
Das neue Canyon Exceed
Was zeichnet ein Racehardtail aus?
Zusammen mit dem Topeak Ergon Racing Team stellte sich Canyon bei der Neuentwicklung ihres Hardtails Exceed die Frage, was ein gutes Racebike ausmacht. Gemeinsam stellten sie fünf wesentliche Anforderungen auf, welche das neue Rad aufweisen sollte. Da sich fast alle Anforderungen widersprechen, galt es eine Wertung festzulegen.

1. Gewicht
Alle Cross-Country Fahrer werden sich einig sein, dass ein Rad vor Allem eins sein sollte: leicht. Schließlich bedeutet jedes Extra-Kilogramm, das am Berg nach oben befördert werden muss, zusätzlichen Aufwand.
2. Steifigkeit
In Anbetracht, dass Alban Lakata die ersten 1000 Höhenmeter beim Sellaronda Hero mit durchschnittlich über 400 Watt bewältigt hat, wird klar, dass das Rad auch steif genug sein sollte um solche Kräfte effizient an das Hinterrad weiterzugeben. Jede Verformung im Rahmen reduziert die Energie, welche auf den Untergrund gebracht wird und führt zu einer geringeren Geschwindigkeit.
3. Kontrolle
Wer bergauf einen Vorsprung herausgefahren hat, will diesen bergab verteidigen oder eventuell sogar ausbauen. Dafür ist eine Geometrie notwendig, welche aus Traktionsgründen bergauf genug Druck auf das Hinterrad bietet, gleichzeitig aber ein Aufbäumen des Vorderrades verhindert und bergab vor Allem hohe Geschwindigkeiten zulässt. So ist der Lenkwinkel auf 69,5° abgeflacht und der Reach um 10 mm angewachsen. Kombiniert mit einem kurzen Vorbau und Hinterbau soll die Agilität aber nahezu gleich bleiben.
4. Komfort
Je länger die Strecke desto mehr freut sich ein Fahrer über Komfort. Ein Hardtail wird nie den Komfort eines Fullys erreichen, doch flexende Sattelstützen und Hinterbauten können zumindest kleine Schläge, welche besonders auf Wiesenabschnitten und groben Schotterpisten vorkommen, abfedern und somit Rückenproblemen vorbeugen.
5. Haltbarkeit
Last but not least sollte das Rad auch noch allen Belastungen standhalten und dem Fahrer lange Freude bereiten. Nichts ist ärgerlicher als einen vermeintlichen Sieg wegen technischen Defekten zu verlieren, wie es gerade bei Etappenrennen häufig passiert.

Umsetzung der Anforderungsliste
Um die unterschiedlichen Anforderungen unter einen Hut zu bekommen setzten die Ingenieure von Canyon auf vier wesentliche Konstruktionsmethoden.
- Schlanke Verbindungen (geringe Oberfläche)
- Direkte Linien
- Ideales Rohrdurchmesser / Wandstärkenverhältnis
- Clevere Detaillösungen



Eine weitere wichtige Rolle bei der Entwicklung des Exceed CF spielte die Verwendung spezieller Carbonfasern, je nach benötigter Eigenschaft. Hochsteife aber bruchanfällige Fasern dort, wo Verwindungen verhindert werden sollen aber nur geringe Belastungen auftreten und hochfeste Fasern überall dort, wo Belastungen auftreten.
Am Steuerkopf treten Verwindungen hauptsächlich an den Seitenflächen auf, während Kräfte von Sprüngen oder dem Bremsen oben und unten angreifen. Durch dieses Verfahren lassen sich die beiden Ziele geringes Gewicht und Steifigkeit gut kombinieren. Natürlich klappt das nicht an jeder Stelle am Rahmen, doch muss sich das neue Exceed mit einem Rahmengewicht von 870 g in Größe Medium und einem STW-Wert von 103 Nm/°/kg definitiv nicht vor der Konkurrenz verstecken (beides Herstellerangaben).




Austattungsvarianten und Preise
Canyon bietet Exceed CF SLX gleich in 9 unterschiedlichen Ausführungen an – damit sollte für jeden eine passende Variante dabei sein. Angefangen vom Exceed 8.9 mit XT 11-fach Komponenten und DT Swiss XR1501 Laufradsatz mit angegebenen 9,5 kg, bis hin zum exklusiven Exceed 9.9 LTD mit Keramiklagern getunter XX1 und den neuen Bike Ahead AC-29 biturboRS Laufrädern mit sagenhaften 7,88 kg. Eine genaue Preisliste veröffentlichte Canyon bisher noch nicht. Beim Blick auf die aktuellen Preise dürfte es bei 3000€ anfangen und vermutlich bis zur LTD Teamversion für 5500€ gehen. Interessant wird es für alle Gewichtsfetischisten beim exklusiven Topmodell 9.9 LTD. Beim Blick auf die Ausstattungsliste wird aber klar, dass ein Preis unter 7000€ unrealistisch erscheint.




Fazit
Getreu nach dem Motto „Gutes noch besser machen“, entwickelte Canyon ein komplett neues Race-Hardtail CF SLX welches fortan auf den Namen Exceed hört und das bisherige Grand Canyon ablöst. Das Rahmengewicht von versprochenen 870 Gramm ist eine wahre Kampfansage für so manchen Mitbewerber und dürfte wohl das zurzeit leichteste Hardtail auf dem Markt sein. Betrachtet man die Konstruktion genauer kann man dem Entwicklungsteam von Canyon nur gratulieren. Die Detaillösungen sind durchdacht und wurden clever umgesetzt. Der Lenkwinkel von 69,5° ist dabei nicht zu flach um bergauf trotzdem noch agil Hindernissen ausweichen zu können und eine Reach-Verlängerung mit gleichzeitiger Kürzung der Vorbauten ist fast schon Standard bei Neuvorstellungen. Mit diesen Daten ist das Rad mit Sicherheit wieder wettbewerbsfähig und muss sich vor der Konkurrenz nicht verstecken.



Erster Fahreindruck
Präsentationen und Erklärungen sind schön und gut, doch letztendlich bringt nur eine Testfahrt Fakten ans Licht. Canyon lud uns dazu nach Oberjoch ins Allgäu ein, wo wir nach der Vorstellung noch mehrere kurze Runden drehen konnten. Neugierigen Hotelbesuchern sah man es am erstaunten Gesicht beim Heben des Rades an – das Canyon Exceed ist extrem leicht. So fühlt es sich auch beim Beschleunigen an. Fast mühelos sprintet es nach vorne und bei harten Antritten wird auch klar, dass die Steifigkeit keine Wünsche übrig lässt.
Eine genaue Aussage über die Fahrqualitäten lässt sich zwar nicht treffen, besonders da der technischere Trail keine allzu hohen Geschwindigkeiten zuließ, welche lediglich auf einfachen Schotterabfahrten erreicht wurden, doch fühlte sich das Bike zu keiner Zeit unsicher an. Weder Über- noch Untersteuern traten während der beiden 30-minütigen Testrunden auf.
Lediglich beim Punkt Komfort enttäuschte mich das neue Rad ein wenig. Zwar spürte man den Flex beim sitzenden Umfahren von Bodenunebenheiten merklich, doch hier konnte die Konkurrenz mehr überzeugen. Die Kompromisse aus geringem Gewicht, hoher Steifigkeit und Komfort gefielen mir aber bisher bei dem Exceed am besten. Meiner Meinung nach spielt Komfort beim Hardtail eine eher untergeordnete Rolle, solange einen Schläge nicht mehr wie zu Beginn der Carbonrahmenzeit fast auf dem Sattel hebeln.
Wie sich das Rad tatsächlich im Vergleich zur Konkurrenz schlägt und ob sich mein erster Eindruck mit der Realität deckt, wird nur ein direkter Vergleichstest ans Licht bringen.
Pro
- geringes Gewicht
- sehr gute Steifigkeit
- gutes Handling
Contra
- Im Vergleich zur Konkurrenz gefühlt geringerer Komfort

28 Kommentare
» Alle Kommentare im ForumKlar geht das, die Frage war ja eher was für die meisten Leute besser geht.
Die Geometrie ist ähnlich wie die vom Cannondale F-SI 29, das hat auch ein 69.5er Lenkwinkel.
Allerdings hat das Exceed größenabhängige Kettenstrebenlänge und im M gerade einmal 427 MM Kettenstreben, ist doch ein super Wert für ein 29er..
das rahmengewicht ist mal schwer beeindruckend.
vielleicht weil die canyon teamfahrer alle powermeter benutzen und das bei boost148 dann nicht mehr geht (solange die powermeterkurbelhersteller nicht nachziehen).davon ab ist boost 148 imo grober schwachsinn an einem xc racebike. mehr steifigkeit besorge ich mir mit gescheiten (carbon)felgen ohne den boost 148 quatsch.
bin weiß gott nicht gegen neuerungen, aber boost 148 ist an xc racebikes einfach nur schwachsinn der die kassen der hersteller füllt. der endkunde hat keinen unmittelbaren nutzen.
Warum hat der Kunde denn kein Nutzen? Genauso ist es doch Schwachsinn den Hinterbau zu vergrößern, den freigewordenen Platz aber einfach mal ungenutzt zu lassen. Gerade an so einer extrem effizienten Rennmaschine, wo jeder MM und jedes Gramm genutzt werden sollte macht sowas wenig Sinn meiner Meinung nach. Früher oder später wird das sowieso geändert, in dem Bereich hat das Cannondale die Nase vorn.
Nicht jeder ist gewillt 2000€ für Felgen auszugeben. Und selbst wenn doch. Steifere Laufräder + Steiferer Hinterbau scheint mir die bessere Kombination zu sein, als nur steifere Laufräder, ich glaube nicht das es ZU steif in dem Sinne von es verzeiht keine Fahrfehler mehr (wegen zu wenig Flex) wird.
Füllt die Taschen der Hersteller? Beim Nachrüsten auf jeden Fall, deshalb ja direkt aufs Komplettbike ausgerüstet.
Ist jetzt aber sicherlich kein K.O. Kriterium für das Bike, aber wäre ganz nett gewesen.
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