good posting!
Etwas differenzierter:
Tatsächlich sind die Aussagen des Arztes nicht völlig falsch, aber zumindest unzureichend bis blauäugig. Klar, je mehr sich eine Sportart auf die drei konditionellen Bausteine (Kraft, Ausdauer, Schnelligkeit) reduzieren lässt, desto "lohnender" ist auf den ersten Blick Doping. Nicht umsonst spricht man von "klassischen Dopingsportarten": Gewichtheben, quasi alle Bereiche der Leichtathletik, Schwimmen, Rudern, Radsport (speziell Bahn, Straße), Ski nordisch. Nicht ganz zufällig sind viele olympische Kernsportarten darunter: "höher, schneller, weiter" - altes Motto ... Und wenig zufällig auch, dass in diesen Sportarten das Doping begann, teils schon in der Antike, und dass es dort seine jeweiligen Höhepunkte (etwa Anabolika im Schwimmen in den 80er) erreichte.
Die Sportarten, die eher auf Koordination ("Technik") und Taktik beruhen, sind auf den ersten Blick sicherlich weniger anfällig. [Wobei gerade im Schießsport und im Schachsport(!) schon immer stark gedopet wurde. Stichworte Betablocker, Alkohol.] Daraus abzuleiten, dass dort Doping nicht effektiv ist, oder gar nicht praktiziert wird, ist Bullshit.
Beispiele: Den 40-Meter-Traumpass-in-die-Tiefe kann der Fußballer nicht "medikamentös lernen", das ist Talent. Den Tennisball millimetergenau perfekt zu platzieren - das ist Talent oder zumindest jahrelanges Technik-Pauken. Aber dies auch nach 90 Minuten intensivster Fußball-Schlacht oder nach epischen 4-Stunden-Match noch zu können, ist dann eben "mehr" als nur Talent. Warum dass gerade spanische Talente gerade alles auch dann noch so gut können, wenn der vielleicht nicht minder talentierte Gegner bereits halb ohnmächtig ist, sei mal dahin gestellt ... Ironie dieser Geschichte: Auf den Punkt gebracht (was natürlich in einer technisch-taktischen Sportart nicht planbar ist), ist Doping hier sogar ausschlaggebender als in anderen Sportarten.
So ist es auch beim Cross-Country. Ein perfekter Abfahrer spart bergab Körner, holt sogar ein paar Sekunden raus - gewonnen wird das Rennen aber woanders, eben in besagter Schlussrunde am Anstieg. Und natürlich bringt da, wie ja schon erklärt, die erhöhte Sauerstoffzufuhr durch EPO "was". Keine 10 Minuten wie bei einer TdF-Etappe, aber ein paar Sekunden - genug, um ein CC-Rennen zu gewinnen, oder?
Unbestritten, beim Cross-Country sind Technik, Taktik, die mentale Stärke ungemein wichtig, gar siegbringend - aber ohne perfekte Physis ist das nur Beiwerk. Zumal auch erst dann der Kopf wirklich mitspielt, wenn sich der Sportler stark fühlt, wenn er stark "ist".
Von dem allem noch ab: Doping als Wettkampf-Doping ist inzwischen eh quasi unwichtig. Nur Idioten lassen sich beim Wettkampf-Doping erwischen (Contador). Der entscheidende Vorteil von EPO&Co. ist das Doping während der Trainigsphase, also da wo der eigentliche Grundstein für den sportlichen Erfolg gelegt wird. Und das gilt für quasi jede Sportart. Leistungsgesteuertes Training setzt vor allem den perfekt getimten Wechsel von Be- zu Entlastung voraus. Ohne den keine Superkompensation, ohne diese keine Leistungssteigerung. Der gedopte "Sportler" erhöht gar nicht primär seine Leistung, er verkürzt vor allem seine Regenerationsphase (deswegen sind ja auch Anabolika, Clenbuterol - hach, Contador, schon wieder - auch bei Ausdauersportlern immer noch so beliebt: sie dienen der Muskel-Wiederherstellung, speziell nach Übertraining). Platt gesagt: Er kann mehr und intensiver trainieren.
Ob das alles zu einer Generalverurtelung des CC-Sports reicht? Ich denke (und hoffe vor allem) nicht. Der Grund ist dafür weniger das Geschwafel vom technischen Aspekt der Sportart als viel mehr, dass die Doping-Mentalität der Straßensportler noch nicht erreicht scheint. Womit neben den Sportlern vor allem Betreuer, Trainer und Funktionäre gemeint sind.