Nein, ich finde die Erhöhung falsch. Warum? Ich bin der Meinung die Erhöhung folgt der allgemeinen Reihenfolge der typischen Radlerdelikte aus der Sicht von KFZ-Führern. Also letztlich das "Stammtischniveau":
Platz 1 der typischen Radlerdelikte mit Unfallfolge: Rotlichtverstoß
Platz 2: Mängel bei der Beleuchtung.
Wenn man sich die Mühe machen würde die wirkliche Rangliste aufzustellen, ist das Ergebnis eher wie folgt:
Plätze 1-3 mit je ca. 15%: Geisterradeln , Gehwegradeln, Trunkenheit
Vorfahrtdelikte insgesamt ca. 25%, davon würde ich schätzen ca. 1/3 durch Rotlichtverstöße
also ist der Rotlichtverstoß frühestens Platz 4, wenn nicht höher.
Die Lichtmängel landen unter ferner liefen so frühestens bei etwa Rang 10.
Ich finde die Erhöhung angesichts folgender Punkte unverhältnismäßig:
1) das Busgeld für Gehwegradeln oder Geisterradeln liegt bei etwa 1/2 der 45€ bzw. 1/4 der 100€ (länger als eine Sekunde rot) bzw. ca 1/2,5 der zukünftigen 60€.
2) das Busgeld für Fußgänger ist 5€ bzw. gerade mal 10€ im Unfallfalle. Ich bin definitiv dafür, das Radfahrer als Fahrzeugführer mit einem höheren Busgeld belastet werden als Fußgänger, aber ob ein Faktor 9 (45€) 12 (60€) oder gar 20 (100€) gerechtfertigt ist, wage ich arg zu bezweifeln. Die Unfallrisiken liegen wohl kaum in diesem Verhältnis.
Verkompliziert wird die Sache freilich durch die Anteile Rotlichtsünder bzw. Gehwegradler bzw Geisterradler an Radlern. Ich nehme mal an, die Anteile sind gleich (da kann ich sehr daneben liegen). Was hingegen realistisch ist, ist das die 3 Gruppen bei systematischen Radlerkontrollen gleichbehandelt werden, aber ansonsten weit überwiegend vor allem die Rotfahrer belangt werden. So komme ich zu nem Faktor von ca. 2 das Rotfahrer öfter belangt werden als Gehweg-/Geisterradler.
Kombiniert man dies mit den unterschiedlichen Busgeldhöhen und Unfallanteilen ergibt sich für
45€: ca. 2 * 45/25 * ca. 2 -> ca. 7,2 mehr Busgeldzahlungen durch Rotradler bei gleichem Unfallrisiko wie Gehweg- oder Geisterradler
bei 60€ ist der Faktor dann ca. 9,6 und bei 100€ ca. 16.
Dies halte ich für nicht gerechtfertigt.
Ein weiterer Punkt ist, das das Busgeld auch bei Ampeln ohne Gelbphase sofort beim Umschalten auf rot, es spottet schlicht den Naturwissenschaften Physiologie - Schrecksekunde und Physik - Bremsweg und dafür nötige Zeit zum Abbremsen. Und genauso fraglich ist die Erhöhung auf 100€ nach nur einer Sekunde. In der Praxis wird zwar oft auch bei mehr als 1s nur die 45€ verlangt und auch von manchen Beamten ein Toleranzfenster nach dem Umschalten auf rot gegeben. Aber das ist willkürlich.
Man sollte mal eine Rechnung, wie ich sie hier skizziert habe mal im Detail und auf Basis der verfügbaren Statistiken machen. Dies ist aber natürlich völlig außerhalb des Fokus der momentanen Neuregelung.
Deswegen will mal kurz eine Tabelle machen: momentane Regelung, vom Bundesrat vorgeschlagene Regelung, Gegenvorschlag von mir:
Busgeld rot / Busgeld mehr als eine Sekunde rot, Punkte in Flensburg, mit Behinderung anderer, mit Gefährdung anderer, mit Unfall
Stand: 45€ / 100€, 1 Punkt, 100€ / 160€, 120€ / 180€
Bundesratsvorschlag: 60€ / 100€, 1 Punkt, 100€ / 160€, 120€ / 180€
Gegenvorschlag: 45€ *1 / 45€ *2, mir egal ob 0 oder 1 Punkt, 100€ *1 / 160€ *2, 120€ *1 / 180€ *2
*1 Ampel weist eine Gelbphase, die mindestens der Reaktionszeit und einer angemessenen Bremszeit entspricht, bzw. bei Ampeln ohne diese Gelbphase greift das Busgeld auch erst nach dieser Zeit nach dem Umschalten auf rot.
*2 zusätzlich vergehen ? 2 oder 3 ? Sekunden