In einem Positionspapier von Anfang Mai äußert sich der Baden-Württemberger Zweig der Naturschutz-Organisation BUND zum steigenden Nutzungsdruck durch Mountainbiker im Wald. Während man einerseits eingesteht, dass dieser nicht abnehmen wird und man als Lösung mehr legale Trails fordert, wird andererseits an unpopulären und schwer begründbaren Maßnahmen wie der 2-Meter-Regel festgehalten.

Schon vor der Pandemie war Mountainbiking auf einem steil aufsteigenden Ast – mittlerweile ist es im Outdoor-Segment wohl die Trendsport-Art überhaupt. Das stellt auch der BUND Baden-Württemberg fest und bezieht in einem durchaus spannenden Papier Stellung. Während grundsätzlich begrüßt wird, dass Outdoor-Sportarten dem Menschen die Natur wieder näher bringen, sehen die Naturschützer auch einige, teils nachvollziehbare Probleme.

Als besonders problematisch wird der zunehmende Bau illegaler Trails gesehen. Da diese ohne Rücksprache mit Forst, Naturschutz und anderen örtlichen Behörden entstehen, können sie Rückzugsräume für Wild durchschneiden oder durch Naturschutzgebiete führen. Außerdem werden verschiedene Verschleiß-Erscheinungen an Boden und Fauna angeführt – ein Punkt, der in einem Bericht des BR vor Kurzem relativiert wurde. Als Lösung werden vermehrt legale Trails vorgeschlagen, deren Streckenführung im Einklang mit dem Naturschutz geplant wird. Eine Idee, die in immer mehr Kommunen auf offene Ohren trifft, was die wachsende Anzahl an legalen Trailprojekten in Deutschland zeigt.

Etwas überraschend ist, dass im Fazit eine Aufrechterhaltung der extrem unpopulären 2-Meter-Regel gefordert wird. Grund dafür seien Konflikte mit anderen Waldnutzern, beispielsweise durch an Wanderern vorbeirasende Mountainbiker. Dass die meisten Begegnungen zwischen Wanderern und Bikern gänzlich friedlich verlaufen und dass moderne Bikes auch über Bremsen verfügen, deren wohldosierten Einsatz der geschulte Mountainbiker bei der Heranfahrt an arglose Wanderer nicht fürchtet, wird ignoriert. Beispielsweise in der Schweiz, wo auch in stark frequentierten Urlaubs-Regionen die meisten, extrem schmalen und ausgesetzten Alpen-Pfade geteilt werden, lässt sich gut beobachten, dass Mountainbiker bei entsprechender Sensibilisierung in den allermeisten Fällen sehr harmonisch gemeinsam mit anderen Nutzergruppen unterwegs sein können.

Lächelt freundlich, grüßt und bremst rechtzeitig
# Lächelt freundlich, grüßt und bremst rechtzeitig - gemeinsam genutzte Trails in verschiedensten Urlaubs-Regionen zeigen seit Jahren, dass Wanderer und Mountainbiker in aller Regel und bei entsprechendem Respekt voreinander gut miteinander auskommen. Schwarze Schafe gibt es natürlich auf beiden Seiten.

Die Forderung nach mehr legalen Möglichkeiten zur Ausübung unserer Sportart, um den illegalen Streckenbau zu reduzieren, erscheint grundsätzlich sinnvoll. Gleichzeitig wird aber die aktive Sperrung illegaler Strecken durch Reisig, Zäune und Baumstämme sowie eine Befristung legaler Sportstätten verlangt, bis der Druck auf illegale Strecken tatsächlich abnimmt. Mal davon abgesehen, dass die Forderung, Baumstämme quer über Trails zu fällen, um Bäume zu schützen, etwas grotesk anmutet (und auch komplett sinnfrei ist, da die Biker dann eben 5 m weiter drüben fahren oder einfach die Säge auspacken) werden lokalpolitische Realitäten ignoriert. Legalisierungen sind oft ein jahrelanger, mühseliger Prozess. Außerdem lässt sich ein in manchen Regionen seit Jahrzehnten gewachsenes Netzwerk aus zig illegalen Trails nicht mal eben durch ein, zwei legale Strecken ersetzen – vor allem, wenn sie wie so oft als Flowtrails ausgelegt sind. Diese eignen sich zwar hervorragend als sportliches Aushängeschild für die Region und Ziel für Tagesausflügler, werden die häufig eher der jüngeren Generation zugehörigen Erbauer illegaler, natürlicher und technisch anspruchsvoller Strecken jedoch kaum befriedigen.

Einerseits anzuerkennen, dass sich die Ausübung des Mountainbike-Sports im Wald nicht mit Verboten bekämpfen lässt und legale Möglichkeiten geschaffen werden müssen. Andererseits jedoch illegale Strecken dann doch bekämpfen wollen und die legalen Ausweich-Möglichkeiten zu befristen, ergibt bei genauer Betrachtung relativ wenig Sinn. Um spürbare Fortschritte zu erzielen, bedarf es ein legales Trail-Netzwerk, das dem hohen Nutzungsdruck gerecht wird und Fahrer verschiedenster Könnensstufen anspricht. Das ist nicht nur ein erheblicher, monate- bis jahrelanger Verwaltungs-Aufwand, sondern bedeutet auch etliche Wochen Trailbau im Wald. Die Motivation bei lokalen Vereinen und Mountainbike-Organisatoren, das Ganze ohne Garantie des dauerhaften Bestehens durchzuführen, dürfte gering sein.

Legalisierungsprojekte, die kürzer greifen und zunächst nur auf eine oder wenige Strecken limitiert sind, sind deshalb zwar nicht grundsätzlich abzulehnen, dürften den vom BUND kritisierten Ausbau illegaler Strecken aber kaum signifikant aufhalten. Eine nicht erwähnte Alternativ könnte die Schaffung geduldeter Strecken in Absprache mit dem lokalen Förster oder Waldbesitzer sein. Gerade der Förster sollte über die Beschaffenheit seiner Flora und Fauna informiert sein und kann, bei entsprechendem Verständnis, die Freude der lokalen Jugend an Natur, Bewegung und frischer Luft in für alle verträgliche Bahnen lenken.

Das gesamte BUND-Positionspapier:

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Was haltet ihr von den Forderungen des BUND Baden-Württemberg? Welche Erfahrung habt ihr bei der Legalisierung von Trailnetzwerken gemacht?

  1. benutzerbild

    pseudosportler

    dabei seit 04/2004

    keine höhenmeter am stück triffts eher. gibt dort ja gebiete wo man recht flott 1000hm machen kann (z.b. bei utrecht und nijmegen)
    da wo die strecken gebaut sind, sind diese zu benutzen. das stimmt. ansonsten kann man aber auch wild durch den wald knattern soweit ich weiß (zumindest mache ich und die lokals das und es hat noch nie probleme deswegen gegeben), also dort wo keine mtb strecken angelegt wurden. die strafzahlungen in den gebieten mit gebauten strecken sind imho auch völlig zu recht (schließlich geht es da um kanalisierung der menschenmassen), denn wer sich da gegen die regeln verhält hat es nicht anders verdient. wird hier bei verstößen ja auch nicht anders gemacht smilie
    ich kann es auch durchaus verstehen wenn sich jemand durch diese trails nicht "einsperren" lassen möchte, aber die alternative: grottenschlechte strecken (haltern), oder gar keine strecken (diverse verbote) ist imho doch viel schlimmer. und die enorme akzeptanz der strecken in holland gibt dem konzept ja grundsätzlich recht.

    Heißt wen ich neben einer solchen Strecke wohne, darf ich nur diese nutzen, fände ich mit der Zeit recht langweilig.
    Dann lieber jeder auf jeden Weg/Pfad, natürlich mit der gebotenen Rücksicht der Natur und anderen Nutzern gegenüber.
    Aber so sind halt die Wünsche und Ansprüche bei jeden anders.

    MfG pseudosportler
  2. benutzerbild

    JensDey

    dabei seit 01/2016

    Die brauchen ... ertrampelten Weg/Pfade/Strecken etc.
    Die schon. Das unterscheidet den Mountainbiker ja vom Wanderer. Das Unterholz interessiert uns meist ja weniger.
    Ihr in BW habt natürlich in Deutschland die Arschkarte gezogen, Topographisch gibt BW so viel her für ein MTB Paradies,
    Bei mir ist jetzt nicht gerade das Paradis. Aber im Gegensatz zu Ludwigsburg (auch BW, habe ich mit mtb angefangen) schon mal deutlich geiler. 400hm am Stück sind möglich. Die meisten Trails sind aber nicht extrem anspruchsvoll.
    Man muss da also auch bei BW differenzieren.
  3. benutzerbild

    specialized99

    dabei seit 01/2013

    Mein Eindruck zumindest hier bei uns ist, dass die Behörden den Bedarf klar erkannt haben und durchaus auch an praktikablen Lösungen interessiert sind, aber die örtlichen Vereinen offenbar nicht als geeignete Ansprechpartner akzeptieren, weil diese sich eben nicht klar (genug) vom Buddeln distanzieren.
    Das erste was die Behörden mal kapieren sollten ist , dass die Buddler so eine Art "Taliban" der MTB Szene sind. Die kann keiner kontrollieren oder beeinflussen weil: Die kennen sich teilweise untereinander sind aber nicht organisiert. Es gibt einen ständigen Wechsel, d.h. jüngere wachsen nach, andere ziehen z.B. weg oder haben wg Familie und Beruf keine Zeit mehr. Wenn Strecken zerstört werden entstehen woanders neue, die alten werden in der Regel aber nicht vergessen. Nach Monaten oder Jahren setzt die meistens irgendwer wieder instand. Das Bauen ist , nach meiner Beobachtung, oft kein kontinuierlicher Prozess. Ich habe an manchen Stellen beobachtet, dass ein Kicker gebaut wurde, die Landung aber erst Wochen oder Monate später. Andererseits entstehen kurze Jumplines teilweise in 1- 2 Tagen.
    Was praktikable Lösungen angeht, bei uns gab es den Versuch alte Lines zu erhalten und im Gegenzug , seitens der Biker ( durch Rückbau und soziale Kontrolle ) das entstehen neuer Strecken zu verhindern. Die alten Lines gingen zu 80% durch Fichtenbestände, die jetzt komplett abgholzt wurden. Also eigentlich ideal, Wald und Trails würden gemeinsam entstehen/wachsen. Ein Bekannter der beim Forst arbeitet erzählte mir letztens es habe einen Runden Tisch gegeben ( ich habe da noch nichts offizelles vernommen) wäre abgelehnt wg Naturschutzgebiet. Die Trails gibt es zum Teil schon länger als das NG und wie das da nach den Abholzungen incl Wegverbreiterung mit Planierrauben usw aussieht kann sich wohl jeder vorstellen.
  4. benutzerbild

    2nd_astronaut

    dabei seit 06/2007

    die strafzahlungen in den gebieten mit gebauten strecken sind imho auch völlig zu recht (schließlich geht es da um kanalisierung der menschenmassen)
    sehe ich anders. ein guter radweg braucht keine benutzungspflicht, sagt man so schön für die straßen. wenn die strecken in holland was taugen, werden sie von den mtb-"massen" benutzt. ich wüsste aber nicht, was dagegen spricht, dass jemand trotzdem nicht dort fährt. es soll ja z.b. auch leute geben, die von a nach b müssen und das angenehme (trails) mit dem nützlichen (transfer) verbinden wollen ...

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