Das BC Bike Race 2015 - ein Erfahrungs- und Rennbericht

MTBing

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22. Mai 2004
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Berlin
Ich bin erst seit kurzem Mitglied im IBC DIMB Team. Und erst seit 10 Monaten trainiere ich strukturiert. Davor war ich – wie so viele wohl hier im Board – ein reiner Weekend Warrior, also ne schöne Tour am Wochenende und gut ist. Und dennoch habe ich mich an etwas heran gewagt, was einige selbst nach Jahren des Trainings mit gemischten Gefühlen angehen würden: ein MTB Etappenrennen. Genauer gesagt: das BC Bike Race in Kanada.

Warum? Weil ich fasziniert davon war, als ich im Juni 2014 zufällig in einem Blog über den Film „Seven“ gestolpert bin. Und genau am Montag nach diesem Zufallsfund startete die Registrierung. Ich überlegte nicht lange und meldete mich an. Ich bekam einen Platz. Ich war, wie man so schön sagt, stoked - begeistert. Doch schnell war ich wieder auf dem Boden der Realität. Je mehr ich recherchierte, desto mehr wurde mir bewusst, dass ich ohne Vorbereitung aller Voraussicht nach grandios scheitern werde. Und so begann mein Weg zum BC Bike Race...

9 Monate später – nach strukturiertem, für mich ungewohntem und hartem Training mit Radfahren, allgemeiner Fitness und Fahrtechnik – war es dann so weit: Abflug nach Kanada 1 Woche vor Rennbeginn. Flug lief gut, Bike war wohl behalten auch mit gekommen, erst einmal Jetlag überwinden, Vancouver ein wenig kennen lernen.

Und vor allem: Das Terrain vor Ort. Zwar gibt es viele Youtube Videos, aber der persönliche Eindruck ist unersetzbar. So begab ich mich unter die Fittiche der Guides von Endless Biking, um vorab schon mal einen Teil der 5. und technisch anspruchsvollsten Etappe vorab zu befahren. Um es kurz zu machen: ich habe in einigen Passagen mehr geschoben, als dass ich gefahren bin. Was dort verlangt wurde, war mehr, als ich fahrtechnisch drauf hatte. Ich war – gelinde gesagt – ziemlich down. Aber Darren und Kelli, die beiden Inhaber von Endless Biking munterten mich auf: „Don’t worry, we see that happen each year at the BC Bike Race. BC is just different from most of the stuff people are used to ride around the world“. Ich buchte noch eine Skill Lesson für den drauf folgenden Tag und die half wirklich ungemein. In den drei Stunden mit Darren lernte ich mehr als bei manchem Fahrtechnik Anbieter in Deutschland in 2 Tagen...

Mit etwas mehr Mut und bereits neu gewonnen Freunden ging das Abenteuer damit endgültig los: mit der Registrierung... Im folgenden werde ich versuchen, die einzelnen Tage, aber auch das Drumherum aus meiner Sicht zu beschreiben. Ich wünsche Euch viel Spaß beim Lesen!
 
Zuletzt bearbeitet:
1 Tag vor dem Rennen

Noch bevor das Rennen überhaupt beginnt, ist erst einmal die Registrierung angesagt. Und so mache ich mich mit James, einem Australier, und Rob, einem Kanadier, auf den Weg dorthin. Beide habe ich bei der Skill Lesson mit Endless Biking kennen gelernt und wir sind uns auf Anhieb sympathisch. Alle drei kämpfen wir mit unserer Fahrtechnik und James auch etwas mit der allgemeinen Fitness ;)

Die Registrierung findet zwischen 14 und 18 Uhr in einer Turnhalle in Nord Vancouver statt und ist so, wie die gesamte darauf folgende Woche: perfekt organisiert und dennoch total entspannt und von einer Crew organisiert, die immer für uns da ist - und das mit einem Lächeln auf den Lippen. Wow! Gleich von Anfang spürt man hier einen ganz besonderen Spirit; doch mehr dazu bei Tag 0-7 :)

Die Registrierung geht dem entsprechend flott: Ich nenne meinen Namen und bekomme einen Umschlag mit dem Ablaufplan für das gesamte Rennen (Racers Handbook), Rennnummer fürs Bike und Trikot (letzteres müssen wir rückseitig mit medizinischen Daten ausfüllen - sehr gut!) sowie ein Armband mit meiner Rennnummer, dass wir die gesamte Woche tragen müssen und meinem Essenspass. Kleiner Gag am Rande: meine Rennnummer ist die 101, was im englischen auch als 1x1 verstanden wird. Zusammen mit meinem Forumsnamen wird so ein MounTainBiking 1x1 daraus... alle, die meine Rennnummer gesehen haben und denen ich das erzählt habe, mussten herzlich lachen. Und in der Tat: für mich sollte es das 1x1 des Mountainbikens werden...

Weiter geht es zur nächsten Station, wo wir unsere roten Rollkoffer erhalten, in die wir alles für die 7 Tage packen müssen. Dazu noch ein roter Turnbeutel für die Dinge, die man tagsüber benötigt, wenn man keinen Zugriff auf den Koffer hat. Denn die werden für uns zwischen den einzelnen Etappen transportiert. Schnell noch meine Rennnummer in das Sichtfeld auf dem Koffer geschoben und die Rennnummer auf den Stoffbeutel geschrieben, dann sind auch die unverwechselbar. Im Koffer dann die nächste Überraschung: ein kleines Handtuch, ein paar Socken mit BC Bike Race Logo und eine Sonnenbrille von Ryders Eyeware - wow!! Und alles dürfen wir behalten (ja, auch den Koffer). Geil! Noch wichtiger aber ist die Sonnencreme, von der wir in der Woche reichlich Gebrauch machen werden...

Aber damit nicht genug: an der nächsten Station gibt es noch einen Sweater von Lululemon mit BC Bike Race Logo. Super bequem! Dann kann man noch Massagen buchen (70$ pro halbe Stunde), wenn man will (ja, habe ich gemacht!), es gibt noch Proteinshakes for free und man kann natürlich auch Souvenirs und BC Bike Race Trikots kaufen. Letzteres habe ich schon vorab gemacht und in meiner Bestellung vermerkt, dass ich es bei der Registrierung abholen werde. Prompt liegt meine Bestellung fertig da und wartet auf mich.

Last but not least packe ich meine Sachen aus dem Auto (Mietwagen vor Ort ist wirklich hilfreich!) in den neuen BCBR Koffer um, nehme meine Bike Transporttasche und meinen Koffer vom Flug und gebe die der Crew vom BCBR. Die schreiben per Zettel die Rennnummer drauf und transportieren das ganze dann zum 7. und letzten Etappenort in Whistler, wo alle Rennteilnehmer das Gepäck wieder in Empfang nehmen können. Mein Rad versehe ich mit Rennnummer und übergebe es der Bike Crew, die es direkt in einen von 4 riesigen Sattelschleppern lädt, mit denen die insgesamt 622 Bikes von Etappe zu Etappe transportiert werden. Wer noch kleinere technische Probleme hat, gibt sein Bike den Mechanikern von Obsession Bikes, die sich darum kümmern. Mehr zu den Jungs später.

Alles in allem dauert es keine Stunde, dann sind wir fertig - und das ganz entspannt und ohne Stress. Und mit etlichen neuen Eindrücken und neuen Leuten, die wir kennen gelernt haben. Ich gebe noch meinen Mietwagen Abends am Flughafen zurück und schlafe mehr schlecht als recht in Erwartung der Dinge...
 

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Tag 0 - Obligatorisches Briefing und Abreise nach Cumberland

Mit Rob und James fahre ich vom Holiday Inn North Vancouver wieder zur Turnhalle zum obligatorischen Racers Briefing. Und mit uns gefühlt hunderte weitere Rennteilnehmer :) Die Taxiunternehmen haben alle Hände voll zu tun..

Bereits in den Tagen zuvor sind so viele Biker hier angekommen, das man unwillkürlich grinsen muss, sobald man einen sieht. Und natürlich kommt man miteinander ins Gespräch. So lerne ich auch einige Deutsche kennen, die 2015 mit fahren. Aber auch Spanier, Franzosen... insgesamt sind es 622 aus 25 verschiedenen Nationen - absolut beeindruckend! Und alle sind wir irgendwie nervös, aber freuen uns auch auch darauf.

Das spürt man, sobald man die Turnhalle zum Racers Briefing betritt. Aufgeregtes durcheinander Gerede, Gelächter, einige treffen Freunde wieder, andere schliessen neue Freundschaften. Es ist genial! Die Atmosphäre ist elektrisierend! Und dann geht es los: wir werden begrüsst von allen, die mit dem BC Bike Race zu tun haben. Allen voran: Andreas Hestler und Dean Payne, den Initiatoren dahinter. Dann die Jungs von der Bike Patrol. Handverlesene 10 Jungs und Mädels, die mit dem MTB den Kurs auf und ab fahren, um bei Problemen zu helfen (technisch oder medizinisch), anzufeuern und die die Kommunikation per Funkgerät auf dem Trail sicher stellen. Dazu kommt die Motorrad Crew, die das gleiche macht und je nach Etappe auch mal als Führungsmotorrad vorne weg fährt. Die Zelt Crew, die uns einweiht, was wir über Tent City wissen müssen. Die Transport Crew, die Aid Station Crew und viele mehr.

Und natürlich: Brooks Hogya. Medizinischer Direktor des BC Bike Race. Der Mann ist nicht nur fachlich eine Koryphäe, sondern auch gleichzeitig der witzigste von allen. Wir haben uns teilweise weg geschmissen vor Lachen!! Wer mehr von der Einführungsrede lesen will, dem sei dieser englische Artikel empfohlen - besser kann man es nicht wider geben! Doch bei allem Spaß: es wird auch deutlich, dass ein solches Rennen auch Risiken birgt. Insbesondere in Bezug auf Dehydrierung. Denn dieses 9. BC Bike Race wird als das wohl heißeste in die Geschichte eingehen mit dauerhaften Temperaturen über 30 Grad und staubtrockenen Verhältnissen, nachdem es mehrere Woche zuvor nicht geregnet hatte...

Nach dem Briefing geht es dann ab in die Schulbusse zur Fähre und weiter nach Nanaimo, wo weitere Schulbusse warten, um uns nach Cumberland zu bringen. Alles perfekt organisiert, nur sind die Sitzbänke in Schulbussen naturgemäß eher für Schüler und damit klein ;)

Am späten Nachmittag kommen wir in Cumberland an - bei 34 Grad nehmen wir unsere roten Koffer in Empfang, die sauber nach Startnummern sortiert auf uns warten und beziehen unsere Zelte *schwitz*. Wir freuen uns über den kleinen Wasserpark am Campingplatz vor Ort. Abends dann ein 10-minütiger Fußmarsch zum Dinner, wo Lachs, Salate, Kartoffeln, Nudeln, Beef, Kuchen uvm. auf uns wartet.

Überhaupt: das Essen während der gesamten Woche war mehr als ausreichend und vor allem super lecker!! Es gab Pulled Pork, Lasagne, Salate in allen Variationen, Nudeln, Kartoffeln, Eis .... zum Frühstück oft Speck, Würstchen, Rührei, Haferflocken, Früchte, Müsli, Kaffee, Toast, Marmelade, süße Teilchen usw. usw.

Gut gesättigt geht es zurück, ein wenig relaxen, neue Leute kennen lernen und alles für den nächsten Tag vorbereiten (also Flaschen bzw. Trinkblase füllen usw.). Bevor gegen 10 Uhr Zapfenstreich ist, hüpfe ich noch in eine der Duschen (die werden von Etappenort zu Etappenort per Flatbed Truck transportiert), die wirklich toll sind: Klimaanlage, je 4 abschliessbare Kabinen je Einheit (Privatsphäre ist also gewahrt) und obendrein auch mit Duschgel ausgestattet. Warmes und kaltes Wasser ist selbstverständlich. Nur nach Rennende sind sie etwas dreckiger, werden aber vor dem nächsten Tag und auch zwischendrin von der Crew wieder sauber gemacht. Toll!
 

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Tag 1 - Cumberland

Die nackten Zahlen: 48 Kilometer - 1163 Höhenmeter - Die Route im Detail

Aber was sind schon nackte Zahlen? Nichts, wie ich bald feststellen musste... aber beginnen wir mit dem Weckruf: der erfolgte pünktlich um 6 Uhr per Megafon und Plastikhuhn, das ins Megafon kreischt :) Ja, so geht es auch... alle sind schnell munter, packen zusammen, geben ihre Koffer ab, packen die Turnbeutel mit Duschzeug und Wechselkleidung und gehen frühstücken. Danach dann die Bikes in Empfang nehmen, die bis dahin geduldig in den Trucks gut bewacht warteten. Noch schnell Luftdruck prüfen, Gänge durchschalten. Wer noch mal ne Pumpe * braucht, dem hilft Obsession Bikes. Auch mit Werkzeug *.

Apropos Bike: was ist eigentlich das ideale Bike fürs BC Bike Race? Gute Frage! Nachdem ich viele Erfahrungsberichte anderer Biker vorab gelesen habe und sowieso ein neues Bike fällig war, standen für mich folgende Eckdaten fest:
  • 120 mm Federweg vorne und hinten
  • Möglichst leicht und dennoch stabil -> Carbon
  • Mindestens XT Niveau der Komponenten
  • Versenkbare Sattelstütze
  • Laufräder mit gutem Kompromiss aus Haltbarkeit und Leichtigkeit
All das hat sich während des Rennens bestätigt. Meine Wahl fiel auf ein Cube Stereo 120 Super HPC SL von 2014 mit XTR; leicht und dennoch - hoffentlich (!) - stabil. Die meisten fuhren Bikes mit 120-130mm Federweg, die versenkbare Sattelstütze war ebenso ein absolutes muss! Gut, es gab auch Hardtail Fahrer, aber die hatten wirklich zu kämpfen.... Bei der Wahl der Übersetzungen gab es ein breites Spektrum: von 1-3-fach war alles dabei. Wer 1-fach fahren will, sollte aber max. ein 30er Blatt montieren, um die fiesen Anstiege zu bewältigen. Ich würde beim nächsten Rennen wohl auf 2-fach zurückgreifen, mit 3-fach musste ich einfach zu viel schalten. Zu den Reifen * gibt es keine allgemein gültige Empfehlung: das kommt zu sehr auf die Bedingungen vor Ort an. Wenn es etwas feuchter ist, kann das schon anders aussehen. Bei uns war es staubtrocken. Meine Kombi aus Rocket Ron / Racing Ralph, beide in 2.25, tubeless easy und Snakeskin war für mich perfekt. Reifen * mit weniger Grip: auf keinen Fall machen! Und auch nicht unter 2.1 gehen! Jedes bisschen mehr an Dämpfung und Grip ist mehr als willkommen bei gefühlten 2 Millionen Wurzeln und teilweise haarsträubenden Abfahrten.... ich hatte auch keine Reifenpanne, insofern war auch das Snakeskin die perfekte Wahl.

So, also Bike unterm Hintern, kurze Runde zum aufwärmen drehen und ab zum Start. Der Blick aufs Garmin * bestätigt: der Puls ist bei 140 :) Am ersten Tag sortieren sich alle so ein, wie sie denken. Es stehen Leute mit Schilder da (3 Stunden, 3,5 Stunden, 4 Stunden usw.). Wagemutig mische ich mich unter das Feld der 4 Stunden Fahrer... 12km/h müsste doch machbar sein! Denke ich.

Dann steigt die Spannung: noch 20 Minuten bis Rennstart. Alle sind nervös, die laute Musik heizt zusätzlich ein, die Top Fahrer werden vom Moderator vorgestellt. Dann folgt das, was das BC Bike Race so besonders macht: die Menschen. In dem Fall in Form eines Dichters, der diesen Vers vorträgt:

Ich sag nur: Gänsehaut!! Dann der Start in 6 Blöcken a ca. 100 Fahrern.

Ich lege los und mache den typischen Anfängerfehler: ich bin zu schnell... Der Anfang ist noch ein leichter Anstieg (bedeutet: steil, aber flüssig fahrbar) auf Forstwegen, aber dann zweigt es in den Singletrail ab und schnell wird klar: das wird enorm kräftezehrend. Es rüttelt einen nur so durch. Der zweite lange Anstieg ist dann wieder auf einem Forstweg und man hat keinen Schatten. Mein Garmin * zeichnet eine maximale Temperatur von 39 Grad Celsius (!) auf. Dies ist der Teil, an dem die meisten heute das Handtuch werfen. Von 622 Startern kommen an dem Tag 575 ins Ziel. Der langsamste in 7 Stunden und 32 Minuten, der schnellste in 2 Stunden und 26 Minuten. Im Schnitt liegt die Zeit bei 4 Stunden und 14 Minuten. Auch ich bekomme gegen Ende Probleme mit der Hitze und dem zu hohen Anfangstempo und komme nur auf Platz 527, was einem Schnitt von 8,3km/h entspricht... wow.

An jeder Aid Station (es gab 3!) habe ich meine Trinkblase voll gefüllt und so insgesamt 8 Liter (!) getrunken. Dazu jede Menge Chips, Gels, Blocks, Bars, Wassermelonen... die Aid Stations sind wirklich super ausgestattet. Neben meiner Trinkblase habe ich auch jede Menge Becher mit Elektrolyten geleert und bin doch nach dem Zieleinlauf wirklich fertig. Insbesondere die letzten Kilometer waren hart, mit giftigen, kurzen Anstiegen über verwurzeltes Terrain unter sengender Hitze. Viele - mich eingeschlossen - hatten dort mit Krämpfen zu tun. Aber: alle helfen wir einander, sei es mit einem Gel, was jemand dringend benötigt oder mit aufmunternden Worten und bei Verletzung- oder Pannenpech mit Hilfe. Ganz egal, wie lange es dauert, man hilft sich untereinander oder ruft Hilfe, die schnell kommt. Jetzt verstehen wir den Sinn der Trillerpfeifen, die wir alle mitnehmen sollten. Und die Handynummer, die sich alle programmieren mussten beim Racers Briefing. Der Zusammenhalte auf dem Trail: ein weiteres Element, dass dieses Rennen so besonders macht.

Fertig & staubverschmiert gehe ich duschen und ziehe mir was anderes an, bevor es dann nach dem Abendessen mit Bussen und der späten Fähre nach Powell River geht. Die Gespräche beim Essen drehen sich ums Rennen, klar. James sieht nicht gut aus. Wir verständigen die Mediziner, die hängen ihn umgehend an einen Tropf, Verdacht auf Hitzschlag. Sie loben uns für unsere Aufmerksamkeit und kümmern sich rührend um James. Viele landen an dem Abend im medizinischen Zelt und bekommen eine Infusion. Und alle haben wir einen Vorgeschmack auf das bekommen, was uns eine Woche lang begleiten wird: Hitze, staubige Trails, Singletracks mit hohem technischen Anspruch, aber auch jede Menge Spaß, Kameradschaft und eine sagenhafte Crew des BCBR, die sich um uns kümmern, alles organisieren, aber auch uns aufmuntern, anfeuern, uns zuhören oder einfach knuddeln, wenn wir es brauchen.

Hier noch ein Video vom BC Bike Race, Tag 1:
 

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Genialer Erfahrungsbericht, von einer der schönsten Gegenden, die ich je bereist habe:love:
Da freut man sich auf die weiteren Eindrücke und das Rennen wäre definitiv auch ein Format, an dem ich große Lust hätte daran teilzunehmen:cool::daumen:
 
Tag 2: Powell River

52 Kilometer - 1094 Höhenmeter - Die Route im Detail

Die Ankunft gestern Abend in Powell River war grandios. Für die Stadt mit ca. 14.000 Einwohnern, die nur per Flugzeug oder Fähre erreichbar ist, ist das BC Bike Race jedes Jahr ein großes Happening. Dem entsprechend waren viele der Einwohner vor Ort, um uns nach der Ankunft zu begrüßen. Da war sie wieder: diese Atmosphäre, die das Rennen so einzigartig macht.

Viel Zeit blieb nicht, um die Zelte zu beziehen und alles für den folgenden Tag vorzubereiten, wie zB den Rucksack zu packen bzw. die Flaschen zu füllen. Ich habe einen kleinen Camelbak, in den alles rein passt. Werkzeug *, 1. Hilfe Set, Ersatz Schlauch *, Pumpe *, Mandatory Gear sowie vor allem Wasser und Gels / Blocks. Letztere transportiere ich in den gut zugänglichen Seitentaschen sowie in den beiden kleinen Taschen vorne - perfekt! Lediglich das Handling der Trinkblase bei den Aid Stations ist etwas fummelig. Dafür stört sie beim fahren nicht so sehr wie eine am Rücken angebrachte Trinkblase. Alles hat sein für und wider. Mir gefällt zB sehr gut, dass ich nicht nach einer Flasche angeln muss; insbesondere auf den technisch schwierigen Stücken kann ich so schnell ein paar Schlucke nehmen, ohne die Hände vom Lenker zu nehmen.

Da ich gestern nicht so gut war, bin ich logischerweise im letzten Startblock. Diese Zuordnung erfolgte beim Zieleinlauf und jeder bekam auf seine Rennnummer am Rad einen Sticker mit der Farbe des jeweiligen Startblocks. Entgegen aller Annahmen fühlen sich meine Beine auf den ersten beiden Kilometern erstaunlich gut an. Ich freue mich und gebe Gas :) Aber nicht so extrem wie gestern, dafür gleichmässig. Das Profil der heutigen Etappe ist auch bei weitem nicht so extrem wie gestern. Dazu kommt, dass die meisten Stücke im Wald sind und wir von Grün nur so verschlungen werden. Super griffiger, fester Waldboden, jede Menge Schatten, flowige Trails - wow, wie geil!! Mit jedem Kilometer mehr wird mein Grinsen breiter und ich mache Platz um Platz nach vorne gut. Eine der fiesen Steigungen mit jeder Menge Serpentinen heißt Aloha Trail - hier stehen jede Menge Locals und feuern uns nach Kräften an; die meisten - Nomen est Omen - im hawaiianischen Outfit mit Baströckchen und (Plastik-)Blumenkette. So bekommt man gar nicht mit, dass man aufwärts fährt ;)

Der heutige Feature Trail ist Sweet Water / Death Rattle. Hier mal ein kleiner Eindruck davon:

Auch der machte jede Menge Spaß! Gegen Ende klingt es ruhig auf einer Forststraße mit leichtem Gefälle aus und ich gebe Vollgas! Mit einem breiten Grinsen überquere ich die Ziellinie und stelle erstaunt fest, dass ich über 100 Plätze nach vorne gut gemacht habe: ich bin auf Platz 425! Ich freue mich tierisch!

Schnell das Bike waschen - es gibt hierfür extra Stationen mit vorbereiteten Schwämmen, Bürsten, Reinigungsmitteln sowie Gartenschläuchen und Niederdruckreinigern - Kette ölen (dafür gibt es Produkte von WD40 * kostenlos), aus dem Renndress schälen und ab ins Meer! Tut das gut!! Nach der Abkühlung duschen und dann heißt es relaxen und den Tag geniessen. Viele machen beim Yoga mit, ich habe Abends noch eine Massage (die werden ausschließlich von professionellen, ausgebildeten Masseueren von Pivotal Health angeboten), nach der sich meine Beine wie neu geboren fühlen und dann geniessen wir alle den Sonnenuntergang. Ein traumhafter Tag!

 

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Tag 3: Earl's Cove nach Sechelt

59 Kilometer - 1597 Höhenmeter - Die Route im Detail

Wir verlassen Powell River nach dem Frühstück - die meisten per Fähre. Da die aber zu klein ist, um alle Rennteilnehmer aufzunehmen, bekommen 100 von uns eine besondere Einladung: entweder man fliegt mit dem Wasserflugzeug von Harbour Air (gleichzeitig Sponsoren des Rennens) nach Earl's Cove oder mit dem Wassertaxi, einem kleinen Schnellboot. Das Wasserflugzeug war mir leider nicht vergönnt, aber immerhin das Wassertaxi :)

Die heutige Etappe wird erneut superheiß (wir starten erst um 11 Uhr!) und sehr, sehr staubig. Die ersten Kilometer verlaufen zunächst ansteigend auf der Straße und das Starterfeld - heute gab es einen Massenstart - zieht sich schnell in die Länge. Dann folgen Forstwege, mal bergauf, mal bergab, immer an einer Stromtrasse entlang unter glühender Mittagshitze. Bergauf sind die teilweise so steil, dass die meisten schieben. Wie ein Lindwurm zieht sich die Karawane bergauf. Bergab sieht man angesichts des Staubs vom Vordermann kaum etwas und hofft einfach nur, dass es gut geht. Immer wieder geht es durch kleine Entwässerungsgräben - bergauf wie bergab - wo es einen bei hohem Tempo ordentlich zusammenstaucht. Die Steine auf dem Weg sind ziemlich scharfkantig und so sehe ich heute sehr viele, die Reifenpannen haben.

Bis Aid Station 1 läuft es bei mir super - ich fühle mich gut, meine Beine auch und Vollgas geben auf Schotterwegen macht mir Spaß. Meine Zwischenzeit bei Aid 1 zeigt, dass ich unter den Top 400 bin!! Yay!! Aber dann ereilt mich das Pannenpech: Nach dem Downhill Highway to Hell (was für ein passender Name...) stelle ich entsetzt fest, dass ich eine Mutter von meinem Hinterbau verloren habe. Die Schraube hat sich links schon so weit raus geschoben, dass sie an meiner Kurbel kratzt :eek:

Zufällig kommt Rob vorbei, bleibt sofort stehen und wir versuchen gemeinsam, ein Stück Kabelbinder durchzuschieben, was uns aber nicht gelingt. So bleibt mir nur, mit angezogener Handbremse weiter zu fahren und zu hoffen, dass der Rahmen hält... es sind noch über 30km ins Ziel...:wut:

Aber dabei bleibt es nicht: wenig später gibt auch meine Sattelstütze nach und senkt sich in voll ausgefahrenem Zustand immer wieder um 2-3 cm ein. Und zu guter letzt reisst mir auf dem letzten Uphill (immerhin als Black Diamond eingestuft und mit vielen kurzen, giftigen Anstiegen) auch noch die Kette. Carsten, ein weiterer Deutscher, bleibt stehen und hilft mir, die Kette wieder zusammen zu nieten.

Die letzte Abfahrt, VFR, ist technisch anspruchsvoll und einige Passagen schiebe ich, da mir der Untergrund zu lose und steinig ist und ich auch nicht den Rahmen schädigen will.

Im Ziel lande ich auf Platz 493. Für all die Defekte noch ganz brauchbar, aber ich ärgere mich grün und blau, da ich über 100 Plätze verloren habe. Mein Bike gebe ich den Mechanikern von Obsession Bikes und hoffe, dass sie es irgendwie schaffen, es bis zum nächsten Tag zu reparieren. Klar, das kostet - aber was soll ich machen? Ich bin auch skeptisch - Cube wird in Nordamerika noch nicht verkauft (oder sie starten gerade) und die Schraube ist natürlich Cube spezifisch. Ob die das irgendwie hinbekommen werden??

 

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@MTBmarkoT : Ja, es ist nicht ganz billig, aber aus meiner Sicht von Preis-Leistung her absolut vertretbar. Das Event selbst kostete mich inkl. Essen und finalem Dinner umgerechnet 1.904 Euro. Dazu dann der Flug, den ich recht günstig für 875 Euro bekam zzgl. 200 Euro für den Bike Transport. Vor Ort habe ich noch in 3 Massagen investiert (Tag 2, 4 und 6) á 70 CAD, also ca. 50 Euro. Es kam noch die Rad Reparatur von Obsession Bikes dazu. Und ich habe mir noch ein paar Extras gegönnt, wie ein Eis am Campingplatz ;) Das ist dann aber auch alles, was ich für das BC Bike Race ausgeben musste. Klar, ich habe noch ein paar Souvenirs gekauft, wie Trikot, T-Shirt und Cap; und dann kamen natürlich noch die Hotel- und Mietwagenkosten für die Woche davor dazu. Das läppert sich. Aber das war es wert :)

@WilliWildsau : Ja, es ist wirklich traumhaft schön dort!

Freut mich, dass Euch die Berichte gefallen. Es geht weiter, versprochen :)
 
Also das ist richtig geil. Man muss eben etwas sparen. Mein Trip in Polen hat keine 300,- gekostet und da wurden Trails geboten die Europaweit ihres gleichen suchen.
Ich denke wie die Cape Epic ist das BC Race eben ein Event da man erlebt haben sollte. Wenn das Kleingeld stimmt zuschlagen und das Leben genießen.

Dein Bericht ist sehr lesenswert
 
Tag 4: Sechelt nach Langdale

50 Kilometer - 1631 Höhenmeter - Die Route im Detail

Sechelt war am Abend zuvor großartig; zwar hatte ich mit meinem Bike wirklich Pech, aber der Abend war dafür umso schöner. James, der auch mein "Mitbewohner" im Zelt für die gesamte Woche war, feierte seinen 40. Geburtstag ein wenig. Ich wusste davon und war nach meiner Zielankunft zum Moderator gegangen und fragte ihn, ob James schon da sei. Er verneinte und ich klärte ihn über James' Geburtstag auf. Er versprach mir, das Nötige zu veranlassen ;) Leider war ich in der Dusche, als James ins Ziel kam, aber von Rob erfuhr ich hinterher, dass bei James' Zieleinlauf der Moderator alle im Zielbereich aufforderte, gemeinsam Happy Birthday anzustimmen - und alle stimmten ein! James war auch beim Abendessen noch sichtlich gerührt :)

Tag 4 ist der 1. Juli - Nationalfeiertag in Kanada! Aber dafür interessierte ich mich zunächst eher wenig. Ich ging direkt zu Obsession Bikes und sah mein Bike an den Stangen, an denen alle reparierten Bikes hingen. Mit Herzklopfen ging ich darauf zu und nahm den Reparaturzettel vom Lenker. Die Sattelstütze - entlüftet, neu gefüllt, funktioniert. Check 1. Die Kette - ausgetauscht, weil nicht mehr integer. Check 2. Komplette Bike Inspektion - durchgeführt. Check 3. Und dann die fehlende Schraube am Hinterbau - "fabricated". Check 4. WAS???? Ich ging zum Stand von Obsession Bikes und fragte nach. Ja, der Typ, der an meinem Rad geschraubt hatte, hatte eine Schraube extra handgefertigt, um sie an meinem Bike verbauen zu können. Insgesamt hätte er fast 3 Stunden an meinem Bike geschraubt. Ich war sprachlos. Da stand mein Bike, vollständig repariert, voll einsatzfähig. Über Nacht. Wahnsinn.

Um es kurz zu machen: die Jungs und Mädels von Obsession Bikes tun ALLES, was irgendwie machbar ist, um die Bikes der Rennteilnehmer über Nacht zu reparieren. Gebrochene Rahmen neu zu schweissen gehört da auch dazu, wie ich später erfuhr. Ich war jedenfalls überglücklich und das Rad - so viel sei vorweg genommen - schnurrte die restlichen Tage ohne jegliche Defekte vor sich hin.

Und so konnte ich wieder zum Rennstart gehen. Doch bevor es losging, sang ein Mädel erst einmal die Kanadische Nationalhymne über das Moderatoren Mikro und die Kanadier um mich herum stimmten ein - Gänsehaut pur! Getoppt wurde das noch von einem Typen im Bigfoot Kostüm, der ein Gitarrensolo zum besten gab :). Dann ging es mit einem Massenstart los und nach einem kurzen, steilen Asphaltstück dann ab in verdammt viele, geile Singletracks... Wurzeln, Steine, ausgesetzte Stellen, Drops, Anlieger und Bikepark ähnliche Downhills - Tag 4 bot alles auf! Alleine der finale Downhill umfasste fast 20% des gesamten Kurses mit den Trails Highway 102, Sidewinder, Sprockids Bike Park und Lunge. Was für ein geiler Tag!

Ich war gut unterwegs und kam mit meinem besten Tagesresultat ins Ziel: Platz 419! Auf dem Trail schloss ich ebenfalls wieder neue Bekanntschaften. Dieses Mal mit Carrie, einer Kanadierin. Gegen Ende beschlossen wir, gemeinsam die Ziellinie zu überqueren und freuten uns. Schnell das Bike waschen, dann duschen und erschöpft, aber mit einem Lächeln auf den Lippen ab auf die Fähre! Unter den normalen Gästen waren wir Biker leicht auszumachen anhand unserer roten Turnbeutel ;) Unser Ziel: North Vancouver. Die berüchtigte North Shore. Die 5. Etappe.

Hier noch ein Video von Tag4. Passenderweise mit einem Zeitraffer der Jungs von Obsession Bikes. Und mein Bike ist genau das blaue Cube, das am Anfang des Videos rechts neben dem BCBR Logo zu sehen ist :)

 

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Tag 5: North Vancouver

39 Kilometer - 1542 Höhenmeter - Die Route im Detail

Hier sind wir also. An der berühmt-berüchtigten North Shore. Ich weiß ja bereits so in etwa, was mich erwartet und mache mir keine Hoffnungen :) Obwohl: ich habe im Laufe der Woche schon viel gelernt und traue mir mittlerweile mehr zu als noch davor. Aber die Bedingungen sind alles andere als gut. Im Bike Mag zitiert Kristen Gross, die ebenfalls am Rennen teilnahm, einen der Fotografen: "I’ve never seen the North Shore in such bad shape,” said Margus Riga, one of the photographers covering the event and North Vancouver local. “Dusty, loose, rocks everywhere – it was dangerous out there.”

Die ersten 12 Kilometer sind aber erstmal durch Lynn Vally und vor allem auf Asphalt. Erst dann geht es mit dem Singletrack los, dafür aber richtig: Bridal Path. Einer der Trails, die laut Trailforks bestens geeignet sind, um das klettern auf technisch anspruchsvollen Wegen zu erlernen... ja, so kann man das auch sagen :) Die Wurzeln sind zahlreich, ebenso die North Shores. Hier ein ganz passendes Bild davon: http://www.pinkbike.com/photo/9311237/

Kurz darauf geht es zur ersten Aid Station, gefühlt etwas zu früh. Aber dennoch gerade richtig, denn danach geht es über Old Buck und Baden Powell ordentlich nach oben. Beide gut fahrbar, aber man muss sich die Kraft richtig einteilen. Oben angekommen, warten etliche Fahrer und verschnaufen. Über eine kurze Schotterpiste geht es runter und dann ab in den Wald. Erst einmal sieht man nichts mehr, dann gewöhnen sich die Augen an die dunklere Umgebung. Und das ist wichtig: denn aber hier jagt eine technische Herausforderung die andere. Enge, staubig Kehren, Wurzeln, steile Drops - gerne auch direkt nachdem man mit dem Lenker gerade so zwischen 2 Bäumen durchkam... puh! Gefühlt schwitze ich mehr als im Uphill! Denn das ganze geht nicht 2-3x so auf 100m. Nein, es bleibt so - für die nächsten 2-3 Kilometer. Willkommen auf Forever After, High School League und Fisherman's Trail.

Ein anderer Rennteilnehmer beschreibt diese Trails so: "Feature after feature leaps at you like a ghost train hurtling through the woods. A rock roll, a tight sandy chute dropping near vertically between trees that then spits you out onto a narrow log before picking up speed and throwing you into a rock garden. On and on they go. It’s exhausting and exhilarating." (Quelle: https://transalpuk.wordpress.com)

Ich schaffe es, mehr zu fahren, als noch beim ersten Mal in der Woche vor dem Rennen. Bei einigen Passagen steige ich aber lieber ab. Und da bin ich auch nicht alleine. Denn wie oben schon erwähnt, ist es stellenweise wirklich grenzwertig.

Nach einer kurzen Verschnaufpause auf einem Forstweg geht es dann über eine Brücke zu einer steilen Treppe. Ab hier heißt es tragen und schieben - für die nächsten 15 Minuten. Das wurde leider notwendig, da ein Erdrutsch eine andere Brücke mitgerissen hatte und es sonst keine Möglichkeit gegeben hätte, um von Seymour rüber zu Mt. Fromme zu kommen. Nach Aid Station 2 geht es kurz über Asphalt rüber zum Mt. Highway und es folgt der 2. lange Anstieg des Tages. Und dann der Feature Trail: Expresso.


Das Video beschreibt den Trail ziemlich gut! Die Brückenkonstruktionen waren teils abenteuerlich, insbesondere die, die in einer Kurve um den Baum führte. Und ja, meine Schulter blieb an dem Baum hängen... teilweise musste man aber auch in Bruchteilen von Sekunden entscheiden, ob man eines der Skinny Elemente fährt oder links / rechts daran vorbei. Das war nicht immer ganz so easy wie bei den Jungs im Video...

Aber ich habe den Tag überlebt! Zwar nur auf Platz 493, aber dafür ohne Sturz :) Abends ging es dann mit Bussen ab nach Squamish und ich hatte während der Fahrt Gelegenheit, mit Ryan zu reden. Ein super sympathischer Typ, der für Shimano * arbeitet und u.a. viel Erfahrung mit der Erstellung von Trainingsplänen hat. Ein wirklich interessantes und anregendes Gespräch!

 
Tag 6: Squamish

53 Kilometer - 1943 Höhenmeter - Die Route im Detail

Von vielen haben wir im Vorfeld gehört, dass dies der beste Tag sein soll. Und das nach bereits 5 Tagen im Sattel *! Na, ich bin gespannt... Bereits als wir aufstehen, nähert sich das Thermometer in rasantem Tempo der heutigen Höchstmarke von 34 Grad Celsius. Heute sind auch einige Gäste mit dabei, so wie Kai hier von MTB News (hier sein Bericht). Das lockert das ganze auf und bringt zusätzlich Spaß auf dem Trail, denn die meisten Locals freuen sich einfach tierisch, mal mit dabei zu sein und geben uns - die wir die Trails nicht so gut kennen - auch gerne mal ein bisschen Guidance.

Los geht es in mehreren Startblöcken jeweils hinter einem Führungsmotorrad her und wir kreuzen bei der Ausfahrt aus Squamish auch den Sea-to-Sky Highway. Auf selbigem bildet sich naturgemäß ein gehöriger Stau :) Bereits hier stehen viele Einheimische und feuern uns an, entsprechend oft gibt es High-Fives!

Nach den ersten Höhenmetern auf Asphalt geht es ab auf die Trails. Rollercoaster und Lumberjack machen schon mal Spaß und sind quasi zum einrollen :) Über Jacks und 50 Shades of Green - letzterer mit jeder Menge Serpentinen gespickt - geht es noch mal bergauf und dann kommt Rupert. Holy Shit!

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Die Bilder geben gut wieder, was da auf uns wartete. Kein Wunder, das Rupert auch als Black Diamond eingestuft wird...

Eigentlich sollte direkt nach Rupert die erste Aid Station kommen. Das war nur leider nicht der Fall. Ich habe schon jetzt kein Wasser mehr und so werden die kommenden 5 Kilometer bis Aid Station 1 nicht gerade lustig, denn das meiste davon ist nicht im Wald, sondern in der Sonne... Rob's Corner ist dennoch ein lustiger Flowtrail mit einigen Anliegern und direkt danach ist dann Gott sei Dank auch Aid 1. Ich tanke kräftig auf und weiter geht es.

Zunächst unspektakulär bergauf, aber dann kommt Half Nelson. Brett Tippie steht oben am Eingang, es gibt ein ordentliches Wiedersehen, High Five und er meint nur zu mir: einfach nicht bremsen * - der Trail ist geil! Gut, er kann das vielleicht, ich eher nicht ;) Aber nach der 3. Kurve gebe auch ich Gas. Half Nelson ist Bike Park Flow Feeling pur mit Tables, Doubles, riesigen Anliegern und etlichem Holz. Bei letzterem weiß man nie so genau, ob man nun drauf oder besser daneben fahren soll, ich entscheid mich zweimal falsch. Einmal geht es nicht weiter und beim anderen Mal bin ich froh, dass man Ende auch runterrollen konnte und nicht springen musste *puh*. Aber insgesamt ein Mega Spaß!!! Zum ersten Mal überhaupt schaffe sogar ich es, auf einem Downhill andere Leute zu überholen und ich glaube meinen Freudenjubel hört man noch unten im Tal :)

Kurze Verschnaufpause, danach geht es direkt weiter mit dem Feature Trail: PseudoTsuga. Ähnlich wie Half Nelson, aber bei weitem nicht so breit und mit mehr Grün, so dass man nicht immer so ganz genau weiß, was nach der nächsten Kurve auf einen lauert. Und das können dann - im Gegensatz zu Half Nelson auch einige technische Teilstücke mit Wurzeln und Drops sein. Aber dann geht es schon wieder in den nächsten Anlieger und mit Schwung weiter - der Spaßfaktor ist extrem hoch!


Mein Grinsen ist tierisch breit und mein Adrenalin irgendwo oben an der Schädeldecke, als ich aus PseudoTsuga auf einen Waldweg ausgespült werde. Leider kriege ich nicht mit, dass die dort parkenden Trucks nicht nur Streckenposten sind, sondern auch Wasser haben. Das erfuhr ich erst später. Beim folgenden Anstieg lasse ich zuerst Rob stehen, dann aber stelle ich entsetzt fest, dass ich schon wieder kein Wasser mehr habe. Einer der Motorrad Fahrer hilft mir aus - die haben immer noch etwas extra Wasser dabei. Ich bin wirklich dankbar!

Powerhouse Plunge, als Black Diamond eingestuft, ist dann wieder eine ganz andere Sorte von Trail - mehr Oldschool mit vielen Wurzeln und Steinen gespickt und dem entsprechend anspruchsvoll. Hoods in the Woods schliesst sich dem an, hier muss ich auch kurz stehen bleiben, da ich völlig ausgelaugt bin (und schon wieder kein Wasser mehr habe). Aber so mancher Stop lohnt sich durchaus :)

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Ja, genau. Da seht ein Typ mitten im Wald und brät Speck für alle, die vorbei kommen. Ha, wie geil!

Dann kommt - endlich - die Aid Station. Als ich meine Trinkblase zum auffüllen heraus nehme, weiß ich auch endlich, warum ich ständig kein Wasser mehr hatte - ein kleines Loch hatte sich direkt am Schlauchanschluss gebildet. Da ich selbst genug schwitze, habe ich nicht mitbekommen, dass der Rucksack tatsächlich auch von innen heraus nass war. Das Loch ist zwar klein, aber offenbar tropfte daraus stetig das Wasser... aber bis zum Ziel waren es nur noch 10km, ich fülle noch mal ordentlich nach und der Rest ist dann auch gut machbar.

Rückblickend muss ich sagen: Squamish war der absolute Hammer!! Die Etappe bot alles, was man sich vorstellen kann: Singletrail bergauf über Serpentinen, Bike-Park Downhills, Wurzeln, Drops, Felsen zum rauf- und runter fahren, Skinnys, North-Shores... WAHNSINN!! Und dazu jede Menge Einheimische wie auch Freiwillige, die - teils ordentlich kostümiert - uns anfeuerten.

Damit war der Tag aber noch nicht zu Ende. Es gab noch für jeden ein gratis T-Shirt von Shimano *, jede Menge Preise von Shimano * zu gewinnen und auch etliche kleine Fressbuden sowie einen Biergarten. Und im angrenzenden Community Center auch noch einen Pool und Whirlpool. Wow - was für ein Tag!
 

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Freut mich, dass es Euch gefällt :) Ja, es ist schon ein ganz besonderes Erlebnis gewesen, über das ich hier mit etwas Zeitverzögerung berichte. Aber die Erinnerungen sind noch frisch :) Kommen wir jetzt aber erst einmal zum letzten Tag:

Tag 7: Whistler

21 Kilometer - 856 Höhenmeter - Die Route im Detail

Gestern Abend in Squamish gönne ich mir noch einmal eine Massage, die wirklich gut tut. Das Abendessen ist - wieder einmal - hervorragend! Brett Tippie kommt noch an unseren Tisch und es wird richtig lustig! Mit so viel guter Laune geht es dann später ab ins Zelt und wenigstens über Nacht kühlt es mal ein wenig runter. Sogar so weit, dass sich am Morgen Tau auf dem Zelt gebildet hat! Der Weckruf kommt früh: um 5:30 Uhr. Yikes. Aber ein super gut gelaunter Henry, ein junger, schlaksiger Kanadier, der selbst am Rennen teilnimmt, ist schon gut drauf und verteilt erstmal Kaffee an die, die einen wollen. Den könnten wir uns zwar auch selbst holen, aber hey: wenn wir den schon ans Zelt geliefert bekommen :) Es gibt Frühstück, wir packen alles zusammen und dann geht es ab nach Whistler - dieses Mal ist es quasi das BC Bus Race :)

Wie die Heuschrecken fallen wenig später über 600 Rennteilnehmer in Whistler ein. Und das mitten auf der Olympic Plaza - eine Hammer Kulisse!! Wie üblich staunen die japanischen Touristen nicht schlecht, die Amis nehmen es gelassen und die Kanadier freuen sich mit uns :)

Ab geht es in die Startaufstellung zum letzten Tag. Einer aus der Crew hat sich ne langhaarige Perücke aufgesetzt, enge Jeans angezogen und gibt als Rocker die amerikanische Nationalhymne per Gitarrensolo zum besten; ach ja: es ist der 4. Juli, Independence Day! Dann geht es weiter. Der Moderator warnt uns: den Tag sollen wir aufgrund seiner Kilometeranzahl nicht unterschätzen! Neben mir scherzt einer, er würde notfalls die 20km auch zu Fuß laufen, nur um ins Ziel zu kommen. Ich glaube, da ahnte er noch nicht, wie recht er damit durchaus haben könnte...

Los geht es mit einem kurzen Stück Asphalt aus Whistler raus, schon leicht bergauf. Als wir aber um die Ecke biegen, weiß ich, warum vorne auf einmal alle so laut aufstöhnten: es geht erst mal den Skihang rauf! Alter Schwede... mein Garmin * Basecamp gibt als maximalen Steigungswert hinterher 30% aus... und das nach 6 Tagen! Meine Kraft reicht für 80%, dann steige ich ab und schiebe den Rest. Gott sei Dank geht es danach erst mal wieder runter und dann folgt ein Kuriosum, dass wir so noch nicht erlebt haben: vor Yummy Numby bildet sich ein Stau! Der Singletrail ist mit Black Diamond als Uphill Trail technisch so anspruchsvoll, dass quasi alle (vermutlich nach den ersten 200? oder auch nur 100? ich weiß es nicht) absteigen und schieben. Wir warten geduldig und flachsen :) Bis wir den Trail sehen, dann verschlägt es auch uns die Sprache... okay, also schieben.

Nach einem kurzen Verbindungsstück satteln die meisten aber wieder auf und ab da rollt es wieder - mehr oder weniger. Denn es folgt: Comfortably Numb. Nomen est Omen: nach dem Trail sind die Hände wirklich erst einmal taub. Aua. Ach ja: das ist wieder ein Black Diamond. Anforderung an die körperliche Fitness: extrem. Und das laut Trailforks. Die schreiben auch, dass es ein Must-Do Trail für technisch versierte Fahrer ist. Ah ja. Spezielle Features: Brücken und Rock Faces. Mein lieber Herr Gesangsverein... doch mit Jeff's folgt noch so ein Hammer Trail in der Kategorie Black Diamond. Die ersten 12 Kilometer bis zur Aid Station haben es knüppeldicke in sich. Die würden einem schon reichen, wenn man nur die als Rennen fahren würde. Aber nach 6 Tagen auf dem Bike dann solche Kaliber... uff! Kein Wunder, dass die durchschnittliche Rennzeit aller Finisher am heutigen Tage 2 Stunden und 13 Minuten beträgt; das entspricht einem Schnitt von gerade mal 9,4 km/h! Immerhin sind am Trail viele Freiwillige und Helfer, die uns nach Kräften anfeuern. An einer der fiesen Steigungen - vielleicht 15 Meter lang, aber jenseits der 25% über einen Felsen bergauf - steht so einer und rennt in Tour de France Manier neben jedem Fahrer her und schreit ihn hoch. Die 2 vor mir schaffen es nicht, ich beisse auf die Zähne und schaffe es! Es gibt mir einen Klaps auf den Hintern und brüllt: "GOOD JOB!! WOHHOOOO!!" Selten habe ich erlebt, dass sich jemand so für einen freut. Und das, obwohl ich im hinteren Fahrerfeld bin.

Nach der Aid Station haben die Organisatoren Erbarmen mit uns und über flowige Trails des Green Lake Loop geht es zurück. Auf dem Trail "White Gold Traverse" überhole ich einige Touristen, ebenfalls auf dem MTB, die keine Ahnung hatten, dass sie mitten in einem Radrennen gelandet sind. Aber sie machen bereitwillig Platz :) Gegen Ende warten noch einige Crews des BCBR, u.a. die Jungs und Mädels der Massage Abteilung, und feuern uns noch mal richtig an! Der Schlussspurt in Richtung Olympic Plaza muss sein und ich überquere die Ziellinie! YEAH!! Ich habe es geschafft!

Vollkommen ausgepumpt wartet dort ein nettes Mädel auf mich und übergibt mir die begehrte Medaille - eine Gürtelschnalle mit dem BCBR Logo. Ich bin stolz! Und dann kommt Brett Tippie auf mich zu und hält mir das Mikro unter die Nase. Etwas heiser und noch voll aufgekratzt gebe ich ein Statement zum besten, fasele irgendwas vom besten Rennen meines Lebens, den coolen Leuten, der geilen Stimmung und danach gibts erst mal ne fette Umarmung von Mr. Freerider himself! Rob wartet auch schon auf mich, macht erstmal ein nettes Foto zum Andenken und lotst mich anschließend zum Stand mit den Finisher Shirts. Stolz schnappe ich mir mein Exemplar und dann gibt es jede Menge High-Fives, Umarmungen, Fist-Bumps, Gequatsche mit anderen Rennteilnehmern, die man in der Woche kennen gelernt hat... so geht das gut ne Stunde :)

Müde, aber happy gehe ich noch mein Bike waschen, dann geht es ab ins Hotel, einchecken. Rob treffe ich auf dem Weg ins Convention Center wieder, wo wir unsere Koffer und Biketaschen abholen. Zurück im Hotel freue ich mich auf eine ausgiebige Dusche!! Ein paar der Sachen wasche ich auch gleich - Waschmaschine und Trockner im Zimmer sind durch nichts zu ersetzen - und dann geht es auch schon wieder los zum finalen Dinner, wo sich alle wieder treffen. Bei leckerstem Essen und kühlem Bier tauschen sich alle noch mal über das Erlebte aus und die wichtigsten Protagonisten der BCBR Crew geben noch einmal ein Stell-Dich-Ein und berichten von der Woche aus Ihrer Sicht. Wieder ist es der medizinische Leiter Brooks Hogya, der die meisten Lacher auf seiner Seite hat, als er von den vielen wunden Hintern erzählt ;) Die besten Fotos und die Videos jeden Tages werden gezeigt und wir verlassen alle müde und glücklich spät am Abend das Center. Ich bin so müde, dass ich gleich schlafen gehe, einige feiern noch weiter.

 

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Tag 8: Whistler - Ein Fazit

322 Kilometer und 9807 Höhenmeter liegen hinter mir. 7 Tage auf den unterschiedlichsten - und geilsten - Trails in British Columbia. Was für ein Rennen! Als ich am Morgen des 8. Tages aufwache, bin ich glücklich, aber auch traurig. Auch wenn ich vollkommen fertig bin, von mir aus könnte es immer so weiter gehen. Irgendwie tut es das auch, denn zum Frühstück gucke ich erstmal MTB XC Worldcup der Damen in Lenzerheide :)

Beim bummeln durch Whistler erkennt man eigentlich alle Rennteilnehmer sofort wieder, sei es wegen der T-Shirts, die alle stolz tragen oder wegen der Souvenirs, sprich der vielen Schürf- und sonstigen Wunden ;) Sofort quatscht man miteinander, es wird gelacht und geflachst, Telefonnummern und Facebook Kontakte ausgetauscht, falls noch nicht geschehen. Leider ist es an dem Tag in Whistler aber auch neblig: Rauch von umliegenden Waldbränden zieht ins Tal. Wir erfahren später, dass in Cumberland die Trails direkt nach unserem Rennen geschlossen wurden, da dort wohl höchste Waldbrandgefahr besteht und es danach auch brannte, wie ich meine gehört zu haben. Mit Rob, seiner Frau Sheryl und James gehe ich Abends noch Sushi essen, dann trennen sich unsere Wege fürs erste. Wir haben alle kleine Tränen in den Augen. Tags darauf fliege ich zurück nach Deutschland, die Arbeit ruft.

Mein persönliches Fazit: es war ein unglaubliches, geniales Rennen! Die Organisatoren und ihre vielen Helfer haben es perfekt im Griff. Eigentlich gehört dein Arsch dem BCBR ab dem Zeitpunkt, an dem Du eincheckst. Aber dort ist er in verdammt guten Händen :) Und alle Rennteilnehmer tragen zu der herausragenden Stimmung bei. Es ist schwer, zum Alltag zurückzukehren.

Würde ich es wieder machen? Auf jeden Fall!! Um ehrlich zu sein: Rob, James und ich haben uns verabredet, 2017 wieder an den Start zu gehen, wenn es irgendwie möglich ist :)

Ich werde aber vieles von dem, was ich gelernt habe, dieses Mal vorher umsetzen. So reicht es nicht, möglichst viel Power in den Beinen zu haben - klar eine gewisse Kondition und Power ist unersetzbar - aber ich werde viel an meiner Fahrtechnik arbeiten müssen. Aber ich weiß jetzt, wie und vor allem: warum :)

Mein Bike hat im Großen und Ganzen gut durchgehalten. Die Schraube des Hinterbaus war meine Schuld - ab sofort wird die jeden Tag gecheckt. Meine Reifenwahl war in Ordnung (Rocket Ron / Racing Ralph, beide in 2.25 mit Snakeskin und Tubeless) - ich hatte keine einzige Panne. Lediglich die Racing Ralph sind nach den 7 Tagen (ja, die waren frisch!) komplett runter :eek:. Hier hätte ich mir auch manches Mal mehr Bremsgrip gewünscht. Sobald es aber nasser gewesen wäre, hätten andere Kaliber herhalten müssen (mind. NobbyNic), um auf den vielen Wurzeln überhaupt so etwas wie Halt zu finden. Die versenkbare Sattelstütze war Gold wert! Der Federweg mit 120mm war auch in Ordnung, lediglich die Geometrie hätte durchaus etwas mehr in Richtung Trail gehen können. Aber es war fahrbar. Für mich war der Trinkrucksack perfekt, andere waren mit Flaschen glücklich - das ist eine persönliche Entscheidung. Glücklich war ich auch, dass ich für jeden Tag einen neuen Satz Trikot und Hose hatte. Ich hätte beim besten Willen keinen Bock gehabt, die Sachen unterwegs noch zu waschen. Vom BC Bike Race gibt es ein gutes Video, was mann alles packen sollte: Packvideo.

Gestürzt bin ich Gott sei Dank nur 2x und beide Male bin ich mit Schürfwunden und blauen Flecken davon gekommen. Gut, der eine blaue Fleck war ziemlich groß, aber hey: das gehört dazu. Ach ja, ein paar Bäume habe ich mit den Schultern auch mitgenommen. Ich hätte schwören können, dass die sich bewegt haben :) Leider bekomme ich aber auch mit, dass sich andere deutlich schwerer verletzt haben. Michelle, die eines Abends unsere Zeltnachbarin ist, sehe ich am darauf folgenden Abend wieder mit einem dicken Gips. Sie hatte sich den Arm gebrochen. Lyndon bohrte sich beim Sturz ein Stück Ast durch den gesamten Arm (ja, oben rein, unten wieder raus!). Und ist - verrückte Australier - dennoch die Etappe zu Ende gefahren! Abends dann drei Stiche - fertig! Einen erwischte es leider richtig heftig: Bruch des C1 Halswirbel. Er hatte Glück im Unglück und kam gerade so um den Rollstuhl herum, wie ich von einem seiner Freunde später erfahre. Er blieb für den Rest des Rennens aber im Krankenhaus und kam erst an Tag 8 wieder raus. Gut, dass die Mediziner auf der Rennstrecke ihm schnell helfen konnten! Die meisten Verletzungen bleiben aber harmlos: Schürfwunden, wunde Hintern, Infusionen gegen Hitzschlag und Dehydrierung. Alles nicht nett, aber verkraftbar.

Wer noch weitere, persönliche Erfahrungsberichte lesen will, dem seien die folgenden Links empfohlen:
https://transalpuk.wordpress.com
http://krisgross.blogspot.de
http://bcbluerun.blogspot.ca

Aber auch in den Medien wird darüber berichtet, hier nochmal 2 Links:
http://enduro-mtb.com/en/race-report-french-aventurer-tito-tomasis-full-bc-bike-race-2015/
http://bike-magazin.pageflow.io/bc-bike-race-2015-singletrail-etappenrennen-durch-british-columbia

Na dann: vielleicht sieht man sich ja irgendwann einmal beim BC Bike Race! Bis dahin: enjoy your ride :)
 
Was ein geiler Bericht!
Habe ja schon viel vom BC gehört, aber jetzt habe ich richtig Respekt bekommen.
Ach wie gerne würde ich da mal mitfahren, aber wie zur Hölle kann man in nur einer Woche 322km und fast 10 000hm fahren?
 


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