Nach der Formula The One FCS kommt hier der nächste Fahrbericht zu einer der aktuell am weitesten verbreiteten Scheibenbremsen, der Sram X0 Disk Brake. Vor wenigen Wochen erst hat uns Hannes die neue Sram X0 Trailbremse mit neuem Vierkolbensattel vorgestellt und einige von euch würden mit Sicherheit gerne wissen, was die verschärfte Version der X0 zu bieten hat. Vorerst müssen wir jedoch mit der leichteren und schon weit verbreiteten Version vorlieb nehmen. Die von uns im Doppeltest gefahrene Sram X0 basiert technisch auf der seit einigen Jahren verkauften Avid Elixir-Baureihe und unterscheidet sich nur in Details von der bekannten Bremse, die vor allem auch im OEM-Bereich viel verwendet wird.
Die Sram X0 Scheibenbremse – nicht nur im OEM-Bereich eine sehr weit verbreitete Bremse.
Der Fahrbericht im Überblick
- Einleitung
- Technische Daten
- In der Hand
- Montage
- Auf dem Trail
- Fazit
- Pro & Contra
- Weitere Informationen
- Bildergalerie zum Test
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Einleitung
In den letzten Jahren hat Sram stark daran gearbeitet, die Logik innerhalb der eigenen Marken- und Seriengruppe aufzuräumen. Ein Ergebnis davon ist die Sram X0 Scheibenbremse, die zwar nach wie vor bei Avid gefertigt wird und auch als Avid X0 bekannt ist (und auch mal X.0 geschrieben wird), jedoch optisch an die Sram X0 Schaltungsgruppe angepasst ist und gemeinsam mit der Schaltung vermarktet wird.
Technisch betrachtet sind die X0 Bremsen eine schrittweise Weiterentwicklung der bekannten Avid Elixir CR und wiegen dank schlankerem Ausgleichsbehälter im Bremsgriff, Carbon-Bremshebeln und anderen Schrauben ca. 40g weniger, als die vergleichbare Elixir CR. Montiert wird die X0 wie die anderen Avid Bremsen auch über geteilte Klemmen, die in verschiedenen Versionen auch die Aufnahme der Trigger-Schalthebel und der Reverb-Sattelstütze über eine einzige Klemme ermöglichen. Hier zahlt sich die konzernweite Integration von Funktionen aus, ärgerlich wird’s nur für den, der spontan wechseln will.
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Technische Daten
- Bremssattel: 2 Kolben in geschmiedeter zweiteiliger Bremszange
- Material Bremssattel: Aluminium
- Material Hebelkörper: Aluminium
- Material Hebel: Carbon
- Bremsflüssigkeit: DOT 5.1
- Bremsscheiben: HS1 (seit 2012er Jahrgang), davor G3CS
- Bremsscheibengrößen: 160 / 180 / 200mm, hinten auch 140mm
- Farbe: Schwarz mit X0 Schriftzügen in rot, schwarz oder silber
- Features: Drehbarer Leitungsabgang, Einstellung Griffweite und Schleifpunkt
Herstellerfoto: Sram X0 Scheibenbremse
Gewicht
- – 333g Herstellerangabe (Bremse mit 160mm Scheibe, ohne Adapter)
- – 235g Vorderradbremse (750mm Leitung, inklusive Adapter auf 185mm Scheibe, ohne Klemme)
- – 277g Hinterradbremse (1500mm Leitung, inklusive Adapter auf IS160mm Scheibe, ohne Klemme)
- – 103g 160mm Sram G3CS Scheibe (Foto in der Gewichte-Datenbank auf
gewichte.mtb-news.de)
- – 160g 185mm Sram G3CS Scheibe (Foto in der Gewichte-Datenbank auf gewichte.mtb-news.de)
- – 11g Lenkerklemme ohne Matchmaker (Foto in der Gewichte-Datenbank auf gewichte.mtb-news.de)
- – 26g Lenkerklemme Matchmaker (Foto in der Gewichte-Datenbank auf gewichte.mtb-news.de)
- – 13g Befestigungsschrauben (6x) (Foto in der Gewichte-Datenbank auf gewichte.mtb-news.de)
- 838g Sram X0 Scheibenbremse Satz mit 185/PM und 160/IS Scheiben + Adaptern
Preis
- UVP Sram X0 Scheibenbremse: 269,50€
Die Sram G3CS Bremsscheiben. Mittlerweile sind sie nicht mehr erhältlich und durch das Modell „HS1“ ersetzt worden.
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In der Hand
Da die Avid Elixir schon eingehend bekannt und gerade auf dem OEM-Markt sehr weit verbreitet ist, ist auch die Sram X0 Bremse ein alter Bekannter. Sie hat jedoch einige kleine Detailveränderungen, die sie einerseits leichter machen, andererseits aber auch hochwertiger erscheinen lassen. Nach wie vor ist die „TaperBore Technology“ genannte Integration von Ausgleichsbehälter und Hauptzylinder des Bremsgriffes ein besonderes Feature, über das die schlanke Bauweise der Sram X0 Bremse erreicht werden kann und auch Gewicht gespart werden soll. Bekannt ist auch der Carbon-Bremshebel, der angenehm in der Hand liegen und ebenfalls die Waage entlasten können soll. Als weitere Maßnahme zur Gewichtseinsparung können die organischen Bremsbeläge gesehen werden, deren Trägerplättchen aus Aluminium bestehen. Im Grunde ist die Bremse dennoch eine bewährte 2-Kolben Bremse geblieben, die mit zweiteiligen Bremssätteln aus Aluminium die Scheiben in die Zange nimmt.
Über die gewichtsreduzierenden Optimierungen hinaus macht die X0 Bremse einen hochwertigen Eindruck. Die Hebel klappern nicht, alle Oberflächen wirken perfekt und über die verschiedensten Adapter kann die Bremse individuell auf das sie tragende Bike abgestimmt werden. Ob verschiedene Scheibengrößen (in Zukunft theoretisch auch die viel diskutierten 170mm) oder die Kombination über eine entsprechende Klemme mit den Trigger Schalthebeln oder auch der Reverb Sattelstütze – theoretisch lässt sich hier einiges an Optimierung betreiben, um so wenig Schellen wie möglich am Lenker zu haben. In unserem Fall haben wir die Bremse zusammen mit dem Trigger montiert, die Rock Shox Reverb Sattelstütze bietet von sich aus aber auch schon die Möglichkeit, den Bremshebel und den Trigger Schalthebel ebenfalls aufzunehmen.
Sram X0 Disk Brake – montiert mit dem Matchmaker von Sram
Um eine gute Service-Freundlichkeit zu bieten, können bei der Sram X0 die Bremsbeläge ohne Demontage des Laufrades nach oben entnommen und gewechselt werden. Das funktioniert in den meisten Fällen ohne größere Probleme, es ist jedoch penibel darauf zu achten, dass die Feder, die die Beläge auseinander drückt, am richtigen Fleck sitzt und ungeübten Schraubern nicht bei der Wartung verloren geht!
Bei der Sram X0 Scheibenbremse kann man zum Wechseln der Beläge diese einfach nach oben aus dem Bremssattel nehmen.
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Montage
Dank der PM-Bremszangen ist die Montage der X0 Bremsen denkbar einfach gewesen. Im ersten Schritt wird der Adapter fest angeschraubt, die Schrauben der Zange aber noch lose gelassen. Dann wird über den Bremshebel die Bremse betätigt, so dass die Kolben die Bremsscheibe klemmen und die Bremszange automatisch passend positionieren. In diesem Zustand werden die Schrauben der Zange angezogen und nach Lösen des Bremshebels sollte die Scheibe spielfrei laufen. In der Theorie dauert das nur wenige Sekunden, praktisch haben wir bei 2 von 4 Bremszangen mit dem Auge den Lüftspalt kontrollieren müssen und die Schrauben bei gelöstem Bremshebel anziehen müssen, um das System perfekt spielfrei zu bekommen. Praktisch und der größte Vorteil von PM ist aber nach wie vor, dass in keinem Fall nervige Unterlegscheiben verwendet werden müssen. Bei Sram wird dieses Einstellen Tri-Align™ Caliper Positioning System™ genannt – im Prinzip funktioniert es jedoch bei allen gängigen Bremsen mit PM-Montage.
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Auf dem Trail
Fahrbericht Tobi
Nachdem die Montage schon denkbar einfach gewesen ist, zeigt sich die X0 Bremse auch nach kurzer Einbremsphase als problemlose Bremse. An meinem Testrad habe ich das System mit 185mm Vorderradscheibe und 160mm Scheibe am Hinterrad aufgebaut. Der Carbon-Hebel der X0 liegt angenehm in der Hand und die Dosierbarkeit der Bremskraft ist sehr gut, was sich gerade bei rutschigen Bodenverhältnissen oder auch Manuals zeigt. Und dennoch habe ich von Anfang an das Gefühl gehabt, dass die Bremse durchaus noch ein wenig mehr Bremskraft haben dürfte. Zwar kann die Bremse immer noch mit nur einem Finger bedient werden, in manchen Situationen ist bei mir aber auch noch ein zweiter Finger zum Griff gewandert.
Sehr gut funktioniert hingegen die Griffweiteneinstellung, die auch bei kleinen Händen genügend Spielraum lässt. In Kombination mit der Druckpunkteinstellung, die den Leerweg des Geberkolbens im Bremsgriff und damit den bis zum Einsetzen der Bremskraft notwendigen Hebelweg verstellt, lässt sich die Bremse so sehr präzise an die individuellen Vorstellungen und Wünsche anpassen. Praktisch ermöglicht es Sram, den Hebelweg unabhängig von der Griffweite einzustellen.
Ein besonderes Augenmerk will Sram dann auch auf die Modulation der Bremskraft gelegt haben. Dieser Eindruck bestätigt sich auf dem Trail dahingehend, dass die Bremse sich fein dosieren lässt – was jedoch in Anbetracht der erbrachten Maximalkraft mit der 185mm Scheibe am Vorderrad auch nicht übermäßig verwundert. Störend ist darüber hinaus ein leicht „teigiges“ Hebelgefühl, das sich bei mir bei hohen Handkräften eingestellt hat. Als Gegenpol kann hier sicherlich die Formula The One herangezogen werden, die mit geringen Handkräften und extrem kurzem Hebelweg deutlich mehr Bremskraft freisetzt. Um mit den genannten Scheiben auf eine entsprechende Bremskraft zu kommen, sind bei der Sram X0 Disk Brake dann schon deutlich höhere Handkräfte von Nöten. Zwar will Sram mit der „Power Reverse Geometrie“ – also einem besonders nah am Lenker positionierten Hebeldrehpunkt – dafür sorgen, dass die Hände bestmöglich ihre Kraft auf den Hebel bringen können, doch ist mir das Verhältnis zwischen Handkraft und Bremskraft immer ein wenig zu groß gewesen. Hier könnten größere Scheiben Abhilfe schaffen, denn grundsätzlich ist die Standfestigkeit auf dem beschriebenen Niveau sehr gut gewesen. Den Fahreindruck mit größeren Scheiben schildert Stefanus, der die Bremse im „Abfahrts-Setup“ aufgebaut hat.
Negativ aufgefallen sind mir die von Sram verwendeten Bremsleitungen. Sie wirken von außen betrachtet nicht sonderlich hochwertig, doch das eigentliche Problem ist ihr Abknickverhalten. Nach einem Crash mit verdrehtem Lenker ist am Leitungsabgang ein deutlicher Knick sichtbar geblieben, ähnliche Beobachtungen haben wir auch beim vor kurzem gezeigten Nox-Testrad gemacht.
Fahrbericht Nus
Montiert an einem 1X10 Nicolai Helius AM hatte die XO-Bremse vergangene Saison einiges erlebt: Das Rad ging zu verschiedenen Redaktionen und mit uns an den Gardasee, die Bayerischen Voralpen, Innsbruck, die Westlichen Wälder Augsburgs und auch mal in den Bikepark.
#Flugtauglich – Fahrer: Max Schumann
Montiert wurde eine 203mm Scheibe vorne, aus Gewichtsgründen eine 160mm Scheibe hinten. Das mag im ersten Moment ungewohnt aussehen, ergibt bergab aber durchaus Sinn. Das kombiniert mit dem tatsächlich perfekt anpassbaren Druckpunkt (Lage des Hebels in Neutral und Druckstellung) ergab ein für viele Fahrer passendes Setup.
#Die 203mm Scheibe am Vorderrad zahlt sich aus.
Der Fahreindruck lässt sich mit erstaunlich wenigen Worten schildern: Problemlos. Für mich (75kg fahrfertig) stellte die Sram XO mit einem Finger immer genügend gut dosierbare Bremskraft zur Verfügung; und auch als die Beläge schon stanken ging die Power noch in Ordnung. Abgesehen von den überflüssigen Ausrichtungsscheiben und den eher grobschlächtigen Adaptern würde ich die Bremse daher jederzeit weiter empfehlen. Die großen Scheiben scheinen in diesem Fall wirklich ihren Mehrwert zu bieten, gerade am Vorderrad.
#Ein Finger reicht – auch auf langen Abfahrten am Gardasee
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Fazit
Auf die Größe kommt es an – jedenfalls bei der Sram X0 Scheibenbremse. Mit großen Bremsscheiben entwickelt die Sram X0 Scheibenbremse die gewohnte und zu erwartende Performance, bleibt aber hinter der Formula The One oder Shimano XTR Trail zurück. Wer aufs Gewicht achtet und keinen Anker sucht, wird hier dennoch glücklich. Ab nächster Saison wird es für alle, die das Mehr an Power wollen, die XO Trail Vierkolbenbremse geben.
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Pro & Contra
Pro
- + mit großen Bremsscheiben gute Bremsleistung
- + gute Dosierbarkeit
- + perfekt mit anderen Sram-Produkten kombinierbar
Contra
- – „teigiges“ Hebelgefühl bei hohen Handkräften
- – wenig Bremskraft mit kleinen Scheiben
- – hoher Verschleiß mit organischen Belägen
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Weitere Informationen
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- – Wer die Bremse aktuell kauft wird sie mit den Sram HS1 Scheiben geliefert bekommen und nicht mehr mit den getesteten G3CS-Scheiben.
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Bildergalerie zur Sram X0 (X.0) Scheibenbremse
Bilder von Tobias Stahl und Stefanus Stahl
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