„Wir sind nicht hier, um teilzunehmen. Wir sind hier, um anzugreifen!“: Als Georg Egger und Lukas Baum ziemlich genau vor einer Woche nach dem damals bereits überraschenden zweiten Rang vor die Mikrofone traten, ahnte wohl niemand, dass diese Aussagen tatsächliche Realität bedeuten würde und das deutsche Speed Company Racing-Duo um den Sieg beim Cape Epic 2022 kämpfen würde. Sieben Tage später haben Egger und Baum alle Kritiker eines Besseren belehrt und feierten mit einem abermals famosen Ritt auf der letzten Etappe des Cape Epic 2022 den Gesamtsieg beim größten Mountainbike-Etappenrennen der Welt. Bei den Damen jubelten Haley Batten und Sofia Gomez nach sieben Tagen im Leadertrikot über den letztlich ungefährdeten Gesamtsieg, der letzte Tageserfolg ging an das südafrikanische Duo Mariske Strauss/Candice Lill.
Damen: Ninetynine-Songo-Specialized souverän zum Gesamtsieg
Was die Champs-Elysée der „echten“ Tour de France ist, stellt das Val de Vie beim Cape Epic, dar. Während jedoch die finale Etappe der dreiwöchigen Straßenrundfahrt einer Triumphfahrt der Bestplatzierten gleicht und insbesondere die Gesamtführung traditionell nicht mehr attackiert wird, gelten beim Cape Epic andere Gesetze: Auch wenn der achte und letzte Tag der Hatz am Westkap mit 68 Kilometern und 2.000 Höhenmeter nicht gänzlich den Herausforderungen der Vortage entsprach, bedeutete dies keineswegs, dass es im Spitzenfeld der Damen und Herren zu einem Schaulaufen kam.
Im Feld der Damen kam es dabei zu einem packenden Duell zwischen den schnellsten Teams in der Gesamtwertung, die es sich beide nicht nehmen lassen wollten, die Abschlussetappe für sich zu entscheiden: Das zweitplatzierte Team in der Gesamtwertung, Faces Rola mit Mariske Strauss und Candice Lill, fuhr letztlich zum Tageserfolg vor Haley Batten und Sofia Gomez, die sich hingegen über den Sieg in der Gesamtwertung freuen durften. Zu Beginn der Etappe war es zunächst die Französin Pauline Ferrand-Prévot, die versuchte, mit ihrer Teamkollegin Robyn de Groot ein frühes Ausrufezeichen zu setzen und solo davonzueilen. Doch das gesamtführende Ninetynine-Songo-Specialized-Team Batten/Gomez und das Faces Rola-Duo Lill/Strauss blieben hartnäckig am Hinterrad.
Vielmehr gelang es den beiden Teams schließlich, de Groot und Ferrand-Prévot abzuschütteln, sodass es schließlich zum Showdown der beiden Top-Teams am letzten Anstieg des Tages kam. Dort gelang es Lill und Strauss sich entscheidend abzusetzen und einen komfortablen Vorsprung von fast vier Minuten herauszufahren, den sie schließlich bis ins Ziel verteidigen konnten. Der Gesamtsieg ging dennoch an Haley Batten und Sofia Gomez, die schließlich als Zweitplatzierte ins Ziel kamen und dort im Champagnerbad den Gesamtsieg bei ihrer Cape-Epic-Premiere feierten. 12:31 Minuten lagen die beiden schließlich in der Endabrechnung vor Lill und Strauss, auf Position folgten sowohl in der Tageswertung als auch in der Gesamtabrechnung Pauline Ferrand-Prévot und Robyn de Groot.
Das ist einfach ein unglaublich großartiges Gefühl. Wir hatten eine echt gute Woche. Wir haben nicht zu viele Fehler gemacht und es ist nicht viel schiefgelaufen bei uns. Selbst an unseren schwächeren Tagen waren wir stark genug, um den Schaden zu begrenzen. Ich bin so stolz auf unsere Leistung, das ganze Team war großartig.
Haley Batten
Ergebnisse
Tageswertung Top 3
- Faces Rola, Candice Lill, Mariske Strauss 03:23:22.4
- NinetyOne-Songo-Specialized, Sofia Gomez, Haley Batten 03:27:20.1 | +00:03:57.7
- BMC MTB Racing, Pauline Ferrand Prévot, Robyn De Groot 03:36:15.4 | +00:12:53.0
Gesamtwertung nach der 7. Etappe Top 3
- NinetyOne-Songo-Specialized, Sofia Gomez, Haley Batten 33:41:11.3
- Faces Rola, Candice Lill, Mariske Strauss 33:53:43.3 | +00:12:31.9
- BMC MTB Racing, Pauline Ferrand Prévot, Robyn De Groot 34:28:17.3 | +00:47:06.0
Herren: Baum und Egger belohnen sich für acht Tage im Angriffsmodus
Lukas Baum und Georg Egger tragen sich in die Geschichtsbücher als erstes Duo ein, dem es gelang, am letzten Tag des Cape Epic noch die Gesamtwertung an sich zu reißen. Dabei ist der Sieg des jungen deutschen Speed-Company-Duos nach acht Renntagen mehr als verdient: Wohl kaum ein Team hat in der Geschichte des Cape Epic für derart Furore im Renngeschehen gesorgt wie das Speed Company Racing-Duo, das jeden Tag mit aller Kraft und vielen Attacken das Rennen animierte. Zudem begeisterten Baum und Egger mit der Tatsache, dass sie als eines der wenigen Teams im Spitzenfeld mit lediglich einem Betreuer, nämlich dem Vater von Lukas Baum, vor Ort unterwegs waren und auf keinerlei weiteren Support setzten.
Nach einem beeindruckenden Erfolg auf der dritten Etappe und einem weiteren Erfolg auf der vorletzten sechsten Etappe lag das Duo vor dem abschließenden, 68 Kilometer langen Teilstück fast vier Minuten hinter den Gesamtführenden Martin Stošek und Andreas Seewald vom Team Canyon Northwave. Die Aussicht auf den Gesamtsieg war daher in Anbetracht der kürzeren Abschlussetappe eher gering, aber keineswegs aussichtslos.
Dementsprechend offensiv gingen Egger und Baum die letzte Etappe von Stellenbosch ins Val de Vie an und schafften es bereits recht früh, sich von Stošek und Seewald zu lösen. Mit dem Scott-SRAM-Duo Nino Schurter/Lars Forster und dem Santa Cruz-Team um Keegan Swenson und Maxime Marotte hatten die beiden Deutschen an der Spitze tatkräftige Unterstützung, sodass der Abstand auf den möglichen Gesamtsieg immer weiter schrumpfte. Bereits nach 16 Kilometern lag der Vorsprung der Spitzengruppe gegenüber den nächsten Verfolgern, die unter anderem auch die späteren Gesamtdrittplatzierten Matthew Beers und Christopher Blevins beinhaltete, bei 40 Sekunden. Nach 42 Kilometern fehlten Lukas Baum und Georg Egger nur noch knapp eine Minute, um virtuell ins Gelbe Trikot zu schlüpfen, rund zwanzig Kilometer vor dem Ziel war es schließlich so weit. Dabei konnte das Speed Company Racing-Duo am letzten Anstieg des Tages auch die Begleiter in der Spitzengruppe abschütteln und fuhr somit zum triumphalen Gesamtsieg im Val de Vie.
1:45 Minuten vor Nino Schurter/Lars Forster und Maxime Marotte/Keegan Swenson überquerten Baum und Egger schließlich den Zielstrich und jubelten über den Tageserfolg: Doch unmittelbar nach dem Zieleinlauf richteten sich die Blicke der beiden Deutschen unmittelbar auf das fehlende Canyon Northwave Team, das letztlich mit 5:48 Minuten Rückstand im Ziel ankam und somit noch auf der letzten Etappe das Gelbe Trikot abgeben musste. In der Gesamtwertung lagen Egger/Baum somit 3:02 Minuten vor Seewald und Stošek, Position in der Endabrechnung ging an das Toyota-Ninetynine-Specialized-Team um Christopher Blevins und Matthew Beers (+ 10:38 Minuten).
Urs Huber und Simon Schneller vom Team Bulls beendeten das Cape Epic in der Endabrechnung auf dem fünften Rang, Sascha Weber belegte mit seinem Teampartner Jaco Venter Rang zehn. Das German Technology Racing Team mit Sven Strähle/Tim Feinauer und Luis Neff/Noah Neff sammelte die Plätze 16 und 21 in der Gesamtwertung ein.
Wir hatten keine Zwischenstände da draußen, wir wussten nicht, was passiert, wir wussten nicht, dass wir in der Gesamtwertung in Führung lagen. Das war eigentlich auch besser so, denn wenn wir gewusst hätten, dass wir in Führung liegen, hätten wir wahrscheinlich einen Fehler gemacht.
Georg Egger
Ergebnisse
Tageswertung Top 3
- Speed Company Racing, Georg Egger, Lukas Baum 02:46:34.3
- Scott-SRAM, Nino Schurter, Lars Forster 02:48:19.0 | +00:01:44.6
- Santa Cruz, Maxime Marotte, Keegan Swenson 02:48:19.8 | +00:01:45.4
Gesamtwertung nach der 7. Etappe Top 3
- Speed Company Racing, Georg Egger, Lukas Baum 27:44:06.5
- Canyon Northwave MTB, Andreas Seewald, Martin Stošek 27:47:09.0 | +00:03:02.4
- Toyota-NinetyOne-Specialized, Matthew Beers, Christopher Blevins 27:54:45.0 | +00:10:38.4
Fotostory
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