fatbikepeg
Wildschweinschreck
Classic Trekking-MTB: ROLA Jumpmaster Flash 1993
Die Geschichte beginnt im Dez 2016... ich schaue wie immer beim Gehen nicht auf den Gehweg, sondern an den Rand zu den ganzen angeketteten Rädern. Hin und wieder ist mal ein echter Hingucker dabei - ein stolzer Strahler von damals, der schon bessere Zeiten gesehen hat. Und plötzlich ist da wieder mal so ein Rad... ich kucke nur kurz, gehe weiter... bleibe stehen und gehe nochmal zurück. Erste Gedanke: geile Lackierung, dazu bunte aufgeklebte Schriftzüge in Farben, die überhaupt nicht zur Lackierung passen. Auf dem Oberrohr steht schwer lesbar "Flash" oder so ähnlich, auf dem Unterrohr steht bunt "Jumpmaster". Hmm, ist mir noch nie begegnet. Ich gehe schließlich weiter. Auf dem Rückweg gehe ich extra nochmal einen kleinen Umweg, um nochmal an dem Rad, das da hoffentlich noch steht, vorbeizukommen. Es war mir die letzten zwei Stunden nicht aus dem Kopf gegangen. Und gottseidank da stand es noch, diesmal schnell ein Foto gemacht:
Hachja..
Kommt auf dem Bild nicht so ganz raus, aber diese schwarz-dunkeltürkisgrün-gesprenkelte Lackierung mit den bunten Decals hat mich echt angemacht.
Binnen der kommenden 2 Monate war mir das Bike noch 3mal an der Stelle begegnet. Es wird auf jeden Fall bewegt, schön. Habe dann Mitte Februar nen Zettel rangehängt mit Kaufangebot und Handynummer, hat sich aber nie jemand gemeldet. Zeitgleich hab ich bei eBay und eBay Kleinanzeigen einen automatischen Suchauftrag gestartet. Am Montag 13.03. schlug die Suche zum Alarm - jemand hatte bei eBay KA genau das Bike in genau der Lackierung und dann auch noch in der für mich passenden Rahmengröße inseriert: Hier die Bilder des Verkäufers:
"fahrrad jumpmaster in gute zustand." Aha, ok. 40 EUR, Selbstabholung... in DUISBURG
Schlaflose Nacht zum Dienstag. Scheisse, ich muss das Bike haben!
Zugverbindungen Berlin - Duisburg und zurück gecheckt. Verkäufer angeschrieben. Termin für Freitag ausgemacht. Donnerstag Abend noch den Rucksack mit den wichtigsten Utensilien für den kleinen Abstecher in den Ruhrpott gepackt:
Da der Sattel auf den Bildern schon so komisch aussah, hab ich noch einen zum Sofortersatz eingepackt. Freitag 17.03. gegen 4:30 Abfahrt mit dem Zug nach Duisburg. Rückticket hatte ich auch schon gebucht, inklusive Fahrradkarte.
Gegen 9:30 im Randbezirk von Duisburg angekommen, wortkarge Übergabe des Rades, ja danke, bitte, tschüß, Tür zu. Vorne Platten. Erstmal nen nettes Plätzchen vor einem Supermarkt mit Sitzmöglichkeit aufgesucht und den Zustand gecheckt... auf den ersten Blick ganz nett, auf den zweiten Blick: ÜBEL. Es kommt der Zweifel auf, ob das Rad mich Schwergewicht die 15km bis zum Hauptbahnhof Duisburg trägt - der Rahmen wird es schaffen, aber die Laufräder...
Billig anmutende Kenda Skinwall-Reifen sehen aus wie neu, sind aber komplett porös. Felgen und Speichen vollständig korrodiert und stumpf, null Speichenspannung. Das kann lustig werden. Wurde es auch. Ok, erstmal versucht vorn wieder Luft in den Reifen zu kriegen. Fast 40min mit der Lezyne Minipumpe geschuftet, bereits 3x komplett durchgeschwitzt, naja leicht besser, aber der Schlauch will die Luft nicht halten. Scheiß drauf, ich fahre jetzt einfach los - muss sowieso nen komplett neuer LRS her. Also losgegurkt Richtung Duisburg Hauptbahnhof. Schaltung wie Butter, gar nicht zu glauben, aber mal was positives. Bremswirkung.. nunjaaa, lieber langsam fahren und noch die Schuhsohlen zum Bremsen dazunehmen. Nach 3km der erste Zwischenstop um mal die Beine auf einer Parkbank auszustrecken.. der Sattel ist natürlich viel zu tief für meine langen Beinchen eingestellt und auch noch arg nach hinten gekippt festgerammelt. Es braucht einen 13er Schlüssel, um das zu ändern. Den habe ich natürlich nicht bei.
Also mit dem Smartphone einen Radladen in der Nähe gesucht. Ein Zwischenstopp beim Radladen lässt sich nicht vermeiden, da ich mit der Sattelposition keine 15km durchhalte, zumal die Knie mir beim Pedalieren teils an die Brust schlugen. Fahrt durch eine belebte Einkaufsstraße mit Fußgängerzone. Hier irgendwo muss doch der Radladen sein. Die Leute kucken doof. Was denn?? Noch nie son geiles Fahrrad gesehen, oder was?? Liegts an Duisburg oder liegts an mir? Beim Vorbeifahren einen Blick in ein spiegelndes Schaufenster geworfen, bestätigt sich mein Verdacht: Ich sehe mit meinem Kampfgewicht von 145kg, den langen Beinen, dem zu tief sitzenden Sattel und dem vollgepackten Rucksack auf dem Rücken total bescheuert aus. Egal, ist ja nur Duisburg. Die sehen mich hier eh nicht wieder. Ah, endlich.. der Radladen. Freundlicherweise wurde mir sofort der Sattel höher und gerade gestellt. Ich schätze man hatte Mitleid mit mir.
Und weiter geht die Fahrt. Schon viel besser. So langsam macht das Rad echt Bock. Der betonierte Weg führt mich entlang diverser Fabrikruinen - Relikte aus einer Zeit der mächtigen Kohleindustrie des Ruhrpotts, schließlich über die Weser und irgendwann waren ich und das Bike nach 15,8km unfallfrei am Hauptbahn Duisburg angekommen. Der Sattel löste sich zwischendurch leider wieder und kippelte ständig beim Fahren.
Noch 3 geschlagene Stunden Zeit bis der Zug zurück nach Hause fährt. Meine Güte, ich bin wohl zu schnell gefahren. Imbiss geplündert und noch Zeit für eine Fortsetzung der Bestandsaufnahme:
Schutzbleche schief und verbeult, mit Rost besetzt, Gepäckträger zeigt jede Menge Rost unter der schwarzen Lackierung, Rücklicht funktioniert nicht - Kabel durchtrennt und irgendwo unter dem Tretlager festgeknotet - naja, muss eh alles weg. Schalthebel rechts ramponiert - muss neu.
An dieser Stelle wird Herr @wosch aktiviert und belagert: "du kannste mal, kuck mal hier, haste noch sowas in deiner Grabbelkiste, und sieh dir mal das an, und das hier geht gar nicht, will ich alles neu haben, das da kann so nicht bleiben, naja eigentlich alles Schrott außer der Rahmen, blabla.." Geduldig liefert Herr @wosch die Antworten, die mich glücklich machen: "ja sowas liegt hier noch irgendwo rum, kann ich auftreiben, das hol ich nachher mal aus der Recycling Börse, schick ich dir per Post, ja ich baue dir einen neuen LRS,.." Wunderbar.
Rückfahrt ganz einsam im Fahrradabteil des Intercity nach Berlin. Wenigstens war die Tür zum Lokführer offen - bissel Flirten muss sein.
Gegen 22:15 heil zu Hause mit Bike angekommen.
Am folgenden Tag ist etwas Zeit für Putzarbeiten. Hier ein paar schöne Bilder, die die geile Lackierung und die bunten Decals zeigen:
Die vergammelten Teile des Jumpmaster:
Zum Sonntag war das Wohnzimmer mal wieder in eine Fahrradwerkstatt mutiert.
Nun wurde erstmal alles entfernt, was verrottet war: Gepäckträger, Schutzbleche, Rücklicht, Kurbeln + Pedalen, Sattel + Sattelstütze, Bautenzüge + Hüllen, Laufräder, Lenker, Schaftvorbau, rechter Schalthebel, Tretlager.
Übrig bleiben die Gummigriffe, Bremsen und Bremshebel, Schaltung, der linke Schalthebel, Steuersatz, Umwerfer, Kettenspanner und die Gabel.
So ganz nackig zeigte sich schließlich ein klassischer Mtb-Stahlrahmen mit einigen für Trekkingräder typischen Extras: eine Pletscherplatte, eine Vorrichtung zur Anbringung eines Seitenläufer-Dynamo an der rechten Sitzstrebe, einen Mount zur Befestigung eines Mittelbau-Seitenständers und zwei Metalle zur Einklemmung einer Rahmenluftpumpe.
Gewinde zur Montage eines Flaschenhalters fehlen leider.
Baujahr 1993??
Da bin ich mir nicht so sicher. Auf der Pletscherplatte ist die Rahmennummer eingestanzt - diese beginnt mit "P9330.....". Falls also jemand genaueres sagen kann, freue ich mich. Ich denke die Art der Lackierung und die kitschig bunten Decals passen in den Zeitraum Anfang 90er. Es ist zu diesem Rad leider sonst nichts Verwertbares im www zu finden. Aber wird wohl eher nen Billig-Rad gewesen sein. Hab ich schon erwähnt, dass die Lackierung voll geil ist??
Fortsetzung folgt... (LRS-Bau, neue Teile)
Die Geschichte beginnt im Dez 2016... ich schaue wie immer beim Gehen nicht auf den Gehweg, sondern an den Rand zu den ganzen angeketteten Rädern. Hin und wieder ist mal ein echter Hingucker dabei - ein stolzer Strahler von damals, der schon bessere Zeiten gesehen hat. Und plötzlich ist da wieder mal so ein Rad... ich kucke nur kurz, gehe weiter... bleibe stehen und gehe nochmal zurück. Erste Gedanke: geile Lackierung, dazu bunte aufgeklebte Schriftzüge in Farben, die überhaupt nicht zur Lackierung passen. Auf dem Oberrohr steht schwer lesbar "Flash" oder so ähnlich, auf dem Unterrohr steht bunt "Jumpmaster". Hmm, ist mir noch nie begegnet. Ich gehe schließlich weiter. Auf dem Rückweg gehe ich extra nochmal einen kleinen Umweg, um nochmal an dem Rad, das da hoffentlich noch steht, vorbeizukommen. Es war mir die letzten zwei Stunden nicht aus dem Kopf gegangen. Und gottseidank da stand es noch, diesmal schnell ein Foto gemacht:
Hachja..
Kommt auf dem Bild nicht so ganz raus, aber diese schwarz-dunkeltürkisgrün-gesprenkelte Lackierung mit den bunten Decals hat mich echt angemacht.
Binnen der kommenden 2 Monate war mir das Bike noch 3mal an der Stelle begegnet. Es wird auf jeden Fall bewegt, schön. Habe dann Mitte Februar nen Zettel rangehängt mit Kaufangebot und Handynummer, hat sich aber nie jemand gemeldet. Zeitgleich hab ich bei eBay und eBay Kleinanzeigen einen automatischen Suchauftrag gestartet. Am Montag 13.03. schlug die Suche zum Alarm - jemand hatte bei eBay KA genau das Bike in genau der Lackierung und dann auch noch in der für mich passenden Rahmengröße inseriert: Hier die Bilder des Verkäufers:
"fahrrad jumpmaster in gute zustand." Aha, ok. 40 EUR, Selbstabholung... in DUISBURG
Schlaflose Nacht zum Dienstag. Scheisse, ich muss das Bike haben!
Zugverbindungen Berlin - Duisburg und zurück gecheckt. Verkäufer angeschrieben. Termin für Freitag ausgemacht. Donnerstag Abend noch den Rucksack mit den wichtigsten Utensilien für den kleinen Abstecher in den Ruhrpott gepackt:
Gegen 9:30 im Randbezirk von Duisburg angekommen, wortkarge Übergabe des Rades, ja danke, bitte, tschüß, Tür zu. Vorne Platten. Erstmal nen nettes Plätzchen vor einem Supermarkt mit Sitzmöglichkeit aufgesucht und den Zustand gecheckt... auf den ersten Blick ganz nett, auf den zweiten Blick: ÜBEL. Es kommt der Zweifel auf, ob das Rad mich Schwergewicht die 15km bis zum Hauptbahnhof Duisburg trägt - der Rahmen wird es schaffen, aber die Laufräder...
Billig anmutende Kenda Skinwall-Reifen sehen aus wie neu, sind aber komplett porös. Felgen und Speichen vollständig korrodiert und stumpf, null Speichenspannung. Das kann lustig werden. Wurde es auch. Ok, erstmal versucht vorn wieder Luft in den Reifen zu kriegen. Fast 40min mit der Lezyne Minipumpe geschuftet, bereits 3x komplett durchgeschwitzt, naja leicht besser, aber der Schlauch will die Luft nicht halten. Scheiß drauf, ich fahre jetzt einfach los - muss sowieso nen komplett neuer LRS her. Also losgegurkt Richtung Duisburg Hauptbahnhof. Schaltung wie Butter, gar nicht zu glauben, aber mal was positives. Bremswirkung.. nunjaaa, lieber langsam fahren und noch die Schuhsohlen zum Bremsen dazunehmen. Nach 3km der erste Zwischenstop um mal die Beine auf einer Parkbank auszustrecken.. der Sattel ist natürlich viel zu tief für meine langen Beinchen eingestellt und auch noch arg nach hinten gekippt festgerammelt. Es braucht einen 13er Schlüssel, um das zu ändern. Den habe ich natürlich nicht bei.
Also mit dem Smartphone einen Radladen in der Nähe gesucht. Ein Zwischenstopp beim Radladen lässt sich nicht vermeiden, da ich mit der Sattelposition keine 15km durchhalte, zumal die Knie mir beim Pedalieren teils an die Brust schlugen. Fahrt durch eine belebte Einkaufsstraße mit Fußgängerzone. Hier irgendwo muss doch der Radladen sein. Die Leute kucken doof. Was denn?? Noch nie son geiles Fahrrad gesehen, oder was?? Liegts an Duisburg oder liegts an mir? Beim Vorbeifahren einen Blick in ein spiegelndes Schaufenster geworfen, bestätigt sich mein Verdacht: Ich sehe mit meinem Kampfgewicht von 145kg, den langen Beinen, dem zu tief sitzenden Sattel und dem vollgepackten Rucksack auf dem Rücken total bescheuert aus. Egal, ist ja nur Duisburg. Die sehen mich hier eh nicht wieder. Ah, endlich.. der Radladen. Freundlicherweise wurde mir sofort der Sattel höher und gerade gestellt. Ich schätze man hatte Mitleid mit mir.
Und weiter geht die Fahrt. Schon viel besser. So langsam macht das Rad echt Bock. Der betonierte Weg führt mich entlang diverser Fabrikruinen - Relikte aus einer Zeit der mächtigen Kohleindustrie des Ruhrpotts, schließlich über die Weser und irgendwann waren ich und das Bike nach 15,8km unfallfrei am Hauptbahn Duisburg angekommen. Der Sattel löste sich zwischendurch leider wieder und kippelte ständig beim Fahren.
Noch 3 geschlagene Stunden Zeit bis der Zug zurück nach Hause fährt. Meine Güte, ich bin wohl zu schnell gefahren. Imbiss geplündert und noch Zeit für eine Fortsetzung der Bestandsaufnahme:
Schutzbleche schief und verbeult, mit Rost besetzt, Gepäckträger zeigt jede Menge Rost unter der schwarzen Lackierung, Rücklicht funktioniert nicht - Kabel durchtrennt und irgendwo unter dem Tretlager festgeknotet - naja, muss eh alles weg. Schalthebel rechts ramponiert - muss neu.
An dieser Stelle wird Herr @wosch aktiviert und belagert: "du kannste mal, kuck mal hier, haste noch sowas in deiner Grabbelkiste, und sieh dir mal das an, und das hier geht gar nicht, will ich alles neu haben, das da kann so nicht bleiben, naja eigentlich alles Schrott außer der Rahmen, blabla.." Geduldig liefert Herr @wosch die Antworten, die mich glücklich machen: "ja sowas liegt hier noch irgendwo rum, kann ich auftreiben, das hol ich nachher mal aus der Recycling Börse, schick ich dir per Post, ja ich baue dir einen neuen LRS,.." Wunderbar.
Rückfahrt ganz einsam im Fahrradabteil des Intercity nach Berlin. Wenigstens war die Tür zum Lokführer offen - bissel Flirten muss sein.
Am folgenden Tag ist etwas Zeit für Putzarbeiten. Hier ein paar schöne Bilder, die die geile Lackierung und die bunten Decals zeigen:
Die vergammelten Teile des Jumpmaster:
Zum Sonntag war das Wohnzimmer mal wieder in eine Fahrradwerkstatt mutiert.
Nun wurde erstmal alles entfernt, was verrottet war: Gepäckträger, Schutzbleche, Rücklicht, Kurbeln + Pedalen, Sattel + Sattelstütze, Bautenzüge + Hüllen, Laufräder, Lenker, Schaftvorbau, rechter Schalthebel, Tretlager.
Übrig bleiben die Gummigriffe, Bremsen und Bremshebel, Schaltung, der linke Schalthebel, Steuersatz, Umwerfer, Kettenspanner und die Gabel.
So ganz nackig zeigte sich schließlich ein klassischer Mtb-Stahlrahmen mit einigen für Trekkingräder typischen Extras: eine Pletscherplatte, eine Vorrichtung zur Anbringung eines Seitenläufer-Dynamo an der rechten Sitzstrebe, einen Mount zur Befestigung eines Mittelbau-Seitenständers und zwei Metalle zur Einklemmung einer Rahmenluftpumpe.
Gewinde zur Montage eines Flaschenhalters fehlen leider.
Baujahr 1993??
Da bin ich mir nicht so sicher. Auf der Pletscherplatte ist die Rahmennummer eingestanzt - diese beginnt mit "P9330.....". Falls also jemand genaueres sagen kann, freue ich mich. Ich denke die Art der Lackierung und die kitschig bunten Decals passen in den Zeitraum Anfang 90er. Es ist zu diesem Rad leider sonst nichts Verwertbares im www zu finden. Aber wird wohl eher nen Billig-Rad gewesen sein. Hab ich schon erwähnt, dass die Lackierung voll geil ist??
Fortsetzung folgt... (LRS-Bau, neue Teile)