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Ihre Anfrage zum Wegebenutzungsrecht durch langsame Pedelecs vom 10.2.2012
Sehr geehrter Herr .......,
wir kommen zurück auf Ihre Anfrage vom 10.2.2012, ob langsame Pedelecs an der Privilegierung des Art. 28 Abs. 1 Satz 1 Bayerisches Naturschutzgesetz (Bay-NatSchG) zur Benutzung von Wegen in der freien Natur teilnehmen. Wir bitten um Nachsicht, dass wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Fragestellung unsere Antwort aufgrund von notwendigen Abstimmungen mit dem Landwirtschafts- und Wirtschaftsministerium sowie dem Obersten Naturschutzbeirat beim Bayerischen Umweltministerium längere Zeit in Anspruch genommen hat. Im Ergebnis können wir Ihnen Folgendes mitteilen:
Nach dem BayNatSchG darf grundsätzlich jeder zum Genuss der Naturschönheiten und zur Erholung alle Teile der freien Natur ohne behördliche Genehmigung und ohne Zustimmung des Grundeigentümers oder sonstigen Berechtigten unentgeltlich betreten (Art. 27 Abs. 1 und 2 BayNatSchG). Art. 28 Abs. 1 BayNatSchG regelt die
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Benutzung von Wegen. Danach darf jedermann auf Privatwegen in der freien Natur wandern und, soweit sich die Wege dafür eignen, reiten und mit Fahrzeugen ohne
Motorkraft sowie Krankenfahrstühlen fahren. Der Gesetzgeber wollte mit der Formulierung „Fahrzeuge ohne Motorkraft“ in erster Linie Fahrräder privilegieren.
Nach unserer Auffassung können auch sog. Pedelecs unter den Anwendungsbereich der Norm gefasst werden. Pedelecs sind Fahrräder mit Trethilfe, die mit einem elektromotori-schen Hilfsantrieb mit einer maximalen Nenndauerleistung von 0,25 kW ausgestattet sind, dessen Unterstützung sich mit zunehmender Fahrzeuggeschwindigkeit progressiv verringert und beim Erreichen einer Geschwindigkeit von 25 km/h oder früher, wenn der Fahrer im Tre-ten einhält, unterbrochen wird. Nach herrschender Auffassung sind Pedelecs keine Kraft-fahrzeuge im Sinn des Straßenverkehrsgesetzes (StVG). Entscheidend ist gemäß § 1 Abs. 2 StVG, ob ein Antrieb durch Maschinenkraft erfolgt. Dies ist zu verneinen, wenn ohne Treten (Muskelkraft) eine Fortbewegung nicht möglich ist. Daher sind Pedelecs nach dem Straßen-verkehrsrecht als Fahrräder einzustufen.
Diese Grundsätze können auch für die Auslegung von Art. 28 Abs. 1 Satz 1 BayNatSchG herangezogen werden mit der Folge, dass das Befahren geeigneter Wege mit Pedelecs je-dermann gestattet ist. Pedelecs sind moderne Elektrofahrräder, die optisch und funktional mit normalen Fahrrädern vergleichbar sind und dem Gesetzgeber bei der Formulierung von Art. 28 Abs. 1 Satz 1 BayNatSchG nicht bekannt waren. Entscheidender Grund für den Aus-schluss von „Fahrzeugen mit Motorkraft“ in Art. 28 Abs. 1 Satz 1 BayNatSchG dürften insbe-sondere die mit solchen Fahrzeugen verbundene Lärm- und Emissionsbelastung, die Nut-zungsintensivierung sowie Fragen der Verkehrssicherheit und des Eigentumsschutzes ge-wesen sein. Pedelecs sind unter diesen Gesichtspunkten unproblematisch; sie sind nahezu geräuschlos, emissionsfrei und durch die Begrenzung der Tretunterstützung bis maximal 25 km/h auch von der Verkehrssicherheit her ähnlich wie klassische Fahrräder zu beurteilen. Bei der Zulassung von Pedelecs auf geeigneten Privatwegen ist auch keine zusätzliche, über den klassischen Fahrradbetrieb hinausgehende Beeinträchtigung der Belange der betroffe-nen Grundeigentümer erkennbar.
Diese Privilegierung gilt jedoch ausschließlich für Pedelecs gemäß obiger Definition, nicht für stärker motorisierte oder rein motorgetriebene Fahrzeuge wie z. B. E-Quads.
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Wir hoffen, dass wir Ihnen mit unserer Auskunft weiterhelfen konnten.
Mit freundlichen Grüßen
Sanktjohanser
Ministerialrat