kunden passt). Es geht nicht nur um ein fertiges Bike, sondern auch um den erfüllenden Prozess, gemeinsam dorthin zu gelangen. Und natürlich darf am Ende auch die Schönheit des Objekts für den studierten Designer dabei nicht zu kurz kommen.
Finnbar Trout Cycles Rat Racer
Das Gravel Bike, das Finnbar Trout auf den Craft Bike Days 2023 ausstellte, nennt Buckley „Rat Racer“ – auch eine Anspielung auf den Raw-Look des Rahmens, unter dessen Klarlack erkennbar von Hand gemalte Comic-artige Embleme und Kennzeichnungen sichtbar sind. Es handelt sich um ein Gravel Race Bike, das Finnbar Trout Cycles für und mit einem der Gründer des Kölner Bikefitting-Unternehmens Kom-Sport, Sebastian Klaus, gebaut hat – ein gemeinsames Projekt, das neue Möglichkeiten für Gravel Race-Geometrien erprobt. Die Zahlen auf dem Rahmen stellen die Geometrie zur Schau, die speziell auf Sebastians Biomechanik und Fahrstil ausgelegt ist: 76 Grad Sitzwinkel, 71 Grad Lenkkopfwinkel und 80 mm Tretlager-Absenkung. Das Ziel war es dabei, das Gewicht des Fahrers in die Mitte zu rücken, den Schwerpunkt niedrig zu halten und gleichzeitig den Fahrer aerodynamischer, also tiefer, zu positionieren. Der Rahmen wurde im Sinne der Nachhaltigkeit mit vorhandenen Komponenten von Sebastian aufgebaut.
Bei dem höchst individuellen Rad handelt es sich aber gleichzeitig um einen Prototyp für ein neues „Made in Germany“ Custom-Bike mit Serienfertigung. Dabei liefert ein Bikefitting die Grundlage für einen Rahmen, der zwar nach den Körpermaßen, aber in effizienterer Fertigung im TIG-Schweißverfahren in Deutschland hergestellt werden soll.
Interview: Finnbar Trout bei den Craft Bike Days 2023
Rennrad-News: Hallo James! Dieses Rad habe ich auf der Bespoked Bike Show in Dresden schon gesehen. Ich wollte schon immer mit dem Macher darüber reden und nun steht er hier neben mir – James Buckley von Finnbar Trout aus Köln. Worum geht es bei diesem Bike?
James Buckley: Das ist zunächst ein Prototyp. Ich habe ihn gebaut für meinen Partner in diesem Projekt, Sebastian Klaus vom Kom-Sport in Köln (einem auch von Profis in Anspruch genommenen Bikefitting-Unternehmen in Köln, Anm. der Redaktion). Das Projekt passt gut zu mir, denn es geht um das perfekte Rad für den Körper und es ist eines meiner Markenzeichen, dass ich keine Standards vorgegeben habe. Wir experimentieren mit vielen Ideen für die Geometrie – meiner Meinung nach ist die Gravel-Szene hier im Moment etwas zu fixiert, zu festgelegt. Und hier geht ein Renn-Gravel-Bike.
Was zeichnet es aus?
Wir gehen mit dem Innenlager tiefer, verkürzen den Hinterbau, aber haben einen steilen Sitzwinkel und das Oberrohr ist ein wenig länger. Die Idee ist, dass es ein schnelles Rad ist, durch die Sitzposition aerodynamischer, aber es ist stabil für mehr Laufruhe, und dafür verändern wir die Winkel, senken das Innenlager ab. So hat man ein besseres Gleichgewicht auf dem Rad: Es geht ein wenig in Richtung eines modernen XC-Mountainbikes. Am Ende soll es ein stabiles, aber sehr wendiges Rad sein. Das ist unser Ziel.
Und diese Details, wie hier „Ride or die“ auf dem Steuerrohr?
Normalerweise liebe ich Lack auf dem Fahrrad (lacht). Aber das ist eben ein Prototyp, den wir im Bike-Fitting-Studio zeigen wollen. Deswegen haben wir die Geometrie-Details per bei Hand auf den Rahmen gemalt, dann haben wir sie klar lackiert.
Kom-Sport sitzt in Köln, da habt ihr eine räumliche Nähe …
Ja, ich baue alles in Köln. Und du siehst auch hier „Made in Köln“ – aber das ist sehr subtil, das ist keine Karnevals-Zelebration, das ist einfach das Statement Design aus Köln. Das hängt auch zusammen mit Nachhaltigkeit, was mir sehr wichtig ist und was man an ein paar Designs auf dem Rad erkennen kann (zum Beispiel der Schriftzug „Bike4Life“, Anmerkung der Redaktion). Das Rad ist aus Stahl. Stahl ist das nachhaltigste Rahmenbaumaterial, es ist immer wieder recycelbar. Theoretisch hält ein Stahlrad ein Leben lang, wenn du gut darauf aufpasst. Zudem arbeite ich oft mit „Near-shore-Komponenten“. Die meisten Anbauteile sind in Europa gemacht. Das ist ein wichtiges Thema, das ist für die Leute als Radfahrer relevant, wir merken die Klima-Änderungen. Und wir müssen unseren Konsum verlangsamen, bessere Qualität kaufen. Near-shore hat einen geringeren Fußabdruck.
Man hört es ein wenig an deinem Akzent, du selbst kommst nicht aus Köln. Was ist der Hintergrund von Finnbar Trout Cycles?
Ich komme aus einer anderen Industrie, aber ich habe immer Fahrradrahmen gebaut, war immer Radfahrer. Das war ein Hobby, das sich immer mehr zu einem Geschäft entwickelt hat. Regional betrachtet komme ich aus dem Norden von England. Dort gibt eine große Rahmenbaukultur, und in Großbritannien ist Bespoked Rahmenbau eine richtige Bewegung. In Deutschland fängt sie gerade an, zu einer zu werden.
Für mich ist Custom-Rahmenbau einfach die perfekte Lösung. Und deshalb arbeite ich auch eng mit einem Bike-Fitting-Partner zusammen. Jedes Rad passt perfekt. Es passt perfekt zum Körper, aber auch zur „Seele“, weil es optisch so aussieht. Das ganze Rad ist designt nach dem Bedürfnis der Endverbraucher. Beim ersten Kontakt mit einem Kunden geht es immer darum: Was ist die Erwartung von einem Rad? Es ist etwas wie Psychotherapie, es ist langfristig angelegt.
Gibt es andere spannende Zukunftsprojekte? Ich habe auf Instagram so ein paar Sachen gesehen…
Wir machen viel momentan. Aber das, was wir hier zeigen, ist der Prototyp für ein Serien-Maßrad. Ich kann maximal 20 Bikes im Jahr produzieren, das ist sehr intensiv. Aber wir wollen in Zukunft einen Gravel- und Road-Plus-Rahmen, der komplett custom-fitted ist, aber TIG-Welded und in Deutschland von einem Partner produziert ist. Wir haben ein System entwickelt und programmiert, mit dem wir das relativ effizient bauen können. So können wir theoretisch mehr Leute auf ein Custom-Rad bringen.
Was würde mich das Bike, wie es hier steht, kosten?
Mit diesen Komponenten kostet es um die 8.500 Euro bis 9.000 Euro. Da sind aber auch sehr teure Laufräder und andere edle Komponenten dran. Ein Custom-Rad mit guten Komponenten kann bei 7.000 Euro starten, aber wenn du auf Premium-Dinge wert legst, können es auch 15.000 Euro bis 16.000 Euro werden.
Aber ich glaube, es ist auch wichtig, Custom-Bikes mehr Leuten zugänglicher zu machen. Wenn du daran denkst, was manches Rad von der Stange kostet, dann kriegst du von Custom-Rahmenbauern im Gegensatz dazu ein perfekt passendes Rad, und nicht allein vom Körper her, sondern auch vom Bedürfnis. Das ist nicht teuer.
Was machst du als Nächstes?
Es ist immer unterschiedlich. Ich bin gerade fertig geworden mit einem Commuter-Rad für einen sehr interessanten Athleten, der ein richtig hochkarätiger Ultra-Distance-Cyclist ist und für ihn habe ich sozusagen ein „Dreamteam“-Bike gebaut. Er hat sein Auto abgeschafft und will Geschäftsreisen mit dem Zug und dem Rad machen, dafür hat er sozusagen ein 50er-Jahrer-Randonneur mit Rohloff-Nabe, gemufftem Rahmen, sehr effizient. Er ist 2 Meter groß, es ist ein richtig spezielles Rad, das auch Vintage-Teile mit modernen Standards mixt.
Und dein nächster persönlicher Bike-Ride?
Ich liebe es im Winter nachts zu fahren, mit Helmlampe und Licht am Lenkrad in den Wald. Ich habe ein paar Kumpels. Wir machen Singlespeed-Riding im Wald und ich liebe das im Winter, es bringt ganz andere Eindrücke, und du siehst viel mehr Tiere im Wald, es ist unglaublich…
…und übrigens ist er auch schon das 3-Peaks-Cyclocross-Race gefahren. Danke, dass du hierhin gekommen bist.
Mehr Informationen zu Finnbar Trout gibt es hier: https://finnbartroutcycles.com
Wie gefällt euch das Race Gravel Bike aus der Co-Produktion von Finnbar Trout und Kom-Sport?
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