jockel
Cpt.Ahab
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Ich hatte mal wieder Außendienst. Hart an die Grenze Sachsen-Anhalts sollte es gehen, nach dem Rechten sehen und, wenn möglich, Versäumnisse aufdecken. Das mache ich eigentlich nicht so gerne, aber wenn es sein muss... Immerhin haben derlei Dienstgänge den Vorteil, dass einem die Wahl des Verkehrsmittels weitestgehend frei gestellt ist. Und was liegt da näher, als das Gute mit dem Nützlichen zu verbinden und die individuelle Anreise per unmotorisiertem, nicht schienengebundenen, einspurigen Fahrzeug, kurz Rad genannt zu absolvieren. Der Zielort lag aber auch in einer anderen Hinsicht günstig:
Vor einiger Zeit, wurden dem Zentralkomitee des ESK (diesem Hort der Aufklärung) Unterlagen zugespielt, welche an Brisanz kaum zu überbieten sind. Hauptsächlicher Inhalt dieser bisher geheim gehaltenen Akten außer einiger antiquarischer Ausgaben des Playboys sind Berichte über geheime Forschungen am Stöllner Gollenberg, im auslaufenden 19. Jahrhundert.
Wo liegt Stölln? oder Häh? Gollenberg? höre ich die uninformierte Masse gelangweilt fragen. Nun gut, helfen wir den Blinden, damit sie sehend werden. Eventuell hilft ihnen ja der Name Otto Lilienthal weiter? Otto Lilienthal, war das nicht dieser Freak, welcher vermittels selbstgebastelter Flügel einige bemitleidenswerte Hüpfer vollführte? Genau, zumindest wird solches bis heute behauptet. Aber der Reihe nach:
Heute morgen, der Tag graute (und graute und graute und graute den ganzen Tag) bestieg ich den Zug, welcher mich eine gute Stunde später am Bahnhof Rathenow entließ. Rathenow ist die Stadt, welche vermittels ihrer einst prächtigen Ziegeleien aus Berlin das machte, was es zum Teil heute noch ist, später dann in Sachen Optik einen leidlichen Bekanntheitsgrad erlangte und in welcher sich heute, knapp 15 Jahre nach der Wende, Arbeitslose bereits 20 Minuten vor Ladenöffnung um die Wagen bei Aldi kloppen (Die, welche nicht direkt arbeitlos sind, murksen als ABM-Schlampen, rund 5 km weiter nordöstlich einen überflüssigen Golfplatz zu Tode.)
Kurz entschlossen, verließ ich die Stadt, um wenig später über den oben angesprochenen Golfplatz in Richtung Ferchesar zu rollen. An dieser Stelle bitte ich nicht zu lachen, denn was soll man von einer Gegend halten, in welcher die Orte so lautmalerische Namen wie Friesack, Witzke, Wassersuppe oder gar Kotzen haben? Weiter ging es in Richtung Norden, um bereits nach ca. 25 Kilometern, auf welchen der Begriff Rollwiderstand, aufgrund der unirdischen Konsistenz des Wasser-Sand Gemisches, neu definiert werden muss, den Ort zu erreichen, welcher ein dunkles Geheimnis birgt. Der Gollenberg. Unscheinbar liegt er da. Die umgebenden Landschaft nennt sich Ländchen Rhinow und das nicht etwa dem Rhinozeros zu Ehre, sondern nach dem in der Nähe befindlichen Ackerbürgerstädtchen Rhinow. Man stelle sich den Gollenberg als einen spärlich mit Heidekraut und anderem sukulentenartigen Gestrüpp bestandenen Haufen Sand vor, welcher die ihn umgebende Landschaft um ca. 30-40m überragt. Auf dieser Ansammlung Sediment, soll ein gewisser Otto Lilienthal 1896 sein frühes Ende gefunden haben, indem er mit einem Flugapparat, welcher den Zusatz -apparat augenscheinlich ganz zu Unrecht trug, vom Berg fiel. Aber ist das die Wahrheit? Wir, das ESK, glauben da eher den uns vorliegenden Unterlagen, welche weiter oben bereits kurz angesprochen worden sind. Aus diesen geht klar hervor, dass es sich bei der Erfindung des Herrn Lilienthal mitnichten um ein Fluggerät handelte. Vielmehr handelte es sich um ein der Leser mag es bereits erahnen einspuriges, nichtmotorisiertes, breitreifiges, grobstolliges Mobil, von seinem Erfinder und hier nun kann wohl mit Fug und Recht der Name Lilienthal in einem Atemzug genannt werden auf den griffigen Namen Veloziped zum durch den Wald fahren getauft. Wie kam es nun zu dem Irrtum, bei Lilienthal könne es sich um einen Flugzeugkonstrukteur handeln? Und war es überhaupt ein Irrtum?
Die letzte Frage kann ganz klar mit Nein beantwortet werden. Zur Klärung der ersten Frage muss etwas weiter ausgeholt werden:
Die Wahrheit über Otto Lilienthal oder Wer ist Lian Li?:
Wir schreiben das Jahr 2006. Überall auf der Welt fahren lauter nette Leute Geländerad. Die Erfindung wird einem leicht meschuggen Deutschen, namens Lilienthal zugeschrieben, welcher seinerzeit das Rad quasi neu erfand und somit breiten Schichten der Weltbevölkerung auf die zwei Räder half, welche inzwischen aus dem Verkehrsalltag nicht mehr wegzudenken sind. Oder wie könnte Negerhäuptling Makkebe Tzaussiokkiu aus Tansania sonst seine Geliebte im benachbarten Kral besuchen, wenn nicht auf dem praktischen Geländerad?
Der größte Hersteller dieser Art Räder, welche vollkommen wartungsfrei, jahrzehntelang gleichbleibend gute Fahreigenschaften bieten, sind die Deutsche-Werke-Lilienthal welche allein an ihrem Hauptstandort in Brandenburg an der Havel 12.500 Mitarbeiter beschäftigen. Auch in anderen Teilen der zivilisierten Welt wird versucht, ähnliche Räder zusammenzufrickeln. Doch zum Leidwesen dieser, zugegebenermaßen engagierten, Buden, gelingt es diesen nicht, sich in die Erfolgsspur einzufädeln.
Da passiert etwas unerhörtes. Einem gewissen M. Sinyard, Inhaber eines stets verlustbehafteten Kleinstunternehmens namens Spezialized, gelingt es aus Versehen, obwohl an einem revolutionären Hinterbausystem arbeitend, eine Zeitmaschine zu bauen. Als Hinterbau für Fahrräder denkbar ungeeignet, versetzt ein erster Versuch, diesen in ein Rad einzubauen, M. Sinyard und seinen treuen Angestellten Jack in die Zeit des wilden Westens. Unglücklicherweise gerät Jack schon wenige Augenblicke nach seiner Materialisierung in die Schusslinie eines der dort zahlreichen Desperados, doch Sinyard gelingt es, zurück in seine Zeit zu gelangen. Dort angekommen, beginnt ein Plan Gestalt anzunehmen. Was wäre, wenn Lilienthal, statt das durch ihn erfundene Geländerad zur Marktreife zu entwickeln, eines frühen Todes teilhaftig geworden wäre? Da müsste doch was gehen, dachte sich Sinyard...
Bereits wenige Wochen später hatte er die Funktionsweise seiner Hinterbaukinematik soweit begriffen, dass er mit ziemlicher Sicherheit sagen konnte, welche Druckverhältnisse in Zug- und Druckstufe herrschen müssen, um ihn ins Jahr 1896 zu versetzen. Die Gelegenheit war günstig, bei Ebay wurde noch schnell ein antiquarisches, seinerzeit ungenutztes Ticket für eine Überfahrt mit dem Dampfer Deutschland von New York nach Bremerhaven ersteigert und schon konnte es losgehen. Allerdings war Sinyard das Risiko doch zu groß, selbst in der Zeit zurück zu reisen. Er fand einen willigen Erfüllungsgehilfen in Lian Li, einem arbeitslosen Festlandchinesen, welcher seine Zeit mit Gelegenheitsjobs im Dienste der Triaden totschlug.
Die Zeitmaschine wurde eingestellt, und schwuppdiwupp, befand sich Lian Li im Jahre 1896. Nach der Überfahrt nach Bremerhaven, wurde die verbleibende Landstrecke mit der Bahn zurückgelegt und schon stand Li am Fuße des Berges, auf welchen Lilienthal in aller Abgeschiedenheit die Fähigkeit seiner Erfindung testete, steile, fies versandete Anstiege spielend zu erklimmen. Die Entwicklung war bereits weit fortgeschritten, in wenigen Tagen sollte eine erste kleine Serie die Berliner Werksatt verlassen. Die Bevölkerung Stöllns, das ist das Örtchen am Fuße des Gollenberges, bemerkte indes nicht, was den Fremden herführte. Damals wie heute, gänzlich uninteressiert am Geschehen außerhalb ihrer engen Dorfgrenzen, wussten diese auch nichts von der bahnbrechenden Tätigkeit eines gewissen O. Lilienthal am benachbarten Gollenberg. Nur so ist es zu erklären, warum man später die Geschichte glaubte, Lilienthal habe etwas mit albernem Rumgehüpfe mit Flügeln aus Pappmache am Hut gehabt. Als Li das realisierte, stand der Erfüllung seines teuflischen Auftrages nichts mehr im Wege. Eben schnell wurden aus, in der Gegen reichlich vorhandenen, Weidenruten und einigen Quadratmetern Sackleinen ein paar stattliche Flügel fabriziert und schon ging es in Richtung Berg. Hinter einem Gebüsch nur mangelhaft getarnt, wurde dem nichtsahnenden Lilienthal seine Menschenliebe zum Verhängnis. Eben rollte er noch freundlich grüßend an seinem Todesengel im Gestrüpp vorbei, als sich dieser jählings auf ihn stürzte und bereits wenige Sekunden später triumphierend den Tatort unter Zurücklassung der Flügel verließ. Die Flügel, an und für sich nur als höhnische Allegorie auf das engelsgleiche Wesen Lilienthals gedacht, wurden von den, den Sterbenden auffindenden Dorfbewohnern falsch interpretiert und als Beweis für die scheinbare Pioniertätigkeit Lilienthals in Sachen Flugwesen gewertet.
Soweit die Geschichte, belegt durch die oben genannten Unterlagen.
Welche Verwerfungen dieses scheinbar nebensächliche Ereignis auf den weiteren Verlauf der Fahrradgeschichte hatte und hat, kann jeder erkennen, der Publikationen wie Bike History oder ähnlichen Unfug gelesen hat. Sinyard profitierte wohl am meisten. Immer darauf bedacht, nicht die Gallionsfigur der Bewegung zu werden, welche er nach einer kleinen Zeitreise in die 70er des 2. Jahrhunderts anstieß, hat es sein Unternehmen doch ziemlich weit gebracht. Während wir heute durch die Wälder donnern, gedenken wir Leuten wie Sinyard, nichtahnend was wir hätten, wenn es Otto Lilienthal vergönnt gewesen wäre, seinen Weg zu gehen...
Solchen und ähnlichen Gedanken hing ich nach, als ich die restlichen Kilometer in Richtung Glöwen dahinrollte. Ach ja, was wurde eigentlich aus Lian Li? Nach seiner Rückkehr, besorgte er sich einen japanischen Pass, ging nach Japan ins Jahr 1946 und gründete eine Firma namens Shimano. Noch heute telefonieren er und Sinyard und ergötzen sich an ihrem, für sie so formidablen Coop, welchen sie seinerzeit durchzogen. Die Zeitmaschine wurde übrigens aus Angst vor Nachahmern zerstört. Konstruktionszeichnungen gibt es keine, dass war noch nie amerikanischer Stil.
So und nun schlaft schön und träumt was schönes...
Vor einiger Zeit, wurden dem Zentralkomitee des ESK (diesem Hort der Aufklärung) Unterlagen zugespielt, welche an Brisanz kaum zu überbieten sind. Hauptsächlicher Inhalt dieser bisher geheim gehaltenen Akten außer einiger antiquarischer Ausgaben des Playboys sind Berichte über geheime Forschungen am Stöllner Gollenberg, im auslaufenden 19. Jahrhundert.
Wo liegt Stölln? oder Häh? Gollenberg? höre ich die uninformierte Masse gelangweilt fragen. Nun gut, helfen wir den Blinden, damit sie sehend werden. Eventuell hilft ihnen ja der Name Otto Lilienthal weiter? Otto Lilienthal, war das nicht dieser Freak, welcher vermittels selbstgebastelter Flügel einige bemitleidenswerte Hüpfer vollführte? Genau, zumindest wird solches bis heute behauptet. Aber der Reihe nach:
Heute morgen, der Tag graute (und graute und graute und graute den ganzen Tag) bestieg ich den Zug, welcher mich eine gute Stunde später am Bahnhof Rathenow entließ. Rathenow ist die Stadt, welche vermittels ihrer einst prächtigen Ziegeleien aus Berlin das machte, was es zum Teil heute noch ist, später dann in Sachen Optik einen leidlichen Bekanntheitsgrad erlangte und in welcher sich heute, knapp 15 Jahre nach der Wende, Arbeitslose bereits 20 Minuten vor Ladenöffnung um die Wagen bei Aldi kloppen (Die, welche nicht direkt arbeitlos sind, murksen als ABM-Schlampen, rund 5 km weiter nordöstlich einen überflüssigen Golfplatz zu Tode.)
Kurz entschlossen, verließ ich die Stadt, um wenig später über den oben angesprochenen Golfplatz in Richtung Ferchesar zu rollen. An dieser Stelle bitte ich nicht zu lachen, denn was soll man von einer Gegend halten, in welcher die Orte so lautmalerische Namen wie Friesack, Witzke, Wassersuppe oder gar Kotzen haben? Weiter ging es in Richtung Norden, um bereits nach ca. 25 Kilometern, auf welchen der Begriff Rollwiderstand, aufgrund der unirdischen Konsistenz des Wasser-Sand Gemisches, neu definiert werden muss, den Ort zu erreichen, welcher ein dunkles Geheimnis birgt. Der Gollenberg. Unscheinbar liegt er da. Die umgebenden Landschaft nennt sich Ländchen Rhinow und das nicht etwa dem Rhinozeros zu Ehre, sondern nach dem in der Nähe befindlichen Ackerbürgerstädtchen Rhinow. Man stelle sich den Gollenberg als einen spärlich mit Heidekraut und anderem sukulentenartigen Gestrüpp bestandenen Haufen Sand vor, welcher die ihn umgebende Landschaft um ca. 30-40m überragt. Auf dieser Ansammlung Sediment, soll ein gewisser Otto Lilienthal 1896 sein frühes Ende gefunden haben, indem er mit einem Flugapparat, welcher den Zusatz -apparat augenscheinlich ganz zu Unrecht trug, vom Berg fiel. Aber ist das die Wahrheit? Wir, das ESK, glauben da eher den uns vorliegenden Unterlagen, welche weiter oben bereits kurz angesprochen worden sind. Aus diesen geht klar hervor, dass es sich bei der Erfindung des Herrn Lilienthal mitnichten um ein Fluggerät handelte. Vielmehr handelte es sich um ein der Leser mag es bereits erahnen einspuriges, nichtmotorisiertes, breitreifiges, grobstolliges Mobil, von seinem Erfinder und hier nun kann wohl mit Fug und Recht der Name Lilienthal in einem Atemzug genannt werden auf den griffigen Namen Veloziped zum durch den Wald fahren getauft. Wie kam es nun zu dem Irrtum, bei Lilienthal könne es sich um einen Flugzeugkonstrukteur handeln? Und war es überhaupt ein Irrtum?
Die letzte Frage kann ganz klar mit Nein beantwortet werden. Zur Klärung der ersten Frage muss etwas weiter ausgeholt werden:
Die Wahrheit über Otto Lilienthal oder Wer ist Lian Li?:
Wir schreiben das Jahr 2006. Überall auf der Welt fahren lauter nette Leute Geländerad. Die Erfindung wird einem leicht meschuggen Deutschen, namens Lilienthal zugeschrieben, welcher seinerzeit das Rad quasi neu erfand und somit breiten Schichten der Weltbevölkerung auf die zwei Räder half, welche inzwischen aus dem Verkehrsalltag nicht mehr wegzudenken sind. Oder wie könnte Negerhäuptling Makkebe Tzaussiokkiu aus Tansania sonst seine Geliebte im benachbarten Kral besuchen, wenn nicht auf dem praktischen Geländerad?
Der größte Hersteller dieser Art Räder, welche vollkommen wartungsfrei, jahrzehntelang gleichbleibend gute Fahreigenschaften bieten, sind die Deutsche-Werke-Lilienthal welche allein an ihrem Hauptstandort in Brandenburg an der Havel 12.500 Mitarbeiter beschäftigen. Auch in anderen Teilen der zivilisierten Welt wird versucht, ähnliche Räder zusammenzufrickeln. Doch zum Leidwesen dieser, zugegebenermaßen engagierten, Buden, gelingt es diesen nicht, sich in die Erfolgsspur einzufädeln.
Da passiert etwas unerhörtes. Einem gewissen M. Sinyard, Inhaber eines stets verlustbehafteten Kleinstunternehmens namens Spezialized, gelingt es aus Versehen, obwohl an einem revolutionären Hinterbausystem arbeitend, eine Zeitmaschine zu bauen. Als Hinterbau für Fahrräder denkbar ungeeignet, versetzt ein erster Versuch, diesen in ein Rad einzubauen, M. Sinyard und seinen treuen Angestellten Jack in die Zeit des wilden Westens. Unglücklicherweise gerät Jack schon wenige Augenblicke nach seiner Materialisierung in die Schusslinie eines der dort zahlreichen Desperados, doch Sinyard gelingt es, zurück in seine Zeit zu gelangen. Dort angekommen, beginnt ein Plan Gestalt anzunehmen. Was wäre, wenn Lilienthal, statt das durch ihn erfundene Geländerad zur Marktreife zu entwickeln, eines frühen Todes teilhaftig geworden wäre? Da müsste doch was gehen, dachte sich Sinyard...
Bereits wenige Wochen später hatte er die Funktionsweise seiner Hinterbaukinematik soweit begriffen, dass er mit ziemlicher Sicherheit sagen konnte, welche Druckverhältnisse in Zug- und Druckstufe herrschen müssen, um ihn ins Jahr 1896 zu versetzen. Die Gelegenheit war günstig, bei Ebay wurde noch schnell ein antiquarisches, seinerzeit ungenutztes Ticket für eine Überfahrt mit dem Dampfer Deutschland von New York nach Bremerhaven ersteigert und schon konnte es losgehen. Allerdings war Sinyard das Risiko doch zu groß, selbst in der Zeit zurück zu reisen. Er fand einen willigen Erfüllungsgehilfen in Lian Li, einem arbeitslosen Festlandchinesen, welcher seine Zeit mit Gelegenheitsjobs im Dienste der Triaden totschlug.
Die Zeitmaschine wurde eingestellt, und schwuppdiwupp, befand sich Lian Li im Jahre 1896. Nach der Überfahrt nach Bremerhaven, wurde die verbleibende Landstrecke mit der Bahn zurückgelegt und schon stand Li am Fuße des Berges, auf welchen Lilienthal in aller Abgeschiedenheit die Fähigkeit seiner Erfindung testete, steile, fies versandete Anstiege spielend zu erklimmen. Die Entwicklung war bereits weit fortgeschritten, in wenigen Tagen sollte eine erste kleine Serie die Berliner Werksatt verlassen. Die Bevölkerung Stöllns, das ist das Örtchen am Fuße des Gollenberges, bemerkte indes nicht, was den Fremden herführte. Damals wie heute, gänzlich uninteressiert am Geschehen außerhalb ihrer engen Dorfgrenzen, wussten diese auch nichts von der bahnbrechenden Tätigkeit eines gewissen O. Lilienthal am benachbarten Gollenberg. Nur so ist es zu erklären, warum man später die Geschichte glaubte, Lilienthal habe etwas mit albernem Rumgehüpfe mit Flügeln aus Pappmache am Hut gehabt. Als Li das realisierte, stand der Erfüllung seines teuflischen Auftrages nichts mehr im Wege. Eben schnell wurden aus, in der Gegen reichlich vorhandenen, Weidenruten und einigen Quadratmetern Sackleinen ein paar stattliche Flügel fabriziert und schon ging es in Richtung Berg. Hinter einem Gebüsch nur mangelhaft getarnt, wurde dem nichtsahnenden Lilienthal seine Menschenliebe zum Verhängnis. Eben rollte er noch freundlich grüßend an seinem Todesengel im Gestrüpp vorbei, als sich dieser jählings auf ihn stürzte und bereits wenige Sekunden später triumphierend den Tatort unter Zurücklassung der Flügel verließ. Die Flügel, an und für sich nur als höhnische Allegorie auf das engelsgleiche Wesen Lilienthals gedacht, wurden von den, den Sterbenden auffindenden Dorfbewohnern falsch interpretiert und als Beweis für die scheinbare Pioniertätigkeit Lilienthals in Sachen Flugwesen gewertet.
Soweit die Geschichte, belegt durch die oben genannten Unterlagen.
Welche Verwerfungen dieses scheinbar nebensächliche Ereignis auf den weiteren Verlauf der Fahrradgeschichte hatte und hat, kann jeder erkennen, der Publikationen wie Bike History oder ähnlichen Unfug gelesen hat. Sinyard profitierte wohl am meisten. Immer darauf bedacht, nicht die Gallionsfigur der Bewegung zu werden, welche er nach einer kleinen Zeitreise in die 70er des 2. Jahrhunderts anstieß, hat es sein Unternehmen doch ziemlich weit gebracht. Während wir heute durch die Wälder donnern, gedenken wir Leuten wie Sinyard, nichtahnend was wir hätten, wenn es Otto Lilienthal vergönnt gewesen wäre, seinen Weg zu gehen...
Solchen und ähnlichen Gedanken hing ich nach, als ich die restlichen Kilometer in Richtung Glöwen dahinrollte. Ach ja, was wurde eigentlich aus Lian Li? Nach seiner Rückkehr, besorgte er sich einen japanischen Pass, ging nach Japan ins Jahr 1946 und gründete eine Firma namens Shimano. Noch heute telefonieren er und Sinyard und ergötzen sich an ihrem, für sie so formidablen Coop, welchen sie seinerzeit durchzogen. Die Zeitmaschine wurde übrigens aus Angst vor Nachahmern zerstört. Konstruktionszeichnungen gibt es keine, dass war noch nie amerikanischer Stil.
So und nun schlaft schön und träumt was schönes...