Evil The Following MB im Test: Nachdem Evil 2015 das Following erstmalig vorgestellt hat, war der Trend zu sportlich-abfahrts-orientierten 29″-Bikes mit wenig Federweg bereits voll da und die Amerikaner konnten mit dem knallorangen Bike den Nagel auf den Kopf treffen. Nur knappe zwei Jahre später ist schon der Nachfolger erschienen, welcher mit inkrementellen Verbesserungen des Fahrwerks und der Geometrie aufwartet. MB steht für More Better’er – kann das Evil The Following MB halten, was es verspricht?
Steckbrief: Evil The Following MB
Einsatzbereich | Trail, Enduro |
---|---|
Federweg | 120-140 mm/120 mm |
Laufradgröße | 29ʺ |
Rahmenmaterial | Carbon |
Gewicht (o. Pedale) | 14,0 kg |
Rahmengrößen | S, M, L, XL |
Website | www.evil-bikes.com |
Während Evil das alte The Following als verspieltes Trail-Bike etablieren wollte, soll es dank 29″-Laufrädern und dem potenten Fahrwerk aber bereits in anderen Bike-Klassen gewildert haben. Durch den Einsatz von Federgabeln mit 120 bis 140 mm Federweg möchte Evil mit dem Following MB einen ähnlichen Bereich abdecken: Mit 120 mm-Gabel kann es als leichtes und spritziges Trail-Bike dienen. Stockt man hingegen auf eine 140 mm-Federgabel auf, steht dem leichten Enduro-Einsatz laut Hersteller nichts im Weg. Zusätzlich bekommt das Bike die Evil-typische Geometrieverstellung verpasst, welche die Vielseitigkeit weiter erhöhen soll. Erhältlich ist das Evil The Following MB in zwei Komplett-Varianten für 5.499 € oder 7.499 € und als Rahmenset für 2.999 €. Wir haben den knalligen Carbon-Boliden für unseren großen Rahmenmaterial-Showdown ordentlich über die Trails gejagt!
“The Following MB is the same same but different, metric, piggy-back shock capable, boost compatible, rock-crawling, berm destroying 29″ and 27.5+ wild child that makes slashing trails, riding jump line and crushing descents more better. Everybody’s favorite 120 mm of fun just got a little better’er. We picked up right where the original Following left off and decided to make the party between your legs a little longer and stiffer, but not slacker or lower.”
Geometrie
Ganze 20 mm ist das Evil The Following MB im Reach länger geworden – wer jetzt eine womöglich unfahrbar lange Geometrie vermutet, liegt jedoch falsch. In Zeiten, in denen Reach-Werte um die 500 mm immer häufiger werden, steht das Evil The Following MB mit 470 mm in der größten Rahmengröße XL fast schon verhalten da. Ebenso kurz fallen die Kettenstreben aus: 430 mm sollen Platz für 29″ oder 27,5+“-Laufräder bieten. Mithilfe eines Flip Chips an der Hinterbau-Schwinge lässt sich die Geometrie des Bikes verstellen – zusätzlich gibt es die Möglichkeit, über die Einbauhöhe der Federgabel Einfluss auf die Geometrie zu nehmen.
In der X-Low-Einstellung wird die Kettenstrebe zwei Millimeter länger und der Lenkwinkel um 0,6° flacher. Gleichzeitig fällt der effektive Sitzwinkel 0,4° flacher aus und das Tretlager sinkt um 8 mm. Wer anstatt der 130 mm-Gabel auf eine mit 120 mm Federweg wechselt, bekommt zwar 5 mm mehr Reach, bezahlt dafür aber mit 4 mm weniger Stack und einem 0,4° steileren Lenkwinkel – während diese kleinen Änderungen das Rad nicht zu einem komplett neuen Weggefährten machen, bieten sie doch noch ausreichend Potenzial, um das Evil The Following MB an die anzutreffenden Strecken zu optimieren.
Im Testfeld ist das Evil damit nicht nur am knappsten beim Federweg bemessen, auch die Geometrie ist die kompakteste. Durch das vergleichsweise hohe Sitzrohr sollte man als L-Fahrer mit Vorliebe für lange Rahmen definitiv prüfen, wie es um die Sattelstützen-Versenkbarkeit des Following steht, wenn man daran denkt auf die nächstgrößere Rahmengröße zu wechseln. Sonst könnte man mit einem nicht weit genug versenkbaren Sattel konfrontiert sein.
Größe | S | M | L | XL |
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Oberrohr | 582 mm | 605 mm | 622 mm | 641 mm |
Lenkwinkel Low / X-Low | 67.4° / 66.8° | 67.4° / 66.8° | 67.4° / 66.8° | 67.4° / 66.8° |
Steuerrohr | 90 mm | 110 mm | 110 mm | 120 mm |
Sitzwinkel Low / X-Low | 74.3° / 73.7° | 74.3° / 73.7° | 74.3° / 73.7° | 74.3° / 73.7° |
Sitzrohr | 381 mm | 432 mm | 470 mm | 508 mm |
Kettenstrebe Low / X-Low | 430 mm / 432 mm | 430 mm / 432 mm | 430 mm / 432 mm | 430 mm / 432 mm |
Tretlagerhöhe Low / X-Low | 338 mm / 330 mm | 338 mm / 330 mm | 338 mm / 330 mm | 338 mm / 330 mm |
Reach | 418 mm | 435 mm | 452 mm | 470 mm |
Stack | 590 mm | 608 mm | 608 mm | 617 mm |
Schritthöhe | 696 mm | 709 mm | 721 mm | 733 mm |
Radstand Low / X-Low | 1135 mm / 1136 mm | 1159 mm / 1160 mm | 1177 mm / 1178 mm | 1197 mm / 1198 mm |
Größe | S | M | L | XL |
---|---|---|---|---|
Oberrohr | 582 mm | 605 mm | 622 mm | 641 mm |
Lenkwinkel Low / X-Low | 67.8° / 67.2° | 67.8° / 67.2° | 67.8° / 67.2° | 67.8° / 67.2° |
Steuerrohr | 90 mm | 110 mm | 110 mm | 120 mm |
Sitzwinkel Low / X-Low | 74.8° / 74.2° | 74.8° / 74.2° | 74.8° / 74.2° | 74.8° / 74.2° |
Sitzrohr | 381 mm | 432 mm | 470 mm | 508 mm |
Kettenstrebe Low / X-Low | 430 mm / 432 mm | 430 mm / 432 mm | 430 mm / 432 mm | 430 mm / 432 mm |
Tretlagerhöhe Low / X-Low | 335 mm / 327 mm | 335 mm / 327 mm | 335 mm / 327 mm | 335 mm / 327 mm |
Reach | 423 mm | 440 mm | 457 mm | 475 mm |
Stack | 586 mm | 604 mm | 604 mm | 613 mm |
Schritthöhe | 692 mm | 705 mm | 717 mm | 729 mm |
Radstand Low / X-Low | 1131 mm / 1132 mm | 1155 mm / 1156mm | 1173 mm / 1174mm | 1193 mm / 1194mm |
Ausstattung
Wie bereits beim Wreckoning hält sich Evil bei der Ausstattung an SRAM/RockShox, RaceFace und e*thirteen. Neben zwei Komplettbikes ist zusätzlich ein Rahmenkit für 2.999 € verfügbar. Mit stolzen 5.499 € ist der Einstiegspreis für die Komplettbikes knackig – dafür bekommt man das gleiche Fahrwerk wie am Topmodell und eine der Rahmengröße angepasste Vario-Sattelstütze. Unser Testmodell weicht leicht von der Serienausstattung ab: Anstatt der in der Tabelle aufgeführten Reifen sind bei uns WTBs Vigilante in der FastRolling-Gummimischung und Tough-Karkasse aufgezogen.
Insgesamt wirken die Anbauteile stimmig. Dem Einsatzbereich angemessen finden sich 180 mm große Bremsscheiben an Front und Heck. Das Fahrwerk erlaubt neben der Anpassung des Luftdrucks vorne und hinten eine Plattform und eine extern verstellbare Lowspeed-Druckstufe. Wem das noch nicht genug ist, der kann via Volumenspacer-Tuning die Federkennlinien beeinflussen. Ab Werk sind in Gabel und Dämpfer je zwei Volumenspacer verbaut. In der Gabel lässt sich auf insgesamt 6 Tokens aufstocken, der kurze Dämpfer kann nur einen weiteren Spacer aufnehmen.
- Federgabel RockShox Pike RCT3 (130 mm)
- Dämpfer RockShox Super Deluxe Air (120 mm)
- Antrieb SRAM GX Eagle
- Bremsen SRAM Guide R
- Laufräder RaceFace Æffect R
- Reifen WTB Vigilante
- Cockpit RaceFace Chester (780 mm) / RaceFace Æffect (40 mm)
- Sattelstütze RockShox Reverb Stealth (170 mm)
Evil The Following MB | X01 Eagle | GX Eagle |
---|---|---|
Rahmenmaterial | Carbon | Carbon |
Federgabel | RockShox Pike RCT3 | RockShox Pike RCT3 |
Dämpfer | RockShox Super Deluxe RCT Debonair | RockShox Super Deluxe RCT Debonair |
Vorbau | RaceFace Turbine R 35 | Raceface Aeffect R 35 |
Lenker | RaceFace SIXC Carbon 35 | Raceface Chester 35 |
Griffe | Evil Lock-on | Evil Lock-on |
Bremsen | SRAM Guide RSC | SRAM Guide R |
Schaltung | SRAM X01 Eagle | SRAM GX Eagle |
Laufräder | e*thirteen TRS Race Carbon | RaceFace Aeffect R |
Reifen | e*thirteen TRSr, TRS+ | Maxxis Minion DHF, DHR2 EXO TR |
Sattelstütze | RockShox Reverb Stealth | RockShox Reverb Stealth |
Sattel | WTB Volt Comp | WTB Volt Pro |
Gewicht | N.A. kg | N.A. kg |
Preis | 7.499,99 € | 5.499,99 € |
Im Detail
Aus der Box kommt das Evil The Following MB größtenteils vormontiert und wir müssen nur noch Lenker und Laufräder montieren. Auffällig: Das Rahmenmaterial erlaubt eine sehr individuelle, kreative und auch technisch sinnvolle Optimierung der Rahmenformen. Während die Rohre größtenteils gerade verlaufen, sind sie im Querschnitt selten rund, sondern meist aufwendiger geformt. Im Vergleich zum recht aufgeräumt und fast schon filigran wirkenden vorderen Rahmendreieck fällt der Bereich ums Tretlager eher massiv aus. Hier spielen die große Eingelenk-Schwinge und der tief sitzende Dämpfer eine große Rolle. Positiver Nebeneffekt: Die Rahmenform lässt einen sehr tiefen und zentralen Schwerpunkt vermuten.
Insgesamt ist das Evil The Following MB schön verarbeitet und kommt mit einigen nützlichen und durchdachten Details ins Haus. An der Kettenstrebe sitzt beispielsweise ein Gummischutz, der auch zur Außenseite vor Abrieb durch Schuhe schützen sollte. Zusätzlich findet sich am Unterrohr ein Schlagschutz. Um das Setup im schwierig zugänglichen Bereich zu vereinfachen, sitzt an einem der Drehpunkte des Delta-Links ein Sag-Indikator.
Aufgrund der breit abgestützten Hinterbau-Schwinge kann am Evil weder eine obere ISCG Aufnahme, noch ein Umwerfer montiert werden – aus diesem Grund wurde die Kettenführung einfach in die Schwinge integriert. Dank Anpassungsmöglichkeit auf die Kettenblattgröße bleibt man trotzdem flexibel.
Durch die Verwendung des neuen Trunnion-Einbaustandards am Dämpfer konnte Evil im kompakten Hauptrahmen einen Dämpfer mit mehr Hub bei weniger Einbaulänge verwenden – und das trotz Piggyback. Diese Option ist im Vergleich zum Vorgänger ein Fortschritt und sollte die Suche nach einem passenden Dämpfer erleichtern. Dank tief liegender Anlenkung findet im Rahmen trotzdem eine große Wasserflasche Platz.
Trotz Carbon-Rahmen führt Evil nur die Sattelstützen-Leitung durchs Innere des Hauptrahmens. Bremsleitung und Schaltzug verlaufen dennoch sehr unauffällig an der Unterseite des Oberrohrs und über die Sitzdomverstrebung in Richtung Hinterbau-Dreick. Hier verschwindet der Schaltzug in den Hinterbau, während die Bremsleitung nach wie vor außen verlegt ist und damit einen leichten Zugang für Wartungsarbeiten oder den Austausch bietet.
Technische Daten
Alle technischen Daten, Details und Standards des Evil The Following MB findet ihr in der folgenden Tabelle zum Ausklappen:
Was? | Antwort | Details |
---|---|---|
Kinematik | Delta "Dave's Extra Legitimate Travel Apparatus" System | |
Verschiedene Lager-Größen | 2 | im Hinterbau |
Gesamtzahl Lager im Hinterbau | 10 | Anzahl |
Lagerbezeichungen | Enduro 11197-2RS MAX (19x11x7), 17289-2RS MAX (28x17x9) | Herstellerangabe |
Hinterbau Einbaumaß | 148 mm x 12 mm | Einbaubreite x Achsdurchmesser |
Maximale Reifenfreiheit Hinterbau | 29" x 2,4"; 27,5"+ x 2.8" | |
Dämpfermaß | 165 mm x 45 mm | Gesamtlänge x Hub |
Trunnion-Mount? | Ja | |
Dämpferhardware erstes Auge | Trunnion | Bolzendurchmesser x Einbaubreite |
Dämpferhardware zweites Auge | 8 mm x 20 mm | Bolzendurchmesser x Einbaubreite |
Freigabe für Stahlfederdämpfer | Ja | " Once someone makes a 165x45 coil" |
Freigabe für Luftdämpfer | Ja | |
Empfohlener Dämpfer-SAG | 30% – 13,5 mm | In % oder mm |
Steuerrohr-Durchmesser | ZS 44 mm, ZS 62 mm | oberer Durchmesser, unterer Durchmesser |
Maximale Gabelfreigabe | 140 mm / 541 mm | Federweg bzw. bis zu welcher Einbauhöhe |
Tretlager | BSA 73 mm | welcher Standard, Durchmesser, Breite |
Kettenführungsaufnahme | Integrierte Kettenführung, ISCG05 Mounts für Custom MRP und e*thirteen Bash Guards | |
Umwerferaufnahme | Nein | |
Schaltauge | Evil Hanger 23,99 € | Typ, Kosten in € |
Optimiert auf welches Kettenblatt | 30 – 36t | Zahnzahl |
Bremsaufnahme | 180 mm Direct Post Mount | welcher Standard |
Maximale Bremsscheibengröße | 180 mm | |
Sattelrohrdurchmesser | 30,9 mm | |
Sattelklemmendurchmesser | 34,9 mm | |
Maximale Stützen-Einstecktiefe | S: 200 mm, M-XL: 220 mm | |
Kompatibel mit Stealth-Variostützen? | Ja | |
Messung Sitzwinkel | Tretlager zu Oberkante Sitzrohr | S: 381 mm, M: 432 mm, L: 470 mm, XL: 508 mm |
Flaschenhalteraufnahme | Ja | Eine, Oberseite des Unterrohrs |
Andere Extras, Werkzeugfächer | SuperRadTurboBoosters as standard ;) | |
Gewicht Rahmen | 3,32 kg | Rahmengröße L, mit Achse, Dämpfer, Sattelklemme und Steuersatz |
Gesamtgewicht Bike | 13,02 kg | Rahmengröße S, X01-Ausstattung, ohne Pedale |
Garantie/Service | 3 Jahre auf Herstellungs-Defekte, Lebenslanges Crash Replacement von vorderem und hinterem Rahmendreieck | Für jeden Besitzer – "Because crahes happen." |
Trotz Carbon-Rahmen setzt man am Evil The Following MB auf ein geschraubtes BSA-Tretlager. Ansonsten werden eher moderne Standards verwendet – wie bereits angemerkt verwendet man im Hinterbau einen metrischen Dämpfer mit Trunnion-Mount. Im hinteren Rahmendreieck steckt ein Boost 148 mm-Laufrad, die Bremse wird via 180 mm Post Mount-Bremsaufnahme montiert. Oversized ist das Steuerrohr nicht nur optisch. Oben sitzt eine klassische ZS44-Steuersatzschale, unten eine fette ZS62-Schale mit einem großen Lager.
Auf dem Trail
Bevor wir richtig loslegen, werfen wir einen Blick in die Vergangenheit. Zu weit gehen wir nicht – der letztjährige Testeindruck zum großen Bruder des Following MB – Das Wreckoning:
“Nur weil man ein Bike den Berg hinauf treten kann, bedeutet das noch lange nicht, dass es immer eine Freude ist.” – Jens Staudt, Test zum Evil Wreckoning
Am Following MB ist das nicht so. Zwar ist der Hinterbau des Bikes nicht neutral. Das daraus resultierende Wippen stört aber nur bei hohen Trittfrequenzen so sehr, dass man zum Plattform-Hebel des Dämpfers greifen möchte. Der Grund dafür liegt im Anti-Squat des Bikes. Unter Kettenzug zieht sich der Hinterbau des Evil The Following MB auseinander. Hier kommt die Bewegung im Fahrwerk her: gibt man nicht konstant Druck auf die Pedale, kann der Hinterbau wieder zusammensacken. Je runder der Tritt, desto ruhiger der Hinterbau. Durch beschriebenes Auseinanderziehen wird der Reifen gegen den Boden gedrückt – somit ergibt sich eine verbesserte Traktion, die Kraft wird gut auf den Untergrund übertragen.
Geht es aus der Geraden in Richtung Gipfel, kann das Evil The Following MB voll überzeugen. Bei langsamerer Fahrt und runderem Tritt fällt die Bewegung im Hinterbau nicht weiter ins Gewicht, ganz im Gegenteil: nach den ersten Metern haben wir den Hebel am Dämpfer in die Mittelposition gebracht. In Rekordzeit sind wir einen der längeren Singletrail-Uphills in der Umgebung hochgeschossen – mit nicht enden wollender Traktion schiebt sich das Bike Meter um Meter den Hang hinauf. Der Hinterbau klebt förmlich am Boden und eine leise Stimme, die uns an der eigenen Zurechnungsfähigkeit zweifeln lässt, flüstert konstant ins Ohr: „Geht da noch was? Ich könnte ja noch schneller … “
Nachdem wir unseren Atem und unsere Fassung wieder haben, geht es weiter. Nach der beeindruckenden ersten Trail-Auffahrt können wir auch in den folgenden Anstiegen ausnahmslos alle persönlichen Bestzeiten unterbieten. Selbst der Evil-typische sehr flache effektive Sitzwinkel bremst uns in der Low-Einstellung nicht. Man sitzt der Hinterradachse nicht so nah wie auf dem Wreckoning. An diesem hatten wir mit viel Stützenauszug Probleme: Man saß zu weit hinter dem Tretlager und musste nach vorne treten. Das Evil The Following MB ähnelt seinem großen Bruder hier zwar auf dem Papier, am kurzhubigeren Bike fällt der flache Sitzwinkel aber nicht so stark ins Gewicht. Nach einiger Zeit wechseln wir in den X-Low-Modus, der Sitzwinkel wird noch ein Stück flacher – das Evil The Following MB büßt dadurch ein wenig an seinem treibenden Wahnsinn ein, ist jedoch immer noch pfeilschnell am Berg.
Geht es mit dem The Following bergab, bedarf es einer neuen Auslegung des Wortes bekloppt, denn im Kopf ertönt konstant eine Stimme die schreit: “Schnelleeeeeer!”
Geht es mit dem The Following bergab, bedarf es einer neuen Auslegung des Wortes bekloppt. Das Evil The Following MB ist nicht ganz bei Verstand und somit per Definition bekloppt – aber nicht auf eine negative Art und Weise, sondern eher in einem sehr amüsanten Sinne.
Nachdem die Stimme in unserem Kopf bereits im Uphill aufgetaucht ist, kommt sie in der Abfahrt zurück und ist jetzt weniger zurückhaltend. „Schnelleeeeeeer!“. Der unbändige Durst nach Geschwindigkeit ist zurück und verleitet dazu, den Finger von der Bremse zu nehmen. Ruft man sich die Eckdaten des Bikes in Erinnerung, während die Tränen der Ergriffenheit horizontal abfließen, stellt man schnell fest: Hat man seine vermeintliche Wohlfühl-Geschwindigkeit für ein Rad dieser Federwegs-Klasse verlassen, ist man in der Komfortzone des Evil The Following MB angekommen. Die Sicherheit kann allerdings trügerisch sein. In härterem Geläuf sollte man wissen, was man tut und welche Linien man das Rad herunterprügelt. Konzentration und vorausschauende Linienplanung vorausgesetzt, kann es sich aber auch hier von einer sehr guten Seite zeigen.
“Im Rallysport ist es wichtig dass das Auto ein gutes Handling hat. Man sollte also nen Mittelding zwischen Unter- und Übersteuern finden … mit der Tendenz zum Drift …” – Walter Röhrl
Ähnlich geht es uns im Fahrradsport – wir hören den Baum lieber, als dass wir ihn sehen. Und somit kommen wir zur Paradedisziplin des Evil The Following MB: Kurven. Hier kann das Rad seinen Spieltrieb und den Hang zum Wahnsinn voll ausleben. Die hohe Kunst des englischen Fahrradfahrens, wie sie in Filmen wie „A slice of British pie“ zur Perfektion gebracht wird, verbildlicht den bevorzugten Umgang mit dem Following MB eindrucksvoll. Am liebsten räubert dieses Rad durch schnelle Kurvenwechsel. Das Rad neigt zum Drift über das Heck, kann dabei aber bei richtiger Fahrweise eine schlafwandlerische Sicherheit beim Fahrer hervorrufen. Fährt man das Rad von hinten, verschiebt also den Schwerpunkt in Richtung Heck, kann man die Füße ruhig auf den Pedalen lassen und die gleichermaßen beängstigende wie auch befriedigende Sensation des Driftens auskosten.
Das Following liegt mit seiner Rahmensteifigkeit im Mittelfeld, mit Tendenz in Richtung des steiferes Ende des Spektrums.
Hat man dieses Prinzip erstmal begriffen und in seiner Fahrweise verinnerlicht, wird jede noch so schwierige Kurve zum Spielplatz. Egal ob offene Kurven oder Anlieger: wirft man sich ohne einen Funken Angst zu zeigen in eine Kurve, wird man um das vergnügte Lachen am Kurvenausgang fast nicht herumkommen. Hier lassen sich auch etwas Rückschlüsse zum verwendeten Rahmenmaterial ziehen: Carbon bietet, wie bereits im Einleitungsartikel beschrieben, die meisten Möglichkeiten zur Einflussnahme auf Rahmeneigenschaften wie Flex und Steifigkeit. Vom steifen Racer bis zum nachgiebigen Rahmen ist viel machbar. Das Following liegt hier im Mittelfeld, mit Tendenz in Richtung steiferes Ende des Spektrums.
Auch ansonsten kann das Following MB voll überzeugen. Die aktive Kurventechnik wird auch durch viel Pop im Fahrwerk begünstigt, der auf weniger verwinkelten Trails für viel Spaß sorgt. Natürliche Hindernisse und Kanten nutzt man gerne zum Absprung, den das Rad willig mitmacht und dann in der Luft das gewohnt gute Handling voll ausspielen kann.
Wer sich in die Geschwindigkeitsbereiche wagt, in denen das Evil gerne wildert und die damit verbundenen Sprungweiten und -höhen mitnimmt, hat am RockShox Super Deluxe-Dämpfer die Möglichkeit, durch Volumenspacer die Endprogression anzupassen. Im Laufe des Tests montierten wir einen zusätzlichen Spacer, zu den Zwei ab Werk verbauten. Damit bietet das Rad eine gute Endprogression und bietet dank des Plus an Reserven noch mehr Sicherheit.
Das ist uns aufgefallen
- Volumenspacer-Tuning Aktive Fahrer sollten die Progression im Fahrwerk mit Volumenspacern erhöhen.
- Geometrie-Tuning Sowohl Low, als auch X-Low funktionieren wunderbar – hier kann individuell nach persönlicher Vorliebe angepasst werden.
- Reifenfreiheit Das Bike bietet nicht besonders viel Reifenfreiheit bei Matschausfahrten.
- Schraubensicherung Am Hinterbau löst sich die untere Dämpferschraube gerne. Schraubensicherung hilft.
- Geräuschkulisse Das Evil The Following MB ist nicht das leiseste Rad.
- Reifen Die WTB Vigilante sind zwar schmaler als die aktuellen Trendreifen, aber dennoch sehr breit einsetzbar. Auf Matschfahren waren sie ein absoluter Traum.
- Unterhose Man sollte am Evil immer ein zweites Exemplar mitführen ;)
Fazit – Evil The Following MB
Mit dem orangen Kurvenräuber machen die Amerikaner eine Kampfansage an langweilige Fahrräder. Das Evil The Following MB verkörpert den Fortschritt. Weniger den technischen – eine moderate Geometrie trifft hier auf das bekannte DELTA-Hinterbausystem. Vielmehr lockt es seinen Piloten dazu, sich weiterzuentwickeln. Sein unbändiger Drang nach Geschwindigkeit und das unfassbar spaßige Fahrverhalten machen das Rad zu einem perfekten Begleiter für Fans von Charakter. Chapeau, Evil: mehr ist besser!
Pro / Contra
Pro
- Handling
- Charakter
- Hinterbau
- Sicherheitsempfinden
Contra
- Reifenfreiheit
- Schrauben lösen sich
Testablauf
Im Rahmen unseres Tests der drei Bikes, mit dem Hintergrund der Eigenschaften des Rahmenmaterials, waren wir über ein halbes Jahr mit unterschiedlichen Testern unterwegs. Sämtliche Abfahrten wurden aus eigener Muskelkraft erarbeitet. Neben individuellen Anpassungen wie Griffen und Pedalen, wurden auch Laufräder, Reifen und teilweise Dämpfer und Gabeln getauscht. Im Fahrwerk legten wir besonderen Wert auf die Abstimmung je nach Vorliebe des jeweiligen Testers. Dementsprechend wurden neben dem Standardprozedere der Sag-Anpassung auch Anpassungen an Dämpfung und Luftkammervolumen durchgeführt. Im jeweiligen Einzeltest sprechen wir Empfehlungen aus die sich an verschiedene Fahrertypen richten und helfen sollen ein eigenes, passendes Setup zu erarbeiten.
Hier haben wir das Evil The Following MB getestet
- Singletrails: Lose Böden, offene Kurven, steil, schnell, von staubtrocken bis schlammig
- Fahrstil
- Schnellste Linie, auch wenn es mal ruppig ist
- Ich fahre hauptsächlich
- Mountainbike von flowigen Singletrails über Jumptrails bis hin zum Felsenmeer. Mit Hardtails bis hin zum Downhiller.
- Vorlieben beim Fahrwerk
- Straff, gutes Feedback vom Untergrund, viel Druckstufe, moderat progressive Kennlinie
- Vorlieben bei der Geometrie
- Kettenstreben nicht zu kurz (ca. 435 mm oder gerne länger), Lenkwinkel tendenziell eher flacher
- Fahrstil
- flüssig
- Ich fahre hauptsächlich
- Downhill, Enduro
- Vorlieben beim Fahrwerk
- auf der straffen Seite, viel Druckstufe, Balance zwischen Front und Heck
- Vorlieben bei der Geometrie
- vorne lang, hinten mittellang, flacher Lenkwinkel
Hier findest du alle weiteren Artikel unseres Rahmenmaterial-Showdowns 2018:
- Banshee Prime, Evil The Following MB und Starling Murmur im Test: Der Rahmenmaterial-Showdown – unser Fazit
- Starling Murmur 29 im Test: Stahl für neuen Spaß am Fahren
- Evil The Following MB im Test: Darf’s ein bisschen mehr sein?
- Banshee Prime im Test: Aluminium für ein Halleluja
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