Nicht aufwendig produziert, aber nah dran: So klingt und fühlt sich reisen im alten Schulbus an.
Jamie Nicolls Bedford J4 Schulbus: Die Infos
- Holden V8 5.0 l Motor (LPG)
- 4 Gang Schaltgetriebe
- 8,80 m lang
- 2,40 m breit
- 7,5 Tonnen schwer
- 106 km/h Höchstgeschwindigkeit

Die Hunde mancher Prominenter haben ja heutzutage erfolgreichere Instagram-Kanäle als großartige Künstler selbst. Bei Jamie Nicolls Bus ist es (noch?) nicht so, aber es würde uns ehrlich gesagt nicht wundern – denn sein Bedford J4 hat jede Menge Charakter. Aber, das muss man eben auch sehen: Jamie hat solche Ambitionen nicht und im Grunde ist der Old School Bus auch zu alt für Instagram. Unter dem Handle @oldschoolbusnz kann man ihm dennoch folgen und muss keine Angst haben, mit geshoppten Fotos übergossen zu werden. Also: Legen wir los mit diesem Bus-Check.
Der Account nennt sich „oldschoolbusnz“ – und genau das ist der Bus: Von 1960 bis 1993 diente er als Schulbus. Damals passten auf die Fläche, auf der Jamie heute lebt, beeindruckende 46 Sitzplätze und 17 Stehplätze, offensichtlich allerdings nur für Kinder. Der Bedford war zwar eigentlich als Lastwagen konzipiert, doch die Firma New Zealand Motor Bodies fügte einen breiteren Rumpf an das schmalere Führerhaus und stellte eine „Karosserie“ aus Holz auf das Chassis. Zur Steigerung des Komfort sitzt der ganze Aufbau auf Gummilagern, ein neuseeländisches Patent, wie eine Plakette im Führerhaus stolz beweist. Links und rechts des schmalen Gangs fanden sich eine Zweier- und eine Dreier Bank; Holz, mit steiler Lehne. Bequem sollte der Bus nie sein, nur sicher: Den Konstrukteuren zufolge sollte er einen 6-fachen Überschlag überstehen!


Dann, irgendwann 1995, entdeckte der 17-jährige Jamie Nicoll den J4 in furchtbarem Zustand in Fox Glacier und kaufte ihn für 6300 NZ$ – ohne TÜV und ohne Führerschein. Eigentlich wollte er nur 2 Wochen in Wellington bleiben, doch die Arbeiten gestalteten sich umfangreicher. Die Bewohner des Hauses nannten ihn daher bald den „Jungen, der für zwei Wochen gekommen war und zwei Jahre blieb.“ Sie kümmerten sich um ihn – und als Ingenieur und Zerspanungsmechaniker in einer Lehrstuhlwerkstatt war der Hausherr ein idealer Ratgeber für die Renovierungsarbeiten; von seinem Werkzeug ganz zu schweigen: Auf der Drehbank drehte er für Jamie Messingbuchsen; mit seiner Holzwerkstatt entstand die gesamte Innenausstattung. Jamie lernte fast wie in einer Lehre – auch wenn sie ihn nicht von jeder jugendlichen Dummheit abhalten konnte. So schliff er mit einer Drahtbürste auf der Bohrmaschine den kompletten Unterboden ab, entfernte die gesamte bleihaltige Beschichtung – ohne echten Atemschutz.


Seitdem verging kaum ein Monat, in dem Jamie nicht an seinem Bus getüftelt hat: Den Holden V8 Motor hat er auf Flüssiggasbetrieb umgebaut, nur wenn wirklich keines zur Verfügung steht, verbrennt er Benzin. Auf dem Dach sorgen Solarzellen für die Stromversorgung. Ein Gas-Boiler sorgt für heißes Wasser, ebenfalls mit Gas wird gekocht. Ein Kachelofen schafft wohlige Wärme. Der Frischwassertank hält 300 l Trinkwasser bereit, genug für einige Tage Unabhängigkeit.


Ansonsten steht fest: Ein Oldtimer ist einfach Arbeit. Den Motor hat Jamie schon zweimal ersetzt. Das Holzinterieur erneuert. Die komplette Blechaußenhaut ersetzt. Die alten Reifen gegen frische Pneus von Sponsor Michelin gewechselt. Diverse Lecks im Dach geflickt, auch wenn er sie manchmal viel zu spät bemerkt hat, weil er in aller Welt beim Fahrradfahren war.

Das Handling des Busses ist aufregend – ohne Servolenkung und mit dem Fahrwerk von 1960 werden Kurven und Wellen zum Nervenkitzel, obwohl die neuen Radialreifen eine riesige Verbesserung bedeuteten.

In Deutschland würden sich TÜV und Kraftfahrtbundesamt wohl zwischen eine Zulassung und den roten Bus stellen, doch in Neuseeland sieht niemand ein Problem darin, einen Kamin über einem Flüssiggastank in einem Fahrzeug zu montieren. Die Gläser wurden einst moniert, doch inzwischen stört sich niemand mehr an den alten Kirchenfenstern, die Jamie zusätzlich in die eigentlichen Fenster montiert hat.


Wie viele Kilometer der alte Bus auf dem Tacho hat, wird immer ein Geheimnis bleiben: Mit nur fünf Stellen ausgestattet steht nur fest, dass der Zähler schon ein paar Mal über die 99.999 km gesprungen ist. Wie oft wird Jamie ihn noch über die magische Marke fahren? Wie oft neu lackieren? Bisher spricht nichts dagegen, dass er noch lange unterwegs sein wird – und jedem, der ihn sieht, ein Lächeln ins Gesicht zaubert.


Santa Cruz 5010
Achja, ein Santa Cruz hängt auch auf dem Gepäckträger. Eigentlich sogar zwei. Neben vielen Teilen von Sponsor Hope ist vor allem interessant, dass Jamie das Bike mit einer 160 mm Fox 36 aufgebaut hat – nachdem das Bike „quasi unmöglich durchschlagbar“ ist, hielt Jamie einen etwas fetteren Aufbau für durchaus angebracht. Dank der kompakteren Geometrie ist das Bike dennoch schön handlich und insgesamt eher auf Haltbarkeit getrimmt: Die Stahlkassette von SRAM lebt einfach länger als die Alu-Kassette von Hope, also nichts wie her damit. Keine Lust auf Pannen? Waschechte Enduroreifen rauf auf die 27,5″ Felgen.





Ja, das Fahrrad kam in diesem Artikel etwas kurz. Aber ganz ehrlich: Ein cooles 5010 aufbauen ist auch ziemlich einfach – verglichen mit einem absoluten Unikat auf vier Rädern. Oder seht ihr das anders?
53 Kommentare
» Alle Kommentare im ForumGeiler Bus
Toller Bus, bemerkenswerter Lifestyle.
Dieses "entweder ganz oder gar nicht" ist völliger Schwachsinn. Man muß Klimaschutz nicht zu 100% betreiben. Es würde schon reichen wenn sich jeder Einzelne hier und da Gedanken machen würde. "Überall" ist übertrieben und auch gar nicht möglich.
Gedanken machen ja. Nur vom Gedanken machen ändert sich nicht. Taten!
Und ja, wenn ich jede Woche in der ersten Reihe bei ner Demo stehe muss ich auch Konsequent sein bei dem was ich von anderen fordere. Frei nach Herrn Kant
Meine Meinung.
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