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BrakeForceOne H2O Bremse – wie gut bremst Wasser?

BrakeForceOne BFO H2O Test

BrakeForceOne BFO H2O Test

BrakeForceOne H2O im Test: Unsere Leser haben die BFO H20 nach der Eurobike 2015 zur Top-Innovation für 2016 gewählt: Die erste Bremse, die Wasser als Bremsmedium nutzt, was Vorteile hinsichtlich der Umweltverträglichkeit und der Dosierbarkeit mit sich bringen soll. Aber Wasser als Bremsmedium? Kann das gut gehen? Wir haben der H20 auf den Zahn gefühlt.

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BrakeForceOne H2O – kurz & knapp

Mineralöl oder Bremsflüssigkeit – diese Frage wird seit Jahren heftig diskutiert. Die Schwaben von BrakeForceOne stellen jetzt eine Alternative zu beidem vor: Wasser! Davon abgesehen weist die Bremse das bereits bekannte, hydraulische System zur Variation des Hebelverhältnisses über den Hebelweg auf. Das sorgt dafür, dass die BFO eine enorme Bremskraft erzeugen kann – und gleichzeitig einen ausreichend großen Lüftspalt aufweist. Weiterhin ist die Bremse extra-leicht konstruiert, was sie für Mountainbiker aller Couleur interessant macht.

# Bremsen mit Wasser? Die H2O von BrakeForceOne macht's möglich! - Platz 3 geht an das Unternehmen aus Baden-Württemberg!

UVP: 594 € | Bikemarkt: BFO H20 kaufen

BrakeForceOne H2O – technische Daten

Das Bremsmedium von BrakeForce One soll nicht nur dünnflüssiger sein, sondern auch eine größere Wärmekapazität aufweisen. Und ist natürlich unkompliziert in der Handhabung und umweltverträglich. Allerdings sollte man sagen: In der BFO H2O wird aus Korrosions- und Frostgründen kein reines Wasser verwendet, sondern eine Mischung, die etwa 20 % Glykol enthält, welches sich auch im Kühlkreislauf des Autos befindet. So soll die Bremse bis -7°C gewappnet sein, wer es noch kälter mag, der kann den Anteil an Glykol erhöhen und die Bremse so bereit bis -25°C machen. Die Bremse bringt es mit 100 cm Leitung auf 200 g, die Scheiben liegen bei 149 g für 180 mm Durchmesser – durchweg gute Werte.

# Filigran - der Bremsgriff stützt sich nur schmal am Lenker ab und weicht so den Druckpunkt auf.
# Minimalismus an der Bremse - die Klemmschelle ist ein "Hauch von Nichts"
# Jedes Gramm gespart - der 1-Fingerhebel.

Das nächste interessante Merkmal ist der eingebaute „Bremskraftverstärker“. Konkret ändert sich je nachdem, wie weit man den Hebel zieht, das Übersetzungsverhältnis. Es steigt über den Hebelweg deutlich an, wodurch die Bremskraft überproportional zur Fingerkraft steigt. Damit lassen sich Lüftspalt und große Bremskraft kombinieren.

BrakeForceOne H2O – in der Hand

Die H2o ist nicht BFOs erste Bremse – und das merkt man. Einige Merkmale wurden gegenüber der ersten Bremse deutlich verfeinert. Beim Auspacken gefällt das satinierte Finish der Bremsscheiben, die sauber gefrästen und eloxierten Bauteile. Es fallen auch die ungewöhnlich dünnen Leitungen auf.

# Brakeforceone + und - - nicht besonders eindeutig aber effektiv: Drehen stellt die Bremsbeläge näher zur Scheibe, um Verschleiß auszugleichen.
# Der einteilige Bremssattel ist mächtig steif - dennoch gehört der Druckpunkt zu den weicheren

Aufbau

Die BFO H20 verfügt, anders als die meisten anderen modernen Scheibenbremsen, nicht über eine automatische Belagsnachstellung. Dies liegt am hydraulischen System: Die H2O ist geschlossen, nicht offen mit Ausgleichsbehälter, wie sonst üblich. Stattdessen kann der Geberkolben über einen Drehknopf manuell verschoben werden, wodurch gleichzeitig auch der Druckpunkt in gewissem Maße variiert werden kann.

# Gelochter 1-Finger Hebel - liegt gut in der Hand.
# Der Leitungsabgang lässt sich werkzeuglos rotieren - steht aber recht weit außen.

Montage der BrakeForceOne H2O

Die H20 wird mit einer zweiteiligen Schelle schnell am Lenker und über den PostMount-Standard an Gabel und Rahmen angebracht. Dabei gilt es unbedingt das Drehmoment zu beachten! Die Lenkerschrauben werden mit gerade einmal 2 Nm angezogen, auch am Bremssattel ist die Verschraubung sehr filigran konstruiert. Filigran sind auch die Bremsleitungen, die stark an den alten Witz vom Würstchen in der Turnhalle erinnern – sie lassen sich von den meisten Leitungshaltern eben nicht halten, weil ihnen das nötige Futter fehlt. Schön ist aber, dass sich der Leitungsabgang frei drehen lässt, und zwar ohne Werkzeug. So gelingt die Montage schnell und unkompliziert.

# Seit wann ist Wasser rot? - BFO mischt 20 % Glykol bei, um Korrosion und Frost vorzubeugen.
# Unkompliziert und wenig heikel - die Entlüftung. Aber: Der Bremsgriff muss demontiert werden, rotieren genügt nicht.

BrakeForceOne H2O – Auf dem Trail

Stellen wir die Bremse also auf unsere Bedürfnisse ein. Wir haben den 1-Fingerhebel bestellt, er ist schmaler und kann praktisch nicht mit mehreren Fingern bedient werden, was aber auch sinngemäß ist. Leider lässt sich die Griffweite nicht wie gedacht werkzeuglos verstellen, schlicht weil zu viel / zu feste Schraubensicherung verwendet wurde. Es braucht eine Zange, und schon war’s das mit dem schönen Eloxal; ärgerlich. Dann aber lässt sich die Bremse leicht in Wohlfühlposition bringen – und ab geht’s Richtung Gelände.

# Fakt am Rande - die satinierten Scheiben müssen nicht eingebremst werden, sondern liefern sofort volle Bremskraft.

Bremsleistung

Wow. So könnte man die Bremsleistung in einem Wort beschreiben. Nachdem die Beläge eingebremst sind, packt die H2O beeindruckend zu. Der Fahrer muss dabei nur sehr geringe Kraft aufbringen, das überzeugt vom Stand weg. Die Bremskraft erreicht bei geringerer Hebelkraft das sehr gute Niveau von Saint, MT7 und Konsorten, nur die Diretissima scheint, was aber auch am Bremsgefühl liegt, noch bissiger.

Dosierbarkeit

Wie bereits angedeutet ist der Druckpunkt der H2O weich, genauer: Sehr weich. Der Hebel lässt sich nicht nur theoretisch bis an den Lenker ziehen. Nur: Das würde man nie tun! Denn bereits deutlich vorher ist die Bremskraft so hoch, dass man bei stärkerer Bremsung über den Lenker gehen würde. All das liegt am Aufbau der Bremse; hier dosiert man wirklich in erster Linie über den Weg und nur in zweiter Linie über die Kraft. Das ist zunächst ungewohnt, es lässt sich aber gut daran gewöhnen und schon bald dosiert man die Bremskraft auf diesem Weg fein; nur selten packt man zu fest zu, weil man von anderen Bremsen gewohnt ist, sich um Lenker und Bremshebel zu krallen, wenn es heftig zugeht. Grundsätzlich sorgen die verringerten Hebelkräfte aber für weniger Arm-Pump, was immer erfreulich ist.

# Die geringen Hebelkräfte entlasten die Unterarme - vor allem bei langen Abfahrten ein Genuss

Standfestigkeit

DIE Frage schlechthin. Um das herauszufinden, sind wir mit einem Bücherrucksack den Berg hinabgefahren, zu zweit aneinander festgehalten, 200 hm lang, der Rucksack allein mit 37 kg beladen, dabei immer nur auf eine einzige Bremse, immer mit dem Ziel: Das Wasser muss doch verdampfen!

# Wahnsinns-Gefühl - mit Rucksack bringe ich es auf 104 kg.
# Nur hinten bremsen - und die Bremse nicht lösen. Das verhindert ein Abkühlen der Bremse.
# Der heißeste mit dem Pyrometer messbare Punkt - die Bremsbeläge kamen nach der Abfahrt auf bis zu 214°C.

Fürs Protokoll: ein 67 kg schwerer Fahrer hielt sich und sein 14 kg Fahrrad an einem mit 20 Reiseführern, 30 Sachbüchern, einer Lexikon-Reihe gefüllten Gregory Palisade 80 Rucksack (übrigens für mich der Standard bei großen Trekking-Rucksäcken) fest, der auf dem Rücken eines zweiten 66 kg schweren Fahrers auf einem zweiten 15 kg schweren Fahrrad saß, macht 199 kg Systemgewicht, das sich tretend bei etwa 15 km/h die Asphaltstraße runter bremste.  Nun, das Wasser ist nicht verdampft. Der Druckpunkt ließ nach, aber er verschwand nicht komplett, und das trotz offensichtlichem Missbrauch. Stattdessen blieb die Bremskraft erhalten, auch nach 200 hm und bei einer Belagstemperatur von 214°C konnte das Hinterrad problemlos blockiert werden. Auch der Sattel an sich wies Temperaturen von über 130°C auf, das Wasser müsste hier eigentlich Dampfblasen bilden, trotz Glykol-Anteil. Warum es das nicht getan hat? Ist vielleicht der Druck im Sattel hoch genug, um dies zu verhindern (Analogie: Dampfkochtopf)? Wie dem auch sei: Hinsichtlich der Standfestigkeit der Bremse muss sich niemand Sorgen machen.

# Egal ob an den Rippen - oder auf der Fläche dazwischen: Zu heiß für Wasser.
# Auch der Bremssattel wird mächtig heiß - deutlich wärmer als der Siedepunkt von Wasser-Glykol.

Haltbarkeit

Die Bremse ist leicht, stark, gut dosierbar – wo ist da der Haken? Es sind kleine Details, die an dieser Bremse verbessert werden könnten. Der Bremshebel ist so filigran, dass er sich sichtlich deformiert, wenn man halbgar daran zieht. Dann wäre da die Bremsleitung, die sich ohne Werkzeug demontieren und mit einem Cutter schnell kürzen lässt – was alles sehr angenehm ist, aber auch offenbart, wie filigran diese Bremsleitung ist. Nach einem Crash ist sie einfach abgeknickt, bleibt zwar dicht, sieht aber mitleiderweckend aus. Als nächstes bemerke ich: Der ständig klappernde Bremshebel hat mit seiner scharfkantigen Verstellschraube an der Leitung geschliffen, bereits nach wenigen Fahrten finden sich hier tiefe Kratzer. Sicherheitshalber kürze ich die Leitung und verlege sie so, dass sie dem Drehknopf nicht mehr nahe kommen kann. Das Entlüften gelingt leicht, die Beläge können dabei kein Öl abbekommen, und es spricht wenig dagegen, die Bremse mit Mineralwasser oder aus der Trinkflasche zu füllen, sollte man einmal unterwegs nachfüllen müssen.

# Keine Chance für übliche Leitungshalter - die Leitung ist deutlich dünner als üblich
# Hoppla - Bei einem Sturz wurde die Bremsleitung durch die Leitungshalter geschoben und knickte einfach aus. Natürlich funktionierte die Bremse noch, aber diese Empfindlichkeit stärkt nicht unbedingt das Vertrauen.

Der Belagsverschleiß der Bremse weicht nicht spürbar von den organischen Bremsbelägen ab, wie sie Shimano und SRAM verbauen, und hängt in erster Linie von Gewicht, Topographie und Fahrweise ab.

Fazit – BrakeForceOne H2O Test

Die H2O hat richtig Kraft und Ausdauer, und das bei einem erstklassigen Gewicht – der „Bremskraftverstärker“ funktioniert, der weiche Druckpunkt stört im Gebrauch nicht. Das Gewicht erreicht der Hersteller allerdings durch radikalen Leichtbau, der dem einen oder anderen zu weit gehen könnte, auch die Bremsleitung ist sehr filigran und knickt im Zweifelsfall schneller als bei der Konkurrenz. Die Brakeforce One H20 ist eine teure, aber leichte und insgesamt sehr gute Bremse, die enorm standfest und gut dosierbar ist und beweist – ja, der H20-Ansatz funktioniert!

Stärken

Schwächen

Testablauf

Wir haben die BFO H20 in den Bayerischen Voralpen und den Zentralalpen im Enduro-Einsatz getestet. Zusätzlich wurde ein Überlast-Test durchgeführt.

Hier haben wir die BFO H20 getestet

  • Testername: Stefanus Stahl
  • Körpergröße: 177 cm
  • Gewicht (mit Riding-Gear): 70 kg
  • Schrittlänge: 82 cm
  • Armlänge: 65 cm
  • Oberkörperlänge: 63 cm
  • Fahrstil: Verspielt, sauber und mit vielen Drifts
  • Was fahre ich hauptsächlich: Trail, Enduro
  • Vorlieben beim Fahrwerk: Die richtige Mischung aus Komfort und Popp macht’s
  • Vorlieben bei der Geometrie: Relativ niedrig, relativ lang

Preisvergleich BrakeForceOne H2O


Weitere Informationen

Webseitewww.brakeforceone.de/h2o
Text & Redaktion: Stefanus Stahl | MTB-News.de 2016
Bilder: Stefanus Stahl

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