Markus Bauer wurde im Oktober 2017 Deutscher Meister im Marathon – und steht wenige Monate später ohne Profi-Team da. Statt Rennsport-Engagement setzen die Firmen auf die E-Bike-Entwicklung. Wir haben mit dem 28-jährigen Wahl-Freiburger über seine Zukunft und die Zukunft des professionellen MTB-Sports im Interview gesprochen.
MTB-News.de: Hallo Markus! Das Kreidler-Werksteam, für das du drei Jahre gestartet bist, hat sich aufgelöst. Was ist passiert?
Markus Bauer: Das, was anderen Teams auch schon widerfahren ist: Der Fokus von Kreidler bzw. der Cycle Union verschiebt sich und die Investitionen werden in das E-Bike-Segment verlegt. So wie es ähnlich auch bei Multivan Merida und Haibike passiert ist.
Ist das nicht ungemein frustrierend, dass dein Sport Opfer des E-Bike-Booms wird?
Auf der einen Seite natürlich, aber ich sehe das ganz pragmatisch: Das ist Wirtschaft. Ich bin keiner, der sich gegen das Neue versperrt und das E-Bike verteufelt. Überhaupt nicht. Es hat seine absolute Berechtigung. Ob dieser Hype und diese radikale Entwicklung, wie sie aktuell stattfindet, gut ist, das wage ich zu bezweifeln. Aber für die Cycle Union erschließt sich mir die Entscheidung absolut.
Inwiefern?
Na ja, ich als Unternehmensverantwortlicher hätte wohl genauso gehandelt. Auf dem Mountainbike-Markt gibt es im sportiven High-End-Bereich sechs, sieben Firmen, die sich den Kuchen teilen. Cycle Union ist ein mittelständisches Unternehmen, für das es ein extrem schweres Unterfangen ist, sich hier auch noch zu positionieren. Mit ihrem Sitz in Oldenburg sind sie generell eher in Richtung Trekking- und Tourenrad gepolt. So war der Schritt, das High-End-Segment aufzugeben und in eine zukunftsträchtige Entwicklung zu fördern, logisch. Ich habe es auch kommen sehen.
Du hast schon vor dem Gewinn des Deutschen Meistertitels gewusst, dass du Kreidler sein Werksteam nicht fortführen wird?
Ja, das wurde uns schon im Sommer mitgeteilt. Und vielleicht habe ich genau dem auch meinen Sieg zu verdanken.
Wie das?
Weil mir klar war, dass ich gewinnen muss, um überhaupt eine Chance auf ein neues Team zu haben. Der zweite Platz zählt nichts, das ist einfach so. Auf der Strecke war das mein einziger Gedanke: Sieg oder nix. Dann kam noch Glück dazu – und ich hatte den Titel. Ein absoluter Traum.
Und dann ging danach die Suche nach Sponsoren los?
Genau. Ich war eigentlich guter Dinge. Mein Portfolio ist ja keineswegs schlecht. Meine sportlichen Erfolge 2017, mein Produkt-Feedback, mein Engagement als Markenbotschafter, dann werde ich im März die Cape Epic fahren… Aber es waren sehr ernüchternde und frustrierende 12 Wochen, muss ich sagen. Nur Ceetec aus der Schweiz kamen nach dem Titelgewinn von sich aus auf mich zu, weil sie mich 2018 weiterhin sponsern möchten. Und meine beiden privaten Sponsoren, die Herud KG und die FSM AG hier in Freiburg unterstützen mich ebenfalls.
Wie kam deine Bewerbung bei anderen Marken an?
Ich habe bei vielen vorgesprochen und die Reaktion war entweder ein Kopfschütteln oder ein schwaches Vertrösten. Man braucht nun nicht der E-Bike-Entwicklung die Schuld geben. Die Marken schaffen es meiner Meinung nach nicht, Cross Country und Marathon als attraktive Sportarten zu vermarkten. Wir haben unsere Coolness verloren. Enduro ist lässig, wir sind die verbissenen Leistungsmaschinen. Das ist das Image. Wie kann es sein, dass 5.000 Leute bei meinem Heimrennen, dem Ultra Bike Marathon in Kirchzarten, an den Start gehen und 4.950 der Fahrer sich null dafür interessieren, wer gewonnen hat? Selbst die Leute, die den Sport selbst ausüben, können wir nicht für den Rennsport begeistern.
Woran liegt das?
Das sind natürlich mehrere Faktoren und ich habe sicher kein Patentrezept. Aber die Marken scheinen kein Interesse daran zu haben, das Image lässiger zu gestalten. Wenn wir professionelle Videos produzieren, dann auf eigene Kosten. Selbst Manu Fumic hat das so gemacht. Nur Nino Schurter wurde von Scott dabei richtig unterstützt – und das Ergebnis sieht man ja: die Videos sind unglaublich erfolgreich. Es ist so wichtig, dass unser Sport auch solche Gallionsfiguren hat und sie die richtige Plattform bekommen. Und man müsste den Wettkampf attraktiver gestalten und näher an die Menschen bringen.
Wie könnte das umgesetzt werden?
Die UCI hat den Sport in den letzten Jahren gleichgeschaltet. Die Rennen müssten aber dringend variantenreicher gestaltet werden, es müsste bis zum Schluss spannend bleiben. Wieso wurden die Weltcup-Innenstadtsprints von der UCI wieder abgeschafft? Wieso kein Weltcup-Rennen zum BIKE Festival in Riva, wo 20.000 begeisterte Biker vor Ort sind?
Glaubst du der MTB-Rennsport wird überleben?
Schwer zu sagen. Ich glaube nicht, dass es nochmal besser wird. Die Budgetkürzungen werden weitergehen. Die Industrie verlegt ihren Fokus und wir haben es nicht geschafft, den Sport für Firmen von außen interessant zu machen. Inzwischen gibt es Fahrer, die auch für 0 Euro starten, einfach weil sie keine Alternative sehen und den Sport nicht aufgeben wollen. Das ist eine Abwärtsspirale.
Wie sieht nun deine Zukunft aus?
So lange ich Deutscher Meister bin, will ich nicht einfach verschwinden. Ich habe zu lange für dieses Trikot gekämpft. Ich will weiter Profiradsportler sein, das ist in mir drin. Aber natürlich wird sich das ohne Team anders gestalten. Jetzt freue ich mich erst einmal sehr auf meine erste Cape Epic.
Du klingst nicht wirklich erschüttert?
Nein, das würde auch gar nichts bringen. Ich denke, das ist eine meiner Hauptstärken: meine absolut positive Grundeinstellung. Ich hatte 2013 meine Hand 17 Wochen in einem Gips, ich habe 2016 in Cairns meine Hüfte gebrochen – und ich habe immer nur nach vorne geschaut. Und vor allem hatte ich in der Zeit trotzdem ein schönes Leben, weil ich immer auf eine duale Karriere gesetzt habe. So habe ich mich eben auf mein Studium konzentriert und die Zeit mit meinen Freunden genossen. Aktuell ist es nicht anders. Ich arbeite neben meinem Master-Studium bei der FSM AG und kann hier auch meine Leidenschaft fürs Biken einbringen und in diesem Bereich Dinge voranbringen.
Wie das?
Ich sehe Technologien, die in manchen Industriezweigen bereits fix etabliert sind – und wo die Fahrradindustrie sich noch sehr verschlafen präsentiert. Eine Sache ist zum Beispiel das kontaktlose Laden, wie wir es von der neuen Smartphone-Generation kennen. Am Bike gibt es genug Teile, die eigentlich verschlossen gehören, abgeschirmt vom Schmutz und Dreck. Kontaktloses Laden würde hier so viel Sinn machen.
Tut mir leid, aber das geht auch schon wieder in Richtung E-Bike, oder?
Sicherlich auch. Es ist eine sehr spannende Sportart und reizt mich auch als Ingenieur. Und wie gesagt: Ich gebe dieser Entwicklung nicht die Schuld an unserem Team-Aus. Für mich geht es um die Faszination Radsport und ich hätte niemals das Gefühl, ich würde das Biken verraten oder meine Seele verkaufen. Aber jetzt freue ich mich auf meine Saison als Deutscher Meister und die Cape Epic.
Und wir, Markus, freuen uns drauf, dass du bei uns über Deine Vorbereitung und das Rennen in Südafrika bloggen wirst. Alles Gute für 2018 und Danke für deine Zeit!
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