In unserem ersten Beitrag haben wir ausführlich darüber geschrieben, worauf bei der Wahl der Kleidung für hohe Temperaturen zu achten ist – doch was, wenn die Bike-Ausfahrt ins Wasser fällt und es ordentlich schüttet? „Es gibt kein schlechtes Wetter, es gibt nur schlechte Kleidung“, sagt die Werbung – und ein wenig was ist dran!
Ziel
Der Zweck von Regenbekleidung ist leicht beschrieben, aber leider nicht leicht erreicht: trocken halten! Warum? Der Grund ist, dass man das Gegenteil wie bei der richtigen Kleidung für heiße Bedingungen erreichen möchte. Wenn die Haut nass ist, so verdunstet das Wasser und kühlt. Nur leider ist das bei Regenwetter gar nicht gewünscht – der Körper kühlt aus. Folge ist erst einmal ein unangenehmes Gefühl, im Grenzfall aber sogar eine Unterkühlung. Deshalb ganz klar der Wunsch: Wasser muss draußen bleiben. Das lässt sich mit Kunststoffen, verarbeitet als Folie, verhältnismäßig leicht erreichen. Folien haben aber einen gewaltigen Nachteil: Sie lassen nicht nur kein Wasser, sondern auch keinen Wasserdampf nach draußen. Bereits geringe körperliche Anstrengung führt deshalb dazu, dass es im Inneren der Kleidung zugeht wie im Tropenhaus. So wird die Haut dann dennoch nass – es wird heiß, feucht, schwitzig und irgendwie friert man doch wieder! Kein Zustand, in dem sich Höchstleistungen abrufen oder eine gute Zeit haben lässt.
Die Lösung firmiert bei der Firma Gore seit geraumer Zeit unter dem Slogan „Guaranteed to keep you dry“ und beschreibt eine Membran aus PTFE, besser bekannt unter dem Markennamen Teflon. Auf die richtige Art und Weise hergestellt sorgen die kleinen Löcher in dieser Folie dafür, dass Wassertropfen von außen nicht reinkommen, Wasserdampf aber raus. Der Trick liegt schlicht in der Größe der Löcher: zu klein für Tropfen, groß genug für Dampf. Leider kann man sich nicht allein auf die Einbahnstraße der Membran verlassen, denn getrieben wird dieser Austausch nur von einem Dampfdruckgefälle: Es muss in der Jacke erstmal „dampfiger“ sein, als außerhalb – sonst fließt gar nichts. Weitaus angenehmer ist es daher häufig, wenn noch eine Luftzirkulation möglich ist, die den Dampf einfach mitnimmt.
So geht’s
Dampfdurchlässige, wasserdichte Membran her, ein paar Belüftungsöffnungen dazu – fertig ist die optimale Regenkleidung? Tatsächlich ist das Ganze eine Wissenschaft für sich – denn eine große Bewegungsfreiheit mit schlecht dehnbaren Materialien sowie Luftaustausch ohne Wassereintritt sind äußerst schwer miteinander in Einklang zu bringen.
Obenrum
Moderne Regenjacken wie das hier abgebildete 7Mesh Guardian Jacket sind deutlich angenehmer zu tragen, als die Plastiktüten, die noch vor 10–20 Jahren weit verbreitet waren. Durch ein angerautes Innenmaterial liegen sie angenehm auf der Haut. Dennoch: Nur mit einer Regenjacke bekleidet will man nicht unterwegs sein, denn auch die neuen Materialien kleben noch etwas an der Haut und behindern damit die Bewegungsfreiheit. Also etwas unter der Regenjacke getragen, am besten die gleiche Kunstfaser wie bei Hitze. Die leitet die Feuchtigkeit schnell weg von der Haut und lässt sie verdunsten – und schafft erst damit die Möglichkeit, die Membran zu passieren. Wichtig ist, das Shirt in die Hose zu stecken – ansonsten passiert es gern, dass sich vom Saum Feuchtigkeit hoch saugt. Und nochmal: Alles Wasser, was in der Bekleidung landet, kühlt unnötig aus, verhindert den Transport von Schweiß und sorgt dafür, dass ihr schneller erschöpft seid.
Für Cross-Country-Fahrer ist die Regenjacke typischerweise aerodynamisch enger geschnitten und hat keine Kapuze. Besonders clevere Modelle wie beispielsweise die dargestellte 7Mesh Oro-Jacke haben am Rücken einen abgedeckten Durchgriff. Damit kann Luft entweichen und der Handschuh die Rückentaschen erreichen. Für Enduro- und Trailbiker gibt es mehr Luft für Lagen unter der Jacke sowie eine Kapuze. Die sollte Helm-kompatibel geschnitten sein, ansonsten ist sie nur in der Pause zu gebrauchen.
Untenrum
Hier gibt es, zumindest von Frühling über Sommer bis Herbst, eigentlich nur eine vernünftige Wahl: eine 3/5 lange Regenhose. Das klingt jetzt vielleicht erstmal komisch, liegt aber bei näherer Betrachtung auf der Hand: Eine lange Regenhose bietet zwar natürlich den maximalen Schutz, doch wird es darin so warm, dass man zwar nicht von außen nass wird – aber dafür dann von innen. Eine kurze (im Sinne von über dem Knie endende) Hose bietet zwar Lüftung und Schutz für Oberschenkel und Gesäß, aber kalte Knie gehen einfach gar nicht. Daher also über-Knie-lang. Das sieht zwar nicht super cool aus, aber ist funktional definitiv das beste. Denn eine Regenhose ist auf Lüftung angewiesen, rein durch Dampfdurchlässigkeit lässt sich da nichts machen – die Hose muss schließlich aus robustem Material geschneidert werden. Da kann man mit dünnen Materialien wie Shakedry nicht landen. Das von Gore Tex verwendete Active Shell soll einen guten Kompromiss darstellen und bleibt bis auf Weiteres die beste Wahl für die Kleidungsspezialisten. Wenn dann noch an Wasserablauflöcher in den Taschen gedacht wird und ein Schnitt mit Zwickel die Bewegungsfreiheit maximiert, sind wir schon ziemlich glücklich.
Die Köpfe hinter 7Mesh haben früher die Geschicke beim Outdoor-Spezialist Arc’teryx geleitet – der Produktentwickler Ian Martin sagt über Hosen für Mountainbiker, wie beispielsweise die 7Mesh Revelation-Short:
Bei Fahrten im Regen ist das Kleidungsstück, auf das ich am meisten fokussieren würde, die Short. Diese macht hinsichtlich Komfort einen riesigen Unterschied! Obwohl natürlich auch die Jacke wichtig ist: Man kommt mit einer Regenjacke klar, die nicht fürs Biken entwickelt ist (klar, eine Bike-Jacke ist nochmal besser). Die Short dagegen ist ein „must-have“ bei Regen und eine gute Regen-Short ist ein Unterschied wie Tag und Nacht.
Ian Martin, 7Mesh
Bleiben noch die Füße, die vom Vorder- und Hinterrad zusätzlich ordentlich unter Beschuss stehen. Wasserdichte Schuhe gibt es gar nicht so viele – und wenn, dann muss man auf einen hohen und eng geschlossenen Schaft achten, damit das Wasser nicht von oben reinläuft. Eine günstigere Alternative als ein weiteres Paar Schuhe stellen Überschuhe oder wasserdichte Socken dar – wir haben bereits vier Modelle für euch getestet. Beide Ansätze ergänzen den MTB-Schuh durch eine wasserdichte Hülle – die eine eben außen, die andere innen. Was ist klüger? Beides hat Vorteile: Überschuhe bleiben gern mal irgendwo hängen, sehen uncool aus und das Wasser kann immer noch oben reinlaufen. Bei wasserdichten Socken wird der Schuhe komplett nass und schwer, der Fuß bleibt dank der Membran und eines Futters aus Merino-Wolle einigermaßen trocken. Sealskinz ist hier der absolute Platzhirsch und das Produkt funktioniert ganz gut. Aber auch hier kann der Silikonbund nicht ganz vermeiden, dass etwas Wasser ins Innere gerät. Der Alternativweg sind natürlich Schuhe, aus denen das Wasser schnell wieder abläuft und ganz dünne Socken. Das funktioniert, wenn der Regen nur einen kurzen Teil der Tour ausmacht. Auf wirklich langen Regenfahrten ist das aber schlicht keine Lösung. Aus Gründen der Einfachheit verwende ich deshalb wasserdichte Socken – sie helfen viel und stören wenig! Nur das etwas höhere Volumen muss in den Schuh passen.
Handschuhe sind dann auch noch ein gutes Thema – tatsächlich gibt es natürlich auch wasserdichte Handschuhe. Das Problem an der Sache ist aber, das durch eine Membran in aller Regel das Fahrgefühl verloren geht. Deshalb nehme ich ehrlich gesagt meist einfach ein oder zwei Ersatzpaare normaler Handschuhe mit, wenn es nass wird.
Fazit
Wenn ihr euch etwas für den Regen gönnt, dann am besten eine wasserdichte Short, die wirklich zum Biken gemacht ist und über die Knie geht. Der Schnitt und die Länge müssen allerdings passen. Ansonsten sind wasserdichte Socken eine gute und angenehme Ergänzung.
Womit haltet ihr euch bei Mistwetter bei Laune?
Information: Die im Artikel zu sehenden Produkte wurden uns für den Artikel kostenfrei zur Verfügung gestellt. MTB-News.de steht in keiner Weise in finanzieller Verbindung zu den gezeigten Marken.
126 Kommentare