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Interbike 2009
Schaltungsnews von Sunrace, Sturmey-Archer und Vivo

Seit einigen Jahren geben sich die taiwanesischen Hersteller alle Mühe, sich als innovative Hersteller mit hochwertigen Produkten darzustellen. Einge schaffen das auch ganz gut und konnten sich zu Recht und ganz erfolgreich vom Image des billigen Kopierers entfernen. Der Schaltungshersteller Sunrace (www.sunrace.com) hat diesen Schritt erst halb geschafft.

Die neue Top-Mountainbikegruppe Driven ist schnell als hochwertig angesiedelte Komponentenlinie zu erkennen. Leider sieht man auch ganz schnell, woher die Inspiration für die Teile kommt:

XTR? Nicht ganz – Sunrace Driven heisst das Modell

Wer sich damit anfreunden kann, mit einer «halben XTR» rum zu fahren, kriegt mit der «Driven» eine ganz beachtliche Gruppe: Das Schaltwerk RDMZ7 wurde ausgiebig mit der CNC-Fräse bearbeitet und glänzt mit vielen hochwertigen Details. So kommt es mit Befestigungsschraube aus eloxiertem Aluminium, CNC-gefrästen und keramikgelagerten Pulleys und einem Carbon-Käfig in zwei verschiedenen Längen. Laut Sunrace ist das Schaltwerk kompatibel zu Shimano-Schaltungen und soll 223 Gramm wiegen. Das Vorbild XTR ist leichter, aber auch teurer.

Auch an der Kurbel klotzt Sunrace mit allem, was im allgemeinen als Referenz für ein edles Produkt anerkannt ist. Die Kurbelarme glänzen im edlen Carbon-Look, aber eben nur Look: Unter der Deckschicht verbirgt sich ein Körper aus Aluminium. Darum kann die Garnitur trotz eingepresster Titan-Achse keine Gewichtsrekorde brechen: Inklusive Innenlager (mit Keramik-Kugeln, selbstverständlich) gibt Sunrace 847 Gramm als Gewicht an – nicht schlecht, aber für die Top-Liga, die der erste optische Eindruck verspricht, reicht es nicht.

Komplettiert wird der Driven-Antrieb mit Kette, Kasette, Umwerfer und Rapidfire-Schalthebeln. Auch auffällige Naben mit goldeloxiertem Körper gehören zur Gruppe. Trotz edlen Details hinterlassen die neuen Top-Teile von Sunrace einen schalen Nebengeschmack: Wie gut kann etwas sein, das nicht mal genug selbstbewusstsein für eine eigene Optik hat?

Deutlich wird dabei, dass die fernöstliche Logik auch in der globalisierten Fahrradindustrie immer noch präsent ist. Denn nach traditioneller chinesischer (und damit auch taiwanesischer) Sicht ist eine Kopie mehr eine Ehrerweisung an den Schaffer des Originals als ein zu ächtendes Verbrechen.

Deutlich authentischer wirkt die neue Produktelinie von Sturmey-Archer (www.sturmey-archer.com) , obwohl der einst englische Schaltnabenhersteller seit einigen Jahren auch zu Sunrace gehört. Bei Sturmey-Archer hat man die Hipsters entdeckt: Nachdem man für stilbewussten Urban-Biker bereits eine Fixie-Nabe mit drei Gängen vorgestellt hat, kommen nun noch die angesagten Farboptionen hinzu.

In sechs verschiedenen Farben wird die klassische Getriebenabe nun angeboten, und passend dazu gibt es auch Hochflansch-Vorderadnaben und eine zum Fixie-Style passende Kurbelgarnitur.

Selbst beim Schalthebel hat Sturmey-Archer gut aufgepasst, was gefragt ist. Der klassisch anmutende Schalthebel gibt es wahlweise für die Montage am Unterrohr oder im Lenkerende – ästhetisch sicher die passendere Lösung für einen schlanken Stahlrahmen im Retrodesign als ein klobiger Kunststoff-Drehgriff am Lenker.

Mit Abstand die innovativste Lösung in Sachen Schaltung war bei Vivo zu sehen. Die Firma, älteren Bikern noch bekannt durch den Schaltwerk-Gummiüberzieher Grunge Guard, zeigte in einer Nische voll funktionsfähige Prototypen von eigenen Schalthebeln und Schaltwerken. Aussergewöhnlich ist vor allem der Schalthebel, dieser kommt pro Schaltwerk mit nur einem einzigen Hebel aus. Soweit ist der Schalthebel vergleichbar mit dem Double Tap Shifter von Sram, doch entscheidet bei diesem nur die Länge des Schaltwegs am Hebel, in welche Richtung geschaltet wird. Vivo hat an seinem Modell die Schaltrichtungen getrennt – wird der hebel wie bei andern Rapidfire-Hebeln in einer Kreisbahn gedrückt, schaltet es in einen leichteren Gang. Drückt man den Hebel radial, fällt die Kette auf auf ein kleineres Ritzel. Der Vorteil des Vivo-Schalters: es braucht nur einen Hebel, und die Gefahr des Verschaltens ist dennoch gering.

Mehr als Abrundung zum Schalthebel präsentierte Vivo auch ein formschönes Schaltwerk aus eigener Entwicklung. Ganz getreu der Firmenphilosophie (siehe Grunge Guard) ist dieses so gut wie möglich gegen Dreck geschützt. Alle Gelenke sind mit Gummidichtungen versehen und darunter dauerhaft mit Öl geschmiert.

Leider will Vivo die Teile nicht in den Verkauf bringen. Die Firma konzentriert sich heute auf Ingenieurarbeiten für Komponentenhersteller, und das Schaltsystem ist als Referenzprodukt für die Innovationskraft von Vivo gedacht. Gegen einen interessierten Hersteller, der die Schaltung r in Serie würde bauen wollen, hätte Vivo aber nichts einzuwenden. Gerüchte, dass sich die Hayes Group dafür interessierte, wurden auf der Messe aber dementiert.

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