Bulls-Festspiele in Andalusien – Gesamtsieg und Gesamtrang drei für die Fahrer des Team Bulls zum Auftakt der neu eingeführten UCI Marathon Series. Simon Schneller und Urs Huber sicherten sich in überragender Manier den Sieg vor hochkarätiger Konkurrenz, Simon Stiebjahn und Martin Frey landeten als Drittplatzierte ebenfalls auf dem Podium. Bei den Damen schafften zudem zwei weitere deutsche Fahrerinnen den Sprung aufs Siegerpodest: Janine Schneider triumphierte gemeinsam mit der Norwegerin Hidegunn Hovdenak vor Stephanie Dohrn und ihrer litauischen Partnerin Katazina Soszna. Die Highlights des sechstägigen Etappenspektakels gibt es in der großen Fotostory zum Andalucia Bike Race 2021!
Unmittelbar nach dem Auftakt der Weltcup-Serie in der Cross-Country-Disziplin in Albstadt und Nove Mesto startete in Andalusien das neu eingeführte Pendant der höchsten internationalen Rennserie im Marathon-Sport, die UCI Marathon Serie. Acht der größten Marathonveranstaltungen von Sella Ronda Hero bis zu Cape Epic werden wie im Cross-Country-Weltcup gebündelt und als Gesamtserie mit Serienwertung durchgeführt. Das neue Highlight im Rennkalender zog damit zum Auftakt der Serie die besten Langstreckenasse nach Andalusien, die dort über sechs Tage unter sonnigen und heißen Bedingungen die ersten Punkte in der Gesamtwertung ausfuhren.
1. Etappe
Tag eins brachte die späteren Gesamtsieger Urs Huber und Simon Schneller bereits ins Trikot der Gesamtführung: Das deutsch-schweizerische Duo sicherte sich beim 24 Kilometer langen und 870 Höhenmeter umfassenden Einzelzeitfahren rund um Jaén einen ersten Überraschungserfolg. Dabei sah es über weite Strecken der Etappe nicht unbedingt so aus, als würden die beiden Fahrer des Team Bulls triumphieren können: Nach der ersten Zwischenzeit noch 40 Sekunden im Rückstand, arbeiteten sich Schneller und Huber konstant nach vorne und lagen schließlich im Ziel 27 Sekunden vor dem österreichisch-italienischen Duo Daniel Geismayr und Samuele Porro. Rang drei ging an Marathon-Europameister Tiago Ferreira aus Portugal und Wout Alleman aus den Niederländern.
Bei den Damen sicherten sich hauchdünn die Schweizerin Irina Lützelschwab und die Schwedin Jennie Stenerhag den Auftaktsieg vor den späteren Gesamtsiegerinnen Janine Schneider und Hidegunn Hovdenak.
2. Etappe
Nach dem Triumph auf der ersten Etappe mussten Simon Schneller und Urs Huber am zweiten Tag das Trikot der Gesamtführenden hauchdünn abgeben. Auf der zweiten Etappe über 62 Kilometer mit 2250 Metern Höhenunterschied auf dem Weg zum spektakulären Quiebrajano Reservoir konnten Daniel Geismayr und Samuele Porro den Rückstand aus der ersten Etappe auf die Sekunde genau egalisieren und aufgrund des Sieges in der Tageswertung auch die Gesamtführung übernehmen.
Kurz nach dem Start entstand eine Spitzengruppe um die späteren Sieger Porro und Geismayr, der die beiden Bulls-Fahrer Huber und Schneller zunächst nicht angehörten: Ein Plattfuß bei Schneller warf das Duo frühzeitig zurück und es dauerte mehr als 20 Kilometer, ehe sie sich nach einem schnellen Hinterradwechsel mit Teamkollege Alban Lakata an die Spitze zurückkämpften. Am letzten Anstieg des Tages kam es schließlich zum Showdown der Top-Fahrer: Daniel Geismayr und Samuele Porro drückten aufs Tempo und schüttelten alle anderen Teams ab. Schneller und Huber erwiesen sich als die schnellsten Verfolger, konnten die entstandene Lücke auf den letzten flachen Kilometern aber nicht mehr schließen. Mit eben jenen 27 Sekunden Rückstand überquerten die Fahrer des Team Bulls schließlich den Zielstrich und verloren nur aufgrund einer Sonderregelung, dass der letzte Etappensieger bei Zeitgleichheit die Gesamtwertung anführt, das Führungstrikot. Rang drei belegten der Niederländer Hans Becking und der Spanier José Dias, die nur drei Sekunden hinter Schneller und Huber ins Ziel kamen.
Bei den Damen rissen Stephanie Dohrn und Katazina Sosna nach dem dritten Rang beim Einzelzeitfahren zum Auftakt des Andalucia Bike Race die Gesamtführung an sich. Über weite Strecken gemeinsam mit den Vortageszweiten Janine Schneider und Hidegunn Hovdenak unterwegs, attackierten Dohrn und Sozna im letzten Abschnitt der Etappe und fuhren bis ins Ziel einen Vorsprung von 2:30 Minuten heraus. Die Vortagessiegerinnen Lützelschwab und Stenerhag verloren bei heißen Bedingungen als Dritte bereits mehr als 13 Minuten.
Wir haben die Etappe ruhig begonnen und beobachtet, wie sich die anderen Fahrerinnen positionierten, bis wir unseren Rhythmus fanden. Am zweiten Anstieg des Tages entschieden wir uns zu attackieren und fuhren von da an um den Sieg.
Stephanie Dohrn
3. Etappe
Stephanie Dohrn und Katazina Sosna konnten am dritten Tag des Andalucia Bike Race 2021 ihre Erfolgsgeschichte vom Vortag fortsetzen und mit dem zweiten Tageserfolg ihre Gesamtführung ausbauen. Vom Start weg dominierte das deutsch-litauische Duo die Damenkonkurrenz auf der 71 Kilometer langen Etappe und fuhr sich schnell einen komfortablen Vorsprung heraus. Im Ziel lagen schließlich mehr als zweieinhalb Minuten zwischen ihnen und den Zweitplatzierten Irina Lützelschwab und Jennie Stenerhag.
Ich liebe es, im Team zu fahren – das ist sehr psychologisch. Man muss ständig zusammenfahren und kann sich gegenseitig ergänzen. Es ist normal, dass der eine oder der andere stärker ist, aber schließlich muss man als Team bestmöglich vorankommen. Und heute haben wir das geschafft. Mit Katazina zu fahren ist großartig.
Während bei den Damen der dritte Tag in der Gesamtwertung keine extremen Veränderungen mit sich brachte, kam es im Feld der Herren zu dramatischen Ereignissen. Früh im Rennen setzten sich die beiden gesamtführenden Teams Schneller/Huber und Geismayr/Porro gemeinsam mit den beiden Italienern Daniele Mensi und Tony Longo ab und alles schien bereitet für einen packenden Showdown der schnellsten Fahrer des Feldes. Europameister Tiago Ferreira hatte mit seinem Partner bereits keine Chance mehr in den Kampf um den Tagessieg einzugreifen, ein Sturz des Portugiesen warf das Favoritenduo aussichtslos zurück.
Wie bereits tags zuvor waren es schließlich Geismayr und Porro, die sich absetzen konnten und die Konkurrenten zurückließen. Doch dann überschlugen sich die Ereignisse: Samuele Porro stürzte in einer Abfahrt und brach sich dabei den Lenker, Huber und Schneller übernahmen die Spitze. Knapp dahinter lag das Duo Hans Becking/José Diaz, das sich knapp hinter den Spitzenfahrern als erste Verfolger platziert hatte. Doch auch dieses Team wurde ungewollt aus dem Kampf um den Tagessieg und schließlich auch um den Gesamtsieg gerissen: Eine gerissene Kette bei Becking machte alle Hoffnungen auf einen Tageserfolg zunichte.
Wir führten dann 20 Kilometer vor dem Ziel plötzlich die Etappe an. Unglaublich, ich verstand die Welt nicht mehr, denn schnell waren auch wir nicht wirklich. Die Sonne brannte erbarmungslos auf uns nieder und es lagen noch unzählige kurze, steile Anstiege vor uns. Wir kämpften uns Meter um Meter Richtung Ziel.
Urs Huber
Und so waren es schließlich Schneller und Huber, die auf dem besten Wege waren, den Tagessieg einzufahren und damit wieder die Gesamtführung zu übernehmen. Aber auch das Bulls-Duo blieb nicht vom Defektpech verschont. Wenige Kilometer vor dem Ziel verlor der Hinterreifen von Schneller schlagartig Luft, sodass der junge Deutsche die letzten Meter auf der Felge absolvieren musste. Aus dem Verfolgerfeld konnte sich unterdessen das zweite Bulls-Team um Simon Stiebjahn und Martin Frey absetzen und das defektgeplagte Duo Schneller und Huber auf der Zielgeraden noch einholen. Mit einem Doppelsieg und der zurückeroberten Gesamtführung im Gepäck ging es schließlich für das Team Bulls in die drei verbliebenen Renntage, die nun nicht mehr in Jaén, sondern in Córdoba durchgeführt wurden.
4. Etappe
Nachdem sich eine Vielzahl der Favoriten am dritten Tag aus dem Kampf um den Gesamtsieg verabschiedet hatten, brachte der vierte Tag keine wesentlichen Veränderungen im Herrenfeld mit sich. Die aufgrund von hoher Hitze auf 55 Kilometer verkürzte vierte Etappe rund um Córdoba gewannen schließlich die beiden Spanier Jose Mari Sánchez und Enrique Morcillo vom Team Buff Scott. Eine Spitzengruppe aus vier Teams um die späteren Tagessieger und die beiden Gesamtführenden Huber und Schneller bestimmte das Renngeschehen, im Finale konnten die beiden Lokalmatadoren ihre Streckenkenntnis vor Ort ausnutzen und knapp vor dem Team Bulls triumphieren.
Das zuvor auf Gesamtrang zwei liegende Team Canyon Northwave um die beiden Tschechen Martin Stosek und Kristian Hynek verlor frühzeitig den Anschluss, weshalb insbesondere Hans Becking und José Dias von Team Buff Scott aufs Tempo drückten und Gesamtrang drei erobern wollten. Der Niederländer und der Spanier schafften als Drittplatzierte schließlich sogar den Sprung auf Gesamtrang zwei vor den beiden abschließenden Etappen. Daniel Geismayr und Samuele Porro, Tagessieger der zweiten Etappe und Pechvögel am dritten Tag, mussten das Rennen nach einem unglücklichen Sturz von Geismayr vorzeitig aufgeben.
Bei den Damen begann am vierten Tag die große Aufholjagd der beiden späteren Gesamtsiegerinnen Janine Schneider und Hildegunn Hovdenak. Nachdem die beiden am Tag zuvor viel Zeit auf die beiden Gesamtführenden Stephanie Dohrn und Katazina Soszna verloren hatten, konnten sie nun den Rückstand auf die Spitze mit ihrem ersten Tageserfolg auf acht Minuten halbieren. „Nach drei Etappen mit einigen Problemen waren wir heute besonders motiviert und heute hat einfach alles gepasst“, so die siegreiche Norwegerin Hildegunn Hovdenak. Auf Tagesrang zwei landete die Deutsche Bettina Janas gemeinsam mit ihrer spanischen Teampartnerin Estelle Morel, gefolgt von den Gesamtführenden Dohrn und Soszna.
5. Etappe
Janine Schneider und Hildegunn Hovdenak ließen auf der vorletzten Etappe eine weitere bärenstarke Vorstellung folgen und rückten noch einmal näher an das bis dato führende Duo Dohrn/Soszna heran. Vom Start weg drückten die beiden siegreichen Damen aufs Tempo und schüttelten ihre ärgsten Kontrahentinnen auf dem Weg zum Gesamtsieg im Verlauf der Etappe ab. Nachdem sie am Tag zuvor den Rückstand in der Gesamtwertung von 16 auf acht Minuten reduzieren konnten, gelang es Schneider und Hovdenak erneut den Abstand zur Spitze zu halbieren. Mit 3:28 Minuten Vorsprung sicherte sich das Duo schließlich den Tageserfolg und reduzierte somit den Rückstand auf die Gesamtführenden vor der abschließenden 48 Kilometer langen Etappe auf ungefähr vier Minuten.
Bei den Herren dominierte das Team Bulls das Geschehen auf der fünften Etappe und ließ den Kontrahenten keine Chance, im Kampf um den Gesamtsieg Boden gutzumachen. Auf der 75 Kilometer langen Etappe bestimmten Simon Schneller und Urs Huber über weite Strecke das Tempo an der Spitze ohne dabei spezifische Attacken zu setzen. Nichtsdestotrotz dünnte sich das Spitzenfeld immer weiter aus, sodass letztlich neben Huber und Schneller nur die Gesamtzweitplatzierten José Dias/Hans Becking, das zweite Bulls-Duo Martin Frey/Simon Stiebjahn und der Europameister Tiago Ferreira mit seinem Teampartner Wout Alleman um den Tagessieg kämpften.
Becking/Diaz und Ferreira/Becking gerieten dabei durch Reifendefekte jeweils ins Hintertreffen und auch Stiebjahn/Frey verloren zwischenzeitlich den Anschluss, sodass die Gesamtführenden Huber und Schneller auf dem besten Wege waren, einen erneuten Etappensieg einzufahren. Das Team Buff Scott schaffte jedoch mit dem zweiten Team Bulls im Schlepptau rund fünf Kilometer vor dem Ziel den Anschluss, sodass es auf den letzten Metern nochmals richtig spannend wurde.
Nichtsdestotrotz ging der Sieg letztlich nur über die beiden Bulls-Teams: An einer letzten Welle attackierten schließlich beide Duos und schafften es, eine kleine Lücke gegenüber Diaz und Becking herauszufahren. So feierten Martin Frey und Simon Stiebjahn ihren ersten Tageserfolg beim Andalucia Bike Race 2021 gemeinsam mit ihren Teamkollegen Simon Schneller und Urs Huber als Zweitplatzierte, die vor der abschließenden Etappe 1:42 Minuten Vorsprung auf Hans Becking und José Diaz nahmen. Frey und Stiebjahn konnten sich unterdessen auf dem dritten Rang in der Gesamtwertung festsetzen und lagen damit vor dem letzten Tagesabschnitt ebenfalls äußerst aussichtsreich im Rennen.
6. Etappe
Drama pur auf den letzten Metern: Janine Schneider und Hildegunn Hovdenak entrissen auf der letzten Etappe des Andalucia Bike Race 2021 noch den sicher geglaubten Gesamtsieg von Katazina Soszna und Stephanie Dohrn. Das deutsch-litauische Führungsduo erwischte auf der letzten Etappe einen schwarzen Tag und verloren als Tagessechste fast neun Minuten auf die beiden Siegerinnen. Mit dem Selbstvertrauen zweier souveräner Etappensiege im Gepäck starteten Schneider und Hovdenak auf der letzten Etappe furios, schüttelten früh alle Kontrahentinnen ab und rissen den Gesamtsieg an sich. Sozna und Dohrn landeten schließlich nach mehr als 19 Stunden Gesamtfahrzeit etwas mehr als sechs Minuten hinter den beiden Siegerinnen auf dem zweiten Rang in der Gesamtwertung, Irina Lützelschwab und Jennie Stenerhag wurden Gesamtdritte.
Wir haben uns von Etappe zu Etappe besser gefühlt, und es ist toll, dass wir es geschafft haben, die Gesamtwertung zu gewinnen. Zu keinem Zeitpunkt war mir klar, dass wir die Gesamtwertung gewinnen würden, aber ich schaute auf das GPS und sah niemanden, der uns zu dicht auf den Fersen war. An der dritten Verpflegungsstation war noch alles beim Alten, und zwei Kilometer vor dem Ziel begannen wir an einen Sieg zu glauben.
Hildegunn Hovdenak
Auch bei den Herren war auf der letzten Etappe nochmals Nervenkitzel garantiert: Das Team Bulls um Urs Huber und Simon Schneller musste sich den mehrfachen Attacken der Gesamtzweiten José Diaz und Hans Becking erwehren und kam dabei durchaus in die Bredouille. Schon früh im Rennen versuchten die beiden Buff Scott-Teams Schneller und Huber durch ein taktisches Manöver ins Hintertreffen zu bringen, doch zunächst gelang es den beiden Gesamtführenden mithilfe ihrer Teamkollegen Simon Stiebjahn und Urs Huber, die Lücke zur Spitze zu schließen.
Nachdem sich schließlich der Europameister Tiago Ferreira und sein Teamkollege Wout Alleman auf dem Weg zum Etappensieg aus dem Staub gemacht hatten, duellierten sich die beiden gesamtführenden Teams in direkter Konkurrenz. Auf den letzten Kilometern gelang es schließlich Diaz und Becking eine Lücke zu reißen, die sich zunächst auf rund 30 Sekunden einpendelte. Stück für Stück wuchs der Vorsprung der beiden Buff Scott-Profis, sodass es im Kampf um den Gesamtsieg richtig eng wurde. Diaz und Becking rollten schließlich knapp hinter den beiden Tagessiegern Alleman und Ferreira ins Ziel, Schneller und Huber folgten mit 1:11 Minuten Rückstand auf dem dritten Rang.
Somit sicherte sich das Bulls-Duo mit knappen 31 Sekunden Vorsprung den Gesamtsieg und ist damit das erste Team an der Spitze der neuen UCI Marathon Series-Wertung. Martin Frey und Simon Stiebjahn verteidigten erfolgreich den dritten Gesamtrang: Sie lagen nach knappen 15 Stunden Fahrzeit rund fünf Minuten hinter ihren beiden Teamkollegen. Das dritte Duo des Team Bulls, bestehend aus dem österreichischen Meister Alban Lakata und dem Schweizer Hansueli Stauffer, belegte Gesamtrang acht, Marc Stutzmann und Jaki Hartmann vom Team Texpa Simplon wurden Zehnte.
Das war uns direkt klar, dass die letzte Etappe die härteste wird. Das Buff Scott-Duo hatte ja nichts zu verlieren und ist dann voll ins Risiko gegangen. Und wir hatten eigentlich nur zu verlieren. In einem längeren Anstieg musste ich aufgrund des taktischen Manövers von Buff schon am Limit hineinfahren und hab da ziemlich leiden müssen. In einer Abfahrt haben wir dann den Sprint um die Einfahrt verloren, wir fuhren auf Sicherheit und die mit vollem Risiko. Es entstand eine kleine Lücke, doch alles schien im Griff. Auf den letzten Metern schaffte Buff nochmal auf unerklärliche Weise ziemlich viel Vorsprung herauszufahren, da sind wir dann schon nochmal ziemlich nervös geworden.
Simon Schneller
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