Nightride zum Brocken
Die Idee schwirrte schon länger in unseren Köpfen herum. Zum Sonnenaufgang auf den Brocken.
Als Randharzer und Mountainbike Fetischisten blieb uns nur noch auf die richtigen Wetterverhältnisse zu warten. Am Samstag traffen Olli und ich uns bei einer Laufveranstaltung und beschlossen die sommerlichen Temperaturen auszunutzen und heute Nacht den Brocken Nightride anzugehen.
Zu hause angekommen wurden gleich alle notwendigen Utensilien, Wechselklamotten, Ersatzbatterien und Verpflegung zusammengestellt und verpackt. Das Rad Nachtfit gemacht. Lampen montiert und die Stirnlampe verrutschsicher am Helm befestigt. Noch zwei Stunden auf's Ohr hauen und dann geht es auch schon los.
Es ist kurz nach Mitternacht als ich in Eisdorf aufbreche um mich zu unserem Treffpunkt am Südbahnhof nach Osterode zu begeben. Ich starte extra etwas früher brauche ich doch dann nicht so hetzten und kann langsam einrollen. Noch ist es recht mild. Ich fahre über beleuchtete Radwege zum Start.
01:00 Uhr: Wie verabredet trifft auch Olli, noch etwas schlaftrunken, ein. Wir erklären uns erstmal gegenseitig für total bekloppt und freuen uns gleichzeitig auf die neue Erfahrung. Nightride.
Wir fahren erstmal durch beleuchtetet Straßen und dann schon recht bald ,in richtung Sösetalsperre, auf Forstwegen. Die Nacht ist Sternenklar. Die Luft fantastisch frisch. So frisch das ich mir bald noch eine Jacke überwerfe. Wir erreichen die Vorsperre. Über den Damm geht es weiter in richtung Riefensbeek. Logisch fahren wir weitestgehend im Wald. So auch jetzt wo wir die Vorsperre über den Verlobungsweg umfahren. Hier im dichteren Wald wird es schon kniffliger nur mit den Fahrradlampen ausgeleuchtete Wege oder Pfade zu befahren. Ein stück weit fahren wir durch Riefensbeek um dann bergwärts Dammhaus zu erklimmen. Es wird warm. Uns wird warm! Stetig geht es jetzt bergauf. Nur die kleinen Gänge werden beansprucht. Tiefschwarze Nacht. Und himmlische Ruhe. Plötzlich ein Fuchs kreutzt unseren Weg. Im Lichtstrahl ist er nur kurz zu erkennen. Alleine möchte ich jetzt nicht hier unterwegs sein. Wir halten mal kurz um den Sternenhimmel zu bewundern. Bis zur Milchstraße reicht die Sicht. Traumhaft. Es ist Totenstill.
Wir erreichen Dammhaus und fahren ein Stück Bundesstraße richtung Altenau um dann auf den Dammgraben zu wechseln. Das biken wird jetzt zu einem Video- oder PC-Game. Dadurch das die Pfade nur zehn oder vielleicht 15m weit ausgestrahlt werden bleiben uns nur kurze Reaktionszeiten. Richtig spannend so zu fahren. Erfordert aber auch erhöhte konzentration. Macht Laune. So bekloppt sind wir doch garnicht.
Westlich umfahren wir Torfhaus. Wir haben zwar fast die Höhe erreicht aber der Parkplatz ist heute nicht unser Ziel die Bavaria Alm schon (oder noch) zu. Also weiter. Die Rot erleuchteten Sendemasten helfen uns bei der Orientierung. Unser Weg führt uns weiter zur Ecktalsperre. Kurz vor der Staumauer füllen wir unsere Geränkegflaschen an der Quelle mit frischem Eckerwasser auf. Und das schmeckt! Über die Staumauer geht es auf einen Wurzelpfad endlang der Eckertalsperre. Bei Tageslicht problemlos zu fahren ist diese passage bei Nacht mit unseren Funzeln nicht ganz ohne. Ein Stück weit schieben wir die Bikes Sicherheit geht vor.
Als wir wieder breite Forstwege bzw. Betonplatten erreichen, erlischt meine Lampe ganz. Die Warnleuchte hatte es bereits angedeutet jetzt sind die Akkus leer. Einen zweiten Satz habe ich dabei. Den werde ich nicht mehr aufbrauchen. Knapp vier Stunden haben die fünf Batterien gehalten. Was für ein Verschleiß aber die Lichtausbeute war mehr als ausreichend.
Wir erreichen den Scharfenstein. Vor der Baude wird noch einmal der Kallorienverlust ausgegelichen. Denn auf uns wartet das Herzstück unser Nachtfahrt. Der Kolonenweg!
Es geht hinauf zum Brocken. Zum x-ten Mal den Kolonenweg hinauf. Mittlerweile haben wir dieses Teilstück lieben und hassen gelernt. Bei der Auffahrt überwiegt bei mir heute Nacht eher das Hassgefühl. Aber die zunehemende (auch bei Nacht!) Fernsicht endschädigt für die Strapatzen. Weit reicht der Blick über das Harzvorland. Städte und Dörfer sind an der Lichtmenge, die sie ausstrahlen zu unterscheiden und teilweise zu erkennen.
Schnaufent passieren wir die 1000 m Höhenangabe. Gott sei Dank hat jemand die Höhenangabe auf die Betonplatten gepinselt.
05:00 Uhr: Der Bahnübergang der Harzer Schmalspurbahn ist erreicht. Eigentlich könnten wir das letzte Stück gleich hinter uns bringen, aber wir möchten das Farbenspiel und die Aussicht noch etwas genießen. Die Nacht weicht dem Tag. Und das das Farbenspiel ist einmalig. Von Mitternachtsblau über dunkel Lila, dann Lila, dunkel Blau hält der Tag einzug. Ich versuche das Farbenspiel mit der Kamera festzuhalten. Es gelingt mir nur bedingt. Soche Farben musst du draußen, musst du in der Natur live erleben.
Nach dem Fotostop erklimmen wir die letzten Höhenmeter und kommen am Brocken auf 1142üNN an. Geschafft! Noch dampfend von der Auffahrt wechseln wir umgehend unsere Klamotten. Bloß nicht zu sehr auskühlen. Jetzt vermisse ich den Fließpulli, den ich gestern Abend noch in den Rucksack schmeißen wollte, den dann aber aus Gewichtgründen (ich Idiot!) daheim gelassen habe.
Neben uns sind nur noch ein paar Wanderer heute Morgen hier oben. Eine kleine Wandergruppe aus Thale hat hier sogar übernachtet. Einer der Burschen direkt neben dem Brocken. Leute gibts?!
Um kurz nach sechs beginnt das Naturschauspiel: Sonnenaufgang! Immer wieder Faszienierent.
Heute meint es auch die Sicht gut mit uns. Stetig steigt der rote Ball am Horizont empor. Als wolle es uns für die Strapatzen entschädigen verfärbt sich das Morgenrot in allen erdenklich Rottönen. Great!
Es ist etwa 06:30 als wir, leicht schlotternd, die Abfahrt angehen. So durchgefroren kein Vergnügen. Hatte ich schon meinen Fließpulli erwähnt? Kurz vor Torfhaus biegen wir zum Kaiserweg ab. Jetzt müssen wie auch mal wieder aus dem Sattel. Langsam wird uns wieder etwas wärmer. Über Hedwigs Blick fahren wir neben der Wolfswarte zum Dammgraben hinab. Singletrail Fun pur!
Schon befinden wir uns wieder auf dem Harzer Hexen Stieg. Wir fahren den Dammgraben entlang bis Clausthal Zellerfeld dann nach Buntenbock. Die Harzteiche scheinen noch zu schlummern. Ruhig, ohne Wellen bieten sie heute Morgen ein wunderschönes Spiegelbild.
Man was haben wir für ein Wetterglück. Die Sonne wärmt jetzt schon ein wenig. Das fahren macht schon längst wieder richtig Laune.
Am Heiligenstock trennen Olli und ich uns. Nach fast 100 km fährt er über Lerbach nach Osterode hinab. Mir bleibt noch die Abbfahrt über die Kaisereiche nach Badenhausen. Daheim in Eisdorf angekommen genieße ich nach der heißen Dusche ein Frühstück, wie es nach so einem Ritt nicht besser sein kann.
Fazit: Unbedingt wiederholunswürdig! NightRide zum Brocken welch ein Genuß!!
Impressionen findest Du hier: http://picasaweb.google.com/Harzberti/BrockenNightride#