Steckbrief: Canyon Spectral 29
Einsatzbereich | Trail, All-Mountain, Enduro |
---|---|
Federweg | 150-160 mm/150 mm |
Laufradgröße | 29ʺ |
Rahmenmaterial | Carbon |
Gewicht (o. Pedale) | 14,6 kg |
Rahmengrößen | S, M, L ,XL (im Test: XL) |
Website | www.canyon.com |
Mit 160 mm Federweg an der Front und 150 mm am Heck, war das bisherige Spectral bereits Bindeglied zwischen der aufstrebenden Trail- und der inzwischen weitestgehend gefestigten Enduro-Kategorie. Canyon sieht das Bike trotz der Enduro-ähnlichen Eckdaten aber als den größeren Allrounder, das verspielte Rad für jedermann. Und daran soll sich genau gar nichts geändert haben. Obwohl sich das neu entwickelte Canyon Spectral 29 auf dem Papier deutlich vom bisherigen und unveränderten Modell unterscheidet und dafür dem Strive gefährlich nahe kommt, soll es also weniger den ambitionierten Racer ansprechen und auch nicht in der EWS zum Einsatz kommen.
Der Name sagt es bereits – dafür steht das Spectral 29 auf 29″-Rädern. In zwei Versionen wird es angeboten: Entweder mit 150 mm oder 160 mm-Federgabel, dazu gibt es 150 mm am Heck. In vier Rahmengrößen verfügbar ist das Rad um einiges gewachsen und überschreitet die 500 mm Reach-Marke am XL nun deutlich. Dazu gibt es flache Lenkwinkel und das vom Strive bekannte, tiefe Tretlager. Ob das Bike jetzt wie von Canyon beschrieben ein großes Spielzeug ist, oder ob da noch deutlich mehr Potential dahinter steckt? Wir wollen es herausfinden.

Video: Canyon Spectral 29 – Neuvorstellung & erster Test
Im Detail
Wer über die Aussage gestolpert ist, dass sich das Canyon Spectral 29 deutlich vom bisherigen Modell unterscheidet und schon versucht ist, direkt in die Kommentare zu springen, der halte bitte noch einen Moment ein. Ja, rein optisch sind die Räder sich durchaus ähnlich. Doch der Blick ins Detail verrät, dass sich hier einiges geändert hat. Canyon geht weg vom Kabelkanal, dem Steuersatz mit Lenkanschlags-Begrenzer, der integrierten Sattelklemme und rüstet den neuen Rahmen dafür mit austauschbaren Gewinde-Einsätzen und Flip Chip aus.

Dass hier nicht nur ein bestehendes Rad auf die größeren Räder adaptiert wurde, sollte damit jedem klar sein. Vielmehr hat Canyon die Erfahrungen der vergangenen Jahre und zwischenzeitlich veröffentlichten Produkte in die Entwicklung des neuen Spectral einfließen lassen. Bereits seit dem Neuron CF wurde der Kabelkanal am Unterrohr ad acta gelegt und durch eine interne Zugführung an den folgenden Neuentwicklungen ersetzt. Damit sind die Leitungen nicht unter dem tiefen Tretlager geführt, sondern in Linern im Rahmen-Inneren. Verknüpft wird das mit einem neuen Leitungseingang am Steuerrohr, an dem sich die Züge klemmen lassen. Das verspricht einfache Wartung und geringe Geräuschentwicklung. Den Leitungsübergang zwischen Hauptrahmen und Hinterbau findet man erst beim genauen Blick: Nahe dem Drehpunkt, wo die Kettenstreben miteinander verbunden sind, gehen die Züge vom Hauptrahmen – weiterhin innen geführt – in die sehr voluminöse Kettenstrebe über.


Bleiben wir gleich beim Hinterbau: Am 27,5″-Bike war der Horstlink-Drehpunkt halb in die Sitzstrebe integriert – auch davon weicht Canyon wieder ab. Wieder etwas nach unten ist der Drehpunkt gewandert und wartet mit der nächsten Besonderheit auf, die auch am restlichen Rahmen eingesetzt wird: Anstatt die Gewindeeinsätze für die Drehpunkt-Bolzen ins Carbon einzulaminieren, sind diese aufgesetzt. Anstatt der Integration ist die Mutter also austauschbar, wenn man die kleine Schraube neben dem Drehpunkt-Bolzen löst. Diese Lösung soll verhindern, dass beim Schrauben etwas verloren geht und im Falle eines Defekts ist nicht gleich der ganze Rahmen kaputt. Anregung für diese Änderung haben die Race-Mechaniker von Troy Brosnan und Co. gegeben.
Von den Mechanikern kam noch ein zweiter Vorschlag, den wir immer öfter sehen: Fast alle Schrauben sind von einer Seite zugänglich. Auch das soll die Wartung vereinfachen – diesen Fokus haben wir aber bisher vor allem an Race-Bikes gesehen. Wird das Spectral 29 also doch in der EWS zu sehen sein?


Mit der Verschiebung des Drehpunkts gehen natürlich auch Anpassungen in der Kinematik einher. Canyon priorisierte im Entwicklungsprozess die Balance aus gutem Anti-Squat und geringem Pedal-Rückschlag, will dem Spectral 29 mehr Endprogression spendiert haben und dabei dem bewährten Triple-Phase-Suspension-Prinzip treu geblieben sein. Die in Konkurrenz stehenden Ziele des Anti-Squats und des Pedalrückschlags wurden wiederum in den Zonen, in denen sie jeweils den größten Einfluss haben, optimiert. Sprich: Anti-Squat soll im Sag-Bereich perfekt sein, Pedalrückschlag dagegen tiefer im Federweg.
Auch in Sachen Rahmen-Gewicht wurde optimiert. Wie am Strive setzt Canyon jetzt auch am Spectral 29 auf eine Carbon-Kettenstrebe. Bereits beim Strive wurde die Carbon-Kettenstrebe im Forum scharf kritisiert, Berichte über Defekte häufen sich entgegen der Erwartungen vieler nicht. Ein Grund dafür könnte sein, dass die Carbon-Kettenstrebe schwerer ausfällt als die Alu-Variante am 27,5″-Modell. Trotzdem konnte insgesamt das Gewicht gesenkt werden – und das, obwohl das Bike deutlich gewachsen ist. Und obwohl der Rahmen nicht mit den extraleichten Carbon-Fasern gebaut wird, die in den CFR-Modellen eingesetzt werden.
Im Vergleich zum 27,5″ Rahmen mit Alu-Hinterbau hat Canyon 222 g eingespart. In Relation zum CFR-Modell mit Carbon-Hinterbau und besagtem leichterem Material, sind es respektable 62 g. Wo Gewicht gespart wurde und mehr Material zum Einsatz kommt? Deutlich reduziert wurde am Carbon-Hauptrahmen und den Sitzstreben. Etwas schwerer fallen Hardware und wie beschrieben die Kettenstreben aus – das sollte der Haltbarkeit zugutekommen. Damit bringt es der Rahmen auf knappe 2,6 kg ohne Dämpfer.

Geometrie
Mit das größte Wow und die meisten Fragezeichen gab es bei der neuen Geometrie – in Form von: untypisch für Canyon, nah dran am Strive und wenig konservativ präsentiert sich das neue Trailbike. Allem voran fällt der flache Lenkwinkel auf, den wir von den Koblenzern im Enduro- oder Trail-Sektor noch nie so gesehen haben. Ganze 2° flacher als am Strive rückt das Canyon Spectral 29 damit sogar näher ans Downhill-Rad Sender heran als an die Enduro-Bikes Strive und Torque. Dabei muss man aber sagen: die flachen 64° gibt es nur mit Flip Chip in flacher Einstellung und in Kombination mit 160 mm-Federgabel. In dieser Konfiguration schleift das Tretlager mit 36 mm Absenkung schon fast am Boden. Spannend: Die Absenkung ist gleich wie am Strive, das für den Uphill aber noch den Shapeshifter hat.
Da das tiefe Tretlager aber zu begeistern wusste, wollte Canyon daran festhalten – für diejenigen, denen das zu tief ist, gibt es den hohen Modus, der ebenso sehr sinnvoll nutzbar aussieht. Dabei wird das Tretlager um 8 mm angehoben. Lenk- und Sitzwinkel werden jeweils ein halbes Grad steiler. Mit der kürzeren 150 mm-Federgabel werden die Winkel für beide Settings jeweils ein halbes Grad steiler als mit der längeren Gabel. In flacher Einstellung gibt es damit sogar mit 150 mm Federgabel flache 64,5° Lenkwinkel. Gepaart wird mit Sitzwinkeln im Bereich von 76° bis 77° – gemessen wird dieser auf durchschnittlicher Sitzhöhe.
Im Vergleich zur 27,5″-Version sind die Rahmengrößen außerdem ein gutes Stück gewachsen: 21 mm mehr Reach am S, 33 mm mehr am XL. Für Canyon-Verhältnisse fallen die Stack-Werte dafür tiefer aus: zwischen 16 mm und 21 mm weniger. Laut Canyon will man damit mehr Spielraum bieten – für verschiedene Fahrertypen, aber auch bei der Größenwahl. Bedingt unterstrichen wird das durch die Sitzrohr-Länge. Etwas kürzer als gewohnt, aber bei weitem kein so großer Schritt wie beim Lenkwinkel wird hier gemacht.
Rahmengröße |
S
|
M
|
L
|
XL
|
---|---|---|---|---|
Laufradgröße | 29″ | 29″ | 29″ | 29″ |
Reach | 435 mm | 460 mm | 485 mm | 510 mm |
Stack | 610 mm | 619 mm | 628 mm | 637 mm |
STR | 1,40 | 1,35 | 1,29 | 1,25 |
Lenkwinkel | 64,5°64° | 64,5°64° | 64,5°64° | 64,5°64° |
Sitzwinkel, effektiv | 76,5°76° | 76,5°76° | 76,5°76° | 76,5°76° |
Oberrohr | 582 mm | 609 mm | 636 mm | 663 mm |
Steuerrohr | 95 mm | 105 mm | 115 mm | 125 mm |
Sitzrohr | 395 mm | 430 mm | 460 mm | 490 mm |
Kettenstreben | 437 mm | 437 mm | 437 mm | 437 mm |
Radstand | 1.195 mm | 1.224 mm | 1.253 mm | 1.283 mm |
Tretlagerabsenkung | 28 mm36 mm | 28 mm36 mm | 28 mm36 mm | 28 mm36 mm |
Einbauhöhe Gabel | 571 mm | 571 mm | 571 mm | 571 mm |
Gabel-Offset | 44 mm | 44 mm | 44 mm | 44 mm |
Federweg (hinten) | 150 mm | 150 mm | 150 mm | 150 mm |
Federweg (vorn) | 160 mm | 160 mm | 160 mm | 160 mm |
Rahmengröße |
S
|
M
|
L
|
XL
|
---|---|---|---|---|
Laufradgröße | 29″ | 29″ | 29″ | 29″ |
Reach | 435 mm | 460 mm | 485 mm | 510 mm |
Stack | 610 mm | 619 mm | 628 mm | 637 mm |
STR | 1,40 | 1,35 | 1,29 | 1,25 |
Lenkwinkel | 65°64,5° | 65°64,5° | 65°64,5° | 65°64,5° |
Sitzwinkel, effektiv | 77°76,5° | 77°76,5° | 77°76,5° | 77°76,5° |
Oberrohr | 582 mm | 609 mm | 636 mm | 663 mm |
Steuerrohr | 95 mm | 105 mm | 115 mm | 125 mm |
Sitzrohr | 395 mm | 430 mm | 460 mm | 490 mm |
Kettenstreben | 437 mm | 437 mm | 437 mm | 437 mm |
Radstand | 1.195 mm | 1.224 mm | 1.253 mm | 1.283 mm |
Tretlagerabsenkung | 28 mm36 mm | 28 mm36 mm | 28 mm36 mm | 28 mm36 mm |
Einbauhöhe Gabel | 561 mm | 561 mm | 561 mm | 561 mm |
Gabel-Offset | 44 mm | 44 mm | 44 mm | 44 mm |
Federweg (hinten) | 150 mm | 150 mm | 150 mm | 150 mm |
Federweg (vorn) | 150 mm | 150 mm | 150 mm | 150 mm |

Ausstattung
Bei den Ausstattungsvarianten hält sich Canyon ein bisschen zurück – vier Stück gibt es, jeweils zwei davon mit 150 und zwei mit 160 mm-Federgabel. Diese unterscheiden sich auch in der Ausstattung maßgeblich. Die 160 mm-Option gibt es nur mit Fox-Fahrwerk und Shimano-Antrieb, die 150 mm-Version kommt mit SRAM-lastigen Ausstattungen. Die beiden günstigeren Modelle CF 7.0 und das getestete CF 8.0 sind mit Alu-Laufrädern ausgerüstet, während das CF 9.0 und das CF LTD jeweils Carbon-Laufräder mitbringen.
Auf der Waage macht sich der etwas Abfahrts-orientiertere Fokus von CF 8.0 und CF LTD nur geringfügig bemerkbar. Auf dem Trail soll das durch den griffigeren Hinterreifen deutlicher werden. Insgesamt ist die Ausstattung dem Einsatzbereich entsprechend gewählt. Alle Bikes sind mit Vierkolben-Bremsen ausgerüstet, standesgemäß wird ein 12 fach-Antrieb eingesetzt und eine Dropperpost gibt es in allen Produktvarianten. Mit den G5-Komponenten führt Canyon seit einiger Zeit außerdem Lenker, Vorbauten und Griffe im Programm. Jetzt wird auch durch eine Hauseigene Sattelstütze ergänzt.
- Federgabel Fox 36 Performance Elite Grip2 (160 mm)
- Dämpfer Fox Float DPX2 Performance Elite (150 mm)
- Antrieb Shimano XT 12-fach
- Bremsen Shimano XT Vierkolben
- Laufräder DT Swiss M1700
- Reifen Maxxis Minion DHF / DHR II
- Cockpit Canyon G5 (780 mm) / Canyon G5 (40 mm)
- Sattelstütze Canyon Iridium (170 mm)
Canyon Spectral 29 | CF 7.0 | CF 8.0 | CF 9.0 | CF LTD |
---|---|---|---|---|
Rahmenmaterial | Carbon | Carbon | Carbon | Carbon |
Federgabel | RockShox Pike Select RC 150 mm | Fox 36 Performance Elite 160 mm | RockShox Pike Ultimate 150 mm | Fox 36 Factory 160 mm |
Dämpfer | RockShox Deluxe Select+ | Fox DPX2 Performance Elite | RockShox Deluxe Ultimate | Fox DPX2 Factory |
Vorbau | Canyon G5 | Canyon G5 | Canyon G5 | Canyon G5 |
Lenker | Canyon G5 | Canyon G5 | Canyon G5 | Canyon G5 |
Griffe | Canyon G5 | Canyon G5 | Canyon G5 | Canyon G5 |
Bremsen | SRAM G2 | Shimano XT | SRAM G2 RSC | Shimano XTR |
Schaltung | SRAM GX Eagle | Shimano XT | SRAM X01 Eagle | Shimano XTR |
Laufräder | DT Swiss M1900 | DT Swiss XM1700 | DT Swiss XMC1501 | DT Swiss XMC1200 |
Reifen | Maxxis Minion DHF/Dissector | Maxxis Minion DHF/DHR 2 | Maxxis Minion DHF/Dissector | Maxxis Minion DHF/DHR 2 |
Sattelstütze | Canyon Iridium | Canyon Iridium | One Up Dropper V2 | One Up Dropper V2 |
Sattel | Ergon SM10 Enduro Comp | Ergon SM10 Enduro Comp | Ergon SM10 Enduro Comp | Ergon SM10 Enduro Comp |
Gewicht | 14,16 kg | 14,44 kg | 13,42 kg | 13,57 kg |
Preis | 3.299 € | 3.999 € | 4.999 € | 5.999 € |
Alle Ausstattungs- und Farbvarianten zum Ausklappen



Technische Daten
Alle technischen Daten, Details und Standards zum Canyon Spectral 29 findet ihr in der folgenden Tabelle zum Ausklappen:
Kinematik | Viergelenker, Triple Phase Suspension | |
Verschiedene Lager-Größen | 2 | im Hinterbau |
Gesamtzahl Lager im Hinterbau | 10 | Anzahl |
Lagerbezeichungen | 8x 6801 (12x21x5 mm), 2x 6902 (15x28x7 mm) | Herstellerangabe |
Hinterbau Einbaumaß | 148 x 12 mm | Einbaubreite x Achsdurchmesser |
Maximale Reifenfreiheit Hinterbau | 2,5" bzw. 66 mm | |
Dämpfermaß | 230 mm x 60 mm | Gesamtlänge x Hub |
Trunnion-Mount? | Nein | |
Dämpferhardware erstes Auge | M8 x 40 mm | Bolzendurchmesser x Einbaubreite |
Dämpferhardware zweites Auge | M8 x 25 mm | Bolzendurchmesser x Einbaubreite |
Freigabe für Stahlfederdämpfer | Ja, kann zu Platzproblemen mit Wasserflasche führen | |
Freigabe für Luftdämpfer | Ja | |
Empfohlener Hinterbau-SAG | 27,5%, 16,5 mm | In % oder mm |
Steuerrohr-Durchmesser | 52 mm, 52 mm | oberer Durchmesser, unterer Durchmesser |
Maximale Gabelfreigabe | 576 mm Einbauhöhe (Fox 36 160 mm = 571 mm) | Federweg bzw. bis zu welcher Einbauhöhe |
Tretlager | BSA 73 mm | welcher Standard, Durchmesser, Breite |
Kettenführungsaufnahme | Abnehmbare ISCG 05 Tabs, Custom Führung für oben | |
Umwerferaufnahme | – | |
Schaltauge | SRAM UDH (AC-DRHG-MTB-A1), 15 € | Typ, Kosten in € |
Optimiert auf welches Kettenblatt | 32 T | Zahnzahl |
Bremsaufnahme | PM 7" – 180 mm Scheibe ohne Adapter | welcher Standard |
Maximale Bremsscheibengröße | 203 mm | |
Sattelrohrdurchmesser | 30,9 mm | |
Sattelklemmendurchmesser | 34,9 mm | |
Maximale Stützen-Einstecktiefe | S: 265 mm, M: 300 mm, L: 300 mm, XL: 360 mm | |
Kompatibel mit Stealth-Variostützen? | Ja | |
Messung Sitzwinkel | Durchschnittliche Sattelhöhe | Herstellerangabe |
Flaschenhalteraufnahme | Ja | Eine, Oberseite des Unterrohrs |
Andere Extras, Werkzeugfächer | Fuel 600 Wasserflasche, FlipChip, ToolStrap-Montage-Möglichkeit am Oberrohr | |
Gewicht Rahmen | 2.598,1 g | mit sämtlicher Hardware, ohne Dämpfer, Größe M |
Gesamtgewicht Bike | 13,42 kg (CF 9.0) bis 14,44 kg (CF 8.0) | Gr. M, |
Garantie/Service | Zwei Jahre Gewährleistung, Sechs Jahre Garantie, Drei Jahre Crash Replacement. Details sh: Garantiebestimmungen, Crash Replacement |
Auf dem Trail
Langsam darf es dann aber auch ernst werden – wie schlägt sich das neue Canyon Spectral 29 auf dem Trail? Vorab konnten wir das Rad noch auf trockenen Trails, aber auch bei klassischen Herbst-Bedingungen einem ersten Test unterziehen. Den aktuellen Bestimmungen entsprechend waren wir in der Auswahl der Trails aber eingeschränkt. Dazu aber später mehr.
Auffällig ist zunächst die sehr präzise Sag-Empfehlung von 27,5 % bzw. 16,5 mm Hub – Canyon gibt hier keinen Bereich von … bis an. Klar wird diese Empfehlung vor allem im Uphill beziehungsweise unter stärkerem Kettenzug, denn dieser beruhigt das Fahrwerk bei korrektem Sag fast zur Gänze. Fährt man flott bergauf, ist ein Umschalten des Dämpfers nicht zwingend nötig, sofern man nicht in den Wiegetritt wechselt. Spannend für ein Rad zwischen Trail- und Enduro-Kategorie mit recht extremer Geometrie.

Weicht man vom Sag etwas ab oder gibt nicht sehr viel Druck aufs Pedal, wird der Hinterbau im Uphill etwas ineffizienter – aber hier muss man schon relativieren: das Rad klettert dank aufrechter Sitzposition bereits hervorragend und wir haben ja noch die Plattform am Dämpfer. Stimmt der Sag also nicht perfekt oder tritt man weniger engagiert, kann man sich auch mithilfe der Plattform-Dämpfung am DPX2 behelfen. Auch bei dieser fällt aber direkt etwas auf: besonders stramm gewählt ist sie nicht, dennoch schafft sie einen guten Schnitt aus effizientem Vortrieb und guter Hinterrad-Traktion im Uphill. Geht es entspannt auf eher flachen Untergründen dahin, ist in letzter Instanz auch der Lockout eine angenehme Sache.
Abgerundet wird die interessante Uphill-Performance durch das tiefe Tretlager. War im Strive noch vermehrter Bodenkontakt zu verzeichnen, waren die Uphills im ersten Test des Spectrals nicht von der technischsten Seite. Auf wurzeligen Trails muss man zwar schon etwas auf seinen Tritt achten, am Boden streift man aber in den meisten Situationen noch nicht. Dabei gilt es auch zu beachten: Während Strive und Spectral 29 die gleiche Tretlager-Absenkung mitbringen, sind die Sag-Empfehlungen etwas anders. Das Strive sitzt also dynamisch tiefer.
Trotz des längeren Hubs „schleppt“ man den – zumindest für ein Trailbike – großzügigen Federweg also nicht nach oben. Flott geht es stattdessen dahin. Nachdem man im Trail-Uphill auch ohne Plattform-Dämpfung effizient vorankommt, kann man direkt eine Schleife drehen und in die Abfahrt starten. Von Anfang an zeigt das Canyon Spectral 29 seinen sehr ruhigen Charakter. Unaufgeregt gleitet es über Trails, arbeitet effizient Schläge weg, lässt sich kaum aus der Ruhe bringen. Von Dahintuckern kann aber nicht die Rede sein, denn mit dem Spectral 29 ist man nicht nur im Uphill flott unterwegs. In seiner Ruhe lässt es einen gewissen Spieltrieb zu und überwindet den Weg zwischen zwei Kurven auch gerne mal im Luftraum. Aufgedreht wie ein junges Reh ist das Rad dabei aber nicht und drängt seinem Fahrer den quirligen Fahrstil nicht gerade auf.

Was wir aber auch wissen: In der Ruhe liegt die Kraft und mit großen Rädern kommt große Geschwindigkeit. Also Vollgas! Und plötzlich erwacht es zum Leben, kann seinen Charakter für eine Weile in die Ecke stellen und zeigen, was sich dahinter verbirgt: Nehmerqualitäten. Auf schnellen, mit Wurzeln durchsetzten Trails und bei höherem Tempo fängt das Canyon Spectral 29 an deutlich auszubauen, was es zuvor schon gezeigt hat. Schnelle Richtungswechsel, um spannende Linien zu treffen? Die Wurzelungetüme planieren, die man erst erkennt, wenn man die spannende Linie schon getroffen hat? Dem Piloten gehörig den Sonntag retten? Alles schnell vergessen und bei der nächsten Gelegenheit schon wieder ins Ungewisse abziehen? Mit Druck in den nächsten Anlieger scheppern? Hier fühlt sich das Bike pudelwohl.

Was wir nach dem ersten Test jetzt auch wissen: Die Gelassenheit des Spectral 29 bringt großes Vertrauen mit. Seine Balance bringt Gleichgewicht in ungewisse Situationen und ist dankbar in unbekanntem Gelände. Aber was lässt sich noch herauskitzeln, wenn der Anspruch der Strecke steigt und wenn das Tempo steigt? Das lässt sich im ersten Test noch nicht beantworten. Das Canyon Spectral 29 hat aber unsere Neugier geweckt und zeigt großes Potential. Es verlangt nicht wie andere Bikes nach einer aktiven Fahrweise. Es bietet viel Sicherheit, gegeben durch Fahrwerk und Geometrie. Aber es kann auch anders. Also doch ein Allrounder?
Das ist uns aufgefallen
- Cockpit Über die Schönheit des Vorbaus lässt sich streiten, super finden wir aber den Lenker: 780 mm breit – Top! 31,8er Klemmung – Top! Alu – Top!
- Lautstärke Liner im Rahmen führen die Züge, eine Klemmung am Leitungsausgang soll zusätzlich Klappern unterbinden. Soweit die Theorie – in der Praxis funktionierte das bei Schalt- und Bremsleitung, die Fixierung der Dropperpost-Leitung war allerdings nicht ohne weiteres machbar. Das lose geführte Kabel klapperte und musste anderweitig fixiert werden. Danach war das Spectral 29 angenehm ruhig.
- Quixle Canyons Quixle stellt einen guten Kompromiss aus werkzeuglos bedienbar und nicht allzu weit abstehend. Natürlich baut die Achse etwas breiter als eine Schraubachse mit Innensechskant, aber sie ist wesentlich praktischer. Einzig die Messing-Beilagscheibe ist lose und fällt gerne mal runter. Das ist gefährlich, da man das Bauteil so leicht verlieren könnte.
- Lack-Qualität Diverse nicht perfekt lackierte Stellen an der Dämpferaufnahme haben wir entdeckt. Das geht besser. Außerdem ist der schwarz lackierte Teil des Rahmens nach dem ersten Matsch-Einsatz recht schnell mit feinen Kratzern übersät. Schleifspuren vom Fuß habe ich ansonsten außerdem nie. Auch die Canyon-Sattelstütze hatte bereits bei Auslieferung eine kleine Macke auf der Lauffläche.




Im Vergleich
Canyon Spectral 29 vs. Canyon Strive
Mehrfach sind wir auf den spannenden Vergleich zwischen Spectral 29 und Strive eingegangen. 10 mm längerer Reach am Spectral, dafür 21 mm weniger Stack. 2° flacher bei gleicher Tretlagerhöhe, minimal längere Kettenstrebe. Gleicher Federweg – mit Ausnahme des Strive CFR mit 170er-Gabel– wie am 2019 neu vorgestellten Strive CF. Kein gigantischer Unterschied beim Gesamtgewicht. Und doch sagt Canyon, dass die Profis nicht mit dem Spectral 29 an der Startlinie der EWS stehen sollen. Eine Entscheidung, die schwierig zu deuten ist: warum ist das Trailbike auf dem Papier extremer als das Race-Enduro?
Canyon verzichtet am Spectral auf die an den Race-Bikes eingesetzten Technologien, wie z.B. den Shapeshifter, den Reach-Adjust-Steuersatz oder die Kettenstreben-Verstellung. Dafür rüstet man das Spectral mit dem Flip Chip. Reicht das, um es mit dem technisch ausgefuchsteren Shapeshifter-Strive aufnehmen zu können? Bergauf hat uns der Shapeshifter nicht gefehlt. War in steilen Auffahrten mit dem Strive der effektive Sitzwinkel etwas flacher, tritt man am Spectral immer aus der gleichen Position. Und die ist angenehm, sowie dank vergleichsweise guter Antriebsneutralität auch recht effizient.

Bergab liegen die Vorteile auf der Hand: Langer Reach, flacher Lenkwinkel, tiefes Tretlager – all das sorgt für Stabilität. Man steht aber etwas weniger aufrecht im Rad. Diese mit dem hohen Stack verbundene Eigenschaft hatte uns am Strive sehr gut gefallen. Die Unterschiede in der Hinterbau-Performance klar zu benennen ist schwierig, ohne die Bikes im Direktvergleich zu fahren. Vorteil Strive? Nein, beide sind in dieser Hinsicht sehr nah aneinander dran. Ob die geringe Differenzierung auf ein neues Strive hindeutet?
Canyon Spectral 29 vs. Mondraker Foxy
Mondrakers Foxy bedient wie auch das Spectral eine Allrounder-Position im Line Up der Spanier, ist ähnlich Lang, mit dem gleichen Federweg und Carbon-Rahmen somit gut vergleichbar. Beide Bikes sind im Uphill flott. Trotz Stahlfeder-Dämpfer am Heck und gleicher Exo-Bereifung bringt das Mondraker etwas weniger Gewicht auf die Waage. Eine Spur effizienter ist das Foxy – viel schenken sich die beiden aber nicht. Bergab zeigt sich ein ähnlicher Charakter: beide Bikes saugen sich nicht am Boden fest sondern sind auch mal gewillt, Lufteinlagen mitzunehmen. Wird es in ruppigem Geläuf schnell, zeigt sich das Foxy schneller am Limit. Grund dafür könnten das wesentlich höhere Tretlager und der steilere Lenkwinkel sein. Preislich – muss man nicht aufschlüsseln, oder?
Fazit – Canyon Spectral 29
Sein volles Potential entfaltet das neue Canyon Spectral 29 im ersten Test noch nicht – was es bisher aber Preis gibt spricht dafür, dass das Rad ein weiterer guter Allrounder im Portfolio der Koblenzer sein kann. Flott bergauf und bergab, ausbalanciert und sicher – und damit solide für Anfänger bis Experten. Dass für schnelle und sportliche Fahrer noch etwas mehr unter der Haube steckt, deutet sich schon an. Verifizieren wollen wir das aber im längeren Test und auf einem breiteren Spektrum an Trails.

Pro / Contra
Stärken
- fehlerverzeihende Geometrie
- effizientes Fahrwerk
- gute Allround-Eigenschaften
Schwächen
- Lackqualität
Canyon Spectral 29 und du – ein Match oder eher nicht? Wenn ja, warum, wenn nicht, wo hakts?

Testablauf
Wir konnten das neue Canyon Spectral 29 vor der Veröffentlichung für ein paar Tage auf unseren Home- und Referenz-Trails fahren. Sämtliche Höhenmeter wurden aus eigener Kraft erarbeitet. Canyon hat uns das Rad für den Testzeitraum kostenlos zur Verfügung gestellt.
Hier haben wir das Canyon Spectral 29 getestet
- Singletrails BW: Steile Auf- und Abfahrten an der Albkante, verschiedene Böden, ruppiger bis flowiger Charakter.
- Singletrails BY: Sandiger, harter Boden, abwechslungsreiche Trails.
- Fahrstil
- flüssig
- Ich fahre hauptsächlich
- Downhill, Enduro
- Vorlieben beim Fahrwerk
- auf der straffen Seite, viel Druckstufe, Balance zwischen Front und Heck
- Vorlieben bei der Geometrie
- vorne lang, hinten mittellang, flacher Lenkwinkel
313 Kommentare
» Alle Kommentare im ForumIch danke dir! 🙏🏻
Hi zusammen,
ich überlege, mir das Canyon Spectral 29 9.0 zu kaufen. Leider hatte ich noch keine Gelegenhei, mich mal draufzusetzen geschweige denn es zu testen.
Mich würde interessieren, ob sich die bikes mit 150mm RS Fahrwerk merklich agiler fahren als die “Shred”-Varianten mit Fox Fahrwerk. Die meisten Tests, die man so liest, beziehen sich ja auf die Bikes mit 160mm Gabel. Hat da jemand Erfahrungen sammeln können?
Falls jemand im Münchener Großraum ein Spectral 29 mit 150 mm Gabel in L fährt und mich mal Probesitzen lässt, wäre ich auch sehr dankbar!
VG
Bruno
Mit dem Bike hat Canyon sehr viel richtig gemacht. Das CF 8.0 bietet hier meiner Meinung nach den besten Kompromiss. Hier bekommt man sehr viel Bike fürs Geld. Super
Dann wähl dich mal in den entsprechenden Spectral-29-Thread ein. Da wirst du lesen, dass Canyon durchaus noch einiges hätte besser machen können.
Bei Neuron CF war/ ist Einstieg +1 der optimale PL-Kompromiss
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