Wer holt sich das begehrte Regenbogenjersey und wird es für ein Jahr tragen? Diese Frage stellte sich schon am frühen Samstagmorgen deutscher Zeit für die XC-Profis. Die Favoriten schienen schon vor den Rennen ziemlich klar: Bei den Herren ist es Nino Schurter, der Schweizer gewann dieses Saison jedes Weltcuprennen. Bei den Damen ist es Yana Belomoina; die junge Ukrainerin fuhr eine sehr starke Saison und holte sich die Weltcupgesamtwertung. Hier sind Fotostory und Rennbericht.
Herren: Schurter mit „Seven out of Seven“
Bei den Herren ging schon gleich im Startloop die Post ab. Jaroslav Kulhavy war es, der sich an die Spitze setzte und ein höllisches Tempo aufbot. Dieser Pace konnten vorerst nur Nino Schurter, Maxime Marotte und etwas überraschend Henrique Avancini folgen. Dahinter folgte eine große Gruppe, in der auch Manuel Fumic vertreten ist. Marotte und Avancini waren die ersten Fahrer, die dem Tempo des Weltmeisters aus dem Jahr 2011 nicht mehr folgen konnten. In Runde zwei wiesen die beiden schon eine Lücke auf und Thomas Litscher gelang es, zu den beiden aufzuschließen.
In Runde drei war es dann soweit: Auch die Lokomotive aus Tschechien musste einmal Luft holen. Diese Gelegenheit nutzten der U23 Weltmeister aus dem Jahr 2011, Litscher, sowie der Brasilianer Avancini, um die Lücke auf die beiden Führenden abermals zu schließen. Der erste Anschein, Kulhavy und Schurter würden nun ihr Tempo drosseln, verflüchtigte sich allerdings schon eine halbe Runde später: Abermals setzte sich Jaroslav Kulhavy an die Spitze und drückt ordentlich in die Pedale, der Leidtragende war abermals Henrique Avancini.
Die drei an der Spitze konnten bis zur letzten Runde zusammen bleiben, dann attackierte Nino Schurter. Vermutlich wollte er nicht noch einen Sprint um einen wichtigen Titel gegen Jaroslav Kulhavy verlieren. Außerdem wusste Nino bestimmt auch um Thomas Litschers Sprint Qualität, schließlich wurde dieser 2012 Schweizer Meister im Eliminator.
Doch Schurter ließ auch in den letzten Abfahrten nichts mehr anbrennen und konnte nach dem Sieg beim Cape Epic und seinen sechs Weltcupsiegen auch noch seinen dritten Weltmeistertitel in Folge einfahren. Im Kampf um Silber konnte sich nach 2016 abermals der Tscheche Jaroslav Kulhavy durchsetzen. Dritter wurde, nach einer eher durchwachsenen Saison, Thomas Litscher. Den vierten Platz konnte sich völlig überraschend Henrique Avancini holen. Zwar kam dem Brasilianer das Duo um Manuel Fumic und Lukas Flückiger noch gefährlich nah, doch der Teamkollege von Fumic rettete neun Sekunden Vorsprung ins Ziel.
Fumic, der nach dem Start den Zug nach vorne verpasste, fuhr ein sehr konstantes Rennen. Dennoch reichte seine gute Performance nicht, um in die Medaillen einzugreifen. Am Ende konnte er sich noch im Sprint gegen Lukas Flückiger durchsetzen und sicherte so einen guten fünften Platz. Die restlichen deutschen Fahrer schafften es nicht, sich unter den besten 30 zu platzieren. Bei Markus Schulte-Lünzum sah es zwar danach aus, doch in der letzten Runde, auf dem 27. Platz liegend, ereilte ihn das Defektpech und warf ihn auf Platz 35 zurück. Drei Plätze hinter Schulte-Lünzum landete Christian Pfäffle auf Rang 38. Nicht zufrieden konnte Ben Zwiehoff sein, für den Essener reicht es nur für Platz 49.
Damen: Neff bei Sturz- und Defekt-Spektakel fehlerlos
Schon gleich in Runde eins musste sich eine Topfavoritin verabschieden: Yana Belomoina stürzte im Training beim „Rodeo Drop“, einem eineinhalb Meter hohem Drop, so schwer, dass sie nicht in der Lage war, das Rennen zu Ende zu bringen. Auch Linda Indergand, welche am Anfang des Rennens an der Spitze vertreten war, stürzte schwer und wurde in der vierten Runde aus dem Rennen genommen. Schnell war also klar: wer hier gewinnen will, muss fehlerlos bleiben.
Vom Start weg sorgte ein Schweizer Schnellzug für Tempo: Jolanda Neff, Kathrin Stirnemann und Linda Indergand preschten voran. Eine Runde später waren Stirnemann und Indergand schon nicht mehr zu sehen, Indergand aus bekannten Gründen und Stirnemann musste für ihr hohes Anfangstempo büßen. So waren es Jolanda Neff und Annie Last, welche allein an der Spitze lagen.
Auf Schlagdistanz lagen noch Pauline Ferrand-Prévot und Irina Kalentyeva. Die Weltmeisterinnen aus dem Jahr 2015 und den Jahren 2007 wie 2009 machten den Eindruck, als könnten sie die Lücke zu den beiden an der Spitze schließen. Bei einem der vielen spitzen Steine auf der Strecke holt sich die Französin in Runde drei einen Platten und wurde auf Position fünf zurückgereicht. Zur selben Zeit konnte sich auch Jolanda Neff von Annie Last lösen und stellte sehr rasch einen beträchtlichen Abstand zur Britin her – so begann die Fahrt zu ihrem ersten Weltmeistertitel bei der Elite im Cross-Country. Dies tat sie in einer beeindruckenden Art und Weise: in allen von sechs Runden gab sie die schnellste Rundenzeit vor und konnte dadurch einen Abstand von 2:23 Minuten auf Platz zwei herausfahren.
Hinter der starken Schweizerin konnte in Runde drei die Russin Irina Kalentyeva zu Annie Last aufschließen und sogar an der Siegerin aus Lenzerheide vorbeigehen, doch schon eine Runde später hatte die russische Staatsmeisterin einen Plattfuß. Dadurch war auch der Weg frei für die erste Medaille bei einer Weltmeisterschaft für Annie Last.
Auf dem Bronze-Platz lag nach den Defekten von Ferrand-Prévot und Kalentyeva zunächst Maja Wloszczowska. Hinter ihr brachte sich allerdings schon wieder die Französin Pauline Ferrand-Prévot für eine Attacke in Position. Diese verwehrte ihr dann eine überrundete Fahrerin, die in dem Streckenabschnitt „Jacobs Ladder“ stürzte und dadurch auch Wloszczowska zu Fall brachte. Dies nutzte Ferrand-Prévot geschickt, indem sie in den „Chickenway“ abbog und sich so an Position drei setzte. Den dritten Platz gab sie auch in den verbleibenden Runden nicht wieder her und konnte so doch noch die ersehnte Medaille erkämpfen.
Auf Position vier rollte die Polin Wloszczowska ein. Sie hatte nach ihrem Sturz keine Chance mehr, die Lücke auf Rang drei zu schließen. Fünfte wurde nach ihrem Hinterraddefekt Irina Kalentyeva. Als beste Deutsche kam Helen Grobert auf Platz elf ins Ziel. Die Freiburgerin erwischte im Vergleich zu den Weltcups einen sehr guten Start und reihte sich nach dem Startloop an Position 13 ein. Doch den Zug nach vorne erwischte sie nicht und so blieb es beim soliden elften Platz.
Bei Adelheid Morath brach schon in Runde eins die Sattelstütze, somit wurde sie aussichtslos zurückgeworfen. Trotz Rundenzeiten, die teilweise in den Top fünf lagen, reichte es nur für Rang 23. Bei der Olympiasiegerin von Peking war ebenso der Wurm drin: In der zweiten Runde stürzte Sabine Spitz und verbog sich dabei den Lenker. Eine eigenständige Reparatur war nicht möglich, somit blieb nichts anderes übrig, als mit schiefem Lenker in die Techzone zu fahren. Nach dem Beheben des Problems fand Spitz allerdings nie wieder richtig in den Tritt, somit blieb am Ende nur ein 32. Platz. In ihrer Pressemitteilung schrieb sie enttäuscht „Ich hatte mich beim Aufwärmen gut gefühlt und war zuversichtlich, zumal mir Strecke und Bedingungen entgegenkommen sind. Aber das ist Rennsport.“
U23 Damen: Überraschungssiegerin Sina Frei
Bei der U23 kam es zu einer kleinen Überraschung. Mit einem Sieg von Sina Frei konnte man nicht wirklich rechnen, da die Abstände zu Kate Courtney im Weltcup doch erheblich waren und mit Anne Tauber und Alessandra Keller gleich zwei Top-Fahrerinnen beim Eliteweltcup am Start standen.
Die vorentscheidende Situation geschah schon im Startloop: die US-Amerikanerin Kate Courtney stürzte und brachte dadurch Mitfavoritin Keller ebenfalls zu Fall. Beide konnten das Rennen erst am Ende des Feldes wieder aufnehmen. So waren es in Runde eins Sina Frei und Anne Tauber, die als Erste über den Zielstrich rollten. Doch in Runde zwei stürzte die Holländerin und verlor dadurch den Anschluss. Durch den Fehler von Tauber öffnete sich die Tür für das Solo von Sina Frei: Die junge Schweizerin holte sich absolut verdient mit vier Rundenbestzeiten ihren ersten U23-Weltmeistertitel.
Dahinter wurde es faszinierend: Kate Courtney konnte furios nach vorne fahren und sich auf den zweiten Platz schieben. Die Weltcupgesamtsiegerin konnte keine Zeit auf Platz 1 gut machen, holte sich aber sicher die Silbermedaille. Auch der Bronze-Medaillengewinnerin gelang eine überragende Aufholjagd. Alessandra Keller kam als Letzte aus dem Startloop und konnte sich mit absolut herausragenden Rundenzeiten immer weiter nach vorne arbeiten. Am Ende hieß es Bronze mit 2:18 Minuten Rückstand. Alle drei Medaillengewinnerinnen fuhren zum Schluss sehr ähnliche Rundenzeiten – wäre der Sturz am Anfang nicht gewesen, hätte man ein richtig spannendes Rennen zu sehen bekommen. Aus deutscher Sicht erfreulich: Antonia Daubermann fuhr ein sehr gutes Rennen und platzierte sich am Ende auf einem starken 14. Platz.
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