Weil mir die Suchmaschine zur selben Frage den heute Mittag als erstes Ergebnis nahelegte, betrachte ich ihn als ausgebuddelt und füge die doch noch nicht genannte Lösung hinzu. Also diejenige, die einem bedürftigen Lager nochmal frischen Wind einhauchen kann.
Bei mir hat es deutlich geholfen, mit einer spitzen Kanüle hinter der Dichtung vorbei zu dringen und ordentlich Bike-Grease 2000 zu injizieren. Um genau zu sein wurde ein winterbelastetes Shimanolager von "nicht mehr gut" (womöglich durch wiederholtes Gefrieren und Antauen Wasser eingedrungen?) auf "in der Praxis subjektiv wieder weitgehend einwandfrei" gebracht. Die Tour danach hat richtig Spaß gemacht und wurde länger als gedacht.
Wie gut das wird und wie lange halten ist wohl vom Einzelfall abhängig. Dass die Dichtungen davon nicht besser werden ist auch klar aber wahrnehmbar hat es zumindest keinen Schaden angerichtet und das ganze Rad geht wieder deutlich besser: leichter, tighter und leiser. Und das, obwohl die Lager direkt nach der Fettpackung beim manuellen Test ohne Kette erstmal etwas lauter drehten und die Kurbel beim Anschubsen nur so anderthalb Umdrehungen machte. Fertig montiert war es aber ein klarer Gewinn. Sich dennoch schonmal um Ersatz zu kümmern ist ja möglich - wie lange dieser dann noch in der Schublade warten darf, wird sich zeigen.
Wer sehr geschickt ist und/oder nicht davor zurückschreckt, sein Lager eventuell sofort auch vollends zu zerstören, kann auch versuchen, die Dichtung mit einem skalpel-artigen
Werkzeug wiederverwendbar ab zu bekommen. Und das Lager trotz fehlender Vorsehung so komplett frei zu legen, um es vor dem neuen Fett nochmal richtig sauber zu bekommen. Wenn die Alternative ohnehin Austausch gegen neu lautet, kann man sein Glück wohl versuchen.
Hier nun aber, wie ich das Fett in das Shimanopressfit bekommen habe.
Aus der Apotheke eine kleine Spritze mit dünner, spitzer Kanüle besorgt (ca. 1€). Das Fett liess sich nicht ansaugen und musste von hinten in die Spitze gefüllt werden. Wenn soweit alles so gut wie möglich sauber - es soll ja kein Krümelchen Dreck dazu kommen - und demontiert ist und die Spritze vorbereitet:
Mit dem Daumen der freien Hand die innere Lagerschale so gut es geht zur anderen Seite ziehen, um der Kanüle das Eindringen möglichst zu erleichtern. Am besten gelang das mit der Kanüle eher tangential als senkrecht zum Lager. Dann mit etwas Geduld beständig drücken, bis das Fett neben der Kanüle gerade heraus quillen möchte. Besonders leicht geht es nicht durch die Nadel (das kann man vorher mal frei üben).
Habe es auf jeder Seite an jeweils drei bis vier Punkten in das Lager injiziert, danach auch außen und an der Achse überall wo sich Wasser und Dreck ihren Weg bahnen könnten nochmal Ringe aus Fett appliziert, die hoffentlich als zusätzliche Dichtungen fungieren sollen. Die Achse hat auch einen dünnen Fettfilm als Korrosionsschutz bekommen.
Beim Probedrehen nach der Remonatge hat man gemerkt, dass ein neues Lager wohl noch besser laufen würde und den Kugelraum richtig sauber zu bekommen natürlich auch kein Fehler wäre. Deshalb werde ich vor dem endgültigen Tausch die Gelegenheit nutzen, die Erfahrung zu sammeln, das Lager ganz aufzumachen. Davon wurde dieses mal abgesehen da das Risiko besteht, dabei Schaden anzurichten, der die Standzeit nicht mehr sonderlich erhöht. Wer aber bereits Ersatz zur Hand hat und das alte sonst ohnehin entsorgen würde, hat beim Versuch nicht viel zu verlieren.
Für mich kann ich nach der dreistündigen Ausfahrt (Badish Moonrise + Canadian für die Freiburger) nur sagen, dass sich der Versuch definitiv gelohnt hat. Obwohl die Kurbel zuerst nicht "supersmooth" sondern etwas zäh gedreht hat, wollte das Genius danach spürbar besser voran und bergauf und war bei der Abfahrt insgesamt leiser.
Viel Erfolg!
