Auf der letzten Eurobike drehte es sich bei jedem Hersteller um einen Radtyp – die Twentyniner. Auch wenn wir die Worte „Die Vorjahresmodelle sind gleich geblieben, aber wir haben einen neuen Twentyniner“ fast nicht mehr hören konnten, haben die Bikes im CrossCountry und Tourenbereich sicherlich ihre Berechtigung.
Aus diesem Grund stellen wir einige Modelle dieser Gattung vor, um Euch einen kleinen Überblick über die am Markt vorhandenen Räder zu geben. Dabei dürft Ihr gerne Wünsche für Räder äußern, die wir in Zukunft für euch testen sollen.
Den Anfang der Testserie macht das Marathon-Racebike Scalpel 29 von Cannondale.
# Cannondale Scalpel 1 29er
Ausstattung und Technik
Getestet wurde das Scalpel 29er 1 mit Vollcarbonrahmen, XSL-Lefty Carbon. Cannondale Hollowgram SL Kurbel, DT Swiss Tricon-Laufradsatz und Sram XX-Komponenten. Der Preis ist mit 6000 € definitiv nicht im Budget der meisten Fahrer, dafür wird man mit einem sensationellem Gewicht von 10,7 kg inkl. Shimano XTR Trail Pedalen belohnt.
Hier die komplette Ausstattungsliste:
- Rahmen: Scalpel 29’er, 100mm, BallisTec Hi-MOD Vollcarbon, BB30, 1.5″ Steuerlager
- Gabel: Lefty 29’er Carbon XLR, 100mm, OPI, Solo Air
- Dämpfer: Fox RP23
- Federweg: 100mm
- Laufradsatz: DT Swiss Tricon 1550 29’er Lefty, tubeless ready
- Bremsen: Avid Elixir X0 Carbon, 180/160mm
- Kurbel: Cannondale Hollowgram SL, 39/26 w/XX chainrings
- Tretlager: SRAM PressFit BB30
- Schalthebel: SRAM XX
- Schaltwerk: SRAM XX
- Umwerfer: SRAM X0, direct mount
- Kassette: SRAM PG-1070, 11-36, 10-speed
- Kette: KMC X10SL, 10-speed
- Reifen: Schwalbe Racing Ralph Evo, 2.25″ tubeless ready
- Vorbau: Cannondale OPI adjustable, -15 degree, 31.8
- Steuersatz: Cannondale HeadShok Si
- Lenker: Truvativ Noir Flat, 700x10mm
- Sattelstütze: Fi’zi:k Cyrano, 31.6x400mm
- Sattel: Fi’zi:k Tundra2 K:ium
Der Hinterbau kommt ohne gelagerte Drehpunkte aus: stattdessen werden nachgebende Sitzstreben eingesetzt, die eine Seiten- und Verwindungssteifigkeit haben sollen, die kein Drehpunkt mit Einzellager erreichen kann. Gleichzeitig wird auch das Gewicht des nicht benötigten Drehpunktes eingespart. Das Hinterbausystem nennt sich Zero Pivot.
Um die Festigkeit am Hinterbau zusätzlich zu erhöhen, wurde eine 142x12mm Steckachse verbaut. Im Gegensatz zum Vorgängermodell (26″-Modell), das für den XC-Race Einsatz konzipiert worden ist, soll das neue Scalpel einen deutlich größeren Einsatzbereich von Marathon Race bis All-Mountain haben. Das alte Scalpel war eher ein Hardtail mit minimalen Reserven und der Unterschied zum flexenden Flash war nicht gerade groß. Dies soll sich mit dem sensiblerem Hinterbau deutlich geändert haben.
Neben den beiden Topmodellen 1 und 2 in Vollcarbon mit flexender Sitzstrebe gibt es das Scalpel 29 auch in zwei günstigeren Versionen aus Aluminium, dann allerdings mit zusätzlichen Lagern im Hinterbau und starren Sitzstreben.
Die Preisstaffelung ist folgendermaßen:
Scalpel 29 1 – 5999€ (Ausstattung siehe oben)
Scalpel 29 2 – 3999€ (Lefty 29’er XLR, RockShox Monarch RT3 Dämpfer ZTR Arch 29’er Felgen)
Scaplel 29 3 – 2499€ (Lefty 29’er PBR, Fox RP2 Dämpfer, X9/X7 Schaltkombi)
Scaplel 29 4 – 1999€ (RockShox Recon Gold TK 29, X Fusion E1 RL Dämpfer, XT/SLX Schaltkombi)
Optik
Allein schon wegen der Lefty hebt sich das Rad deutlich von anderen Bikes ab. Desweiteren fallen die Verbreiterung des Rohrquerschnitts im Steuerlagerberiech, die Cannondale-eigene Hollowgram SL Kurbel und die recht schlanken Sitzstreben auf. Ansonsten kommt das Scalpel 1 ohne optische Raffinessen daher. Mattschwarz und weiß sind die Farben des Bikes, die sich, neben vereinzelten kleineren roten Decals, konsequent durch alle Anbauteile durchziehen. Dabei gefallen vor allem die Laufräder, welche die cleane Optik perfekt ergänzen.
Auf dem Trail
Neben kleinen Ausfahrten zur Einstellung des Setups wurde das Bike zum ersten Mal am Gardasee getestet. Für mich war es die erste längere Erfahrung mit einem 29er und die Skepsis war im Vorfeld recht groß, doch gerade am Gardasee spielt ein 29er seine Vorzüge sehr gut aus: Auf verblockten Trails bergauf überwinden die großen Räder Hindernisse und Stufen deutlich leichter, auf steilen Schotterpisten spürt man das Plus an Traktion am Hinterrad deutlich.
# Mit dem Scalpel am Gardasee
Die sehr sensible Gabel mit dem sauber arbeitendem Hinterbau erledigt ihre Arbeit super, sodass der Traktionsvorteil der großen Räder zusätzlich verstärkt wird. Dabei lässt sich die Lefty komfortabel vom Lenker blockieren und der Dämpferhebel ist leicht im Sitzen zu erreichen, indem man einfach kurz unter das Oberrohr fasst. In der Pro-Pedal-Position des Dämpfers wippt das Bike so gut wie gar nicht und die Kraft aufs Pedal wird effizient in Vortrieb umgewandelt.
# Das Cannondale Scalpel 29 fühlt sich besonders auf schnell technischen Trails zu Hause
In offener Position arbeitet der Hinterbau, verglichen mit dem Vorgängermodell, sehr sensibel und vermittelt auch in schwereren Downhills Sicherheit. Der Unterschied zum 26″-Modell könnte hier nicht größer sein, denn das Rad fühlt sich nach deutlich mehr Federweg als die nominell angegebenen 100mm an. Aufgrund der sehr guten Klettereigenschaften, kombiniert mit der guten Abfahrtseignung, bietet sich das Rad wohl für die meisten Biker an, die gerne Touren fahren aber Bikeparks meiden. Erst bei extremen Trails stößt das Scalpel 29 an seine Grenzen und dürfte wohl vor allem für schwere Alpenmarathons ideal sein. Einzig beim Beschleunigen wirkt das Bike ein wenig träge und kommt etwas langsamer in Fahrt.
Ein weiterer Kritikpunkt ist die nur schlechte Unterbringung einer großen Trinkflasche. Gerade bei den kleinen Rahmengrößen wie der getesteten Größe M stößt eine große Flasche am Plattformpedalhebel des Dämpfers an, sodass man die Flasche nur schwer wieder herausbekommt. Ein spezieller Trinkflaschenhalter, mit Einführung von der Seite oder zum Klappen, könnte hier Abhilfe schaffen. Eine zweite Flaschenhalterung ist am Rahmen nicht angebracht.
Fazit
Für einen Alpencross, Touren im Gebirge oder aber technisch schwereren Marathons ist das Cannondale Scalpel 29er im Moment meine erste Wahl. Sowohl bergauf als auch bergab kann das Rad voll überzeugen und punktet mit guter Traktion, super Ansprechverhalten und Antriebsneutralität. Die Ausstattung ist ebenfalls sehr stimmig und für den Preis logischerweise auf einem extrem hohen Niveau.
Stärken:
- vermittelt viel Sicherheit in anspruchsvollem Terrain
- sehr gute Komponenten
- Gewicht
- Im Urlaub schwer Ersatzteile zu finden
- eingeschränkte Trinkflaschengröße
- Preis
Was sind eure Erfahrungen mit Twentyninern ? Habt ihr spezielle Wünsche, welche Bikes und Produkte im 29er Test berücksichtigt werden sollen?