SS – der Name führt bei manchen Menschen in Deutschland sogar aufgedruckt auf ein Fahrrad immer noch zu verschnupften Reaktionen und in der Tat ist diese Bezeichnung für das Fahrrad aus dem Hause Intense nicht unbedingt zutreffend. Jedenfalls nicht in dem Aufbau, in dem wir das Intense SS 2 gefahren haben. SS steht bei Mountainbikern und damit auch bei Intense für Slopestyle, doch das Setup unseres Bikes sieht eher nach Freeride- und Downhilleinsatz aus. Was ist das Bike also? Ausgehend von dieser Frage habe ich dem Rad auf den Vorbau gefühlt
Rahmen
Als wir vor einem Jahr die Neuauflage das Intense Slopestyle II auf der Eurobike gesehen haben, ist uns der Rahmen direkt bekannt vorgekommen. Die Meisten werden das Downhillbike Intense 951 kennen und das Slopestyle II kommt wie der kleine Bruder daher: Kleiner, kompakter und mit weniger Federweg. Am Hinterbau werkelt ein bekannter VPP-Hinterbau mit abschmierbaren, größeren Lagern und 160mm Federweg, die in der Regel von Stahlfederdämpfern kontrolliert werden (das Rahmenset kommt mit Fox DHX Dämpfer). Intense-typisch gibt es den Rahmen in orange, weiß oder in einer unlackierten Version, wie wir sie im Test gehabt haben. An der Front verschweißt Intense ein durchgängiges 1.5″ Steuerrohr mit den hydro-geformten Monocoque-Rohren, am Innenlager gibt es eine ISCG 05 Montage für eine Kettenführung. Im Vergleich zum Vorgängermodell SS soll der Rahmen vor allem am Hinterbau deutlich steifer geworden sein. Außerdem hat es kleine Änderungen an der Geometrie gegeben, zu denen unter anderem ein etwas höheres Innenlager gehört.
Der Verkaufspreis in Deutschland liegt bei 2500 mit Fox DHX Coil, für einen Cane Creek Double Barrel werden 500 mehr fällig. Beziehen könnt ihr den Rahmen über Shocker Distribution –> LINK
Ausstattung
An der Front arbeitet eine X-Fusion Vengeance HLR Gabel, der Hinterbau wird von einem Vector HLR Dämpfer aus dem gleichen Haus kontrolliert. Beide Federelemente sind in der High- und Lowspeed-Druckstufe und der Zugstufe einstellbar und bieten einen großen, wirkungsvollen Einstellbereich. Allerdings sind die Bedienknöpfe teilweise sehr schwergängig und (bei diesem Rahmen) schwer zugänglich. Ansonsten sind am Bike viele Teile verbaut, die von Shocker Distribution geführt werden. Dazu gehört einerseits ein extrem auffälliger, teurer und technisch anspruchsvoller Laufradsatz von Industry Nine, auf dem Intense Reifen montiert sind. Ebenfalls über Shocker kommen die Chromag Parts wie Lenker, Vorbau, Sattel- und Stütze. Im Antriebsstrang kommt dann bewährte Sram X-9 Technik mit FSA Gravity Light Kurbel und e13 Kettenführung zum Einsatz. Bei den Pedalen habe ich die erst vor kurzem hier präsentierten Sixpack Racing Icon Al Pedale verbaut, die in grüner Eloxierung den Look des Bikes noch ein bisschen weitere spezialisiert haben. So aufgebaut bringt das Bike komplett 16,5kg auf die Waage (inkl. Pedalen), hat jedoch noch einiges Potential zur Gewichtseinsparung. Dazu gehören unter anderem die Hayes Stroker Ace Bremsen, Sattel und Stütze sowie Kettenführung, Reifen und Felgen. Für den beabsichtigten Einsatzbereich wirkt die Ausstattung jedoch stimmig, auch wenn ernsthafter Slopestyle-Einsatz nicht möglich sein sollte: Barspins, Tailwhips, etc – sie scheitern an der Zugverlegung und ohnehin wirkt das ganze Bike so, als ob es mit Vollgas bergab bewegt werden wollte. Also los!
Isartrailcheck
Was können die Isartrails für eine Aussage über ein Bike wie das Intense Slopestyle II treffen? Eigentlich bin ich nur um Spaß auf die heißer denn je umkämpften*Trails entlang der Isar abgebogen und doch haben sie so manches ans Licht befördert. Ein Problem fällt gleich zu beginn auf, das nicht passieren darf: Im einfachen Wiegetritt schlägt die rechte Kurbel gegen den Hinterbau und hinterlässt dort tiefe Kratzer. Von Shocker Distribution kommt daraufhin der Hinweis, dass das Bike mit einer 165mm Kurbel gefahren werden sollte und nicht mit der verbauten 175er. In der Tat würde diese Umstellung das Problem lösen, allerdings bin ich der Meinung, dass auch eine 175er Kurbel problemlos vorbeipassen sollte. Aber zurück auf die Trails. Hier fallen noch ein paar weitere Details auf. Die 50a weichen Intense Downhillreifen erzeugen mächtig Rollwiderstand und das Bike fühlt sich plüsch und sehr homogen an. Dennoch bleibt der Hinterbau beim Pedalieren angenehm ruhig – VPP funktioniert noch immer. Die Sitzposition stimmt und ermuntert zum schnellen Kurvenfahren. Nur der Untergrund will noch nicht so ganz passen, denn es geht nicht bergab ab ins steile Gelände lautet die Devise.
Downhillcheck
Um dem Rad wirklich auf den Zahn zu fühlen, sind wir nach Bischofsmais in den Bikepark gefahren. Um außerdem noch eine weiteren Fahreindruck zu bekommen, habe ich Max gleich mit eingepackt und ihn gefilmt, damit wir ein adäquates Testvideo zu Stande bringen können. Bei bestem Wetter haben wir uns vor allem den Evil Eye, aber auch die Downhill- und Freeridestrecke vorgenommen. Ganz bewusst haben wir dabei den Namen Slopestyle außer Acht gelassen und in erster Linie das Handling, die Federungsperformance und den Gesamteindruck des*Bikes ins Auge gefasst. Schon vom ersten Meter an steht fest, das hier ein potentes kleines Downhillbike im Einsatz ist. Für die großen Schläge haben wir die Highspeed-Druckstufe an Dämpfer und Gabel ein wenig verstärkt und damit eine Abstimmung erreicht, die das Rad einerseits sehr gut am Boden hält, andererseits aber straff ist und so auch bei hohem Tempo noch viel Kontrolle ermöglicht. Angenehm flach fällt der Lenkwinkel des Rades aus, der theoretisch mit einem Steuersatz wie z.B. dem Angle Set von Cane Creek noch individuell angepasst werden kann – das 1.5″ Steuerrohr würde es zulassen. In der Testausstattung liegt das Bike satt auf der Strecke und ermutigt mit guter Balance dazu, schneller zu Fahren und in Kurven ans Limit zu gehen. Bei hohem Tempo kommen jedoch die 160mm Federweg irgendwann an ihre Grenzen. Negativ fällt ab der ersten Abfahrt aber auch schon die Hayes Stroker Ace Bremse auf. Ihr Carbonbremshebel fühlt sich über den gesamten Hebelweg teigig an und trotz dicker Vierkolbenzange und großen Bremsscheiben kann die*Bremskraft*nicht überzeugen.*Ebenfalls auffällig ist der fein rastende Freilauf der Industry Nine Laufräder und das extrem laute Kettenklappern. Ersterer klingt nicht nur fein, sondern sorgt auch für*direkten Vortrieb und ist auch in deutlich weniger auffälligen Versionen verfügbar. Der zweite Punkt sollte dringend behoben werden, denn konstruktionsbedingt bietet der VPP-Hinterbau viel Kontaktfläche für die schlackernde Kette und nervt auf Dauer. Das Video gibt hier Aufschluss – es klappert und klackert gewaltig im Antrieb und selbst guter Lack wird hier schnell in die Knie gehen. Beim unlackierten Testrahmen gibt es das Lackproblem nicht, doch laut bleibt das Klackern ohnehin.
4x- und Jump – Check
Beim Besuch in Bischofsmais haben wir natürlich auch einen Abstecher auf die 4x-Strecke und die Dirtjumps gemacht. Wie schon im Downhill zeigt sich das Bike hier kurvenfreudig aber insgesamt, auch wegen der dicken Laufräder, etwas schwerfällig. Dennoch bewegt sich das Slopestyle II geschmeidig in die Luft und springt sich leicht kontrollierbar. Mit einem deutlich anderen Aufbau und einem Luftdämpfer am Heck könnte hier theoretisch ein echtes Slopestyle Bike zusammengebaut werden, denn bei starken Antritten bleibt der Hinterbau dank VPP-Technik und passender Kettenblattgröße ruhig wie gewünscht. Für Wettkämpfe wie das Crankworx Festival in Whistler ideal, nicht aber für die Slopestyle-Strecken in Bikeparks wie Winterberg – in meinen Augen ist das Intense Slopestyle II mehr Downhill- und Freeridebike als Slopestylewaffe und dürfte in Deutschland auf vielen Strecken eine hervorragende Besetzung sein.
Video
Fahrbericht – Intense SS 2 Komplettbike: im IBC TV ansehen | |
Für den vollen Bildgenuss solltet ihr das Video in HD laden lassen. Dazu einfach auf den Link oberhalb klicken.
Fazit
Mit dem Slopestyle II liefert Intense ein vielfältig einsetzbares Bike, das – so lange es bergab geht – für so ziemlich jeden Spaß zu haben ist. Das Fahrwerk des Bikes zeigt sich schluckfreudig und liefert doch genug Rückmeldung, um den handlichen Charakter des Bikes noch weiter zu unterstützen. Dank VPP-Hinterbau herrscht auch bei starken Antritten Ruhe im Heck und vom Gewicht her gibt es Potential nach unten. Der Preis ist hoch, doch Fans der Marke werden das Geld zu zahlen bereit sein und immerhin gibt es hier noch echtes „Handmade in the USA“. Die Federelemente von X-Fusion zeigen eine deutliche Entwicklung nach vorne und der Dämpfer wird im kommenden Jahr mit einem Alukolben noch weiter abspecken.
Stärken
+ Handling, guter Allrounder
+ sehr gut abstimmbares Fahrwerk
+ Style
Schwächen
– Preis
– Steuerrohr etwas zu lang und dadurch die Front etwas zu hoch
– Kettenführungsmontage unter Umständen schwierig
– Rahmen ist nicht mit 175mm Kurbeln kompatibel
Weitere Informationen auf www.intensebicycles.com , die Homepage wird in Kürze komplett neu aufgelegt.
Bilder von Tobias Stahl und Intense
Video von Tobias Stahl, Fahrer Max Nawrocki, Kamera Canon Eos 7d, Location Bischofsmais
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