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BrakeForceOne – neue Wunderbremse?

Es tut sich was auf dem Bremsenmarkt! Nach dem Start von Maguras hochmodern hergestellter, ultraleichter MT8 und Formulas Oval mit ovalen Kolben und Speedlock stellt die Brakeforceone GmbH eine Bremse mit bei Fahrrad-Scheibenbremsen „bisher noch nicht eingesetztem Funktionsprinzip“ vor – und verspricht, dass man nach ein bis zwei Tagen Eingewöhnung nichts anderes mehr fahren will.

Große Versprechen also, die wir natürlich bald bei einem Fahrtest in der Praxis überprüfen werden, die andererseits aber schon jetzt durch Testergebnisse vom Prüfstand gestützt werden.

Wodurch kann eine Bremse eigentlich überzeugen?

In erster Linie natürlich durch Bremskraft, denn sie macht einen guten Geschwindigkeitsvernichter schließlich aus. Davon soll die BrakeforceOne mehr als genug haben, in der Tat sogar mehr als alle anderen bisher gekannten Bremsen. Der Prüfbericht unterstreicht dieses Ergebnis mit einer Verzögerung von 10.0 m/s2 unter trockenen und 9.8 m/s2 unter nassen Bedingungen. Was das konkret bedeutet? Zunächst einmal seien ein paar Vergleichszahlen genannt: Die bisher stärkste mir bekannte Bremse, der Wurfanker Gustav M von Magura, brachte es nicht auf diesen Wert. Wer je Gustls gefahren ist, weiß, dass sie lange ausreicht, die Brakeforceone kann also nochmal mehr. Besonders gravierend ist der Unterschied verglichen mit gewöhnlichen, leichteren Bremsen – eine Shimano XTR M985 bringt im selben Test gerade einmal 6,6 m/s2 mit.

Hinter den Zahlen steckt folgender Test: Eine Masse von 100kg (durchschnittlicher Fahrer auf Downhillrad) wird mit Hilfe der Bremse, welche mit 180N Handkraft (ordentliches Zupacken!) betätigt wird, verzögert. Wie schnell er langsamer wird, gibt die Verzögerung in m/s2 an. Bei der Brakeforceone übersteigt dieser Betrag die Erdbeschleunigung, sprich: Mit dieser Bremse lässt es sich schneller langsam werden als man im freien Fall Geschwindigkeit aufbauen kann.

Doch die stärkste Bremse wird keine Freunde gewinnen, wenn sich ihre brachiale Verzögerung nicht dosieren lässt. Der Grund: Selbst auf griffigem Boden lässt sich ein Fahrrad nur mit 6 m/s2 abbremsen, bevor das Hinterrad abhebt, sofern man nicht eine sehr hecklastige Körperhaltung einnimmt… Im Prüftest wurde auch überprüft, wie viel Handkraft für genau diesen Wert nötig ist. Das Resultat: 85 – 90N je nach Bedingungen. Auch hier liegt eine bekannte Bremse (XTR) mit 100-115N höher, dementsprechend sollten die Arme entlastet werden.

Kommen wir aber nochmals auf den Punkt der Dosierbarkeit zurück, da er für den Spaß am Bremsen entscheidend ist. Anders als bekannte Bremsen erfolgt die Dosierung der Bremsleistung nicht Kraft-abhängig, sondern Weg-abhängig. Klassischerweise bewegt sich der Bremshebel, einmal am Druckpunkt angekommen, kaum mehr weiter, da Mineralöl oder Bremsflüssigkeit inkompressible Stoffe sind. Am Druckpunkt entscheidet also nur noch, wie fest der Hebel gezogen wird darüber, wie stark die Bremse bremst. Bei der BFO ist das anders. Natürlich muss man auch hier stärker am Hebel ziehen, um mehr Bremskraft zu generieren, doch die Dosierung hängt in erster Linie davon ab, wie weit der Hebel gezogen ist. Er wird also am Druckpunkt nicht verharren, sondern schwerer werdend weiter gezogen werden können und dabei immer mehr Bremskraft aufbringen.

Reichen Dosierbarkeit und Bremskraft um nach einer Test- und Eingewöhnungsphase nichts anderes mehr zu wollen? Natürlich nicht, denn ohne Standfestigkeit, also die Fähigkeit auch nach langen Schleifbremsungen und Endlosabfahrten noch Leistung zu erbringen, bedeutet Mountainbikern sehr viel. Um die thermische Belastbarkeit zu überprüfen, wurde folgender Versuch durchgeführt: Bei steigender Wattzahl (225 in Schritten bis 1225W) wird die Bremse 20 mal hintereinander für 90sek. Betätigt, dazwischen 2sek. Pause. Die Verzögerung der BFO lag dabei mit 3,53 m/s2 deutlich über den Mindestanforderungen oder auch einer XTR, welche bei 1050W schon nur noch 3,03m/s2 verzögerte.

Warum die neue Bremse so extrem hitzeresistent ist, wissen wir bisher noch nicht – sicher ist aber, dass ihre Belagsrückstellung dabei eine Rolle spielt. In der Pressemeldung wird jedenfalls davon gesprochen, dass schleifende Beläge der Vergangenheit angehören sollen, da im nicht betätigten Zustand ein echter Luftspalt zwischen Belägen und Scheibe existiere. Möglich werde dies durch ein aktives Zurückziehen der Beläge geschehen soll. Das Wort „aktiv“ stößt mir dabei etwas auf, ich vermute eher beispielsweise eine Feder oder einen Unterdruck – aber der Fahrtest wird hoffentlich Aufschluss geben.

Was fehlt noch zum Verkaufsschlager? Eine vernünftige Optik kann man dem Teil durchaus attestieren, externe Einstellmöglichkeiten sind zumindest teilweise vorhanden, bleibt nur noch die immer spannende Frage nach dem Gewicht – das dürfte bei diesem Anker aber nicht das wichtigste Verkaufsargument sein…

Hier die kompletten Prüfberichte:

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Brakeforceone

Shimano XTR

Ob die Versprechen erfüllt werden, klären wir demnächst im ausgiebigen Fahrbericht. Was denkt Ihr: Braucht es so viel Bremspower?

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