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Arbeitsgerät:
YT Tues CF von Aaron Gwin

Bike Check Aaron Gwin: Seit einem Weltcup-Debüt vor 9 Jahren hat Aaron Gwin eine Karriere hingelegt, wie sie die Downhill-Welt selten gesehen hat. Sein Wechsel zum Forchheimer Versender YT Industries hat der Dominanz keinen Abbruch getan – im Gegenteil: Direkt beim ersten Weltcup gab’s den ersten Sieg. In diesem Jahr ging Aaron Gwin als Titelverteidiger in das Rennen um den Gesamtsieg, den er sich im Herzschlag-Finale in Val di Sole ein weiteres Mal sichern konnte. Wir haben sein Arbeitsgerät, das YT Tues CF, im Bike Check genau unter die Lupe genommen!

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Aarons Mechaniker John Hall, der neben seiner Arbeit den wohl größten Stars der Mountainbike-Szene vor allem für seine penibel sortierte Werkzeugkiste bekannt ist, hat sich viel Zeit genommen, um uns über alle Details von Aaron Gwins Arbeitsgerät aufzuklären. Auf genau diesem YT Tues CF konnte sich der Amerikaner nicht nur den Sieg beim spannenden Weltcup-Finale in Val di Sole, sondern auch zum zweiten Mal hintereinander den Gesamt-Weltcup sichern. An Board des YT Tues CF hat Aaron Gwin nicht erst mit seinem spektakulären Sieg in Mont-Sainte-Anne bewiesen, dass das Downhill-Rad der Firma aus Forchheim eines der schnellsten Bikes der Welt ist.

Arbeitsgerät: YT Tues CF von Aaron Gwin

# Auf diesem YT Tues CF konnte Aaron Gwin nicht nur die letzten beiden Weltcups der Saison 2017 gewinnen, sondern sicherte sich darüber hinaus auch noch den Sieg in der Gesamtwertung - wir haben das Arbeitsgerät des Amerikaners genau unter die Lupe genommen!
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# An einem guten Tag ist Aaron Gwin auf der Strecke praktisch unschlagbar - wie beispielsweise in Val di Sole, wo er nicht nur den Tagessieg holte, sondern sich ganz nebenbei auch zum zweiten Mal hintereinander den Titel in der Gesamtwertung sichern konnte.

Rahmen und Geometrie

Aaron Gwin ist auf einem ganz normalen, im Netz erhältlichen YT Tues CF in Größe XL unterwegs. Das ist mit einem Reach von 470 mm für seine eher durchschnittliche Körpergröße von 1,80 m ziemlich groß, weshalb er im vergangenen Jahr auch noch auf einen L-Rahmen setzte. Allerdings wechselte sein etwas größerer Teamkollege Angel Suarez Anfang der Saison auf XL und Neuzugang Neko Mulally fuhr von Beginn an nichts anderes – als Aaron vor Saisonbeginn einige Fahrten auf dem XL-Bike seines amerikanischen Teamkollegen machte, war er sofort begeistert. Er hat das Gefühl, damit mehr Raum zum Bewegen zu haben und tiefer im Rad zu sitzen. Bei normalen Trainingsfahrten ist es zwar manchmal etwas unhandlich, im Renntempo ist der große Rahmen jedoch deutlich komfortabler und schneller. Möglichkeiten zur Geometrieverstellung sucht man am YT Tues CF vergeblich. Das spielt für Aaron jedoch keine Rolle. Bevor er die ersten Testfahrten auf dem Carbon-Geschoss mit 200 mm Federweg am Heck unternahm, studierte er die Geometrie-Tabelle und war hellauf begeistert, da sie ziemlich genau seinen Vorstellungen entsprach. Nach dem ersten Run war für ihn dann sofort klar, dass es das richtige Rad ist – wirkliche Umstellungsprobleme von seinem alten Rad soll es dadurch nicht gegeben haben. Der Lenkwinkel des YT Tues CF liegt bei sehr durchschnittlichen 63,5°, die Kettenstreben sind 435 mm lang.

# Aaron fährt nach eigenen Angaben ein komplett reguläres YT Tues CF in Größe XL - der große Rahmen gibt ihm mehr Sicherheit in seinen wirklich spektakulären Rennläufen.
# Lediglich die Kettenstreben und die Umlenkwippe bestehen aus Aluminium …
# … der Rest des YT Tues CF-Rahmens ist aus Carbon.

Fahrwerk und Setup

Aaron Gwin setzt auf ein komplettes Luftfahrwerk bestehend aus Fox 40 Factory-Federgabel und Fox Float X2-Dämpfer. Selbst auf der sehr harten und anspruchsvollen Strecke in Val di Sole blieb er bei diesem Setup, da ihm das etwas schnippischere Verhalten und die zusätzliche Progression des Luftdämpfers gefällt. In Tests konnte er zwar feststellen, dass ein Stahldämpfer mehr Grip bietet und auch gut mit dem ohnehin schon progressiven YT Tues-Rahmen harmonieret, seine Vorliebe bleibt jedoch das Luftfahrwerk.

# An der Front arbeitet an Aaron Gwins Arbeitsgerät die äußerst beliebte Fox 40 Factory-Federgabel - diese setzt auf eine Luftfeder, deren Kennlinie mittels Plastikspacern angepasst werden kann.
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# Während eine Luftfedergabel keine Seltenheit mehr ist, verwundert der Fox Float X2-Luftdämpfer am Heck schon deutlich mehr - laut Aaron generiert ein Stahldämpfer zwar mehr Grip, er bevorzugt jedoch den Gegenhalt und die Progressivität des Luftdämpfers.

Aarons genaue Einstellung wollte uns sein Mechaniker John Hall nicht verraten – Betriebsgeheimnis! Allerdings gab er an, dass sie gar nicht so extrem straff sind, wie viele Leute vermuten. In Aarons Anfangs-Jahren wäre das so gewesen, da die Federung nicht auf dem heutigen, sehr hohen Niveau gewesen sein. Heutzutage ist sein Fahrwerk für einen Profi relativ gewöhnlich und sogar eher offen – er fährt höchstens 2 bis 3 Klicks mehr oder weniger als andere Fox-Athleten. Besonderen Wert legt er darauf, dass sich Front und Heck sehr ausbalanciert und ähnlich anfühlen. Auffällig ist außerdem der RAD-Schriftzug auf der Dämpfungs-Einheit der Fox 40 Factory im YT Tues CF von Aaron Gwin. Es scheint so, als ob sich an der Federgabel des Amerikaners lediglich die Zug- und Druckstufe einstellen lässt. Eine Unterteilung in High- und Low Speed sucht man vergeblich. Je nach Strecke kommen außerdem unterschiedliche Shim Stack-Konfigurationen im Inneren der edlen Federgabel zum Einsatz.

# Ich sehe was, was du nicht siehst und es ist … blau. - Richtig! Das Einstellrädchen der Fox RAD-Dämpfungskartusche. Informationen über das Innenleben sind streng geheim. Allerdings fanden wir in Val di Sole eine weitere Version mit getrennter High-/Lowspeed-Compression und Rebound.
# Die genauen Einstellungen der Federelemente an Aaron Gwins YT Tues CF sind streng geheim - allerdings führt sein Mechaniker John Hall genauestens Protokoll über die verschiedenen Set Ups. Insgesamt hat Aaron Gwin den Ruf, eine extrem straffe Einstellung zu fahren. Dies würde laut seinem Mechaniker aber mittlerweile nicht mehr unbedingt der Wahrheit entsprechen.

John verfügt über ein Logbuch, in dem er immer das jeweilige Setup für jede Strecke einträgt. Zu Beginn eines Rennens startet Aaron in der Regel mit den Einstellungen aus dem vergangenen Jahr und passt das Fahrwerk dann Stück für Stück an. Die Veränderungen liegen meist jedoch im Bereich weniger Klicks. Einen großen Einfluss haben dabei die Streckenbedingungen, also ob es trocken, nass oder völlig ausgefahren ist, sowie die Temperatur. Laut John weiß Aaron sehr genau was er will und kann extrem präzise Angaben und Änderungswünsche äußern, die oft auch sofort hinhauen – was die Arbeit für seinen Mechaniker natürlich deutlich erleichtert.

Laufräder und Reifen

Die Laufräder am Arbeitsgerät von Aaron Gwin stammen aus dem Hause e*thirteen. Es handelt sich um LG1 Race-Laufräder mit Carbon-Felgen in einer leicht veränderten, neuen Version. Allerdings weiß das Team selbst nicht genau, was an ihnen anders ist. Die bisherigen Erfahrungen damit waren extrem positiv: Aaron konnte seit dem Wechsel auf die neue Version alle seine Runs damit beenden – selbst, als ihm bei den Amerikanischen Meisterschaften und beim World Cup in Mont-Sainte-Anne die Felgen gebrochen sind. Das Team hat trotz dieser Beinahe-Katastrophen das Gefühl, deutlich weniger Defekte als andere zu haben, weshalb Aaron auch dieselben Laufräder in Training und Rennen fährt. Interessant ist auch, dass John Hall die Speichenspannung nicht für absolut entscheidend hält. Seiner Meinung nach wird jede Felge bei einer gewissen Krafteinwirkung an scharfkantigen Felsen brechen, weshalb er zwar natürlich auf eine gleichmäßige Speichenspannung achtet, jedoch nicht zu viel Zeit damit verschwendet. Apropos Speichen: Die silbernen Speichen haben keinen tiefergehenden Hintergrund, sondern sollen einfach cool aussehen.

# Die Felgen und Naben kommen aus dem Hause e*thirteen.
# Dank der hauseigenen e*thirteen 7-fach Kassette sind die Nabenflansche weit auseinander - das erhöht die Steifigkeit des Laufrads.
# Mit den Carbon-Felgen hat Aaron diese Saison nach eigenen Angaben sehr wenige Probleme - die silbernen Speichen sollen übrigens einfach nur cool aussehen.

Seit der Vorstellung des von Aaron Gwin mitentwickelten Onza Aquila-Reifens ist er fast ausschließlich auf seinem Signature-Modell unterwegs. Aarons Eindrücken zufolge verhält sich der Reifen sehr berechenbar, was ihm viel Selbstvertrauen gibt und ihn darüber hinaus auch sehr freut, da er eine Menge Arbeit in die Entwicklung reingesteckt hat. Er setzt auf ein reguläres Tubeless-Setup mit einem Flat Tire Defender-Schaumstoffkern vorne und hinten. Die exakten Luftdrücke sind geheim, sollen sich jedoch in einem relativ normalen Rahmen befinden. Trotz des FTD-Kerns hat Aaron seinen Luftdruck nicht abgesenkt, da sich die Reifen sonst viel zu schwammig anfühlen. Wir konnten John immerhin entlocken, dass sich hinten immer noch deutlich über 25 psi (1,7 bar) im Reifen befinden. Im Laufe eines Rennwochenendes wird der Luftdruck manchmal etwas angepasst. Selbst auf seiner grandiosen Regenfahrt in Mont-Sainte-Anne war Aaron Gwin übrigens auf dem Onza Aquila unterwegs – und das, obwohl der Reifen nicht unbedingt für diese Bedingungen konzipiert ist.

# Das Profil des Onza Aquila-Reifens soll Aaron Gwin selbst entworfen haben - er fährt den Reifen beinahe ausschließlich und ist extrem zufrieden damit. Selbst den unfassbaren Sieg im Regen in Mont-Sainte-Anne fuhr er auf seinem Signature-Modell ein.

Komponentencheck

Das Cockpit an Aaron Gwins YT Tues CF besteht aus einem Renthal Fatbar Carbon-Lenker mit 30 mm Rise und 780 mm Breite und einem dazu passenden Renthal Integra II-Vorbau mit 0° Rise und 50 mm Länge. Aaron legt viel Wert auf den für ihn korrekten Winkel des Lenkers im Vorbau und fährt diesen leicht nach hinten geneigt. Zum Stoppen bringen ihn die bislang eher unbekannten TRP Quadiem G-Spec-Bremsen, an deren Entwicklung er erheblich beteiligt war. Die Bremsen verfügen über 4 Kolben und Aluminium-Hebel, in die Löcher gebohrt wurden. Bei Matsch-Rennen soll sich so der Schlamm einfach durchdrücken lassen, wodurch man mehr Grip mit dem Finger hat. Aaron setzt auf metallische Beläge mit zweiteiligen, 203 mm großen Scheiben. Laut Mechaniker John Hall sind diese sehr leicht einzustellen und fühlen sich, sobald sie einmal eingefahren sind, sehr bissig an.

# Das Cockpit ist fest in der Hand der aus dem MX-Bereich stammenden britischen Firma Renthal - bei den Griffen handelt es sich um Aaron Gwins eigene Signatur-Griffe von ODI.
# Die TRP Quadiem G-Spec-Bremsen waren bis vor kurzem quasi völlig unbekannt.
# Aaron schätzt den sehr direkten, kräftigen Biss der 4-Kolben Bremsen.
# Die Bremszange ist ziemlich voluminös …
# … und verfügt über Riffelungen an der Oberfläche, um Hitze besser abzuleiten.
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Der Antrieb besteht aus e*thirteen LG1R Carbon-Kurbeln, einer passenden e*thirteen TRS+-Kettenführung ohne untere Rolle und einem SRAM X01 DH-Schaltwerk mit e*thirteen 7-fach Kassette. Bereits seit einigen Jahren setzt Aaron Gwin auf die HT DH Race X2-Klickpedale. Trotz der vielen Carbon-Teile ist das Gewicht für das Team nicht absolut entscheidend – wichtiger ist, dass alle Anbauteile am YT Tues CF von Aaron Gwin halten. Dennoch befinden sich an allen möglichen Stellen am Rad Titanschrauben, die einige Gramm sparen. Unabhängig davon spricht der Erfolg von Aaron Gwin auf dem YT Tues CF für sich: In seinen beiden Jahren auf dem Rad der Firma aus Forchheim konnte der Amerikaner jeweils den Gesamt-Weltcup gewinnen. Fehlt nur noch ein Weltmeister-Titel …

# e*thirteen LG1R Carbon-Kurbeln übertragen Aarons Kräfte - während eine TRS+-Kettenführung die Kette vorm Runterfallen schützt. Interessanterweise verzichtet Aaron Gwin auf eine Kettenführung mit unterer Rolle.
# Plastikschützer schonen die Kurbeln bei Steinkontakten.
# Aaron setzte als einer der ersten bekannten Profis auf die HT DH Race X2-Pedale.
# Ein SRAM X01 DH-Schaltwerk wechselt die Gänge.
# Die Kette läuft über die e*thirteen DH-Kassette - die 7 Ritzel gehen von 9 bis 21 Zähnen.
# Ein nicht ganz ungewohnter Anblick - das YT Tues CF von Aaron Gwin als Siegerrad. Ob sich der Amerikaner auf diesem Rad wohl auch den WM-Titel in Australien sichern kann?
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Weitere Informationen

Webseite: www.yt-industries.com
Text & Redaktion: Gregor Sinn | MTB-News.de 2017
Bilder: Moritz Zimmermann

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