Kann es sein, dass das Sattelrohr Übermaß hat?
Ich finde das eine sehr gute Frage, weil es den Weg in die Richtung weist, die bisher vom Fragesteller quasi als nebensächlich angesehen wurde. Ohne, dass die charakteristischen Maße (Durchmesser von Sitzrohr plus Toleranz, Durchmesser Sattelstützrohr plus Toleranz, daraus berechnet das Verschiebungsspiel der Klemmung) angegeben werden, kann keine begründete Aussage zur Lösung des Problems gemacht werden. Die Bauart der Klemmung (geschlitztes Sitzrohr mit angeschweißten Spannflanschen und Spannbolzen , geschlitztes Sitzrohr mit externer Schnellspanner-Klemme u.a.) spielt auch eine Rolle. Eine Übersicht dessen, was bei einer Klemmung vorgeht, gibt es in :
https://www.schweizer-fn.de/maschinenelemente/klemmverbindung/klemmverbindung.php
Ich empfehle besonders die angeführten Pressungs-Verteilungen (Linienhaft, Cosinus-förmig, Gleichmäßig) zu
studieren. Falls eine Pressung unter den gegebenen Randbedingungen die Fließgrenze des schwächeren Materials erreicht, nutzt eine weitere Steigerung der Klemmkraft im Gewinde-Bolzen (auch entsprechend eine "schärfere" Einstellung des Schnellspanners) gar nichts, da das Material wegfließt.
Die beste Effizienz hat die gleichmäßige Pressungs-Verteilung. Bei normaler Konstruktion wird diese nicht erreicht, da z B. ein geschlitzter Rohrabschnitt im ungespannten Zustand und ohne Spiel eine Abweichung der neutralen Faser u = u(Phi) von der Kreisform (Radius R) nach etwa folgender Gleichung haben wird ("Kolbenringproblem") (b = Breite des "Spannrings", E = Elastizitätsmodul, I = Flächenträgheitsmoment des Querschnitts bzgl. der Biegeachse) :
u(Phi) = p * (R^4*b)/(E*I)*[(1 + Phi/2 *sin (Phi) - cos(Phi)]
Das Spiel kann durch ein für den Umfang konstantes Moment eliminiert werden (Stichwort Konstantes Moment = Konstante Biegung). Durch "richtige" Wahl der Spannbolzen-Wirkungslinie (Abstand Wirkunglinie zur neutralen Faser der Kreisrings => Versetzungs-Moment !) kann das erreicht werden. In der Konstruktions-Praxis bemüht man sich um einfache Lösungen. Das Kreis-förmige Sitzrohr wird im Allgemeinen geschlitzt und der Nachteil in der Pressungs-Verteilung wird in Kauf genommen. Ein gleichmäßige Pressung scheidet daher aus.
Wenn es durch die Klemmung Probleme (Dynamische Belastung > Haftreibungskraft !) gibt, sollte man als Erstes untersuchen, ob nicht zu viel Spiel vorhanden ist. Mehr als ein Ringspalt von 0,1 [mm] ist nicht nötig.
Bei vorhandenem zu großen Spiel kann der Einsatz von einer Doppel-Klemmung die Lösung sein. Die Idee dahinter ist, das Spiel an zwei Stellen "weg" zu klemmen. Das kann funktionieren, muß aber nicht ! Denn auch für eine aus zwei Klemmungen bestehende Doppel-Klemmung gilt die Forderung nach Passgenauigkeit. Die Eliminierung des Spiels hat dabei Priorität. Einen Vorteil hat die Doppelklemme schon: Zwischen den Klemmen (Die obere für das Sattelstützrohr, die untere für das Sitzrohr) gibt es einen Bund. Dieser Bund verhindert das Rutschen der Klemme gegenüber dem Sitzrohr (Stichwort Form-Schlüssigkeit !). Es kann dann nur das Sattelstützrohr gegenüber der Klemme (oberer Teil) rutschen. Hier muß die Passgenauigkeit dann sehr gut sein. Doppelklemmen gibt es aber nur für bestimmte Maße. Ich hatte z b B. der Reparatur des Sitzrohrbruchs an meinen Falter vergeblich nach einer Doppelklemme 34,9/27,2 [mm] gesucht und mußte dann eine 34,9/30,9 [mm] plus Adapterhülse 30,9/27,2 [mm] nehmen (Die Doppelklemme war deshalb angebracht, da die Schlitzung des Sitzrohrs (Ursache für den Bruch !) beseitigt werden sollte !)
Nach der ersten Probefahrt wurde die Klemmung noch um 90 [Grd] gedreht. Bis jetzt hält es bei mir ca. 1400 [km].
Für das konkrete Problem des TE könnte ich mir vorstellen, daß er nur die vorhandene Ausgangs-Situation benutzt und das Rutschen einfach durch einen zusätzlichen Klemmring um das Sattelstützrohr (Festmontiert mit einem Schraubbolzen ?) erweitert. Eine Doppelklemme quasi in zwei Teilen.
Nach meiner Einschätzung ist die Passgenauigkeit sowohl bei dem Sattelstützrohr als auch bei einem Klemmring größer als bei einem Sitzrohr des Rahmenbaus.
Wegen der Festigkeit einer Doppel-Klemme bzgl. der Biegemomente braucht er sich dann keine Sorgen zu machen. Dies ist z B. bei meiner Reparatur noch eine offene Frage, bei der ich einen Schiffbruch wegen der Dauerfestigkeit noch für möglich halte.
Viel Erfolg !
MfG EmilEmil