Hallo Forum!
Heute habe ich eine neue Zange bekommen und ein paar alte festgerostete Sechskantschrauben gelöst. Weil das so gut funktioniert hat wollte ich euch meine Ratschläge nicht vorenthalten. Aber erstmal allgemeines zum Lösen von geschraubten Stahl/Stahl Verbindungen:
Generelles:
Geduld! Es geht darum viel Drehmoment zu übertragen, da ist der richtige Sitz des Werkzeugs sehr wichtig. Also nur ordentliches Material verwenden! Passt alles kann auch mal mit Verlängerung oder leichten Hammerschlägen gearbeitet werden. Dreht sich eine Schraube erst mal dann sollte mit Öl nicht gespart werden, das minimiert die Reibung. Manchmal dauert es auch lange da eine Schraube nur Schrittweise durch rein- und rausdrehen gelöst werden kann.
Vorbereitung:
Schraube von allen Seiten mit Rostlöser einsprühen, viele nehmen
WD40 *, ich habe sehr gute Erfahrungen mit SnakePiss gemacht. Das Zeug ist leider sehr teuer aber ich bereue keinen cent. Prozedur mehrmals über 1-2 Tage wiederholen, es braucht etwas Zeit bis der Rostlöser ein das Gewinde eindringt. Auch sollte das evtl. überstehende Gewinde mit Stahlwolle oder ähnlichen etwas abgeschmirgelt werden damit der ganze Rost nicht beim herausdrehen das gute Gewinde aufreibt. Überstehende Gewinde auch auf Beschädigungen überprüfen!
Sechskantschrauben lösen:
Hier empfehle ich entweder eine 6-Kant Nuss oder einen solchen Zangenschlüssel:
Die Zangen haben den Vorteil das sie die Schraube auch klemmen und so kann die Schraube nicht rundgenudelt werden. Die größere ist gar nicht so teuer und man kann ganz einfach lösen und ähnlich wie mit einer Ratsche arbeiten.
Inbusschraube lösen:
Ganz wichtig ist es den Dreck der in der Schraube sitzt vorher zu entfernen, nur so kann der Inbusschlüssel ganz rein und viel Drehmoment übertragen werden. Es schadet auch nicht den Inbus mit dem Hammer mit ein- zwei Schlägen in die Schraube zu klopfen. Ist der Innensechskant erst mal rund hilft nur noch Torx weiter. Man nimmt einen Torx Bit oder eine Torx-Nuss mit etwas Übergröße und schlägt diese in die runde Inbusschraube. vorher Stelle am Torx merken oder markieren damit man sieht wie tief man den Torx eingeschlagen hat. In der Regel ist der Torx dann so fest das man die Schraube mit entsprechenden
Werkzeug * aufdrehen kann. Sollte auch der Torx durchdrehen hilf nur noch das Schweißgerät.
Kreuzschlitz und andere Schrauben:
Stichwort Schlagausdreher. Der hilft vor allem bei Kreuzschlitzschrauben da diese wenig Drehmoment vertragen. Durch den Schlag auf den Ausdreher wird die Schraube ganz leicht gedreht und dann sollte man mit normalem
Werkzeug * weiterarbeiten.
Wärme/Kälte:
Bei stark festgerosteten Teilen hilft oft auch Wärme UND Kälte. Also die ganze Stelle mit dem Heißluftföhn erwärmen und anschließend mit mit Kältespray nur die Schraube abkühlen. Das sprengt die rostige Stelle auf. Hier sollte dann aber m.M.n. trotzdem zusätzlich ein Öl oder Rostlöser verwendet werden damit die Reibung beim herausdrehen minimiert wird. Angst um die Teile habe ich bei Stahl nicht, das hält Wärme- Kälteunterschiede sehr gut aus. Bei Alu sollte man mit dem Erwärmen vorsichtiger sein da Alu durch Hitze weich werden kann und das Bauteil nachher nicht mehr seine ursprüngliche Stabilität besitzt.
Linksausdreher:
Mag ich eigentlich gar nicht. Bohrt man durch den Kopf einer Schraube mag es noch gehen aber spätestens wenn nur noch eine glatt abgebrochene Schraube im Gewinde steckt wird durch den Konus des Linksausdrehers die Schraube aufgeweitet und hängt so noch fester im Gewinde. Sitzt die Schraube nicht zu fest ist das aber durchaus eine Möglichkeit.
Wenn gar nicht mehr hilft - Ausbohren:
Das A und O ist gerade bohren um so wenig wie möglich vom Gewinde zu zerstören. Mittig ankörnen und stufenweise immer weiter aufbohren bis die Schraube weg ist. Einmal konnte ich so das verbliebene Gewinde einer Schraube wie eine eingedrehte Schnur aus dem Gewinde herausziehen. Anschließend das Gewinde nachschneiden versteht sich von selbst. Was ich leider noch nicht probieren konnte sind Linksbohrer (da ich keine besitze). Durch das langsame bohren linksherum soll eine Drehmoment übertragen werden und so gelingt es in einigen Fällen das sich die Schraube beim Bohren selbst herausdreht.
Sonstiges (nicht alles selber ausprobiert):
Hab mal gehört das man Stehbolzen sehr gut mit einem WIG-Schweißgerät erhitzen kann. Dabei so wenig Strom einstellen das der Stehbolzen nicht wegschmilzt und ein paar Sekunden draufhalten. So wird in erster Linie nur der Stehbolzen erwärmt was "Bewegung" in das Gewinde bringt.
Abgebrochene Schraubenköpfe kann man mit einem Schweißgerät "nachschweißen". Wenn die Schraube ebenerdig im Gewinde abgebrochen ist kann man eine Mutter darüber legen und innen ausschweissen. So hat man einen neuen Sechskant und kann die Schraube rausdrehen.
Dann gibt es noch Mutternsprenger, spezielle Hartmetallausdreher, Dremel zum Muttern aufschlitzen und vieles mehr.
Ist das Gewinde im Werkstück/Rad/oder was auch immer durch das ausbohren zerstört sollte man sich über Helicoil Gewindeeinsätze informieren. Es gibt sicher auch noch andere Hersteller aber Helicoil ist wohl am gängigsten.
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Das sind meine Erfahrungen aus der Praxis, weitere Ratschläge aus dem Schrauberalltag sind gerne willkommen!
Grüße
Stefan