Siegfried und Roy, Batman und Robin, Topf und Deckel, Mettwurst und Zwiebeln, Downhill und Weltcup, Troy Brosnan und das Specialized Demo – es gibt Kombinationen, die einfach passen. Doch seit dieser Saison ist der schnelle und konstante Australier für das brandneue Canyon Factory Downhill Team im Weltcup unterwegs. Und das mit gehörigem Erfolg: In Andorra konnte Troy Brosnan seinen ersten Weltcup-Sieg seit 2014 einfahren. Wir haben uns das Arbeitsgerät des Australiers genauer angeschaut: Hier ist der Canyon Sender CF von Troy Brosnan im Bike Check!
Seit seinem Weltcup-Debüt bei den Junioren im Jahr 2010 war Troy Brosnan auf einem Specialized Demo unterwegs. Als Teamkollege von Downhill-Legenden wie Sam Hill, Brendan Fairclough und Aaron Gwin entwickelte sich der kleine Australier schnell selbst zu einem absoluten Star der Szene. Zwei WM-Goldmedaillen als Junioren-Fahrer, dazu Bronze bei der Weltmeisterschaft 2014, ein Sieg beim Weltcup in Fort William im selben Jahr: Seit einer gefühlten Ewigkeit ist Troy Brosnan bei praktisch jedem Rennen einer der Favoriten auf den Sieg. Dabei vergisst man jedoch oft, dass der Australier trotz seiner mehrjährigen Rennerfahrung gerade einmal 24 Jahre jung ist.
Im vergangenen Winter folgte dann der Wechsel von Troy Brosnan zum neu gegründeten Canyon Factory Downhill Team. Die Meldung sorgte für viel Aufmerksamkeit und angeregte Diskussionen: Wird der Australier an seine Erfolge anknüpfen können? Wie kommt Troy Brosnan mit dem Canyon Sender CF zurecht? Wie lange wird es dauern, bis er auf seinem neuen Arbeitsgerät einen Weltcup-Sieg holt? Die beeindruckende Antwort folgte beim vierten Weltcup 2017 in Andorra: Mit der supersteilen Strecke kam Troy Brosnan am besten zurecht und holte an Bord seines Canyon Sender CF den ersten Downhill Weltcup-Sieg in der Geschichte der Firma aus Koblenz. Eine Woche später beim Weltcup in der Schweiz haben wir das Arbeitsgerät von Troy Brosnan genau unter die Lupe genommen – übrigens genau ein Jahr, nachdem wir am selben Ort sein damaliges Specialized Demo 8 inspiziert haben. Hier ist der Bike Check von Troy Brosnans Canyon Sender CF!
Arbeitsgerät: Canyon Sender CF von Troy Brosnan
- Fahrer: Troy Brosnan (1,70 m / 65 kg)
- Rahmen: Canyon Sender CF, Größe M, Carbon mit Aluminium-Hinterbau
- Federweg: 203 mm / 215 mm
- Reach: 440 mm / Kettenstreben: 430 mm / 446 mm
- Lenkwinkel: 63°
- Fahrwerk: RockShox Boxxer World Cup / RockShox Vivid R2C Coil
- Laufräder: Mavic Deemax / 27,5″ / Aluminium
- Reifen: Maxxis Minion DHF (27 psi) / Maxxis Minion DHR (31 psi) / Tubeless-Aufbau
- Lenker: Renthal Fatbar, 740 mm Breite, 38 mm Rise
- Bremsen: SRAM Code
- Schaltung: SRAM X01 DH
Rahmen und Geometrie
Die Meldung war ein Paukenschlag: Nach vielen Jahren auf Specialized ist Troy Brosnan seit Beginn dieser Saison auf einem Canyon Sender CF unterwegs. Der Rahmen, der zu großen Teilen aus Carbon besteht, wurde maßgeblich von der französischen Downhill-Legende Fabien Barel mitentwickelt – und konnte bereits in unserem Test sehr überzeugen. Troy Brosnan zählt mit einer Körpergröße von 1,70 m zu den kleineren Fahrern im Downhill-Weltcup. Sein neues Arbeitsgerät ist im Vergleich zum Vorgänger jedoch ein ganzes Stück gewachsen: Der Canyon Sender CF in Größe M, auf dem Troy unterwegs ist, hat einen Reach von 440 mm und Kettenstreben, deren Länge sich zwischen 430 mm und 446 mm anpassen lassen. Zum Vergleich: Das Specialized Demo, auf dem der Australier zuvor unterwegs war, hatte einen 2 cm kürzeren Reach und 430 mm lange Kettenstreben.
Von der Anpassung der Länge der Kettenstreben, die der Canyon Sender CF bietet, macht Troy auch regelmäßig Gebrauch: „Die beiden Optionen zu haben ist fantastisch für uns!“, gibt sich Troys langjähriger Mechaniker Aaron Pelttari euphorisch. „Je nach Strecke ist Troy auf den kurzen oder langen Kettenstreben unterwegs. In der Hinsicht testen wir relativ viel. Hinsichtlich der Geometrie ist der Sender im Vergleich zum Demo eine typische Weiterentwicklung: Longer, lower, slacker!“. Der Lenkwinkel liegt bei standardmäßigen 63°, das Tretlager ist 348 mm tief.
Fahrwerk und Setup
Eine wichtige Änderung am Arbeitsgerät von Troy Brosnan ist der Hinterbau – oder besser gesagt die Anlenkung des Dämpfers. Während die Serienversion des Canyon Sender auf einen eher progressiven Luftdämpfer optimiert ist, fährt das Canyon Factory Downhill Team auf den harten Weltcup-Strecken einen Stahlfederdämpfer in Kombination mit einer speziellen Umlenkwippe, die für eine höhere Progression sorgt. Diese Modifikation ist im Weltcup nicht untypisch: Die schnellsten Fahrer der Welt sind mit Geschwindigkeiten unterwegs, die fernab von gut und böse liegen. Hier braucht man jedes Quäntchen Performance und Progression – deshalb die Kombination aus RockShox Vivid R2C-Stahldämpfer und spezieller Umlenkwippe am Arbeitsgerät von Troy Brosnan.
Standardmäßig setzt Troy auf eine besonders leichte Super Alloy Racing-Feder mit einer Härte von 400 lbs am Heck. Wie viele andere Fahrer, die ebenfalls mit auf einem Stahlfederdämpfer unterwegs sind, kommt am Canyon Sender CF von Troy Brosnan ein System zum Einsatz, das der Feder durch ein Lager erlaubt, sich leichter zu verwinden – das sorgt für ein ideales Ansprechverhalten. Außerdem auffällig ist die ungewöhnliche Farbe des Bottom Out-Bumpers. Hier experimentiert das Team aktuell in Zusammenarbeit mit RockShox mit unterschiedlichen Elastizitäten, die dafür sorgen, dass der Dämpfer bei einem zu harten Schlag keinen Schaden nimmt. Ein weiteres interessantes Detail sind die Nadellager in den Dämpferbuchsen. Diese sollen ein optimales Ansprechverhalten des RockShox Vivid-Dämpfers garantieren.
Je nach Strecke und Bedingungen ändert sich das Fahrwerk-Setup am Canyon Sender CF von Troy Brosnan relativ stark. Seit jeher notiert das Team rund um den Australier jegliche Veränderungen in einem Buch und greift auf die gesammelten Daten aus den Vorjahren zurück – wenngleich die Daten vom Specialized Demo natürlich nicht 1:1 auf das neue Arbeitsgerät von Troy Brosnan übertragbar sind. Sowohl im Dämpfer als auch in der RockShox Boxxer World Cup-Federgabel kommt für jede Weltcup-Strecke ein spezielles Shim Stack zum Einsatz. Die restlichen Anpassungen halten sich einigermaßen in Grenzen. Insgesamt fährt Troy Brosnan ein recht straffes Setup mit einem langsamen Rebound vorne und hinten. Die Einstellung von Zug- und Druckstufe an der Federgabel und am Heck variieren am Rennwochenende um ein bis zwei Klicks, außerdem wird bei Bedarf der Luftdruck in der RockShox Boxxer World Cup um 5 psi erhöht. Genaue Details und Zahlen zum Setup sind jedoch streng geheim.
Laufräder und Reifen
Auch hinsichtlich der Laufräder und Reifen hat sich am Arbeitsgerät von Troy Brosnan im Vergleich zu den Vorjahren einiges geändert. Mittlerweile ist der Australier auf Reifen von Maxxis und Laufrädern von Mavic unterwegs. Für die nötigen Portion Grip sorgen zwei absolute Klassiker aus dem Hause Maxxis: Der Minion DHF vorne und der dazu passende DHR II hinten, beide in der Triple Compound-Ausführung mit einer Breite von 2,5″ vorne und 2,4″ hinten. Vorne fährt Troy Brosnan einen Luftdruck von 27 psi (1,85 bar) und hinten von 31 psi (2,15) – vergleichsweise hohe Werte im Downhill-Weltcup. Für den Fahrstil des Australiers passen die Zahlen allerdings, zumal ein hoher Druck den Pannenschutz erhöht. Im Inneren kommt ein klassisches Tubeless-Setup zum Einsatz.
Auch bei den Laufrädern handelt es sich um Klassiker – beziehungsweise die Neuauflage derer: Das Canyon Factory Downhill Team setzt auf die brandneuen Mavic Deemax-Laufräder, mit denen Troy Brosnan, Mark Wallace und Co. bislang sehr gute Erfahrungen gemacht haben. Die Aluminium-Felge hat eine Innenbreite von 27 mm und harmoniert gut mit der Breite der Reifen. Felgen aus Carbon würden möglicherweise noch etwas Gewicht einsparen. Hier stehen jedoch die Haltbarkeit und das Zusammenspiel aus Reifen und Felgen(material) im Vordergrund. Im Gegensatz zu seinem Teamkollegen Mark Wallace legt Troy Brosnan übrigens großen Wert darauf, dass seine Laufräder mit herkömmlichen runden Speichen und nicht mit Messerspeichen aufgebaut sind. Die runden Speichen sorgen angeblich für ein leiseres Fahrrad.
Komponentencheck
Wie auch in den Vorjahren besteht das Cockpit am Arbeitsgerät von Troy Brosnan aus einem Lenker und Vorbau aus dem Hause Renthal. Der Aluminium-Lenker ist auf vergleichsweise schmale 740 mm gekürzt – für den relativ kleinen Australier ist die Funktion wichtiger als irgendwelche Modetrends. Mit einem Rise von 38 mm baut der Renthal-Lenker jedoch recht hoch. Auffällig ist außerdem, dass der Lenker relativ weit nach hinten gerollt ist. Auf die perfekte Lenkerposition legt der Australier großen Wert. Der 45 mm kurze Renthal-Vorbau baut sehr niedrig, außerdem kommt nur ein sehr schmaler Spacer unter der Gabelkrone zum Einsatz. Auf steileren Strecken wird die Lenkerhöhe bei Bedarf über den Auszug der Federgabel angepasst. Die Griffe stammen ebenso wie der Sattel aus dem Hause Ergon.
Für knackige Schaltvorgänge sorgt ein SRAM X01 DH-Antrieb mit sieben Gängen. Der Schalthebel ist nicht nur äußerlich mit Grip Tape modifiziert: Der Black Box-Schriftzug deutet darauf hin, dass auch im Inneren einiges angepasst wurde. Eine Kettenführung von e*thirteen schützt das 36 Zähne große Kettenblatt. Klickpedale aus dem Hause HT sind für die Kraftübertragung verantwortlich. Für den Fall, dass der Australier doch mal abbremsen muss, sind die brandneuen SRAM Code-Bremsen am Arbeitsgerät von Troy Brosnan verbaut. Vorne setzt der Canyon-Fahrer standardmäßig auf eine 200 mm große Scheibe – hinten kommt je nach Steilheit der Strecke mitunter sogar eine 220 mm große Scheibe zum Einsatz. Vorne klein, hinten groß? „Viele Leute wundern sich darüber, aber unserer Erfahrung nach bremst man im Downhill hinten deutlich mehr und häufiger als vorne. Deshalb macht unserer Meinung nach eine große Bremsscheibe hinten durchaus Sinn“, erklärt Troys Mechaniker Aaron. „Dafür muss die Strecke allerdings auch sehr steil sein – wie beispielsweise vor kurzem in Andorra. Ansonsten entsteht nicht genug Hitze, dass die große Scheibe ihr volles Potential entfalten kann.“ Die Hebel der SRAM Code-Bremse sind so nah wie möglich am Lenker positioniert und der Druckpunkt ist mit dem Wort „knackig“ durchaus treffend beschrieben.
Dass dem Australier die Umstellung vom langjährigen Wegbegleiter Specialized Demo zum brandneuen Canyon Sender mehr als gelungen ist, dürfte mittlerweile klar sein: Nach seinem Sieg beim Crankworx-Downhill in Innsbruck folgte umgehend auch Platz 1 beim Downhill-Weltcup in Andorra – gleichbedeutend mit dem ersten Sieg Canyons auf der höchsten internationalen Downhill-Bühne. Beim Rennen in der Lenzerheide wurde der Australier nur ganz knapp hinter Greg Minnaar Zweiter und ist aktuell dessen härtester Verfolger im Kampf um den Gesamt-Weltcup. Man darf gespannt sein, welche Erfolge Troy Brosnan in Zukunft noch auf seinem neuen Canyon Sender CF feiern wird!
Weitere Informationen
Webseite: www.factoryracing.canyon.com
Text & Redaktion: Moritz Zimmermann | MTB-News.de 2017
Bilder: Moritz Zimmermann
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