Seit dem letzten Zwischenbericht hat das Cannondale Trigger eine Reise bis ans Ende der Welt und zurück hinter sich gebracht: Es hat die heimischen Trails für 3,5 Monate verlassen und in Neuseeland neue entdeckt. So hat es sich geschlagen.
Dauer-Test: Das Bike – Cannondale Trigger Carbon 2 27,5″ 2015
Was bisher passiert ist?
Bis heute hat das Dauertestbike innerhalb von 10 Monaten insgesamt 2400 km und 115.000 hm zurück gelegt.
Das Fahrverhalten des Bikes hatte ich in den ersten beiden Berichten zum Trigger bereits beschrieben, aber auch nach einigen Monaten; etwa wenn man mit dem Bike in anderem Terrain unterwegs ist oder es mit anderen Fahrrädern direkt vergleicht, gewinnt man doch noch weitere Eindrücke. Grundsätzlich fuhr das Trigger mit seiner „Draufsitzen und Loslegen“-Geometrie auch am anderen Ende der Welt sehr angenehm: Es lässt sich klasse beschleunigen, klettert mit aktiviertem Bergauf-Modus sowohl agil als auch leichtfüßig, und gibt bergab Sicherheit. Im Laufe der Zeit habe ich aber Stück für Stück alle drei Spacer von unter dem Vorbau über den Vorbau gestapelt. Mit etwas niedrigerem Lenker konnte ich – gefühlt – das Vorderrad unmittelbarer spüren und Lenkmanöver präziser einleiten. Ein kleiner Unterschied, aber ganz klar eine Empfehlung an Trigger-Fahrer, hier zumindest zu experimentieren. Dank Lefty muss dazu nicht einmal mehr eine Ahead-Schraube gelöst werden.
Dann noch eine Anmerkung zum Fahrwerk: Seine 140 mm zeigen sich äußerst feinfühlig, auch nach fast einem Jahr im Einsatz. Charakterlich gehören sie zur lebhaften und weniger zur satten Sorte, selbst wenn relativ viel (35 %) Negativfederweg eingestellt wird. Das Trigger ist kein Bügelbrett, sondern ein sanftes Sprungbrett, vermittelt Feedback anstatt alles aufzusaugen.
Eine kleine Anekdote zur Lefty: Wir kamen am 24.12. aus Neuseeland zurück, die Bikes sicher verpackt in Kartons. Um die Weiterreise vom Frankfurter Flughafen per ICE zu ermöglichen, sollten die Bikes per DHL weiterreisen, also Versandaufkleber draufgepappt und zur DHL Filiale am Ankunfts-Terminal. Dort angekommen, wurde uns mitgeteilt, dass „DHL solch große Kartons zwar transportiert, sie aber in dieser Filiale nicht annimmt“. Was tun? Bis der ICE fuhr waren es noch 71 Minuten, um das DHL Gurtmaß zu erfüllen, fehlten nur 60 cm… also die Bikes ausgepackt, die Idee: Gabeln demontieren, Kartons kleiner schneiden, Bikes per DHL verschicken, Laufräder mit in den Zug. Gesagt, getan. Nur: Wie baut man eigentlich eine Lefty aus? Schrauben geöffnet, Vorbau ab, jetzt ein kleiner Schlag auf den Schaft – nichts bewegt sich. Ein heftiger Schlag auf den Schaft und er verschwindet im Steuerrohr.
Leider lässt er sich nicht nach unten heraus ziehen, steckt auf halbem Weg fest… es bilden sich die ersten Schweißperlen auf der Stirn des Protagonisten, mit einem Multitool bewaffnet irgendwie den Lefty-Schaft austreiben. Zunächst soll die Lyrik aus Bike Nr. 2 helfen, sie ist aber zu dünn. Vielleicht passt die Luftpumpe? Zu dünn. Der Griff des Wanderstocks? Zu weich, er verschwindet im Schaft. Abhilfe schafft schließlich der Bund der demontierten KS Sattelstütze. Wer mal in der Situation ist: Einfach von oben in den Schaft stecken, mit einem Wanderschuh auf den Sattel zimmern und der Schaft gleitet durchs untere Steuersatzlager. Leider nicht die einzige Situation, in der mir die Lefty Mühe bereitete, auch die – nach und nach häufiger nötige – Mobilisierung der Gleitlager durch einfaches Luftablassen nervte mich von Zeit zu Zeit, genau wie der mit einem Multitool schier nicht demontierbare Bremsadapter (Stichwort: Zugänglichkeit der Schrauben). Äußerst erfreulich jedoch: Sowohl das Gewinde in der Achse als auch der Lagersitz zeigten sich verschleißresistent und spielfrei.
Die Lager des Hinterbaus wiesen auch zu Testende kein Spiel auf, knarzten jedoch auch nach Demontage, Reinigung und Montage bei Querbelastung. Das gilt auch für das Pressfit Innenlager, das zwar nur bei heftigem Wiegetritt Geräusche von sich gibt, aber eigentlich wäre es mir ganz still lieber. Das Schaltauge wollte wohl gern einmal was anderes sehen, jedenfalls hatte sich eine der zwei Schrauben los gerüttelt, ging jedoch zum Glück nicht verloren.
Haltbarkeit
Verschleiß, Wartung und Reparatur
Bereits nach der Hälfte des Tests waren, auch wegen viel Nutzung bei schlechtem Wetter, die Bremsbeläge durch. Sie wurden gegen identische neue getauscht, da mir die Kühlfinnen in Anbetracht der kleinen, stark verfärbten Bremsscheiben äußerst sinnvoll erschienen. Diese Beläge hielten nun bis Ende des Tests durch. An der Bremse musste außerdem nichts gemacht werden, nur die Druckpunkteinstellung per Schraubendreher empfinde ich als unschön gelöst; stattdessen verwendete ich die Griffweitenverstellung, um unterwegs verschleißbedingt ungleiche Druckpunktlagen zu korrigieren. Hervorragend hat die Schaltung überzeugt: Eine Kette reichte für den gesamten Test. Sie wurde regelmäßig gereinigt und mit Dry Lube versorgt. Davon abgesehen funktionierte die Schaltung dauerhaft leichtgängig. Die Schaltpräzision des Umwerfers nahm leider, mit Verschleiß des großen Kettenblattes, etwas ab, jedoch nicht so, dass es ein echtes Problem gewesen wäre.
Der Seilzug der KS Integra Sattelstütze lief nach 9 Monaten etwas schwergängig, weil sich an seinem Ende ein einzelner Stahldraht durch die Endkappe zu bohren begann. Der Tausch des Schaltzugs gestaltete sich aber, dank weitestgehend externer Führung und der sehr praktischen Zugspannvorrichtung am Bedienhebel als ein leichtes. Stichwort Schaltzüge: Die von Cannondale platzierten Rahmenschoner haben ihre Arbeit verrichtet und Carbon und Lack vor Verschleiß durch Züge geschützt. Das trifft aber leider nicht auf die 3D-gedruckte Leitungsführung an der Lefty zu: Statt das die Züge an der Lefty rieben, scheuerte nun die Kunststoffführung hier den Lack weg. Problem verschoben, nicht gelöst.
Insgesamt ist die Lackqualität am Hauptrahmen klasse, an Wippe und Hinterbau nur mittelmäßig: Die Kette hat an Ketten- und Sitzstreben viele Abplatzer hervorgerufen, Steine und Transport haben Wippe und Rahmenaußenseite optische Mängel hinzugefügt.
Die Laufräder blieben ein Schwachpunkt. Mit 67 kg beschwere ich mich selten über zu weiche Laufräder, aber bei den Mavic Crossroc ist das durchaus angebracht. Nachdem sich das Hinterrad in jeder schnell gefahrenen Kurve geräuschvoll meldete, erhöhte ich die Speichenspannung, da sonst die unteren Speichen bei Belastung vollständig entlastet wurden und dahin schepperten. Zu guter letzt sind auch die Endkappen der Hinterradnabe nicht wirklich gesichert, sodass ich sie das ein oder andere Mal suchen musste.
Tipp: Tuning
Zu allererst die Reifen tauschen! Sattel und Griffe taugen etwas, sind aber potentiell immer Kandidaten für eine Individualisierung. Dann sind da die Laufräder, eine Modifikation, die aufgrund der Lefty-Vorderradnabe allerdings nur mit etwas eingeschränkter Auswahl geschehen wird. Spacer unter den Vorbau wandern lassen. Schwere Fahrer sollten über größere Bremsscheiben nachdenken. Leichte Fahrer könnten beim Lefty-Setup an ihre Grenzen stoßen, hier war ich bei Eighty-Aid zu Besuch und ließ die Zugstufe modifizieren. Davon abgesehen eine Ausstattung ohne Tuning-Bedarf.
Fazit: Haltbarkeit
Das Trigger 2 gehört leider nicht zu den leisesten Bikes, in seinem Hinterbau knarzt es inzwischen leicht. Insgesamt musste am Fahrrad aber ziemlich wenig gemacht werden, verschlissene Bremsbeläge sind absolut verständlich und nicht der Rede wert. Auch der Antrieb hat sich exzellent geschlagen, am Fahrwerk musste ebenfalls nichts gemacht werden (die Lefty erhielt jedoch nach 1/4 des Tests beim Tuning einen Service).
Test-Fazit: Cannondale Trigger 275 Carbon 2
Es gibt verspieltere Bikes und Bikes, die besser bergauf oder besser bergab fahren. Das Trigger kann aber bergauf und bergab – und zwar sehr gut. Der aufwändige, proprietäre Dämpfer zahlt sich durch seine Verstellbarkeit aus. Der Modus-Wechsel ist kein gigantischer, sondern ein sinnvoller Schritt, der den Uphill spürbar erleichtert und bergab ein weicheres Setup ermöglicht, was sich dennoch lebhaft fährt. Die beste Nachricht zum Schluss: Die 2016er Generation des Trigger Carbon 2 kommt mit breiteren, steiferen WTB i23 Felgen, einer größeren hinteren Bremsscheibe und breiteren, griffigeren Reifen – die restlichen Komponenten blieben unangetastet, sodass das 2016er Modell genau unsere Kritikpunkte berücksichtigt. Sein Preis liegt allerdings auch höher: Das ’16er Modell schlägt mit 5299 € zu Buche, das ’15er mit 4999 € – und ist zur Zeit im Ausverkauf.
Testerprofil Stefanus
Testername: Stefanus Stahl
Körpergröße: 177 cm
Gewicht (mit Riding-Gear): 70 kg
Schrittlänge: 82 cm
Armlänge: 65 cm
Oberkörperlänge: 63 cm
Beschreibe deinen Fahrstil kurz und knackig: Verspielt, sauber und mit vielen Drifts
Was fährst zu hauptsächlich (Trail, Enduro ect.): Trail, Enduro
Besondere Vorlieben bzgl. Fahrwerk: Die richtige Mischung aus Komfort und Popp macht’s
Besondere Vorlieben bzgl. Rahmen: Relativ niedrig, relativ lang
Weitere Informationen
Das Dauertestrad ist MTB-News.de von Cannondale für den Dauertest zur Verfügung gestellt worden. Weitere Informationen zum Trigger 275 Carbon findet ihr auf der Produktseite von Cannondale.
Hersteller-Homepage: Link
Fotos: S. Stahl, M. Höll
Text & Redaktion: Stefanus Stahl | MTB-News.de 2015
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