Am 3. Tag ging mit der 2. Tour weiter und wir hatten wieder großes vor. Man sah bereits von der Ferienwohnung aus den Gipfel des Hochries. Doch aus der letzten Tour gelernt, versuchten wir zuerst die flachere Variante mit der oft positiv hervorgehobenen Hochries Umrundung auf dem neben dem Gipfel verlaufenden Trail. Auf der Karte sah dieser schon sehr gut aus, ewig lang und leicht abschüssig, perfekt. Doch auch hier gab es eine nicht unbedeutende Anfahrt. Der Berg war Teil der auf der gegenüberliegenden Bergkette. 10 km waren es bis zum Start der kommentierten Tour. Wir entschieden uns für die Variante aus dem MTB-Magazin. Natürlich etwas an unsere Bedürfnisse angepasst
Um uns den Weg zu versüßen sind wir über einen schnellen dunklen Trail von unserem Hausberg hinab in die Stadt. Auf dem Weg über den Inn gab es neben der Schnellstraße sogar ein Radweg, das machte die Anfahrt erträglich. Vorbei am Altersheim ging es das Mühlthal am Steinbach langsam hinauf. Nach etwa 45 Minuten waren wir dann auf der bewerteten Tour angekommen und es ging direkt steil nach oben.
Auf Asphalt kamen wir noch an ein paar Ferienwohnung vorbei, deutlich höher als unsere. Da wurde ich direkt gefragt warum nicht hier gebucht wurde
Weiter oben tauchte am Horizont ein Gipfel nach dem anderen auf, jeder höher als das was vorher die Sicht darauf verdeckte. Und da kam plötzlich noch mal ein ganz großer zum Vorschein. Als ich darauf hinwies dort den Hochries zu sehen und deutlich zu erkennen war das wir erst ein 1/5 oder so geschafft hatten, ging das Gestöhne und Gejammer los. Aber deswegen waren wir ja hier
Ab Bruchfeld wurde aus der Straße ein Schotterweg und es tauchten immer noch Parkplätze auf, auf denen Wanderer entspannt aus ihren Klimatisierten Fahrzeugen ausstiegen.
Über breite Schotterwege sammelten wir nach und nach weiter unsere Höhenmeter. Spannend war dabei die Menge an CC Bikern die uns entgegen kam. Wenn man mal einen sieht, der sich da bergab verirrt hat wäre das noch normal gewesen, doch da kamen immer mal welche herunter. Das konnte nur Absicht gewesen sein. Auch wenn es noch so schwer vorstellbar ist das man sich sowas freiwillig antut.
Unsere Tour bestand diesmal aus nur einem Berg, das war das einzige was uns bergauf motivieren konnte. Einmal geschafft geht es nur noch bergab. Das mit der Ferienwohnung an der gegenüberliegenden Bergkette musste man da einfach ausblenden um sich diese Illusion von nur einer Auffahrt zu erhalten.
Um 12 Uhr hatten wir kurz vor dem Ziel 800hm geschafft und waren bereits nicht mehr in der Lage positive oder negative Emotionen zu zeigen. Der Körper war nur noch in einer Art Trance Zustand während wir schweißgebadet gleichmäßig hinauf kurbelten
Vor uns stach ein Gipfel in den Himmel, konnte das schon der Hochries sein?
Nein, es war der Karkopf, doch so langsam sollten wir auf der Höhe des neben dem Hochries verlaufenden Flowtrails sein.
Selbst hier oben gab es noch vereinzelt alte Gebäude, vielleicht sogar noch aktiv genutzt?
Auf der Karte hatte ich schon vor der Tour den Karkopf als willkommener zusatz Trail entdeck. Die Auffahrt sah relativ steil aus, vielleicht musste man schieben, doch die Abfahrt sah dafür sehr vielversprechend aus.
Die Weggabelung war mit einem Warnschild markiert. Da stand sinngemäß gefährlicher Weg der nur mit Alpiner Erfahrung und passende Schuhwerk betreten werden sollte.
Was es damit auf sich hatte stellt sich schnell heraus, denn der Trail verlief direkt den Felsen hinauf. Auf der Bild erkennt man kurz vor der Spitze einen Wanderer der einen unerwarteten Wegverlauf durch seine Anwesenheit markierte.
Damit war der Trail für uns gestorben und wir sind zurück auf die Versorgungsstraße um den Karkopf zu umfahren.
Der Weg bis zur Seitenalm war überraschend hügelig, nach einigen Kurven tauchten nach den kurzen Abfahrten auf der Versorgungsstraße plötzlich steile Gegenanstiege auf. Um da mit dem Auto hoch zu kommen, brauchte es trotz Beton vermutlich eine gute Portion Offroad Erfahrung mit Auffahrten, so schmal und unübersichtlich die Wege dort waren.
Angekommen an der Alm mussten wir den Einstieg in den Flowtrail ein wenig suchen. Nebenbei hat uns die als S4 getaggte Spitzkehren Abfahrt interessiert. Die Gebäude bedeckten allerdings die Sicht in den steil abfallenden Hang. Doch da wir eh nicht vor hatten irgendwo herunter zu tragen, ersparten wir uns trotz Neugier die Suche nach einer Sichtmöglichkeit und fanden nebenbei den geplanten Weg am Hochries vorbei.
Direkt von der Seitenalm ging es herunter zum Einstieg
Und dann über den flachen und schmalen Trail mit vielen kleinen anstiegen ganz sachte Bergab.
Das alles war nach der langen Auffahrt relativ zäh statts flowig, vor allem durch den rauen Untergrund, man war ständig am Schalten bis beim Stephan irgendwann aus war mit der Schalterei und das 11er Ritzel automatisch eingelegt wurde.
Der Schaltzug ist sauber an der Klemmung abgerissen. Vermutlich zu starke Klemmkraft, einfach abgeschert. Mit wieder dran klemmen war es nicht getan. Selbst wenn wir es geschafft hätten den zu nun zu kurzen Zug unter Spannung irgendwie wieder zu befestigen, wären da höchstens die ersten paar Gänge möglich gewesen. Stephan hatte zum Glück seinen Letherman dabei und in mühevoller Kleinarbeit kürzten wir damit die Schaltzughülle. Mit den dadurch gewonnenen 2 cm konnte auch der Schaltzug wieder angeklemmt werden und die Fahrt ging nach 15 Minuten weiter.
Durch die Bastelpause war dann auch wieder genug Kraft da um dort etwas mehr Fahrt aufzunehmen um so langsam in den Flow zu kommen.
Herausgekommen sind wir an einer großen Hochebene. Von weiten sah man ein kleines Gebäude was sehr nach Gastwirtschaft aussah, das war die „Riesenhütte“. Doch der Blick auf die Speisekarte verriet dass hier in der Nachsaison nichts mehr zu holen gibt. Trotzdem ließen wir uns dort nieder und zerrten von unserem hinaufgeschleppten Proviant.
Frisch gestärkt ging es auf den Versorgungsweg über Hochebene bis es langsam wieder bergab ging und wir den Einstieg zum nächsten Trail fanden.
Die Anfangs kleinen Steine wurden dabei immer größer und wackeliger
Bis zum Finale auf einen Flussbettähnlichen Teilstück wo über 50m Länge der Weg nur aus losen faustgroßen übereinanderliegenden Steinen bestand, welche sich nur teilweise zu einem halbwegs festen Untergrund verkeilt hatten.
Dort passierte es, Roberts Vorderrad hat sich zwischen den Steinen vergraben und wurde so zu einem Teil des Weges als dieses abrupt zwischen den Steinen Verdichtet im Boden hängen blieb. Die überschüssige Bewegungsenergie wurde dabei durch den über die Felsen schrammenden Kopf und Oberkörper verarbeitet.
Unter dem zerfetzten Trikot war dabei vom Schlüsselbein abwärts der ganze Oberkörper aufgeschürft. Am
Fullface war gut zu sehen dass dieser vor einem Besuch beim Kieferorthopäden bewahrt hat. Daher zum Glück keine größeren Verletzungen, so konnte es nach längerer Pause trotzdem weiter gegen.
Wir sind in einen vielversprechenden Trail hinein. Dem Stephan war der schmale rechte Weg zu langweilig und er wollte lieber schneller auf der breiten Felsenabfahrt herunter.
Diese wurde jedoch langsam gröber
Und gröber
Das zerfetzte Trikot bedecke Roberts komplett aufgeschürften Oberkörper. Bei jeder Bewegung spürt er wie das schweißdurchtränkte Stück Stoff über die Schürfwunde raspelte. Doch bei jeder Bodenwelle wurde dieser Reiz durch einen intensiveren überblendet, ein stechender Schmerz im geprellten Handgelenk löste bei jeder Kante sofort das Bedürfnis aus den Lenker loszulassen. Der Oberkörper verschorft nebenbei in der gebeugten Fahrposition, bei jedem Aufrichten zwiebelte es da als dieser wieder aufriss.
Hier war Endstation, fahren ging nicht mehr.
Außer dem Zerfetzten Trikot sieht man auch dass das linke Bein nach dem Sturz nun etwa so aussieht wie das Rechte. Am Vortag sah das eine Bein noch gut aus:
http://fotos.mtb-news.de/p/1737204
Im Herbst war das schon wieder verheilt. Doch kaum verheilt kommen da schnell neue Spuren vom Unterholz dazu
http://fotos.mtb-news.de/p/1735544
Zurück zum Urlaub: die stelle war auch ohne Sturz nicht fahrbar, zumindest machte es kein sinn die 3m auf dem Bild zu fahren. Denn im Anschluss wurde es doch sehr extrem.
Aber Stephan wollte es wissen, obwohl die Laufräder gefühlt 10 Zoll zu klein sind, wühlte er sich durchs Steinfeld. Lose Steine mit bis zu 30cm Länge wurden dabei einfach von den Füßen nach vorne geschoben. Stahlkappenschuhe wären da sicher nützlich gewesen, doch jetzt mussten die dicken Five Ten Latschen herhalten.
Der Stein der sich da auf dem Bild am linken Fuß aufstellte, lag mal flach am Boden. Nachdem Stephan diesen beim durchstampfen förmlich weggekickt hat, lag er einen halben Meter weiter auf der Rückseite.
Nachdem feststand dass Robert nicht weiter fahren konnte, musste ein Rückweg gefunden werden. Der denkbar schlechteste Standpunkt für diese Erkenntnis. Denn wir waren am weitesten von der Ferienwohnung entfernten Punkt der Tour auf der anderen Seite des Berges.
Wir hatten folgende Optionen:
· Zurück über den Hochries den grade überwundenen Berg hinauf.
· Ins Falsche Tal herunter und im großen Bogen über 60km Asphalt von einem Tal zum nächsten.
· Unsere Höhe behalten, den Berg wie geplant umrunden und im richtigen Tal abfahren
Da war die Wahl nicht einfach, Robert entschied sich weiter um den Berg zu fahren/schieben.
Zum Glück waren die heftigen Trails nun vorbei und es war wieder alles fahrbar
Da konnte man auch wieder Spaß haben
Auf schmalen Pfaden ging es nun um den Riesenberg herum
Glatte Pisten sorgen für etwas Entspannung im lädierten Handgelenk
Trotzdem wurde es immer mal kurz etwas ruppig
Die schlimmsten Hindernisse konnten jedoch durch Holzplanken überwunden werden.
Schon erreichten wir die letzten unbefestigten Wege
Und alles ohne dabei nass zu werden
Ab dort war es dann geschafft. Es folgten nur noch ein paar Forstwege, teilweise auch etwas bergauf. Diese mündeten später in Asphaltstraßen und so konnten wir dann wieder bis zum Inn fahren um zu unserer Ferienwohnung zu gelangen.
Während Robert sich mit seinen großflächigen Abschürfungen in der Dusche quälte, ersetzte Stephan seinen kaputten Schaltzug.
Für den nächsten Tag planten wir anschließend eine Wiederholung der Hochries Tour, mit Befahrung der ausgelassenen Tourabschnitte. Da würde Robert nicht viel verpassen und könnte den von uns wegen dem Handgelenk empfohlenen Erholungstags und ggf. einem Arztbesuch antreten.
Am Abend hielt Stephan wieder seine Erlebnisse in seinem Tagebuch fest.
Im Wetterbericht sahen wir erst wie viel Glück wir doch mit unserem Urlaub hatten. Ganz Deutschland war bereits im Regen eingehüllt, die ganze Woche sollte es permanent irgendwo Regnen, kein Fleck sollte über die Tage unberührt bleiben. Auch im Alpenland gab es Regen ohne Ende, außer im Süd-Deutschland Alpenvorland, da wo wir Urlaub gebucht hatten. Einfach faszinierend was für ein Glück wir da hatten, aber seht selbst
http://www.niederschlagsradar.de/hist.aspx
Robert begleiteten an dem Tag noch die Nachwirkungen der ungünstig Positionierten Abschürfungen. Jedes verharren in einer leicht gekrümmten Sitzhaltung sorgte dafür das sich die leicht nässenden Wunden in der Krümmung am Oberkörper verschorften und beim Aufrichten immer wieder unangenehm aufrissen. Die Nacht war auch nicht besser, denn durch die Abschürfungen am Schlüsselbein gab es quasi keine erholsame Lagemöglichkeit im Bett.