MTB-News.de

Ausprobiert
vier Bib Pants Trägerhosen von Sugoi, Craft und X-Bionic

Voll im Trend liegen sie nicht mehr, die Trägerhosen, doch nach wie vor sind sie für alle Fahrer, die lange im Sattel sitzen und Tag für Tag ihre Kilometer runterspulen, unverzichtbar. Hosen mit Bund am Bauch oder die integrierten Sitzhosen von Shorts kommen einfach nicht an den Komfort der Trägerhosen heran.

Gerade das Sitzpolster entscheidet oft, ob die Tour zum Genuss oder zur Qual wird, wobei es natürlich auch immer noch auf den Sattel ankommt und den jeweiligen Trainingszustand. CrossCountry-Fahrer bevorzugen eher ein dünneres, aber dafür festeres Polster, um ein besseres Gefühl für den Untergrund zu bekommen und nicht den Eindruck zu haben auf einem Schwamm zu sitzen. Die Renndauer ist kurz und die Abfahrten werden eh alle im Stehen gefahren. Langstreckenfahrer dagegen brauchen ein deutlich komfortableres und mehr dämpfendes Polster und auch alle Ambitionierten, die jedes Jahr im Frühjahr ins Trainingslager gehen, kennen das Gefühl von wundgescheuerten Hinterteilen und dadurch den Grauen vor dem nächsten Trainingstag nur allzu gut.

Den ganzen Sommer über bin ich vier verschiedene Modelle von drei großen Herstellern im Vergleich gefahren. Damit für jeden etwas dabei ist befinden sich die Hosen im Preisbereich zwischen 100 und 200 EUR.

Ausprobiert habe ich diese Modelle (auf dem Foto v.l.n.r.):

Jede Hose hat komplett andere Beinabschlüsse und Sitzpolster. Auffällig: je teurer die Hose, desto aufwändiger ist vor allem das Sitzpolster konstruiert. Wer öfters lange Ausfahrten unternimmt, sollte hier nicht sparen und lieber ein wenig mehr Geld ausgeben.

Ob eine Hose gut passt, hängt natürlich immer auch von der eigenen Anatomie ab. Hier findet ihr meine Erfahrungen, die ich den Sommer über gemacht habe:

Craft – Performance Bike Tour Bib
Craft ist bekannt für modisches Design und schicke Farben. So kommt auch diese Hose optisch ansprechend daher. Die Performance Linie soll alle Leute ansprechen, die Wert auf Qualität und Funktion legen, dabei aber nicht zu tief in die Tasche greifen wollen und für ein Bekleidungsset den Preis eines vernünftigen Bikes ausgeben können.

Schnitt, Verarbeitung und Material:
Die Hose ist sehr elastisch und liegt dabei angenehm eng am Körper ohne zu drücken oder zu spannen, was man sofort merkt, wenn man sie anzieht. Möglich macht das ein hoher Einsatz von Elasthan im Polyesterstrick (80% Polyester, 20% Elasthan). Am Becken und innen am Schenkel wirft die Hose leider etwas Falten, was auf dem Rad aber nicht weiter stört. Die leichten, luftigen Träger aus Netzmaterial passen sich ebenfalls perfekt der Oberkörperlänge an und sind auch bei heißen Temperaturen sehr luftig und verhindern einen Hitzestau, im Rückenbereich ist sogar zusätzlich noch Material ausgespart. Kleines Manko: am Schlüsselbein sind bei mir die Träger zum Teil übereinander gefallen, dadurch fühlen sich die Träger schmaler an, als sie es eigentlich sind.

Die Beinabschlüsse sehen auf den ersten Blick eher einfach aus und ich war skeptisch ob sie ihre Funktion gut erfüllen. Beim ersten Fahren bestätigte sich dieser Eindruck, denn auch wenn sie sehr angenehm zu tragen sind und nicht drücken, rutschen sie leider auf dem Oberschenkel. Hat man einmal die richtige Position gefunden halten sie aber die Hose auf der Höhe. Auf das leichte Lycramaterial ist zusätzlich, an der Innenseite, eine dünne klebrige Schicht aufgetragen, die ein Hochrutschen verhindern soll. Leider verklebt der Streifen beim Waschen und Anziehen leicht mit sich selbst und lässt sich nur schwer wieder lösen. Das Ganze sieht dann nicht mehr ganz so toll aus, fühlte sich jedoch nicht spürbar schlechter an und auch die Funktion blieb erhalten.

Alle Nähte sind sauber miteinander flach vernäht, was keine Wünsche an die Verarbeitung der Hose offen lässt – auch nach drei Monaten sieht man nirgendwo heraushängende Fäden. Alles sitzt und passt noch wie im Neuzustand.

Sitzpolster:
Das Sitzpolster konnte mich nicht so ganz überzeugen, was den ansonsten positiven Eindruck verschlechtert. Das Sitzpolster ist in vier einzelne Bereiche unterteilt, die jeweils eine andere Dicke aufweisen und dadurch mehr oder weniger stark dämpfen und polstern. An den Sitzknochen ist die Schicht 10mm stark was dann 100 kg abdämpfen soll, im Dammbereich sind es dann 8mm und rundherum 4mm. Dazwischen sind Vertiefungen angebracht, die eine bessere Kühlung gewährleisten sollen.

Das alles klappt auch ganz gut beim Fahren, doch nach einer Weile merkt man wie das Schaumstoffpolster „durchgesessen“ ist und der Komfort deutlich sinkt. Das recht rauhe Material, was am Anfang angenehm ist, reibt, sobald die Haut durch den Schweiß nass und empfindlicher geworden ist, unangenehm und führte bei mir zu leichten Hautrötungen. Dies sollte eventuell nochmal überarbeitet werden.

Mein Fazit:
Die sehr leichte (150g) Hose ist sehr gut verarbeitet und ist bis auf das Sitzpolster sehr angenehm zu tragen. Wie uns von Craft mitgeteilt wurde, hat man die Beinabschlüsse zwischenzeitlich verändert: Das Problem mit den Beinabschlüssen soll in der neuen Variante nicht mehr bestehen. Sie verkleben nicht mehr und sorgen dadurch für einen besseren Halt.
Mit einem Preis von 110€ dürfte die Hose für Fahrer, die öfters in der Woche kleinere Runden fahren, eine gute Investition sein.

Sugoi – RS Bib Short
Wenn man die Hose in die Hand nimmt, fällt gleich ein deutlicher Unterschied zur Craft Performance auf. Die Hose ist deutlich rauer gewebt und wirkt stabiler, was sie gerade für Mountainbiker reizvoll machen sollte, denn auch nach einem Sturz ist hier nicht direkt mit einem Riss zu rechnen.

Schnitt, Verarbeitung und Material:
Die Hose liegt extrem gut am Körper, Falten entstehen nur zwischen Oberschenkel und Bauch, wenn man das Bein anhebt. An der Innenseite der Beine bleibt der Stoff glatt und verhindert somit Scheuerstellen bei langen Traingseinheiten. Möglich macht das der 10-Bahnenschnitt und die hohe Elastizität des Material (81% Nylon, 19% Spandex). Die Träger sind aus einem anderen, leichterem Material (82% Polyester, 18% Spandex) und tragen sich sehr angenehm, wobei sie aber auch etwas breiter ausfallen könnten.

Was mir persöhnlich nicht so gefallen hat, waren die Silikonband-Beinabschlüsse. Zwar verrichten sie tadellos ihre Arbeit und rutschen überhaupt nicht, doch haften sie fast schon zu gut, denn beim Anziehen der Hose muss man mit der Hand nachhelfen, um die Hosenbeine verschieben zu können. Zugegeben gibt es Schlimmeres – aber wenn man nicht ganz die richtige Länge gefunden hat, ziehen sie immer ein klein wenig. Ohne rasierte Beine ziept es dann beim Verändern der Position immer leicht an den Haaren.

Die Verarbeitung ist ebenfalls absolut top, alle Nähte sehen richtig sauber und sehr gleichmäßig aus. Nach mehrmaligem Waschen standen an zwei Stellen kleine Fäden heraus, die man aber nicht weiter herausziehen konnte, nicht weiter aufgingen und somit kein Problem darstellen.

Sitzpolster:
Hier wird klar, warum die Hose lange Zeit als die beste Hose von Sugoi galt. Das Sitzpolster ist richtig bequem, auch auf langen Ausfahrten. Dank der zahlreichen Belüftungslöcher, die durch das ganze Polster gehen, wird einem auch nicht so schnell heiß. Schweiß, der vom Bauch herunterfließt wird vom vorderen Teil aufgenommen und durch die vielen Löcher verdunstet. Des Weiteren sorgen die Löcher im Sitzbereich dafür, dass auch hier genügend Frischluft durch das recht dicke Polster kommt.

Mein Fazit:
Für 139,90 EUR bekommt man 178g Stoff, der zu einer echt richtig guten Hose verarbeitet wurde. Der Preis ist fair und jeder, der im Frühjahr oder nach langen Touren jammert, sollte sich die Investition mal überlegen.


Diese Fotos im Fotoalbum anschauen

Sugoi – RSE Bib Short
Das Ziel der RSE? Schlicht und ergreifend: Gutes noch besser machen.
Schnitt, Verarbeitung und Material:
Der Aufbau der Hose ist ähnlich geblieben, doch hat sich das Material geändert. Durch einen neuen Materialmix (68% Nylon, 18% Polyester, 14% Spandex) ist die Hose leichter und luftdurchlässiger geworden. Der Schnitt wurde ebenfalls geringfügig geändert, was jedoch meiner Meinung wenn überhaupt nur geringfügige Verbesserungen brachte.


Für mich die beste Neuerung sind die Beinabschlüsse: Angenehm breit und statt Silikon mit einem fest gewebten Kompressionsbund versehen. Richtig bequem, auch wenn dieser sehr eng ausfällt.

Sitzpolster:
Auch hier wurde ein wenig Feintuning betrieben, um es dem Fahrer noch angenehmer zu machen. Der Schaumstoff mit dem darunterliegendem Mesh fühlt sich etwas angenehmer an und lässt absolut keinen Schweiß mehr durch. Ansonsten ist das Polster noch etwas dicker und komfortabler und bietet noch genug Gefühl beim Fahren.

Fazit:
Die Weiterentwicklungen gingen auf und machen – auch wenn es nichts Weltbewegendes ist – Sinn. Für 159,90 EUR bekommt man eine Hose, die so gut wie keine Wünsche mehr übrig lässt.
Die Hose wiegt 198g – was verdeutlicht, wie viel schwerer das Polster geworden ist. Für Mountainbiker die selten Rennrad fahren und nie länger als 5 Stunden im Sattel sitzen würde ich eher die RS empfehlen, weil sie doch ein wenig robuster ist und Stürze besser aushält. Marathonfahrer werden aber die Vorzüge der RSE zu schätzen wissen.

Beide Sugoi Hosen haben eine Rückentasche an den Trägern, die ich erst nach erneutem Lesen der Beschreibung entdeckt habe: Da passt sogar ein Akku für die Helmlampe rein, was aber nicht mehr wirklich bequem ist. Mehr Sinn macht da ein Mp3-Player oder sonstige kleinere Sachen.

X-Bionic – Endurance Bib Short:
Gespannt war ich auf die Hose von X-Bionic. Nicht nur weil sie der Testsieger von vielen Magazinen ist, sondern weil sie so komplett anderes ist als jede andere Trägerhose, die es auf dem Markt gibt. Anders deshalb, weil sie aus einem Stück ist und statt des klassischen Lycrastoffs Strickware ist. Um sich optisch daran zu gewöhnen braucht man sicherlich eine Weile, doch viele die mich damit gesehen haben und Lycrahosen nicht mögen, fanden die Optik besser, weil es eher wie eine Stoffsporthose aussieht. Einzig beim eingenähten Sitzpolster in schwarz waren sich alle einig und wollten die Hose erstmal umkrempeln, weil jeder dachte das dies das Innenteil wäre.

Schnitt, Verarbeitung und Material:
Ob Socken von der Oma oder aber eine Radhose von X-Bionic, beide sind gestrickt und fühlen sich flauschig an. Wie eine zweite Haut liegt die Hose am Körper an und sitzt in jeder Situation perfekt, denn die Strickmaschen können sich zusammenziehen und dehnen wie es eben gerade benötigt wird, was zu einer extrem hohen Elastizität führt. Das macht sich im Tragekomfort bemerkbar, denn man spürt die Hose so gut wie gar nicht. Obwohl die Hose so aussieht als ob sie aus vielen kleinen Teilen bestehen würde, sucht man am Oberkörper vergeblich nach Nähten – lediglich am Bein wird am Oberschenenkel eine Bahn eingenäht.

Als wäre das nicht schon gut genug, bietet die Hose eine ganze Anzahl an Features. Diese warten in den schon genannten, eingenähten Teilen auf: Am Rücken befindet sich, wie bei fast allen X-Bionic Produkten, eine große Fläche mit eingenähten Streifen die den Schweiß auffangen, an der Haut halten und diesen dann über Rillen verdampfen lassen. Dadurch kühlt der Schweiß den Körper direkt auf der Haut, während die Stege ein unangenehmes Schweißlaufen verhindern, was allen Rücksackträgern entgegenkommen sollte.

Das gleiche System, nur kleiner, befindet sich auch am Bauch, um Schweiß daran zu hindern ins Gesäß zu fließen. Leute, die im Sommer ungern Unterhemden anziehen, müsste das entgegenkommen, weil die Hose im Prinzip ein integriertes Unterhemd hat. Weiter sticht sofort die partielle Kompression am Oberschenkel ins Auge: Sinn von Kompression hin oder her, die partielle Kompression übt nur über Stege Druck auf die Haut aus, damit dazwischen Luft zum Atmen bleibt und die Blutzirkulation nicht gestört wird. Auch die anderen Partien an der Hose erfüllen ihren Zweck und sind durchdacht angebracht. Auch die Beinabschlüsse tragen sich sehr angenehm ohne zu rutschen. Wer es kürzer haben will, kann die Beinenden auch hochkrempeln.
Des Weiteren ist in die Hose SkinNodor eingenäht, welches dem Bakterienwachstum entgegenwirken soll.

Sitzpolster
Das Besondere hier ist auf jeden Fall, dass das Sitzpolster nicht in die Bahnen, sondern in ein extra ausgespartes Loch eingenäht wird. Dadurch ist das Sitzpolster elastischer und passt sich besser der Bewegung beim Radfahren an, was man auch während der Fahrt angenehm merkt. Eine weitere Besonderheit ist der Aufbau, denn bei jeder Trittbewegung wird Schweiß nach außen transportiert. Selbst bei heißem Wetter ist die Haut recht trocken geblieben, während die Außenseite des Polsters richtig nass geworden ist. Das ist ziemlich sinnvoll, denn nasse Haut ist um einiges empfindlicher als trockene. Einziger Kritikpunkt: Nach 4-5 Stunden merkt man, dass das Polster recht dünn ist und Schläge nicht voll abgedämpft werden. Auf dem Rennrad spielt das keine Rolle, doch wer 24h Rennen solo oder Extrem-Marathons fährt, wird das spüren.

Mein Fazit:
Ich bin noch keine bequemere Hose gefahren und wirkliche Schwachpunkte hab ich nicht gefunden – außer, dass der Stoff recht dick ist und einem im Stand schnell zu warm wird. Sobald man wieder Fahrtwind um die Ohren hat, verfliegt die Hitze umgehend. Die Hose wiegt 226g, was zeigt, wie viel mehr Stoff sie besitzt. Außerdem sollte die Hose nie mit Klettverschlüssen gewaschen werden.
Der Grund, warum sich die Hose vermutlich nur sehr wenige kaufen werden, liegt wohl am Preis von 190 EUR.


Ich wollte euch mit meine Erfahrungsbericht nicht nur genau diese vier Hosen vorstellen, sondern euch auch zeigen, was es alles auf dem Markt gibt und auf was ihr beim Kauf einer Hose achten solltet. Für alle, die viel fahren kann ich auch nur empfehlen, etwas mehr Geld für ein vernünftiges Polster auszugeben – denn das entscheidet maßgeblich, ob eine Tour zur Freude oder aber zur Qual wird.

Findet ihr einen solchen Dauertest bei Hosen sinnvoll, weil es ja von Person zu Person sehr unterschiedlich ist?
Welche Erfahrung habt ihr bei Radhosen gemacht?

Die mobile Version verlassen