Wieso sollte man trotz sommerlicher Mittagshitze und dem falschen Bike unterm Po bei der beliebten Cross-Country-Sause im Westerwald starten? Es gibt sicherlich verlockendere Tätigkeiten, wie zum Beispiel im kühlen Nass plantschen. Doch die berüchtigte Strecke und Michael Bonnekessels Ankündigung zu legalem Hormon-Doping am Streckenrand waren reizvoll genug, um mich ins beschauliche Pracht-Wickhausen zu locken (Alle Fotos von Thomas Cermann).
Die Idee ist zwar nicht ganz neu, doch Bonne’s „Special-Guests“ waren auf jeden Fall eine Bereicherung für die ohnhin schon häufig gelobte Veranstaltung: DJ Julius Höhne und die sexy Cheerleader von Heavenly Force heizten den Rennteilnehmern im Wurzelsepp-Anstieg gehörig ein, sodass dort eine richtige Party-Atmosphäre enstand. Die leicht bekleideten Mädels sollten von den Strapazen der fiesen Steilstufe ablenken, doch wenn man den Schönheiten am Streckenrand zuviel Aufmerksamkeit schenkte, blieb man schnell an einer der gemeinen Wurzeln hängen. Deshalb haben auch viele Fahrer geschoben, so zumindest eine mögliche Theorie.
Auf den Abfahrten konnte man sich nur selten erholen:
Die Strecke in Pracht-Wickhausen ist um die schöne Waldsportanlage „Hohe Grete“ angelegt. Bei einer Streckenlänge von etwa 4 km verteilen sich die 180 Höhenmeter auf drei bis vier giftige Anstiege („Kniebrecher“, „Wurzelsepp“, „Sickmüller“) und einen „leichteren“ Uphill. Erwähnenswert ist auch „Naturhalfpipe“: Hier wurde auch dieses Jahr wieder die Höchstgeschwindigkeit gemessen. Die 100 € Sonderprämie sicherte sich Oliver Laudenberg mit dem neuen Rekord von 71 Km/H. Nach der High-Speed-Messung folgte die erste technisch anspruchsvolle Abfahrt ins Birkenbachtal. Nach 500 flachen Metern warteten noch der „Kniebrecher“ und nach kurzer Erholung direkt noch der „Wurzelsepp“.
Der Wurzelsepp verlangt eine gute Linienwahl, sodass man kaum ein Auge für das Geschehen am Streckenrand hatte:
Wer sich nicht auf die dicken Wurzeln konzentrieren konnte, musste schieben…
(Alle Fotos von Thomas Cermann)
Auch abseits der Strecke gab es 2010 einige tolle Specials. Es wurden eifrig Spenden für Patrick Meersschaert und Erich Schmitz gesammelt, die beide schwere Schicksalsschläge erlitten haben (Herzstillstand & Wirbelbrüche). Neben den versteigerten DM-Trikots, beteiligten sich Sportograf und Busch + Müller an dieser charitativen Aktion. Das Tolle daran: Alle Rennteilnehmer können sich die Foto-Flatrate von Sportograf anstatt für 16,99 € umsonst runterladen – Daumen hoch! Zusätzlich werden die Nachmeldegebühren vom Renntag gespendet. Wer auch einen kleinen Betrag spenden möchte, findet alle Infos dazu HIER.
Ein Wiederholungstäter aus dem Profibereich war dieses Jahr auch wieder am Start: Johannes Sickmüller (Stevens Bikes) ist zwar primär als Cross-Fahrer im Winter ganz vorne mit dabei, nimmt im Sommer jedoch auch immer noch gerne an MTB-Rennen teil. „Die Strecke ist konditionell schwer und hat einige technische Passagen, wo man viel Spaß haben kann. National gesehen muss sich der Rundkurs nicht verstecken, das Niveau ist hoch“, gibt der 28-jährige Vollblut-Racer zu Protokoll. Im Jahr 2007 wurde er bei den Deutschen Meisterschaften (XC) Dritter und war auch in dieser Saison in Pracht dabei. Nächstes Wochenende startet der Cross-Spezialist bei der DM im Cross Country.
Nun zu meinem persönlichen Erfahrungsbericht:
Da es mein momentan einziges fahrbereites Bike war, musste ich in Pracht mit meinem 20kg-Freerider an den Start gehen. Vor ein paar Jahren habe ich meine Gummikuh bei zwei Kurzmarathons ausgeführt und war deshalb zuversichtlich, die ganze Strecke zu schaffen und meine drei Runden zu beenden. Mein Ehrgeiz galt dem Wurzelsepp-Anstieg, wo man sich vor den hübschen Cheerleader-Girls nicht die Blöße geben wollte. Da musste man schon ohne Fehler hochfahren, Schieben wäre nicht gut für mein Biker-Ego gewesen. Dank der groovenden Musik und den Anfeuerungen der Zuschauer lief es jedoch nach Plan und ich kam die steile Rampe gut hinauf. Der Rest der Strecke war spaßig zu fahren und ich war angesichts der ruppigen Passagen fast froh ein Federwegsmonster zu fahren. Was mir fehlte, war eine Absenkstütze, mit der ich in den Abfahrten und auf dem Pumptrack noch mehr Spaß gehabt hätte. Alles war zwar auch mit nicht-abgesenktem Sattel fahrbar, doch schneller und sicherer ist man auf solch einem technischen Kurs mit Sattel unten auf jeden Fall. Als ich dann noch einen Fahrer mit Absenkstütze sah, wurde ich fast gelb vor Neid.
Meine Empfehlung an alle, die gerne auf abgesteckten MTB-Strecken Gas geben: Kommt 2011 nach Pracht zur European-Challenge und genießt die tolle Veranstaltung.
Danke an den veranstaltenden Verein AG Niederhausen-Birkenbeul und die vielen ehrenamtlichen Helfer.
Alle Fotos von Thomas Cermann. Sein „Sonderfotoalbum von Pracht“ des Rheinland MTB-Cup 2010 wird es ab heute Abend unter: http://mtb.cetei-web.de geben.
Weblink: http://www.rheinland-mtb-cup.de/
Wie gefällt euch die Idee mit der DJ- und Cheerleader-Begleitung an schwierigen Uphills?
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