Arbeitsgerät von Jamie Nicoll Bedford J4 Schulbus (und ein 5010)

Bus-Check mit Bike: Nachdem wir vor einigen Jahren bereits neben seinem Bronson am Rande auch von Jamies Bus berichtet hatten, kommt hier endlich der verdiente Bus-Check, in dem sein Santa Cruz 5010 nur eine Nebenrolle spielt.
Titelbild

Nicht aufwendig produziert, aber nah dran: So klingt und fühlt sich reisen im alten Schulbus an.

Jamie Nicolls Bedford J4 Schulbus: Die Infos

  • Holden V8 5.0 l Motor (LPG)
  • 4 Gang Schaltgetriebe
  • 8,80 m lang
  • 2,40 m breit
  • 7,5 Tonnen schwer
  • 106 km/h Höchstgeschwindigkeit
Besser wird's nicht
# Besser wird's nicht - Campingstimmung neben dem Bus.
Diashow: Arbeitsgerät von Jamie Nicoll: Bedford J4 Schulbus (und ein 5010)
Hope-Cockpit, Michelin-Männchen auf dem Oberrohr.
Im Bus-Check kommt auch ein Bike vor
Krawatte an der Tür?
Das wichtige "Don't" ist leider nicht mehr sichtbar.
Wer es noch nicht wusste
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Die Hunde mancher Prominenter haben ja heutzutage erfolgreichere Instagram-Kanäle als großartige Künstler selbst. Bei Jamie Nicolls Bus ist es (noch?) nicht so, aber es würde uns ehrlich gesagt nicht wundern – denn sein Bedford J4 hat jede Menge Charakter. Aber, das muss man eben auch sehen: Jamie hat solche Ambitionen nicht und im Grunde ist der Old School Bus auch zu alt für Instagram. Unter dem Handle @oldschoolbusnz kann man ihm dennoch folgen und muss keine Angst haben, mit geshoppten Fotos übergossen zu werden. Also: Legen wir los mit diesem Bus-Check.

Die richtige Beschreibung wäre wohl: "2-Zimmer-Wohnung mit Dachterasse."
# Die richtige Beschreibung wäre wohl: "2-Zimmer-Wohnung mit Dachterasse."
Zuhause ist, wo Du es parkst
# Zuhause ist, wo Du es parkst - und dein Bike aufpumpst.

Der Account nennt sich „oldschoolbusnz“ – und genau das ist der Bus: Von 1960 bis 1993 diente er als Schulbus. Damals passten auf die Fläche, auf der Jamie heute lebt, beeindruckende 46 Sitzplätze und 17 Stehplätze, offensichtlich allerdings nur für Kinder. Der Bedford war zwar eigentlich als Lastwagen konzipiert, doch die Firma New Zealand Motor Bodies fügte einen breiteren Rumpf an das schmalere Führerhaus und stellte eine „Karosserie“ aus Holz auf das Chassis. Zur Steigerung des Komfort sitzt der ganze Aufbau auf Gummilagern, ein neuseeländisches Patent, wie eine Plakette im Führerhaus stolz beweist. Links und rechts des schmalen Gangs fanden sich eine Zweier- und eine Dreier Bank; Holz, mit steiler Lehne. Bequem sollte der Bus nie sein, nur sicher: Den Konstrukteuren zufolge sollte er einen 6-fachen Überschlag überstehen!

Die Santa Cruz Mannschaft zu Gast in Jamies Wohnzimmer
# Die Santa Cruz Mannschaft zu Gast in Jamies Wohnzimmer
Beste Stimmung ohne Gurte und sonstige Sicherheitssysteme.
# Beste Stimmung ohne Gurte und sonstige Sicherheitssysteme.
Höchstgeschwindigkeit erreicht!
# Höchstgeschwindigkeit erreicht!
Schuhe bitte ausziehen
# Schuhe bitte ausziehen - der Holzboden dankt's.

Dann, irgendwann 1995, entdeckte der 17-jährige Jamie Nicoll den J4 in furchtbarem Zustand in Fox Glacier und kaufte ihn für 6300 NZ$ – ohne TÜV und ohne Führerschein. Eigentlich wollte er nur 2 Wochen in Wellington bleiben, doch die Arbeiten gestalteten sich umfangreicher. Die Bewohner des Hauses nannten ihn daher bald den „Jungen, der für zwei Wochen gekommen war und zwei Jahre blieb.“ Sie kümmerten sich um ihn – und als Ingenieur und Zerspanungsmechaniker in einer Lehrstuhlwerkstatt war der Hausherr ein idealer Ratgeber für die Renovierungsarbeiten; von seinem Werkzeug ganz zu schweigen: Auf der Drehbank drehte er für Jamie Messingbuchsen; mit seiner Holzwerkstatt entstand die gesamte Innenausstattung. Jamie lernte fast wie in einer Lehre – auch wenn sie ihn nicht von jeder jugendlichen Dummheit abhalten konnte. So schliff er mit einer Drahtbürste auf der Bohrmaschine den kompletten Unterboden ab, entfernte die gesamte bleihaltige Beschichtung – ohne echten Atemschutz.

Viele Lebensstunden sind schon in den Erhalt des Bus geflossen.
# Viele Lebensstunden sind schon in den Erhalt des Bus geflossen.
Das wichtige "Don't" ist leider nicht mehr sichtbar.
# Das wichtige "Don't" ist leider nicht mehr sichtbar.
Warmwasser-Boiler für Spüle und Dusche
# Warmwasser-Boiler für Spüle und Dusche
Hier hat alles seinen Ort
# Hier hat alles seinen Ort - Zahnbürste, Rasierer, Feuerzeug.

Seitdem verging kaum ein Monat, in dem Jamie nicht an seinem Bus getüftelt hat: Den Holden V8 Motor hat er auf Flüssiggasbetrieb umgebaut, nur wenn wirklich keines zur Verfügung steht, verbrennt er Benzin. Auf dem Dach sorgen Solarzellen für die Stromversorgung. Ein Gas-Boiler sorgt für heißes Wasser, ebenfalls mit Gas wird gekocht. Ein Kachelofen schafft wohlige Wärme. Der Frischwassertank hält 300 l Trinkwasser bereit, genug für einige Tage Unabhängigkeit.

Wenn das Flüssiggas ausgeht, kann auf Benzinbetrieb umgestellt werden.
# Wenn das Flüssiggas ausgeht, kann auf Benzinbetrieb umgestellt werden.
In diesem Tank ist genug Flüssiggas für etwa 300-400 km Strecke.
# In diesem Tank ist genug Flüssiggas für etwa 300-400 km Strecke.
Die Größe ist schwer zu erkennen
# Die Größe ist schwer zu erkennen - das Auspuffrohr lässt aber die meisten Tuner vor Neid erblassen.
Bestens gerüstet für unterwegs
# Bestens gerüstet für unterwegs - Gasflasche, Wasserschlauch, Flüssiggastank.
Notausgang hinten rechts
# Notausgang hinten rechts - das Bett steht direkt daneben.
Die Elektronik hat Jamie selbst gemacht
# Die Elektronik hat Jamie selbst gemacht - die 110 V Steckdosen sind Standard in Neuseeland.

Ansonsten steht fest: Ein Oldtimer ist einfach Arbeit. Den Motor hat Jamie schon zweimal ersetzt. Das Holzinterieur erneuert. Die komplette Blechaußenhaut ersetzt. Die alten Reifen gegen frische Pneus von Sponsor Michelin gewechselt.  Diverse Lecks im Dach geflickt, auch wenn er sie manchmal viel zu spät bemerkt hat, weil er in aller Welt beim Fahrradfahren war.

Leben mit Oldtimer
# Leben mit Oldtimer - auch mal gucken, ob die Öl-Lampe zu Recht angegangen ist.

Das Handling des Busses ist aufregend – ohne Servolenkung und mit dem Fahrwerk von 1960 werden Kurven und Wellen zum Nervenkitzel, obwohl die neuen Radialreifen eine riesige Verbesserung bedeuteten.

Spannende Kinematik
# Spannende Kinematik - Servolenkung Fehlanzeige.
Die Reifen haben den größten Performance-Vorteil in den letzten 50 Jahren erlebt
# Die Reifen haben den größten Performance-Vorteil in den letzten 50 Jahren erlebt - steifere und leichtere Radialreifen.
Eier kann man fast nie genug haben
# Eier kann man fast nie genug haben - Jamie kocht auf den zwei Gasflammen.
Teefilter klimpern bei Bodenwellen angenehm
# Teefilter klimpern bei Bodenwellen angenehm
Blick aus dem Schlafzimmer ins Wohnzimmer
# Blick aus dem Schlafzimmer ins Wohnzimmer - Axt immer griffbereit.

In Deutschland würden sich TÜV und Kraftfahrtbundesamt wohl zwischen eine Zulassung und den roten Bus stellen, doch in Neuseeland sieht niemand ein Problem darin, einen Kamin über einem Flüssiggastank in einem Fahrzeug zu montieren. Die Gläser wurden einst moniert, doch inzwischen stört sich niemand mehr an den alten Kirchenfenstern, die Jamie zusätzlich in die eigentlichen Fenster montiert hat.

Der Kamin sorgt für jede Menge Wohnlichkeit
# Der Kamin sorgt für jede Menge Wohnlichkeit
Der echte Tacho funktioniert nicht wirklich
# Der echte Tacho funktioniert nicht wirklich - deshalb zeigt die Uhr per GPS, wie schnell man gerade unterwegs ist.
Krawatte an der Tür?
# Krawatte an der Tür? - Diese hier verhindert, dass sich der Küchenschrank beim Bremsen öffnet.
Der französische Reifensponsor ist auch im Innenraum präsent.
# Der französische Reifensponsor ist auch im Innenraum präsent.

Wie viele Kilometer der alte Bus auf dem Tacho hat, wird immer ein Geheimnis bleiben: Mit nur fünf Stellen ausgestattet steht nur fest, dass der Zähler schon ein paar Mal über die 99.999 km gesprungen ist. Wie oft wird Jamie ihn noch über die magische Marke fahren? Wie oft neu lackieren? Bisher spricht nichts dagegen, dass er noch lange unterwegs sein wird – und jedem, der ihn sieht, ein Lächeln ins Gesicht zaubert.

Bei aller Härte
# Bei aller Härte - Jamie ist Warmduscher.
Auf der Plattform duscht man über den Dingen
# Auf der Plattform duscht man über den Dingen

Santa Cruz 5010

Achja, ein Santa Cruz hängt auch auf dem Gepäckträger. Eigentlich sogar zwei. Neben vielen Teilen von Sponsor Hope ist vor allem interessant, dass Jamie das Bike mit einer 160 mm Fox 36 aufgebaut hat – nachdem das Bike „quasi unmöglich durchschlagbar“ ist, hielt Jamie einen etwas fetteren Aufbau für durchaus angebracht. Dank der kompakteren Geometrie ist das Bike dennoch schön handlich und insgesamt eher auf Haltbarkeit getrimmt: Die Stahlkassette von SRAM lebt einfach länger als die Alu-Kassette von Hope, also nichts wie her damit. Keine Lust auf Pannen? Waschechte Enduroreifen rauf auf die 27,5″ Felgen.

Im Bus-Check kommt auch ein Bike vor
# Im Bus-Check kommt auch ein Bike vor - das 5010 von Jamie Nicoll.
Die Kurbel kommt von Hope, der restliche Antrieb von SRAM
# Die Kurbel kommt von Hope, der restliche Antrieb von SRAM - hält länger und ist leichter.
Hope-Cockpit, Michelin-Männchen auf dem Oberrohr.
# Hope-Cockpit, Michelin-Männchen auf dem Oberrohr.
Grobstollig und breit zeigen die Reifen, dass das 5010 fürs Gröbere gebaut ist.
# Grobstollig und breit zeigen die Reifen, dass das 5010 fürs Gröbere gebaut ist.
Bereit für den nächsten Bike-Camping-Trip.
# Bereit für den nächsten Bike-Camping-Trip.
Auf neuseeländischen Autobahnen darf man auch nicht schneller als 100 fahren
# Auf neuseeländischen Autobahnen darf man auch nicht schneller als 100 fahren - passt zum Bus.
Wer es noch nicht wusste
# Wer es noch nicht wusste - der große Bruder vom T2 heißt J4.

Ja, das Fahrrad kam in diesem Artikel etwas kurz. Aber ganz ehrlich: Ein cooles 5010 aufbauen ist auch ziemlich einfach – verglichen mit einem absoluten Unikat auf vier Rädern. Oder seht ihr das anders?

53 Kommentare

» Alle Kommentare im Forum
  1. Geiler Bus smilie

  2. Toller Bus, bemerkenswerter Lifestyle.

  3. ---
    Dabei seit 07/2011
    Freitags demonstrieren um danach das Wochende im Bikepark zu verbringen wo jeder Lift 1000 kW zieht, in Latsch zu shutteln oder an den Gardasse fahren ist einfach Heuchelei, das kann man drehen und wenden wie man will.

    Zumindest bis es im Sommer nach Malle geht mit dem Billigflieger.... smilie
    Dieses "entweder ganz oder gar nicht" ist völliger Schwachsinn. Man muß Klimaschutz nicht zu 100% betreiben. Es würde schon reichen wenn sich jeder Einzelne hier und da Gedanken machen würde. "Überall" ist übertrieben und auch gar nicht möglich.
  4. Dieses "entweder ganz oder gar nicht" ist völliger Schwachsinn. Man muß Klimaschutz nicht zu 100% betreiben. Es würde schon reichen wenn sich jeder Einzelne hier und da Gedanken machen würde. "Überall" ist übertrieben und auch gar nicht möglich.

    Gedanken machen ja. Nur vom Gedanken machen ändert sich nicht. Taten!

    Und ja, wenn ich jede Woche in der ersten Reihe bei ner Demo stehe muss ich auch Konsequent sein bei dem was ich von anderen fordere. Frei nach Herrn Kant
    Meine Meinung.
  5. Seltsame Diskussionskultur, die hier an den Tag gelegt wird.
    Respekt scheint hier für viele ein Fremdwort zu sein.

    Mal zum Thema:
    Mich würde der CO2-Ausstoß dieses Oldtimers wirklich interessieren. Gut fürs Klima wird er jedenfalls nicht sein...
    Du redest von Respekt?? Du???? Das ist so lächerlich, dass es fast schon wieder komisch ist.
Was meinst du?

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