Weltcup Nummer zwei für Theresia! In ihrem Blog berichtet sie uns heute vom staubigen Spektakel in Nove Mesto und unfassbaren tschechischen Fans. Körperlich musste sie dabei an ihre Grenzen gehen und auch ihre Felge musste etwas leiden… Aber lest selbst!
Nach meiner erfolgreichen World Cup-Premiere in Albstadt reise ich hochmotiviert nach Nove Mesto. Doch was mir da während des XC-Rennens blüht, ist der absolute Wahnsinn – einfach unvorstellbar!
Kein Regen, kein Matsch. Dafür Sonnenschein, heiße Temperaturen und jede Menge Staub. Im Vergleich zu Albstadt können die Bedingungen beim World Cup in Nové Mesto nicht unterschiedlicher sein. „Vielleicht ist es gar nicht schlecht, dass die Strecke trocken bleibt“, denke ich, während ich im Training auf den ersten großen Rock Garden zurolle. Die Steinfelder sind im trockenen schon anspruchsvoll. Genau genommen so anspruchsvoll, dass es im Training zahlreiche Stürze gibt und man am Streckenrand eine Felge nach der anderen durchschlagen hört. Mir macht das Training auf der Stecke richtig viel Spaß. Es gibt einige technisch anspruchsvolle Passagen und auch bergauf geht es über Wurzeln und Steinfelder.
Theresia beim Weltcup in Nove Mesto von IBC_Redaktion – Mehr Mountainbike-Videos
Während den ersten Runden auf dem Kurs merke ich einen signifikanten Unterschied zum Vorjahr: In den technischen Passagen habe ich keine Bedenken oder Ängste mehr und kann von Anfang an alles sicher und flott abrollen. Das gibt mir sehr viel Sicherheit für das Rennen und ich kann beim Trackcheck mein Tempo-Limit herausfinden.
Mein Renntag startet komplett konträr zu Albstadt: Ich komme um 07:00 fast nicht aus dem Bett, weil ich noch so müde bin. Von Aufregung ist erst mal keine Spur. Ich bereite alle Sachen für das Rennen vor und merke dabei, dass ich deutlich ruhiger bin als in der Woche zuvor. Beim Eventgelände angekommen, kommt dann doch noch die Aufregung, es würde auch etwas schief laufen, wenn sie ausbleibt. Sie schießt dann aber so schnell und brutal durch meinen Körper, dass sie sich sogar in Form von Bauchkrämpfen bemerkbar macht. Das habe ich öfter vor Rennen, geht dann aber nach kurzer Zeit glücklicherweise wieder weg. Beim Warmup wird mir dann der Ernst der Lage so richtig bewusst. „Heeey Theresia, du fährst hier gleich deinen zweiten Elite World Cup!“, erinnere ich mich selbst. Dann geht es auch schon auf die Startgerade. Wieder komme ich in den Genuss der freien Platzwahl, die letzte Startreihe hat eben auch ihre Vorteile.
Pääng, der Startschuss lässt uns kurz zusammenzucken, dann wird direkt wieder losgesprintet was das Zeug hält. Der Startloop in Nove Mesto ist großzügiger als in Albstadt, sodass ich eigentlich direkt ein paar Plätze gut machen kann. In der ersten technischen Passage geht es dann aber richtig heiß her. Frauen wechseln von der A- auf die B-Linie und andersherum, weil diese parallel zueinander verlaufen. Nur am Rande erwähnt: solche Wechsel bringen keinen Vorteil, im Gegenteil, dadurch werden die Streckenabschnitte für andere Fahrerinnen nur gefährlicher. Es ist alles extrem hektisch und unruhig und zudem brutal staubig. In der BMX-Section kann ich fast nichts mehr sehen. Man könnte fast meinen, dass in jedem Augenblick eine Schlägerei ausbricht: Auch Frauen haben Ellbogen und können diese ganz schön weit in die Kontrahentinnen nebenan bohren. Nun ja, jeder will einfach möglichst weit nach vorne, dafür ist aber einfach nicht genügend Platz. Wo sich die Frauen in Albstadt im ersten Downhill selbst ausschalteten, haben sie es dieses Mal untereinander versucht. „Keeeeep cool, das bringt jetzt hier gar nichts einen Sturz zu verursachen“, rede ich mir ein.
Ich komme sturzfrei durch den Startloop, muss aber bei der ein oder anderen technischen Passage ungewollt vom Bike, weil einfach so viel Stau war. Im Mercedes-Benz-Rock’n’Roll ist bei mir deshalb zunächst leider kein richtiger Rock’n’Roll zu sehen.
Als ich auf die erste reguläre Runde starte und das Feld schon ordentlich auseinandergezogen ist, begreife ich erst was im Wald von Nove Mesto überhaupt gerade abgeht. Mir fehlen ehrlich gesagt auch heute noch die Worte dafür. Im Uphill stehen die Fans in drei Reihen am Streckenrand und feuern uns an was das Zeug hält. Es ist so laut, dass ich meinen Atem nicht mehr höre und so laut schnaufen kann wie ich will. Die Fans tragen uns Fahrerinnen regelrecht den Berg hinauf. Ich rolle das erste Mal auf Mitas Choice, das erste große Steinfeld, zu und sehe nur Menschenmassen auf der Tribüne. Schnell konzentriere ich mich wieder auf meine Linie durch das Steinfeld, wobei ich meine Newmen-Nabe überhaupt nicht mehr hören kann, weil die Fans schreien was das Zeug hält.
Yeees, den Einstieg habe ich super getroffen. Ouuuh shit, das war dann aber ein Durchschlag. Hören konnte ich den natürlich nicht, aber eindeutig spüren. „Bitte bitte bitte bitte keinen Platten“, flehe ich schon regelrecht meinen Hinterradreifen an. Wie gut, dass ich einen CushCore Durchschlagschutz fahre. Die Luft bleibt im Reifen, yippiii. In der ersten regulären Runde kann ich in den technischen Passagen ein paar Fahrerinnen überholen und finde meinen Rennrhythmus. Als ich nach der ersten Runde auf die Zielgerade zurolle, sehe ich kurz vor mir Sabine Spitz. Ehrlich gesagt, motiviert mich das ziemlich und ich gebe in der nächsten Runde richtig Gas um die Lücke zu schließen. Das, ihr wahrscheinlich gar nicht bekannte, Duell mit mir beendet sie von alleine in der Feed-/Tech-Zone, in der Sabine das Rennen frühzeitig beendet.
Yammiii, ist das euer ernst? Der Geruch von Bratwürsten zieht durch den Wald und trifft in der zweiten Runde so brutal meine Geruchsnerven, dass mir fast schlecht wird. „Weiter treten, einfach weiter treten“, pocht es mir durch den Kopf. Der steilste Anstieg des Rennens liegt direkt vor mir und weil das noch nicht genug ist, ist der Uphill ein einziges Wurzelfeld. Es kommt mir alles vor als wäre es in Zeitlupe, doch fahre ich wirklich so lahm? Ich glaube schon. Der Uphill wird in jeder Runde zur absoluten Qual. Mittlerweile habe ich so viel Staub im Mund und der Nase, dass ich immer schlechter Luft bekomme. In meiner letzten Runde habe ich das Gefühl keine Kraft mehr zu haben, ich fühle mich wirklich wie ausgeknockt und der ganze Staub macht es nicht besser. Ich kämpfe mich regelrecht Richtung Ziel und werde dann von der 80%-Regelung aus dem Rennen genommen, was eigentlich schade war, weil ich nicht überrundet wurde und gerne auf die letzte Runde gegangen wäre. Aber gut, so sind nun mal die Spielregeln. Da hilft es einfach nur schneller zu fahren, vor allem bergauf. :-)
Nove Mesto, das ist schon fast eine Liebeserklärung an dich. Deine Fans, die Stimmung an der Strecke und die einwandfreie Organisation sind wirklich einzigartig. Was sich neben der Rennstrecke abspielt, löst bei mir einen kleinen Kulturschock aus. Denn hier wird jeder angefeuert, als wäre er ein Star und nicht wie bei anderen Rennen nur die Top10. Ich konnte, obwohl ich wirklich sehr mit meinem Körper kämpfen musste, auch an diesem Wochenende jede Sekunde des Rennens genießen. Lieber XCO World Cup, so schnell wirst Du mich nicht los!
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