Jochen Käß, Adelheid Morath und Max Friedrich (Masters) werden Deutsche Marathonmeister

Jochen Käß holte sich am Samstag in Garmisch-Partenkirchen zum zweiten Mal in seiner Karriere den Titel des Deutschen Marathonmeisters. Bei den Damen wurde Adelheid Morath zur neuen Titelträgerin gekürt.

Jochen Käß (Weil im Schönbuch) absolvierte die 99 Kilometer mit 2900 Höhenmetern in 3:52:26 Stunden und war damit 33 Sekunden schneller als Tim Böhme (Freiburg). Auf Platz drei rollte Stefan Sahm (Mössingen) mit 2:04 Minuten Rückstand ins Ziel. Titelverteidiger Karl Platt (Osthofen) wurde Vierter (3:16 Minuten zurück).

Bis Kilometer 32 waren noch mehr als 20 Fahrer in einer Spitzengruppe vertreten. Zu diesem Zeitpunkt hatte Jochen Käß allerdings bereits einen Reifendefekt hinter sich. Sein Multivan-Merida-Teamkameraden Hannes Genze (Sindelfingen) überließ ihm sein Hinterrad und Käß gelang es die Lücke zur Spitzengruppe seinen Rückstand von rund einer Minute wieder zu schließen.

Danach sah man Käß immer wieder an der Spitze der Gruppe. „Ich habe immer wieder das Tempo verschärft, um zu sehen, wer mitgehen kann“, erzählte er im Ziel. Die Gruppe schmolz auf neun Fahrer zusammen und als es auf die letzten 34 Kilometer ging, während gleichzeitig ein Dauer-Regen einsetzte, da hatte Käß nur noch drei Konkurrenten.

Böhme, Sahm und der Hechinger Torsten Marx begleiteten den 28-Jährigen in den insgesamt elf Kilometer langen Anstieg hinauf zum Rindberg. Auch da, war es immer wieder Jochen Käß, der seine Begleiter aus der Reserve lockte.

„Ich habe schon früh die Entscheidung gesucht“, erzählte Käß. Ein paar Mal noch rollte das Quartett zusammen, doch bevor es zur Esterberg-Alm hoch ging, hatte er endgültig eine Lücke gerissen.

„Es hat nicht viel gefehlt, aber ich bin nicht mehr heran gekommen“, bekannte Tim Böhme. Vor zwei Jahren in St. Ingbert hatte er den Marathon-Titel ähnlich knapp gegen Käß verpasst. „Ich weiß nicht, ob ich lachen oder weinen soll“, sagte Böhme, konstatierte aber, dass Käß einfach stärker gewesen sei.

Das betonte auch Torsten Marx. „Er hat es verdient“, so Marx, dem nach drei Stunden Fahrzeit „der Strom ausging“, so dass sich Böhmes Bulls-Teamkollege Stefan Sahm die Silbermedaille sichern konnte. „Das war für mich heute das Maximum“, sagte Sahm.

Karl Platt, der 30 Kilometer vor dem Ziel lediglich auf Rang elf lag, kam als Vierter ins Ziel. „Ich musste zwischendrin einfach mal Tempo raus nehmen. Am letzten langen Berg konnte ich meinen Rhythmus fahren und Positionen gut mache“, erklärte der entthronte Titelverteidiger.

Der neue Marathon-Meister brauchte nach dem Rennen lange, um wieder auf „Betriebstemperatur“ zu kommen. Durch den Wetterumschwung war es nass und kalt geworden. Jochen Käß wurde im Ziel von Krämpfen geschüttelt und konnte kaum sprechen. „Am Anfang hatte ich keine guten Beine, aber dann ging es immer besser. Jetzt haben sich die Strapazen wenigstens gelohnt“, so Käß.

Der fünfte Platz ging an Christian Schneidawind (Gerbrunn), der mit 4:05 Minuten Rückstand in Garmisch die Ziellinie überquerte und im Grunde der Überraschungsmann des Tages war.

Jury-Entscheid bei den Damen

Der Damen-Titel wurde durch einen Jury-Entscheid vergeben. Adelheid Morath (Freiburg), die als Favoritin ins Rennen gegangen war, überquerte als Zweite die Ziellinie, wurde aber auf Rang eins gesetzt. Sie gewann die 99 Kilometer in 4:36:44 Stunden mit 5:07 Minuten Vorsprung auf die Überraschungs-Zweite Barbara Kaltenhauser (Gaißach) und 10:49 Minuten vor Ivonne Kraft (Dettenheim).

Die frühere Straßenfahrerin Birgit Söllner (Nürnberg) hatte fast während des gesamten Rennes geführt. Allerdings hatte sie sich so offensichtlich über weite Strecken im Windschatten eines männlichen Teamkollegen aufgehalten und vom ihm profitiert, dass die Jury mit Chef-Kommissär Hubert Emans (Niederlande) an der Spitze, Söllner disqualifizierte. „Wir haben Aussagen von Streckenposten, die das bestätigten“, sagte Emans.

Sein Assistent Ulf Luik erklärte, dass die Jury zur Erkenntnis gelangt sei, dass sich Birgit Söllner „bewusst einen Vorteil verschafft“ hätte. Man hätte es im Mountainbike-Sport mit einer Einzeldisziplin zu tun und gegenseitige Hilfe sei nicht erlaubt, schon gar nicht Kategorien übergreifend.

Birgit Söllner wehrte sich. „Ich kann die Entscheidung überhaupt nicht nachvollziehen. Das ist doch bei Marathon-Rennen immer so, dass die stärksten Frauen in das Herrenfeld hinein fahren“, sagte Söllner. Allerdings ließen etliche Augenzeugen, Film- und Foto-Aufnahmen den Schluss zu, dass ihr Firebike-Teamkollege Dirk König offensichtlich auf sie wartete und ihr ganz bewusst Windschatten gewährte.

BDR-Mountainbike-Koordinator Georg Schmitz zollte Söllner für ihre sportliche Leistung Anerkennung und betonte, dass der Jury die Entscheidung schwer gefallen sei. „Geplante Hilfe ist nicht erlaubt und das können wir so nicht durchgehen lassen. Dadurch würden wir die Meisterschaft entwerten. Es tut uns leid, aber es geht nicht anders. Daraus ergibt sich aber auch ein Auftrag an uns, das noch deutlicher zu kommunizieren“, erklärte Schmitz.

So blieb Adelheid Morath ein Meistertitel, über den sie sich nach dem Rennen kaum freuen konnte. „Körperlich habe ich mich sehr gut gefühlt, aber ich habe mich sehr geärgert“, so Morath.

Jubeln konnte dagegen Barbara Kaltenhauser. „Damit habe ich nicht gerechnet“, zeigte sie sich verblüfft über ihre Silbermedaille. Nach rund 50 Kilometern distanzierte sie Nina Wrobel (Freiburg), die später einbrach und schließlich auf Rang fünf landete. Ivonne Kraft eroberte die Bronzemedaille, obwohl ihr eigentlich solch steiles Gelände nicht entgegenkommt.

„Auf der Strecke bin ich da sehr zufrieden“, sagte Kraft. Zwischendrin habe sie ein Motivationsloch gehabt. Von Rang zwei fiel sie bis auf Platz zehn zurück, ehe sie in Katrin Schwing eine Begleiterin fand, mit der sie eine Aufholjagd starten konnte, die auf dem Podium endete. Schwing konnte am letzten Anstieg nicht mehr folgen.

Danke an Erhard Goller für den Text

Rangliste Deutsche Meisterschaften Marathon, Herren:

1. Jochen Käß (GER), 3:52.26,4

2. Tim Böhme (GER), 3:52.59,8

3. Stefan Sahm (GER), 3:54.31,1

4. Karl Platt (GER), 3:55.43,1

5. Christian Schneidawind (GER), 3:56.31,4

Rangliste Deutsche Meisterschaften Marathon, Damen:

1. Adelheid Morath (GER), 4:36.44,6

2. Barbara Kaltenhauser (GER), 4:41.52,5

3. Ivonne Kraft (GER), 4:47.33,6

4. Katrin Schwing (GER), 4:50.11,6

5. Nina Wrobel (GER), 4:51.46,6

  1. benutzerbild

    Bonnekessel

    dabei seit 05/2005

    Offizielle Stellungnahme des Firebike Racing Team zur Marathon DM 2009 in Garmisch

    "Wir sind uns keiner Schuld bewusst" - so dass Team Firebike aus Roetgen zur
    Disqualifikation der Teamfahrerin Birgit Söllner bei der Deutschen Marathon Meisterschaft.
    Es war in keiner Weise geplant, dass Birgit mit einem Teamkollegen zusammen fährt, da alle für sich selbst bestmögliche Ergebnisse erzielen sollten.
    Für den Amateur Dirk König war es nach einer langen Verletzungspause wieder das erste Rennen. Nachdem er gleich auf den ersten Kilometern durch einen Defekt viel Zeit verloren hatte, fuhr die, zu der Zeit bereits führende (!) Frau, Birgit Söllner, auf ihn auf. Birgit hatte sich bereits am ersten Berg ohne fremde Hilfe (!) erfolgreich von Ihren Gegnerinnen absetzen können. Sicherlich konnte Birgit den "Windschatten" ihres Teamkollegen nutzen, allerdings musste Dirk aufgrund des hohen Tempos das Rennen noch vor Vollendung der zweiten Runde beenden. Jeder andere Fahrer hätte ihr ohne Folgen "Windschatten" bieten können.
    Dass sich Birgit in einer eindrucksvollen Form befindet, stellte sie nicht nur beim Leo Wirth Straßenrennen am Pfingstmontag unter Beweis, wo sie die zur Zeit amtierende Deutsche Marathon Meisterin eindeutig deklassierte, obwohl sie am Tag zuvor bereits den r+h Bikemarathon in Bad Wildbad fuhr und für sich entscheiden konnte. Für Birgit wäre es am Samstag bereits der 6. Mountainbikesieg in dieser Saison in Folge gewesen.
    Diejenigen, die Birgit kennen, schätzen sie als faire Sportlerin die keinerlei Interesse an einem unlauteren Sieg hat. Wir bedanken uns bei dieser Gelegenheit bei allen, die ihr in dieser für Sie schwierigen Situation durch ihren Zuspruch Mut machen.

    FIREBIKE RACING TEAM
    www.firebike.de


    Ich kann zu der Entscheidung vor Ort in Garmisch nur mein Bedauern aussprechen. Dieser DM-Entscheid bei den Frauen ist bitter. Freuen kann sich keiner! Der Aldelheid ist das sicher auch unangenehm, aber sie hat den Titel, während bei Birigit nur WUT vorliegen kann.

    Das ist bei Marathons immer so gewesen, dass besonders klassenübergreifend/ggf. geschlechterübergreifend gerne zusammengearbeitet wird, um seine Alterskonkurrenten los zu werden. Es gibt doch keinen, der solche Situationen nicht nutzen würde. Das ist also kein Betrug, sondern die Regel. Das wissen und praktizieren nahezu alle!



    Überdenken der Entscheidung sollte die Kosequenz sein, aber auf der BDR Seite finde ich nix dazu ....?

    Denn, wenn die Planung nicht nachgewiesen werden kann, darf auch nicht verurteilt werden!

    Außerdem, wenn das Firebike-Team hätte wirklich betrügen wollen, wären sie sicher so schlau gewesen den oder die Fahrer in andere Bekleidung zu stecken! Das ist für mich der Beweis, dass nix geplant war! Außerdem haben die anderen Damen sicher auch mal in einer Männergruppe "gelutscht".

    Ich bin froh, dass ich die Sache nicht zu entscheiden hatte. Ich drücke euch die Daumen, dass die Sache noch ein faireres Ende für beide Sportlerinnen nimmt. (Wiederholung wäre wohl kaum machbar, oder?)


    Michael Bonnekessel (MTB-Fachwart-Rheinland-Pfalz)
  2. benutzerbild

    gemorje

    dabei seit 03/2003

    Ich stimme Michael zu!
    Meiner Meinung nach ist solch ein Verhalten so lange zulässig, wie es nicht in der Ausschreibung (http://www.radsport-festival.de/ausschreibung_09.php) verboten wird.

    Sehr oft werden Frauen und Herren-Rennen gemeinsam ausgetragen. Theoretisch müsste man dann ja jeder Frau verbieten im Windschatten (sollte der bergauf überhaupt merkbar existieren) der Herren zu fahren.
    Auch wenn das Frauenrennen mit 30 Minuten (statt 10) Verzögerung gestartet worden wäre, hätten die ersten Frauen irgendwann adäquate Herren zum "dranhängen" gefunden.
    Dass es letztlich auf einen Teamkollegen hinausgelaufen ist, ist Zufall.
    Selbst wenn nicht: Es war nicht verboten.
    Und darf deshalb auch nicht bestraft werden!!!!

    Übrigens:

    Man hätte es im Mountainbike-Sport mit einer Einzeldisziplin zu tun und gegenseitige Hilfe sei nicht erlaubt, schon gar nicht Kategorien übergreifend.
    Wenn das so wäre, dürfte es ein Feld "Team" in der Anmeldung nicht geben und jede "SpitzenGRUPPE" müsste zerschlagen werden.....bzw. alle disqualifiziert.....
  3. benutzerbild

    Deleted 90623

    dabei seit 12/2015

    Ich stimme meinem Vorredner zu was die (nichtige) Planung angeht und hoffe, dass wenigstens bei der nächsten DM endlich mal komplett normale Wettkämpfe stattfinden und nicht wie dieses und letztes mal so ein Tamtam ist!

  4. benutzerbild

    Tobsn

    dabei seit 08/2001

    Ich bin auch der Meinung Frau Söllner müsste der Meister Titel zugesprochen werden.
    Die Konkurrentinnen haben wir im Vorjahr bei Frau Brandau den Fehler gemacht, Frau Söllner fahren zu lassen. Niemand hat die anderen Frauen daran gehindert am Hinterrad von Frau Söllner zu bleiben.
    Und jeder der schon mal Rennen gefahren ist weiß, dass sich vorne die schnellen Gruppen bilden und wenn die weg sind, hat man das Nachsehen.


    Ne Neureglung bezüglich Windschatten find ich nicht zweckdienlich und schon gar nicht durchsetzbar .
    Müssen die Frauen jetzt bei jedem Rennen Angst haben von einem Rennkommissar oder Streckenposten gesehen zu werden, wenn sie gerade ne Gruppe auffahren und kurz dahinter feststecken oder verweilen?
    Klassenübergreifende Fahrgemeinschaften gehören zum ganz normalen Rennalltag bei einem Marathon und sind ne legitime strategische Variante.



    Mein Vorschlag wäre für Meisterschaften Strecken zu wählen, bei denen Windschatten gar keinen oder geringen Einfluss hat. smilie

  5. benutzerbild

    topsecretboy

    dabei seit 03/2006

    sorry, aber schummeln scheint mir geläufige praxis. abstreiten kann man im nachhinein immer viel, zwar will ich ein uci rennen nicht mit einer transalp/transgermany gleichsetzen, jedoch fiel mir es dort nicht nur einmal auf, das dort klassenübergreifend oder von extern geholfen wurde, was gegen die regeln ist. und ja es waren bekannte namen dabei die hier ein paar beiträge vorher schon selbst als opfer der schummelei genannt wurden. leider finden hinweise auf die übeltäter bei der transalp/transgermany orga wenig resonanz, weil dies scheinbar zusätzliche arbeit bedeutet, also kann man gleich dazu über gehn sich selbst zu beschummeln...smilie

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