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Comeback des Jahres? Ovale Kettenblätter B-Lab B-Rings im Test

Manchmal macht eine Neuerung den Weg für andere Neuerungen frei. Manchmal führt aber eine Neuerung auch dazu, dass eine eingestampfte Erfindung ihr Comeback feiern kann. So sieht es aktuell bei ovalen Kettenblättern aus: Seit Umwerfer durch 1X11 an vielen Bikes in Rente geschickt werden, ist die Schaltproblematik ovaler Kettenblätter völlig irrelevant – also höchste Zeit, dass die ovalen Blätter zurück kommen?

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# Ovale Sache

Energie kann weder erzeugt noch vernichtet werden – die Geschichte vom Energieerhaltungssatz sollte sich auch unter Bikern rumgesprochen haben, seit sie Helmholtz 1847 formuliert hatte. Was heißt das für uns als Biker? Auch im System Fahrer-Fahrrad wird keine Energie erzeugt, sondern nur umgewandelt: Unser Körper wandelt beim Biken chemische Energie in Bewegungsenergie um. Diese Umwandlung sollte möglichst effizient erfolgen, denn dann verpufft am wenigsten in Wärme und resultiert das meiste in Vortrieb – denn dann haben wir die maximale Freude daran. Hier kommt der Clou: Unsere Beine können auf die Kurbelarme je nach Stellung unterschiedlich günstig Kraft ausüben, es gibt Bereiche mit höherem und niedrigerem Effekt. Ovale Kettenblätter sollen nun helfen, die ungünstigen Anteile zu reduzieren – und die günstigen zu maximieren. Wenn das funktioniert, dann würde der Wirkungsgrad des Körpers auf dem Fahrrad erhöht. Bei gleichem Energieeinsatz könnte man schneller fahren.

In der Hand

So weit die Theorie. B-Labs setzen das ganze in Kettenblättern um, die nicht nur oval sind, sondern auch über ein Dick-Dünn-Profil verfügen und direkt, also ohne Spider, auf der Kurbel montiert werden. Also handelt es sich hier neudeutsch um ovale thick-thin direct mount Kettenblätter. Passend für SRAM Kurbeln und 11-fach Ketten gibt es sie in Größen von 28 – 36 Zähnen. Das heißt: Die Zähnezahl stimmt, aber der Außendurchmesser beispielsweise unseres 30er Testblattes schwankt zwischen dem eines konventionellen 28er und 32er Blatt.

# Thick-Thin-Profil - abwechselnd dicke und dünne Zähne, um die Kette besser zu führen

Die folgenden Kettenblätter sind bei Bionicon im Shop (www.B-labs.org oder www.bionicon.de) verfügbar:

Gedacht sind die Blätter für Verwendung auf SRAM GXP oder BB30/PF30 long spindle Kurbeln, die über einen abnehmbaren Kettenblatträger (Spider) verfügen. Dieser wird zusammen mit dem originalen Blatt abgenommen und 1:1 mit dem direct mount B-Ring Oval Kettenblatt ersetzt. Gewichtsersparnis: bis zu 50% der originalen Spider/Blatt Kombination. Hinweis: Die direct mount Kettenblätter weisen bei allen aktuellen 2×10 und 3×10 SRAM GXP/PF30/BB30 long spindle MTB Kurbeln die gleiche optimierte Kettenlinie von 48,9mm auf. Dies betrifft z.B. X7, X9, X0, X1, X01, XX1, S1000, S1400, S2000, S2210 Kurbeln

# Sauber - gefräst und gelasert macht das Blatt einiges her

Auf dem Trail

Also, Die Kurbel demontiert, drei Torx Schrauben gelöst, das Blatt aufgeschoben und wieder alles montiert. Das Ergebnis: Gewöhnungsbedürftig, so rein optisch. Los geht die Fahrt, und es bleibt: Gewöhnungsbedürftig: Beim Blick während des Tretens nach unten sieht alles stark nach Defekt aus, die Füße schnalzen bei schnellem Tritt fast ins Leere, wenn sich das Übersetzungsverhältnis periodisch ändert.

# Sieht ... - irgendwie nicht richtig aus

Nur 5 Minuten später: Ich spüre meinen unrunden Tritt gar nicht mehr. Das liegt auch daran, dass ich einen Gang hochgeschaltet habe – je langsamer man tritt, desto geringer ist die Chance, den Druck auf dem Pedal zu verlieren. Trete ich nun effizienter als sonst? Ich kann’s nicht feststellen, die Einflüsse durch Tagesform und Umwelt sind definitiv größer als der Effekt des ovalen Kettenblatts bei einfacher Streckenfahrt.

# Klar erkennbar - die Ellipse ist verdreht zum Kurbelarm positioniert
# Unangenehm - schnelles "Spinning" fühlt sich etwas sonderbar ein

Doch dann kommt der erste Berg. Es geht steil bergauf, sehr steil. Der gewohnte Totpunkt, an dem man quasi gar keinen Druck auf den Pedalen hat, sondern mehr oder weniger nach vorne treten muss, bleibt aus. Normalerweise reicht der geringe Schwung bei langsamem Tempo kaum aus, man fährt unrund und unangenehm bergauf. Die B-Rings helfen hier gleichmäßiger zu treten. Der Unterschied ist vor allem im direkten Vergleich zu normalen Kettenblättern spürbar, man kann sich auf jeden Fall sehr schnell daran gewöhnen.

# Totpunkt-Überwinder - beispielsweise langsam bergauf oder beim rausbeschleunigen aus Kurven

Im Sprint bergab schalte ich in den größten Gang und beschleunige weiter – jetzt sorgt die steigende Trittfrequenz wieder für den absinkenden Druck auf dem Pedal, wenn man durch den Totpunkt rauscht. Jetzt folgen einige langsamere Kurven, und ich lerne einen weiteren angenehmen Effekt der Blätter kennen: Nach der Kurve überwinde ich dank des geringeren Umfangs (kurvenäußeres Pedal unten) den Totpunkt schneller, kriege früher Druck aufs Pedal. Auch nach Kurven, die mit horizontaler Kurbelstellung durchfahren werden, fühlt sich der dann größere Hebel gut an, um gleich rauszubeschleunigen. Sehr angenehm.

# Führt die Kette problemlos - B-Ring bei schräger Landung

Stichwort Ketten-Management: Ich habe die Kette ohne Kettenführung (schließt sich auch aus!) nicht einmal verloren. Diesbezüglich scheint die B-Labs-Zahngeometrie ihre Aufgabe zu erfüllen. In Downhill-Passagen ergibt sich außerdem ein größerer Abstand zwischen Kette und Kettenstrebe, wodurch das Fahrrad tendenziell noch leiser wird.

One last thing: Bei SRAM 1X11 Schaltwerken wird der Abstand von Kassette zu Schaltwerksrolle nicht durch das Parallelogramm eingestellt, sondern durch den außermittig gelagerten Schaltwerkskäfig. Das führt aber auch dazu, dass dieser Abstand sich beim Treten durch das ovale Kettenblatt immer leicht ändert, da ja der Käfig auch den Längenunterschied ausgleichen muss. Wir haben dadurch aber keine Probleme festgestellt; die Schwankungen sind nicht größer als etwa auch beim Einfedern des Hinterbaus. Gleiches gilt für die Käfigdämpfung, die logischerweise jeden Tritt leicht dämpft – diesen Effekt konnten wir nicht fühlen – gefilmt haben wir ihn trotzdem:

Video

Kurzer Film – einfach weil das ovale Blatt in Aktion ziemlich interessant aussieht…

Fazit

Der B-Ring hat nicht in jeder Fahrsituation uneingeschränkt überzeugt. Aber steil bergauf und aus Kurven raus fühlt sich die Sache sehr sehr gut an. Die B-Rings erweitern die Bergauf-Eignung von 1X11 sogar – nicht nur, weil sie auch mit sehr geringer Zähnezahl verfügbar sind, sondern auch weil sich etwas geringere Trittfrequenzen angenehm treten lassen.

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