Renn.Schnecke
im Zuckersandsee
Strohwitwen-Herbstreise 2014: Entdeckungen im Ruppiner Land + Mecklenburgische Seenplatte
Eigentlich ist Strohwitwe der falsche Begriff. Versehrtenwitwe trifft es vielleicht besser.
Auf alle Fälle ergab es sich "dank" einer Verletzung meines liebsten Begleiters, dass der gemeinsame Herbsturlaub in den Bergen ausfiel. So zog ich für vier Tage alleine los. Und das war so:
Vier Tage herrlicher Sonnenschein sind vorhergesagt. Spontan sattel ich mein Radel-Ross, plane eine Strecke zu einem Ziel, zu dem ich seit Lotte.2000s Empfehlung hin wollte - Dobbertiner See + Woseriner ~ + Warnowtal im Mecklenburgischen - und ab gehts:
Tag 1: Quer durch die Stadt und auf dem E10 zum Zanderblick
Als erstes geht es durch die Hauptstadt. Kaum ein unbehandeltes Stück Erde, verstaute Straßen, rote Ampel, gelbe Ampel, grünes Männchen, reintreten, Bremsen ziehen, das Radioprogramm im Ohr... In der Mitte gibt es dann Frühstück und letzte Ausrüstungsgegenstände. Und weiter geht's.
Kurz vor Mittag seh ich endlich Land: es wird ruhiger und grüner. Eine gepflastere Straße bringt mich vollends raus und nach Schönwalde, Pausin und Paaren im Glien. Banner a la "Keine Winderräder in unserem Landschaftsschutzgebiet" oder "Runter vom Gas!" säumen die Straße.
In Grünefeld gehts endlich auf den E10 und damit runter vom Asphalt. Als nächstes lande ich im Storchendorf Linum. Ein Storch ist allerdings nicht mehr zu sehen. Na die sind eh angeblich dieses Jahr zehn bis 15 Tage früher als sonst davon gezogen.
Nur für einen kleinen Blick in die Kirche klingel ich Schwester Anneliese nicht heraus. Bzw. die "Ersatzperson": Auf einem weiteren, kleinen Zettel steht was von melden beim dritten Fenster links, Straßenseite.
Ich habe noch Zeit, der Tag ist noch lang. Auf meiner Karte steht was von Hakenberger Denkmal. Was das wohl sein mag? Quer über's Feld, hinein in ein Fleckchen Wald direkt neben der A24 begebe ich mich und suche dieses Denkmal. Hier ein Weg, da ein Pfad, wo ist es denn? Meine Karte kann mir auch nicht helfen. Doch dann eine Erklärbärtafel, ein Wegweiser "Kurfürstenpfad ->", ein Pilzsucher! Hier ist doch mehr los als nichts! Aber wo ist dieses Denkmal? Eine Lindenallee im Wald später steh ich auf einem Stück Rasen. Oh, noch eine Erklärbärtafel. Aber immer noch kein Denkmal....
Derweil hinter meinem Rücken:
Oooooooooh, da ist es! - Unübersehbar....
Die Säule ist gleichzeitig Aussichtsturm. Super! Besonders dieser niedliche Rundgang zu Füßen der "Goldelse". Ganz schön schmal und hoch hier.
Rechts sieht man die Allee, die zu der Siegessäule führt. Von der Straße ist das Denkmal nicht zu übersehen.
Auf dem kleinen Denkmal am Anfang der Allee steht: "Friedrich Wilhelm der Große kam, sah und siegte". Das gesamte Ensemble ist aufgrund der Schlacht bei Fehrbellin am 18. Juni 1685 erbaut worden. "Hier legten die Brandenburger den Grund zu Preußens Größe...". Gut zweihundert Jahre später wurde die Siegessäule an der Stelle der Geschützstellung während der Schlacht gegen die schwedischen Feinde errichtet.
Weiter geht es auf dem E10. Ich fahre über den Alter Rhin und denke noch, dass es hier aussieht wie im Spreewald.
In Ziethenhorst kann ich mich bei einem "Zaunladen" samt der Kasse des Vertrauens mit 17 verschiedenen süßen Brotaufstrichen und Wachteleiern eindecken.
Nicht nur deswegen müsste ich eigentlich ein paar Wochen später noch einmal hierher fahren:
Ob der Baum Mitte Oktober rot in rot kostümiert sein wird?
Ich erreiche Wustrau und Altfriesack. Die Kraniche sammeln sich über meinem und den Einwohnerköpfen und trompeten. Hier befinde ich mich am südlichen Zipfel des Ruppiner Sees. Baden geeeehn! Auch wenn's nicht mehr hochsommerlich ist, muss das bei einer mehrtägigen Tour ohne Dusche sein...
Ab jetzt geht's endlich auf Pfaden weiter! Vidar hat so einiges versprochen: Der Beitrag ist zwar schon sechs Jahre alt, aber immer noch empfehlenswert:
ne gute aber kurze strecke ist zwischen gnewikow und karwe unten am see lang kaum leute und mal was, was man als gelände/trail bezeichnen kann sowie vom naturlehrpfad stendenitz (alle ökos werden mich hassen^^) am teufelssee lang bis zum forsthaus rottstiel. dann am tornowsee entlang nach boltenmühle entweder auf der ostseite oder westseite dann aber oben über den zanderblick von boltenmühle dann zum kalksee am bienenbach entlang (auch gutes gelände) wies weitergeht musst selbst gucken ich fahr immer südufer und dann nach kunsterspring da is ne top schotterpiste aber der weg lässt sich nich beschreiben aber für mountainbiker sind das die strecken im ruppiner land weils das die hügeligsten sind
Stendenitz, Rottstiel, Boltenmühle kommt also erst später. Jetzt gehts erstmal von Karwe nach Gnewikow:
Auf halber Strecke verliere ich den Weg und steh plötzlich wieder auf der Straße in Seehof. Hm, komisch. Bestärkt durch vidars Beitrag suche ich ein wenig und bin wieder unten am See und surfe den Pfad ab. Und wirklich sonst keiner weiter hier (aber okay, ist ja auch Montag).
Weiter nach Wuthenow und nach Neuruppin. Eine Besichtung der Fontanestadt lasse ich allerdings aus.
Entlang des Molchowsees und des Tetzensees erreiche ich Stendenitz. Wo ist denn jetzt der Naturlehrpfad, den vidar erwähnte? Die Sonne steht schon sehr nah den Buchenwipfeln, das Laub auf dem Boden leuchtet in herrlichen Rotbrauntönen.
Durch einen Zufall finde ich den Naturlehrpfad. Der ist echt gut gemacht! Im schalen Dämmerungslicht suche ich nach Tiersilhouetten, koche ein Pilzsüppchen und frage nach mir selbst.
Beim Waldmuseum erfahre ich, dass "Das kalte Herz" hier am Tornowsee gedreht wurde! Wer kennt und mag den Film so sehr wie ich?
Die Sonne ist schon untergegangen, ich war noch nicht mal baden, meine "Unterkunft" "Am Zanderblick" habe ich dafür schon inspiziert. Der Blick auf den Tornowsee ist toll. Müsste morgen früh sich nur noch genau gegenüber von mir die warme Scheibe zeigen.
Nachdem ich nochmal unten am See war, hab ich mich im Dunkeln glatt beim Wiederaufstieg verfahren. Im dusteren Wald ist es schon ein bisschen gruselig. Besonders, wenn mittendrin noch ein führerloses Auto rumsteht.
Den Zanderblick finde ich natürlich noch. Jetzt den Schlafsack auf dem Waldboden ausgerollt und hineingekuschelt. Mal sehen, ob und was die Nacht bringen wird.
Gute Nacht!
160 km + 8 h Fahrzeit
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