Während die DH-Elite in Andorra um die Führung im World Cup kämpfte, tobte sich ein beachtlicher Großteil der restlichen Gravity-Szene im US-amerikanischen Bundesstaat Colorado aus. Im 2.700 Meter hoch gelegenen Städtchen Winter Park fanden sich am vergangenen Wochenende Enduristen und Slopestyler zum Colorado Freeride Festival ein. Ausgetragen wurden neben einem Air DH-Rennen die Festival-Highlights „FMB Gold Slopestyle Contest“ und „Specialized Enduro Stage“, welche gleichzeitig den vierten Lauf der Enduro World Series darstellte. Die Aussicht auf insgesamt 45.000 US-Dollar Preisgeld lockte in beiden Disziplinen das Who-Is-Who der Szene an.

Auch wenn die faszinierende Vegetation des Hochplateaus im südöstlich gelegenen Teil Colorados, auf dem sich der Ski-Retortenort Winter Park befindet, eher einem Mittelgebirgslandstrich ähnelt, so befindet man sich im Tal auf einer fast schon unwirklich erscheinenden Höhe von 2.700 Metern. Für die Sportler hatte das eine Doppelbelastung zur Folge: Zum einem wirkte sich die Höhe recht erheblich auf die Leistungsfähigkeit aus und sorgte bei vielen für Schwindel, Unwohlsein und Schlaflosigkeit. Erschwerend hinzu kam das ständig wechselnde Wetter, welches in Minuten Temperaturstürze und schlagartige Niederschläge mit sich brachte.


# Blitz und Donner: die Gewitter am Abend bereiteten der Event-Orga so manche Sorgenfalte

Während die Slopestyler in ihrer Qualifikation mit starken Windböen zu kämpfen hatten, machten den Enduristen mehrere Gewitter und die damit einhergehenden Blitze das Leben schwer. Die für Samstagnachmittag angesetzte vierte Stage des Enduro-Wettbewerbs musste gestrichen werden, da ein Blitzeinschlag die Stromversorgung im gesamte Ski-Resort lahmlegte. Der knapp 800 Meter höher gelegene Start der vierten Stage konnte somit ohne Liftunterstützung nicht mehr rechtzeitig erreicht werden, weshalb die tretlastige Stage zur Freude einiger Teilnehmer gestrichen wurde.

Bis auf die Wetterkapriolen und eine teils undurchsichtige Informationspolitik der Veranstalter verlief das Enduro-Rennen jedoch größtenteils reibungslos ab. Das gänzlich neue Format bestehend aus drei Wettkampftagen, stellte jedoch hohe Anforderungen an die Teilnehmer, die sich von Freitag bis Sonntag täglich in Bestform befinden mussten. Strukturiert war das Format wie folgt: Am Donnerstagmittag gab die Rennleitung die ersten beiden Wertungsprüfungen bekannt, welche daraufhin trainiert werden durften und am darauf folgenden Freitagvormittag im Einzelstartmodus befahren wurden. Nachdem alle Teilnehmer die ersten beiden Etappen hinter sich gebracht hatten, wurde die Streckenführung der nächsten beiden Stages publik gemacht. Das Prozedere wiederholte sich, bis das Wetter dem Plan wie bereits geschildert einen Strich durch die Rechnung machte.


# Schnee im Sommer? Nicht ganz – aber Hagel, und zwar in Massen. 

Da die vierte Stage ohne Liftunterstützung nicht mehr rechtzeitig erreicht werden konnte, wurde sie kurzerhand gestrichen und das Training auf der finalen fünften Etappe freigegeben. Um die Gesamtwertung dennoch aus fünf Etappen zusammensetzen zu können, wurde die ohnehin auf zwei Abschnitte geteilte dritte Stage in zwei Wertungen aufgeteilt, womit der untere Teil als Stage 4 in die Gesamtwertung einfloss.

In Hinblick auf den Verlauf der fünften Wertungsprüfung kann man von einer durchaus gelungenen und abwechslungsreichen Etappenführung sprechen. Nachdem Wertungsprüfung 1 über eine knapp sechs Minuten lange DH-Strecke führte, schlugen die Stages 2 und 3 mit übermäßig langen Tretstücken zu buche. Auch Stage 4 hätte eher einer XC-Rennstrecke geglichen, weshalb viele Fahrer ihr Ausscheiden nur wenig bedauerlich auffassten. Die letzte Stage machte die Strapazen vom Vortag dann wieder wett und belohnte die Fahrer erneut mit einer abfahrtslastigen Bike Park-Stecke von knapp acht Minuten Fahrzeit.


# Stromausfall und Liftstillstand: Auf dem Weg zur dritten Etappe galt es sich in Geduld zu üben.

Durch die verschiedenen Charakteristiken der fünf Prüfungen kamen wohl alle Teilnehmer auf ihre Kosten, was sich auch aus den bunt gemischten Ergebnissen der einzelnen Etappen herauslesen lässt. An der Spitze gab es somit ein interessantes Einzelklassement: Nachdem Jared Graves die erste Wertungsprüfung für sich entscheiden konnte, musste er sich mit einem zerbrochenen Schaltwerk auf der tretlastigen zweiten Stage geschlagen geben. Den Sieg schnappte sich zwar Nicolas Vouilloz, die Führung in der Gesamtwertung übernahm jedoch Jerome Clementz. Dieser konnte sich auf der darauf folgenden Stage seinen ersten Etappensieg sichern und baute seinen Vorsprung weiter aus.

Obwohl Jared Graves nach seinem ersten Etappensieg noch zwei weitere Siege auf Stage 4 und 5 verzeichnen konnte, hatte er aufgrund seines enormen Zeitverlusts auf Stage 2 keinen Einfluss mehr auf das Gesamtklassement. Den Sieg sicherte sich erneut der derzeit unangefochtene Enduro-Matador Jerome Clementz. Auf Platz 2 landete der zehnfache Downhill-Weltmeister Nicolas Vouilloz, gefolgt von dessen Nachbarn Fabien Barel.


# Er dominiert die Enduro-Welt wie kein anderer: Jerome Clementz fuhr in Winter Park erneut zum Sieg

Bei den Damen entwickelte sich an der Spitze ein spannender Zweikampf: Mit nur zwei Etappensiegen gegenüber drei Etappensiegen von Anne Caroline Chausson konnte sich die britische Enduro-Queen Tracy Moseley den Gesamtsieg sichern. Auf der längsten und mit Abstand anstrengendsten Wertungsprüfung, Stage 3, die über einen langen flachen Single Trail in ein technisches Felsenmeer mündete, konnte Moseley einen Vorsprung von 42 Sekunden auf ihre Verfolgerin herausfahren. Diesen Vorsprung konnte Chausson trotz der beiden darauffolgenden Etappensiege nicht mehr einholen. Nachdem die derzeit zweitplatzierte der EWS-Gesamtwertung, Cecile Ravanel, durch einen technischen Defekt ins Abseits geworfen wurde, konnte sich die Niederländerin Anneke Beerten Platz 3 sichern.


# Anne Caro Chausson fuhr zwei Mal zum Stage-Sieg und belegte letzten Endes Rang 2 in der Gesamtwertung.

Vom Pech verfolgt war Deutschlands Enduro-Aushängeschild: Ines Thoma kollidierte auf Stage 3 mit einem Stein und verbog sich die hintere Bremsscheibe so sehr, dass sich das Hinterrad kaum noch drehen konnte, und sie gezwungen war, die Scheibe händisch auszurichten. Zwar gelang es ihr, das Hinterrad wieder gangbar zu machen – mit einer stark schleifenden Scheibe hatte sie aber schlechteste Voraussetzungen für den zweiten Teil der dritten Stage. Zu allem Unglück ging Thoma am Sonntag auf Stage 5 auch noch hart zu Boden, was alle Hoffnungen auf eine Podiumsplatzierung endgültig zunichte machte. Am Ende landete sie auf einem dennoch guten vierten Rang.


# Treten bis zum Umfallen: Stage 3 stellte einen hohen physischen Anspruch

Die restliche Beteiligung aus deutscher Sicht fiel leider ein weiteres Mal recht ernüchternd aus. Zwar stellte Max Schumann mit einem soliden 40ten Platz Konstanz unter Beweis und kletterte in der EWS-Gesamtwertung ein paar Ränge nach oben, doch fuhren die restlichen deutschen Teilnehmer ein weiteres Mal unter ferner liefen. Tobias Woggon platzierte sich auf Rang 73. Julia Hofmann und Maxi Dickerhoff wurden vom Defekt-Pech verfolgt: Ein Platten am Vorderrad kostete Hofmann auf der letzten Etappe viele Minuten und warf die Fränkin zurück auf Platz 27. Maxi Dickerhoff brachte die beachtliche Leistung zustande, sich auf jeder Stage einen Materialdefekt einzufahren – am Ende Rang 97 für ihn.

In knapp zwei Wochen findet die Enduro World Series mit dem fünften Lauf ihre Fortsetzung im kanadischen Whistler. Das Enduro-Rennen wird das diesjährige Crankworx-Festival eröffnen, welches sein zehnjähriges Jubiläum feiern wird. Wir sind für euch vor Ort und werden wie gewohnt live berichten. Eine ausführliche Foto-Story zum Rennen in Colorado folgt in Kürze.

Tag 1: Trestle Downhill und Rainmaker

Ergebnisse – EWS #4 Winter Park

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Text: Maxi Dickerhoff // Bilder: Philip Ruopp

  1. benutzerbild

    clemson

    dabei seit 08/2001

    cooles Format und treten gehört nunmal zum radln smilie

  2. benutzerbild

    Schnitte

    dabei seit 04/2010

    schade das Ines Thoma wieder die Holzmedaille abgreift. Aber schöner Bericht smilie

  3. benutzerbild

    Der Kassenwart

    dabei seit 03/2006

    ja schade, platz vier ist immer doof. aber ACC, moseley und beerten sind auch net gerade auf der brotsupp'n dahergeschwommen.
    auffallend, dass bei den frauen zahlreiche ehemalige top-DH-lerinnen ganz vorn zu finden sind, während es sich bei den männern außer barel und vouilloz eher um enduro-spezialisten handelt.

  4. benutzerbild

    ewoq

    dabei seit 11/2004

    fast alle top fahrer haben dh-background. auch clementz und co..

  5. benutzerbild

    lister_yu

    dabei seit 09/2006

    guter bericht, aber teilweise bin ich ein wenig irritiert. mir taugt es das eine deutschsprachige fahrerin auf platz 3 in der gesamtwertung ist - vor allem in ihrem 1. jahr in einer weltweiten serie.
    @mtb-news.de
    ich glaub das könnte man schon etwas mehr hervorheben. um unter den top 3 in einer serie zu sein ist konstanz recht wichtig und da schaut es bei ines ja mehr als gut aus.

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