Der schnelle Enduro-Rennfahrer und Focus-Ingenieur Fabian Scholz berichtet live für uns vom dreitägigen Rennen Kingdom Enduro in Lesotho. Zur Mitte des Rennens ging es richtig zur Sache und nach einer schlaflosen Gewitternacht musste Fabien nicht nur mit dem harten Gelände, sondern auch einem Sonnenstich kämpfen.
Zum Glück haben wir gestern unsere Zelte in Sicherheit gebracht, denn in der Nacht lassen die Gewitter nicht nach. Es regnet in Strömen und keiner kann dabei ein Auge zumachen. Die Gewitter hier sind brutal! Meist sind es mehrere auf einmal und extrem kraftvoll. Zudem habe ich immer noch mit den Nachwirkungen meines kleinen Sonnenstichs zu kämpfen. Um 5:50 Uhr klingelt wieder der Wecker und ich fühle mich, als hätte ich keine Sekunde geschlafen. Mühsam schleppe ich mich zum Frühstück, bekomme jedoch keinen Bissen runter. Ich bin ernsthaft am überlegen, heute nicht zu starten, doch Max zwingt mich förmlich dazu. Also lade ich mein Rad auf den LKW und versuche den Tag Stage für Stage zu bewältigen. Der heutige Tage gilt als schwerster des Rennens: Fünf Stages, gepaart mit steilen Anstiegen und viel tragen. Wir werden eine Stunde ins Hinterland gefahren bevor der erste Hike-a-Bike auf uns wartet. So geht es zirka 250 hm bis zum Gipfel.
Bei der ersten Stage angekommen fühle ich mich nicht gerade top und meine Skills habe ich wohl im Zelt gelassen. Irgendwie schaffe ich es aber doch, die viertschnellste Zeit zu fahren. Bei Max läuft es weniger gut, nach einem kleinen Crash springt die Kette runter und er verliert eine halbe Minute. Der Anstieg zu Stage 2 ist nicht ganz so lang, der Trail hat es dafür aber umso mehr in sich. Er schlängelt sich am steilen Hang entlang und ist an manchen Stellen so schmal wie ein Waschlappen. Zudem stehen an der Hangseite große Steine heraus – ich warte jeden Moment darauf, mit meinem Pedal einzuhaken. Durch die exponierte Lage des Trails sind aber alle Sinne auf 110 % und ich komme gut durch die erste Sektion. Anschließend kommt ein längeres Pedalierstück bevor es wieder steil und steinig wird. In einer der Switchbacks rutscht mein Vorderrad weg und ich steche gerade den Hang hinunter, bevor ich kurzerhand abspringe. Das hat jedoch kaum Zeit gekostet und die fünftbeste Zeit ist mir sicher. Bei Max und Ludo läuft es auch wieder rund und sie fahren super Zeiten. Von Chris gar nicht zu sprechen – der Typ ist eine Maschine! Im Anschluss werden wir ein Stück die Straße hoch geshuttelt. Natürlich geht es dann tragender Weise noch weiter bis zum nächsten Gipfel.
Gleich zu Beginn der Stage wähle ich eine falsche Linie, kann mich aber noch gut retten. Kurze Zeit später wird es schnell und ich flitze mit gefühlten 100 km/h an fiesen Felsen vorbei. Der Untergrund ist durch den Regen extrem schmierig und lose Steine tun ihr übriges, um uns das Leben schwerzumachen. Die Stage gilt als extrem technisch, was mir kurze Zeit später auch klar wird. Ein kurzer Uphill über und zwischen Felsen – keine Chance! Ich muss absteigen und das Stück laufen. Kurz darauf wartet die nächste Überraschung: ösenartige Spitzkehren. Ich komme wieder zum Stillstand und muss mein Rad umsetzen. Es kommen noch weitere Überraschungen und ich verpasse so manche Kurve. Meine Energie schwindet so langsam und so reicht es gerade Mal zur 10. besten Zeit. Der anschließende Hike-a-Bike zum Mittagsessen ist obligatorisch. Hier muss ich mich entscheiden: Habe ich genug Energie für die nächsten 2 Stages? Oder gehe ich auf Nummer sicher und breche ab? Die Verbindungetappen zwischen den nächsten beiden Stages sind extrem lang und die Sonne hat ihren Höchststand erreicht.
Ich entschließe mich weiterzumachen. Die vierte Stage läuft weniger gut und ich spare meine letzten Kräfte. Das reicht gerademal für die 15. schnellste Zeit. Der Transfer zu Stage 5 kommt mir ewig vor. Es geht durch gefühlt 1000 Dörfer, gesäumt mit Kindern, die ein High-Five möchten. Die Begeisterung und Freude der Kids ist wirklich beeindruckend. Wir werden von Scharen von Kids zum letzten Anstieg begleitet. Sie wollen sich ein paar Rand dazu verdienen und unsere Bikes den Berg hochschieben. Nach anfänglichem Zögern willigen wir dann doch ein. Mir reicht der Anstieg auch ohne Rad und ich kann mit der unbändigen Kraft der Kids nicht mithalten. Oben angekommen lösen wir unsere Bikes mit 20 bis 50 Rand aus, was ca 1,5 – 3 € entspricht. Viel Geld für die Kinder und wir hoffen, dass sie das Geld nicht nur für Süßigkeiten ausgeben.
Nach über 1000 getragenen Höhenmetern gehe ich mittlerweile auf dem Zahnfleisch und versuche, mich für die letzte Stage zu motivieren. Der Anfang der Stage ist mega! Steile Spitzkehren, Herodirt und eine geile Trailführung machen unfassbar Spaß. Leider startet kurze Zeit später ein extrem langes Tretstück und ich schaffe es gerade so, meine Kurbeln in Bewegung zu halten. Meine Kräfte schwinden mehr und mehr und ich schleppe mich ins Ziel. Wieder nur die 15. beste Zeit – ich habe allerdings eine noch schlechtere Platzierung erwartet. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal so schlecht Rad gefahren bin. Der Weg zurück zur Lodge zieht sich noch einmal über 7 km, zudem zieht das nächste Gewitter auf. Ich mobilisiere meine letzten Reserven, um unsere Klamotten vor dem Regen zu retten. Im Camp angekommen bin ich fix und fertig und ziehe mir erstmal zwei Stücke Kuchen rein. Mein Magen rebelliert schon den ganzen Tag und ich habe kaum etwas gegessen. Kurze Zeit später wird mir heiß und kalt zugleich – der Sonnenstich meldet sich zurück. Den Rest des Abends verbringe ich im Zelt mit einem nassen Waschlappen auf der Stirn. An Essen ist nicht zu denken. Ich hoffe, ich erhole mich bis morgen und die Nacht wird nicht allzu turbulent. Wundersamer Weise liege ich immer noch auf Gesamtrang 6, das sollte mich für morgen motivieren.
Was sagt ihr zum Rennen – habt ihr schonmal einen Sonnenstich erlitten?
Fabian Scholz berichtet live für uns vom Kingdom Enduro, einem dreitägigen Etappenrennen in Lesotho. Die weiteren Berichte des Focus-Ingenieurs findet ihr hier:
- Fabian Scholz beim Kingdom Enduro: Rennvorbereitung – wie werde ich möglichst fit?
- Fabian Scholz beim Kingdom Enduro – Tag 1: Die Ankunft mitten im Nirgendwo
- Fabian Scholz beim Kingdom Enduro – Tag 2: Hagel, Hacken, Heiterkeit
- Fabian Scholz beim Kingdom Enduro – Tag 3: How slow can you go?
- Fabian Scholz beim Kingdom Enduro – Tag 4: Rien ne va plus – oder so ähnlich
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