Prolog

Warum noch ein Canyon Torque Test, wo doch Hannes erst neulich das Dropzone auf Herz und Nieren getestet hatte? Ganz einfach: Weil es in diesem Test um ein Konzept geht, das vom Rahmen relativ unabhängig ist, es geht um das Konzept Vertriding, Bike-Bergsteigen oder auch Freeride-Mountaineering. Auf Deutsch gesagt: Es geht um Mountainbikes, die perfekt dazu geeignet sein sollen, in alpinen Gegenden Erstbefahrungen zu meistern.

Ausstattung

Das Modell Vertride 9.0 ist dabei das Serienbike zum Konzeptrad S5 von der Eurobike 2009. Basis dafür ist der 2009 komplett überarbeitete Torque Rahmen, der aus Gewichtsgründen schwarz anodisiert statt lackiert ist. Mit jeder Menge sinnvoller Details (tapered Steuerrohr, Zugführung für Teleskopstützen, zweiteiliges, gefräster Innenlagerblock, PM180 Bremsaufnahme, SAG-Indikator im Lagerdeckel, CNC gefräste Horst-Link Ausfallenden und austauschbares Schaltauge, 142mm X12 Steckachse, E-Type Aufnahme an der Schwinge), seinen großvolumigen, konifizierten Rohren und einem Rahmengewicht von 3250g (Größe M) ist er eine passende Basis.

Bei Anbauteilen ist man Streng nach der Maxime: Leicht und Hochwertig gegangen – Syntace VRO Cockpit, DT EX1750 Laufradsatz, Selle Italia SLR XP Sattel auf Syntace Sattelstütze und Schwalbe Fat Albert / Nobby Nic in 2,4″ und mit Snake Skin Seitenwand. Bei Schaltung und Bremsen unterscheidet sich das von mir seit Mai gefahrene Rad von der Serie: Statt XTR Kurbel, Umwerfer und Schaltwerk fuhr ich eine Hammerschmidt Getriebekurbel vorn und ein Sram X9 Medium Cage Schaltwerk in Kombination mit einer 11-32er Kassette hinten. Verzögert wird dieser Bolide durch Formulas The One mit 200mm Scheibe vorne, 180mm hinten – beide können dank PM Standard gewichts- und nerven sparend ohne Adapter montiert werden, die Hebel setzen auf Alutorx, eigentlich begrüßenswert, aber an fast keinem Multitool vorhanden. Die Griffe kommen von Canyon selbst, ebenso die automatisch nachschmierende Sattelklemme, als Pedale kamen NC17 Sudpin III S-Pro zum Einsatz. Ein langer Fox DHX Air 5.0 kontrolliert die 180mm Federweg am Heck und bildet damit das Gegenstück zur Rock Shox Totem Solo Air an der Front.

Ausfahrt

Zwischen Mai und Oktober war ich eine Menge mit dem Canyon unterwegs, fuhr es auf dem Singletrail im Harz, beim Enduro-Rennen in Winterberg und schließlich auf dem steilen Tragetrails des Allgäus.

Aus dem Karton und eingestellt konnte die Gabel anfangs bei weitem nicht mit dem Hinterbau mithalten, wenn es um Sensibilität geht – sie brauchte einiges an Einfahrzeit, funktionierte dann aber wie gewünscht: Sanft ansprechend und den Federweg effektiv nutzend. An steilen Anstiegen vermisst man eine Absenkung schmerzlich, weshalb ich bald mit Spannriemen auf Tour war, mit dem sich satte 6-7cm realisieren ließen. Ohne diese Maßnahme steigt das Vorderrad schnell, der Hinterbau sackt trotz Pro Pedal tief ein, man hängt über dem Hinterrad und kriegt wenig Druck auf die Kurbel. Stichwort Kurbel: Hammerschmidt ist in einigen Punkten tatsächlich der Hammer: Die Bodenfreiheit ist immens, die Schaltvorgänge blitzschnell, ja abrupt. Die Übersetzung (22/36) macht für diesen Einsatzzweck Sinn, schneller als 40 wird man selten und muss dann auch nicht mehr mitreden, dem Vertrider geht es nicht um Zeit. Meines Erachtens nach überflüssig ist der Bashguard, weshalb ich ihn demontiert hatte. Mit einem Gewicht von 14,7kg ist das Canyon noch leicht genug, um bergauf auch mal getragen zu werden, im Sitzen geht auch durch das hoch bauende VRO-Konzept nicht viel. Für die Abfahrt lässt sich die Stütze dann weit versenken, und löst man den Spannriemen so ist die Front plötzlich sympathisch hoch. Tatsächlich unglaublich hoch, wodurch man sich in steilen Passagen sehr sicher fühlt, in flachem Geläuf allerdings Probleme hat, den Vorderreifen richtig zu belasten. Lässt man es bergab laufen, stößt das Konzept Vertride schnell an seine Grenzen: 180mm Federweg animieren zu Geschwindigkeiten, denen Cross Country Reifen nicht gewachsen sind.

Die Hammerschmidt Kurbel sorgte im Rennen für schnelle Starts, sorgt bei höheren Tempi allerdings für einen leichten Wirkungsgradverlust. Insgesamt ist HS eine Bereicherung für den Sport und dank ihrer Kettenführung, der enormen Bodenfreiheit, der Schaltgeschwindigkeit und des zweiten Freilaufes für Freerider eine sehr gute Wahl. Ich persönlich würde an einem Enduro aber aus Gewichts- und Effizienz-Gründen auf eine leichte Kurbel mit 20/34 oder 22/36er Kettenblättern, Bashguard und Kettenführung unten setzen.

Mit beeindruckender Kraft gehen die Bremsen zu Werk, der Hebelweg ist kurz, der Druckpunkt hart, und obendrein sind die Teile richtig leicht, so soll’s sein. Zum Springen im Bikepark und auf dem Hometrail habe ich das Cockpit getauscht – mit einem 45mm Syntace Superforce und 710mm Vektor Lenker war die Geometrie schon wesentlich alltagstauglicher.

Doch was sollen 180mm Federweg im Alltagseinsatz? Bei 25% Sag hält auch ProPedal die Kinematik nicht vollständig ruhig, die Gabel ist auf Singletrails Overkill.

Ausklang

Für den engen Einsatzbereich von extrem steilen, verblockten Trails macht die Ausstattung Sinn. Bei allen anderen Aktivitäten, die man so mit 26″ vollgefederten Mountainbikes im Kopf hat, ist entweder die Front zu hoch, die Federung zu schluckfreudig oder die Bereifung zu schwach auf der Brust. Ein flacher Vorbau mit breitem Lenker ist für gemäßigtes Gelände oder schnelle Strecken die bessere Wahl. Für 3699€ kriegt man von Canyon ein top ausgestattetes Bike mit einem kleinen Einsatzbereich – kleine Änderungen können hier die Allroundtauglichkeit aber deutlich steigern.

  1. benutzerbild

    FloImSchnee

    dabei seit 08/2004

    Liest du was ich schreibe?

    Mein Radl ist rund 15kg schwer u. hat einen Sitzwinkel von 72° bei 610mm Oberrohrlänge. Wenn ich die Totem zusammenzurre entsprechend steiler.

    Ich kenne keinen DHler (außer 901, falls man das als DHler bezeichnen will) mit dem ich ähnliche bergauf-geeignete Werte erreichen würde.
    Mit einem V10?! smilie

  2. benutzerbild

    geosnow

    dabei seit 08/2010

    Liest du was ich schreibe?

    Ja, mach ich. Du findest kein Bike, welches die gleichen Kletter- und Abfahrteigenschaften wie das 901 hat. Zudem ist mit seinen 73grad Sitzrohrwinkel nur bedingt ein DHler, wie du bereits selbst geschrieben hast.

    Diese Geometrie entspricht mit kleinen Abweichungen auch die von mir gelisteten Räder. Die Nomads, Uzzis, Mojo HDs habe ich idR mit einer 180er Fox Talas und dem DHX Air 5.0 gesehen. Ich denke, dieses Setup passt auch vielen 901 Käufer. Der DHX Air 5.0 ist um einiges leichter als ein Dämpfer mit Ti Feder und die verstellbare Gabel kommt dem Klettern doch entgegen.

    Somit kann das 901 meiner Meinung nach nicht wirklich als DHler (V-10, M9, DHR, Revolt...) bezeichnet werden.

    Ich finde es wirklich nicht einfach, welches nun der beste Rahmen in der Kategorie Enduro ist. Da hilft nur selbst testen. Gut sollten alle sein. Kosten auch ein Vermögen.
  3. benutzerbild

    cxfahrer

    dabei seit 03/2004

    Deine Gedanken sind wirr smilie...ich kann da grad nicht folgen. Ist das jetzt eine Antwort auf das was du in dem anderen Fred als Frage gestellt hast? smilie

    Das 901 wid ja oft mit dem Torque verglichen, aber der Torquerahmen ist für einen viel breiteren Einsatzbereich konzipiert, da er ganz andere Käuferschichten ansprechen soll. Allein dadurch kann man den viel vielseitiger einsetzen und er ist weniger speziell und hat daher eine Geo, die für fast jeden passt.
    Dazu steht genug Senf auf den Seiten von canyon.com selbst.

    Wenn du was Spezielles suchst, musst du genau wissen was du willst und dann findest du vielleicht einen dafür passenden Rahmen.

    Der Vorteil vom Canyon Vertride ist, wenn man ihn nicht so bescheuert aufbaut wie das hier getestete kann man damit alles mögliche machen und auch ganz anders aufbauen und es funktioniert trotzdem.

    Ein Mini-DHler oder ein Hüpfbike oder eine Marathonfeile wird aber nicht draus.

  4. benutzerbild

    geosnow

    dabei seit 08/2010

    Deine Gedanken sind wirr smilie...ich kann da grad nicht folgen.

    Sorry, ich sollte meine Gedanken besser formulieren. smilie

    Ist das jetzt eine Antwort auf das was du in dem anderen Fred als Frage gestellt hast? smilie

    Das kann gut sein, da ich mich seit Wochen mit den Enduros beschäftige. Ich war auf der Suche nach einem FR Bike.

    Das 901 wid ja oft mit dem Torque verglichen...

    Das macht dieser Test gerade so interessant. Danke. smilie

    Wenn du was Spezielles suchst, musst du genau wissen was du willst und dann findest du vielleicht einen dafür passenden Rahmen.

    Ich finde die von mir gelisteten Räder nicht wirklich speziell. Sie haben alle eine ähnliche Geometrie und mehr oder weniger denselben Federweg. Die Aufhängung des Hinterbaus unterscheidet sich jedoch wesentlich und macht die Kaufentscheidung nicht leichter. smilie
  5. benutzerbild

    525Rainer

    dabei seit 09/2004

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