Laufrad zentrieren / Reihenfolge

Meistens sind die Seitenschläge größer als die Höhenschläge, so daß man sowieso erstmal seitlich etwas zentrieren muss um die Höhenschläge überhaupt ermitteln zu können. Dabei nach Möglichkeit zu stark gespannte Speichen entspannen und zu schwach gespannte Speichen spannen. Und zusätzlich die Mittigkeit im Auge behalten.
Das Abdrücken kommt erst ganz zum Schluß. Dabei werden verdrehte Speichen "entzwirbelt", was sonst in den ersten gefahrenen Kurven passieren würde. Bei günstigem Material ist Abdrücken nicht unbedingt nötig.
 
Checkliste (frei übersetzt) nach Roger Musson Wheelpro
  • Speichen auf Grundspannung bringen
  • Ausrichten der Speichen
  • Lockere Speichen nachspannen
  • Seitenschlag beseitigen
  • Höhenschlag beseitigen
  • Speichenspannung angleichen
  • Mittigkeit prüfen
  • Feinzentrierung und Optimierung der Speichenspannung
    - Laufrad »stressen«

Das Buch ist wirklich lohnend. :daumen:
Buy one …
 
Wenn Du gute Felgen hast, kannst Du auch anders vorgehen:
Flechten (klar) und alle Nippel erstmal auf einen vergleichbaren Stand bringen (ich setz i.d.R. den Daumennagel in den letzten Gewindegang der Speiche, und schraub den Nippel dran.)
Dann umlaufend die Spannung aufbauen, nicht mehr als 3 Nippeldrehungen auf einmal, lieber mehrere Umläufe.
Sobald die Speichen ca. bis gut halbe Sollspannung haben, haben sie auch einen hörbaren Ton.
Abdrücken.
Danach die Spannungen ausgleichen.
Jetzt sollte das Rad schon mal Pi mal Daumen rundlaufen
Einmal die Zentrierlehre dran, ob das Rad grob mittig ist (bei symmetrischen Rädern kann man auch da über die Spannung ziemlich ins schwarze treffen, leider sind die bei MTBs selten). Sonst Mittigkeit zumindest grob herstellen.
Wenn keine barbarischen Schläge drin sind, weiter auf ca. 75-80% Sollspannung, hier besser schon eher zwei mal rum und nur 2 oder 1 Nippeldrehung.
Wie oben, Abdrücken, Spannung angleichen, grob schauen, obs rund ist.
Jetzt kannst Du nach Höhenschlägen schauen. Da Du noch nicht bei 100% bist, kannst Du im Zweifel Beulen (Höhenschlag nach aussen) einfach reinziehen. Mit Glück und gutem Material sind die aber minimal, dann noch mal nach der Mittigkeit schauen, auch hier kannst Du dann "nach oben" arbeiten.
Ein zwei letzte Umläufe auf 100% der Sollspannung, nochmal Abdrücken, nochmal die Spannungen angleichen, ein Rad aus guten Komponenten läuft jetzt schon so rund, wie ein "fertiges" aus der Fabrik.
Danach dann nur noch Feinzentrieren, letztmalig abdrücken. Falls nötig das ganze zweimal.
Ob Abdrücken nötig ist, oder nicht, hängt einfach davon ab, ob man Lust hat, den ganzen Sch.... nach ein paar Wochen wieder auf den Bock zu spannen. Egal wie teuer das Material war.
Ein gut abgedrücktes Rad braucht eigentlich nicht nachzentriert zu werden.
 
Was haben nur immer alle mit dem Abdrücken? Wenn ich die Speichen auf Spannung bringe, kleb ich jeweils ein Stückchen Klebeband an die Speiche und merke mir, wie weit sich die Speiche in sich verdreht (und somit auch das Klebeband in der Drehung mitnimmt) bevor sich der Nippel weiterschraubt und drehe dann diesen Betrag wieder zurück. Das Rad kann ich dann abdrücken wie ich will, das machte keine Geräusche und es muß sich auch nichts entlassten, weil keine Speiche in sich verdreht ist.
So hab ich es mit dem Buch von Roger Musson gelernt. Kann es wirklich sehr empfehlen.
Da ich aber im Laufradbau noch wenig Erfahrung selber gesammelt habe, kann es durchaus sein, dass ich bestimmte Aspekte des Abdrückens nicht kenne. Vielleicht hat jemand ein paar erhellende Worte?
 
ich nehm immer messerspeichen, da seh ich es ohne klebeband ;-)
abdrücken is nicht nur zum "ausdrehen" von tordierten speichen. da gehts (ich denke sogar primär) um das setzen der speichen. also im flanschloch und im nippelloch.
 
das abrücken hat mehrere gründe

Einmal natürlich dass die speichen sich zurückdrehen
dann dass sich die Ösen in der Felge setzen können, bei einer neuen felge, dann dass sich die nippel in der öse gut eindrücken.
und natürlich dass die speiche sich in der nabe setzt.

sind alles teils kleine effekte, aber in summe doch wieder wichtig
 
Das Setzen der Speichen gelingt mir besser durch kräftiges Zusammendrücken der parallelen Speichen. Besonders bei stabilen Felgen tut sich beim normalen Abdücken nichts mehr. Mache es aber trotzdem. :-)
Das Verdrehen kriegt man recht gut in den Griff, wenn man die Gewinde ölt und bisschen drauf achtet. Bei neuen Laufrädern nehm ich Leinöl und bei alten vergammelten ein billiges Kriechöl.

Was sagt denn der Roger Musson zum Stressen/Dehnen/Belasten/Setzen der Speichen?
Irgendwas wird er doch auch empfehlen? Sonst gibts ja keinen Vorteil zum maschinellen Laufradbau.
 
@whitewater: besten Dank für den Tip mit dem Clip. :daumen:
"Jetzt bin ich am Grübeln, warum mir das nicht eingefallen ist."

@Wurzelpedaleur: Musson empfielt das kräftige Zusammendrücken der parallelen Speichen. :D (Was man ja auch als Abdrücken bezeichnen könnte!?)

Beim Abdrücken geht es, denke ich, nicht so sehr oder nicht nur darum, das System zu belasten, um die genennten Efekte des sich Setzens zu erziehlen, sondern auch um die Entlastung der Speichen der gegenüberliegenden Seite. Diese haben somit die Möglichkeit, ihre innere Verdrehung wieder loszuwerden. Sozusagen zwei Dinge auf einmal.
Musson teilt diese Schritte auf, wenn ich das richtig verstanden habe.
1) manuelles Zurückdrehen der verdrehten Speichen
2) Belastung der Speichen für das Setzen der Komponenten

Nach meinem Verständnis liegt der Vorteil hierin, das das Rad rund bleibt. Es heißt, dass durch das Abdrücken und somit durch unkontrollierte Bewegungen zwischen Speiche und Nippel kleine Abweichungen in der Speichenspannung und im Rundlauf entstehen können. Ebenso soll die Mittigkeit beeinflusst werden. Wie gesagt, diese Efekte sollen nicht durch die ÜBERlastung entstehen, sondern vielmehr durch die ENTlastung.

Weitere Gründe, warum mir das Abdrücken beim letzen Mal wenig sinnvoll erschien. (Weil sich dabei nichts tat am Rad. Es blieb einfach stumm.):
a) fette Felge, EX729
b) viele Speichen, 36 Stk.
c) Leinöl zwei Wochen vor dem eigentlichen Aufbau aufgetragen, war also schon verharzt und klebrig
(unabsichtlich :rolleyes:)
d) vor dem Abdrücken manuelles Zurückdrehen der Speichen mit dem Speichenschlüssel
e) Setzen der Komponenten bereits durch mehrmaliges "Stressen" der Speichen nach Musson-Art

Bitte seht mir an dieser Stelle nach, dass ich so auf dem Buch von Mr. Musson rumreite, aber es ist die einzige Quelle die ich bisher habe. Und, zugegeben, eine die mich wirklich überzeugt. Einfach und logisch, was der schreibt.
Unter anderem schreibt er auch: "Sie können zahlreiche andere Texte über den Bau von Rädern lesen und anderen bei ihren Diskussionen zuhören, immer aber hinterfragen Sie, was sie lesen und hören. Nehmen Sie nichts wörtlich und bilden Sie sich Ihre eigene Meinung."
Dabei nehme ich ihn aber sehr wohl wörtlich. Natürlich auch bezogen auf das, was ER so schreibt. :D
 
Aha, danke. Hatte schon vor, mir das Buch mal zu kaufen. Aber jetzt weiß ich ja Bescheid und kann es mir sparen. :-) Die neuen und geheimen Supertricks waren es aber nicht gerade. :-)
Ich krieg ziemlich gute Laufräder hin, würde nur gern ein bisschen schneller werden. Da wird's aber keinen Trick geben.

Was du zum Entlasten schreibst will mir nicht wirklich einleuchten: "unkontrollierte Bewegung, Mittigkeit..."
Eine kurze Überlastung ist sicher nützlich, dass sich Speichen setzen und anpassen. Dem Materialgefüge soll es ja auch gut tun. Was soll Entlasten dann noch bringen? Ich dreh Speichen immer von Hand zurück. Verwende überwiegend auch so steife Felgen, dass ich da eh nichts zum Klimpern bringen würde. Ich seh aber auch keinen Sinn darin mit übermäßiger Gewalt axial auf die Lager zu drücken. In die Speichen greifen, bis die Finger schmerzen halte ich für wichtiger.
Da muss auch kein Hokus Pokus gemacht werden. Einfach so lange die Speichen bearbeiten und wieder zentrieren, bis sich danach die Spannung und der Rundlauf nicht mehr ändern. Dann hat sich alles gesetzt und bleibt für immer und ewig so. :-)
 
Bitte seht mir an dieser Stelle nach, dass ich so auf dem Buch von Mr. Musson rumreite, aber es ist die einzige Quelle die ich bisher habe. Und, zugegeben, eine die mich wirklich überzeugt. Einfach und logisch, was der schreibt.

Ist auch AFAIK die einzige Literatur über Laufradbau, die immer noch aktualisiert wird (obwohl es da ja sooo viel zu aktualisieren nicht gibt, wahrscheinlich auch ein Grund, warum sich die Veröffentlichung der 6. Edition ein bischen hinzieht). Ich hab es auch, ist ein tolles "Buch", sehr praxisorientiert gehalten.
 
An welcher Stelle setzen denn die Profis ein Tensiometer ein?
Meinst du an welcher Stelle an der Speiche? Oder an welcher Stelle im Prozess?

Von den Profis weiss ich es nicht, ich mache es so:

Einigermassen mittig an der Speiche.
Nachdem die erste Grundspannung aufgebaut ist, um zu sehen, wieviel noch fehlt. Und am Schluß, wenn es darum geht die endgültige Spannung zu überprüfen.
 
Gar nicht. Ich bin aber auch kein Profi. Dafür hab ich gewaschene Ohren ;)
Und die kommen immer da zum Einsatz, wo ich oben schrieb: "Spannung ausgleichen"
 
Ich messe sehr oft beim Zentriervorgang. Ab 80-90% der angestrebten Spannung ermittle ich mit dem Tensio eigentlich immer die Speichen, die angezogen werden müssen um die Felge in eine Richtung zu bringen. Dadurch erhöhe ich die letzten 20% sehr gleichmäßig während ich den Rundlauf optimiere. Dazu drücke ich dabei mehrmals ab, messe die Mittigkeit (kann mein Zentrierständer nicht) und belaste die Speichen mehrmals von Hand. Durch das Messen, habe ich im Blick, an welchen Stellen die Felge rumzickt und kann darauf reagieren.
Ich höre auf, wenn die Zielspannung erreicht ist, der Rundlauf zufriedenstellend und sich auch nach Abdrücken und Belasten der Speichen daran nichts mehr ändert.
Ich bilde mir ein, dass das schonender ist, als erst mal guten Rundlauf herzustellen und dabei nicht auf die Spannung zu achten. Wenn man zum Schluss erst misst und die Spannungsunterschiede ausgleicht, kann man ganz schöne Ausreißer einbauen.
Bisschen länger dauert es aber.
 
:D Ja, ich meinte, an welcher Stelle im Prozess - nicht wo an der Speiche!

Ich mach das ziemlich spät, das Laufrad ist quasi schon "fast fertig". Mittigkeit, Seiten- und Höhenschläge stimmen bis auf ein paar Zehntel (< 0,5 mm). Mit der Zeit bekommt man ein Fingergefühl, wann man sich dem Bereich nähert, wo es sinnvoll ist, die Spannungen mal zu messen. Bei < 500 N da anfangen, wild rumzumessen, ist ja auch nicht zielführend.

Manchmal verschätze ich mich auch und ich muß noch 300 N draufgeben. Aber das ist nicht so tragisch, weil sich am Rundlauf nicht mehr viel ändert, höchstens die Mittigkeit flutscht noch ein bischen raus.

Jeder hat da bestimmt ne etwas andere Taktik. Ich mach das so, weil ich jahrelang ohne Tensio Laufräder aufgebaut hab und ich benutze jetzt das Tensio auch nur, um stichprobenartig, mal hier, mal da, die absoluten Vorspannungen zu messen, die Gleichmäßigkeit mach ich schon immer mit dem Ohr. Es gibt ja hier unsere Laufradprofis, die setzen teilweise das Tensio ca. Drölfzillionen mal an, bis sie fertig sind, das mach ich nicht.
 
Wie ist denn hier die Lehrmeinung zur Position der (Antriebs)Zugspeichen bei Disk-HR-Laufrädern?

Symmetrisch innen?
Symmetrisch außen?
Asymmetrisch R außen - L innen?
Asymmetrisch R innen - L außen?
 
Bei Laufrädern von mehreren Profis habe ich symetrisch, Kopf innen, also Speiche außen gesehen. Vorderrad andersrum, weil dort nur gebremst wird.
Ich tu's auch so, wenn dir das hilft. :-D
 
Wie ist denn hier die Lehrmeinung zur Position der (Antriebs)Zugspeichen bei Disk-HR-Laufrädern?

Symmetrisch innen?
Symmetrisch außen?
Asymmetrisch R außen - L innen?
Asymmetrisch R innen - L außen?

Man kann für jede der 4 Varianten die tollsten Theorien aufstellen, in der Praxis ist es so ziemlich egal.
 
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