Scott Scale RC 900 im Test: Weltmeister, Olympiamedaillen und unzählige Weltcupsiege – die Trophäenliste des Scott Scale RC ist lang. Seit der Einführung des modernen Klassikers im Jahr 2006 gilt das Scale als eines der leichtesten XC-Hardtails auf dem Markt. Im vergangenen Jahr führte Scott dann eine überarbeitete Variante ein. Wir haben das neue Geschoss von Schurter, Rissveds und Co. genauer unter die Lupe genommen!
Scott Scale RC 900 – kurz & knapp
Im Jahr 2011 staunte die Cross Country-Welt nicht schlecht, als Scott mit dem Scale RC 899 einen Hardtailrahmen mit weniger als 900 Gramm auf den Markt brachte. Beim neuen Modell galt es, den bis dato so hohen Maßstab zu halten und zu optimieren. Der neue Rahmen des Scott Scale soll mit 849 Gramm erneut einer der leichtesten auf dem Markt sein. Mehr Wert gelegt wurde außerdem auf einen höheren Komfort – und auch der moderne Boost-Standard findet sich am Scott Scale RC 900. Das Arbeitsgerät von Nino Schurter und Co. soll also weiterhin die XC-Podien der Welt erobern, gleichzeitig aber auch Komfort-orientierte Hobby-Racer ansprechen.
- 29″-Hardtail mit Carbon-Rahmen
- SDS2-Technologie zu Erhöhung des Komforts im Rahmen
- Boost-Standard mit neu entwickelter Rahmengeometrie
- erhältlich in 4 Rahmengrößen: S, M, L (getestet), XL
- Gewicht: 9,07 kg (Größe L)
Preis: 6.599,00 € (UVP) | Bikemarkt: Scott Scale RC 900 Ultimate kaufen
Technische Daten
Geometrie
Beim neuen Scott Scale RC 900 wurden so ziemlich alle aktuellen Trends hinsichtlich der Geometrie von XC Race-Hardtails berücksichtigt. Insbesondere der neue Boost-Standard mit einer um drei Millimeter nach außen versetzten Kettenlinie sorgt für neuen Spielraum zur Optimierung der Geometrien bei den Rahmen von Schurter und Co. Der durch diese neue Entwicklung gewonnene Platz zwischen dem Tretlager und den Reifen macht es möglich, die Kettenstreben am Scott Scale RC 900 um 13 Millimeter zu kürzen. Ein agileres Bikehandling, mehr Traktion am Hinterrad und eine zentralere Position des Fahrers sollen die daraus resultierenden Vorteile sein.
Eine wichtige Rolle bei der Entwicklung des neuen Scott Scale RC 900 spielt die Fahrposition. Das Ziel der Konstrukteure war es, eine zentrale, gleichzeitig aber auch nicht eingeengte Position über dem Rad zu erreichen. Umgesetzt wurde dies durch einen etwas steileren Sitzwinkel von 73,6° und einen flacheren Lenkwinkel im Vergleich zum alten Scale von 69,5°. Dadurch wächst der Reach des neuen Scott Scale um 17 Millimeter – bei gleichbleibender Oberrohrlänge. Zudem wurde der Stack reduziert. So lässt sich die Höhe des Cockpits besser auf die individuellen Bedürfnisse anpassen.
S | M | L | XL | |
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Sitzrohrlänge | 390 mm | 440 mm | 480 mm | 530 mm |
Oberrohrlänge | 575 mm | 600 mm | 625 mm | 650 mm |
Steuerrohr | 95mm | 100 mm | 115 mm | 125 mm |
Lenkwinkel | 69,5° | 69,5° | 69,5° | 69,5° |
Sitzwinkel | 73,6° | 73,6° | 73,6° | 73,6° |
Kettenstreben | 425 mm | 425 mm | 425 mm | 425 mm |
Radstand | 1076,4 mm | 1101,8 mm | 1127,9 mm | 1153,7 mm |
Stack | 599,0 mm | 603,6 mm | 617,7 mm | 627,1 mm |
Reach | 398,7 mm | 422,3 mm | 443,2 mm | 465,5 mm |
Tretlageroffset | 58 mm | 58 mm | 58 mm | 58 mm |
Ausstattung
Die neuen Scott Scale RC-Modelle sind optimiert auf die Nutzung von 1x-Antrieben. Ein Umwerfer lässt sich nicht montieren. So kommt das Rad mit einer schicken SRAM XX1 Eagle-Komplettgruppe daher – inklusive der neuen SRAM Level Ultimate-Bremse. Zudem soll die neue Fox 32 Stepcast-Federgabel harte Schläge auf dem Trail filtern. Alle weiteren Anbauteile am Scott Scale RC 900 stammen von Scotts Eigenmarke Syncros. Die Aluminium-Laufräder sind mit DT Swiss-Naben bestückt. Das Mehrgewicht der Systemlaufräder hebt zwar das Gesamtgewicht, wirkt sich aber positiv auf die Haltbarkeit des Rades aus.
Gabel | FOX 32 SC Float Factory Air, 100mm |
Steuersatz | Syncros FL1.5 Drop in, Tapered 1.5" - 1 1/8" |
Vorbau | Syncros XR1.5 -8° |
Lenker | Syncros FL1.0 Carbon T-Bar, 9° Rise, 720mm Breite |
Griffe | Syncros Pro Lock-on |
Sattelstütze | Syncros FL1.0 Carbon 10mm offset, 31.6 x 400mm |
Sattel | Syncros XR1.0 SL |
Schalthebel | Sram XX1 Trigger, 12-fach |
Schaltwerk | Sram XX1 Eagle, 12-fach |
Kurbelsatz | Sram XX1 Eagle 1x12 GXP Boost PF Carbon, Q-Faktor 168mm, 32 Zähne |
Innenlager | Sram GXP |
Kette | Sram PCXX1 Eagle, 12-fach |
Kassette | Sram XX1 Eagle XG1299, 10-50 Zähne, 12-fach |
Bremsen | Sram Level Ultimate Disc, 180/160mm Scheiben |
Laufräder | Syncros XR1.5 15x110mm/148x12mm |
Bereifung | Schwalbe Rocket Ron EVO 2.25" Tubeless Easy |
Ein interessantes Feature am Scott Scale RC 900 ist die integrierte Kettenführung. Diese lässt sich mittels Inbus-Schlüssel leicht in der Höhe verstellen. Ein Wechsel des Kettenblatts ist dadurch auch mit nur geringem Aufwand verbunden. Bei Rädern dieser Preisklasse mittlerweile ein Standard sind innenverlegte Züge und die Möglichkeit, eine absenkbare Sattelstütze sauber durch den Rahmen geleitet zu montieren.
In der Hand
Auf den ersten Blick wirkt das Scott Scale RC Ultimate etwas unscheinbar. Betrachtet man die vier XC-Hardtails in unserem Vergleichstest nebeneinander, fällt an jedem Modell etwas Außergewöhnliches auf – nur das Scale tanzt da in gewisser Weise aus der Reihe. Nichtsdestotrotz ist das Rad bis auf das kleinste Detail farblich abgestimmt. Die Kombination aus einem schwarz-matten Rahmen mit vielen blauen und grünen Farbakzenten wirkt sehr gelungen. Zudem sticht die goldene SRAM XX1-Eagle hervor. Diese lässt das Scale sehr edel wirken. Ein kleiner Kritikpunkt beim ersten Blick aufs Bike: Die Laufräder lassen sich nicht ohne Werkzeug ausbauen. Das kostet im Renneinsatz Zeit und könnte sich auch auf einer Trainingsrunde im Fall eines Defekts als ungünstig erweisen. Die Verarbeitung ist erwartungsgemäß sehr gut. Der erste Eindruck des Scott Scale RC Ultimate fällt also durchweg positiv aus.
Auf dem Trail
Uphill
Die Veränderungen der Geometrie zum Vorgängermodell machen sich auf den ersten Metern besonders bei der Sitzposition bemerkbar. Nicht zu gestreckt, aber auch nicht zu kompakt sitzt man auf dem Scott Scale RC 900. Das Cockpit kommt werksmäßig mit einem Syncros SL-Vorbau mit 6° daher und ist dadurch für unseren Geschmack etwas zu hoch eingestellt. Wenn man aber die Spacer unterhalb des Vorbaus demontiert, kommt das Scale ohne große Veränderungen einer optimalen Rennposition sehr nahe. Manch einem Vollblut-Rennfahrer dürfte dennoch die Höhe des Cockpits immer noch zu hoch sein, ein steilerer Vorbau dürfte jedoch schnell Abhilfe schaffen.
Bergauf schlägt sich das Scott Scale RC 900 für ein XC-Hardtail wie erwartet sehr antrittstark. Die Konkurrenz in unserem Vergleichstest fühlt sich jedoch etwas spritziger an. Grund dafür sind vermutlich in erster Linie die etwas schwereren Systemlaufräder von Syncros. Von seiner besten Seite zeigt sich die SRAM XX1 Eagle-Schaltgruppe. Die typischen knackigen Gangwechsel treiben den Fahrer regelrecht an, das Bike richtig zu beschleunigen. Zudem glänzt die 1×12-Schaltung durch Präzision beim Schalten und eine geringe Fehleranfälligkeit.
Auf flachen und bergigen Trails macht sich die komfortorientierte Rahmenentwicklung bemerkbar. Die hauseigen entwickelte SDS2-Technologie soll eine verstärkte Dämpfung im Rahmen bewirken und somit selbst im Wiegetritt den Fahrer vor harten Schlägen etwas verschonen. Erreicht wird dies durch etwas leichtere und weniger steife Carbonfasern im Oberrohr, in den Sitzstreben und Kettenstreben sowie extrem steife YS60-Carbon-Fasern im Unterrohr und den Kettenstreben, die auch im Flugzeugbau ihren Einsatz finden. Zudem wird die Bremsaufnahme am Scott Scale RC 900 über eine neu entwickelte Halterung direkt am Ausfallende des Rahmens bei der Steckachse befestigt – und ist komplett losgelöst von den Sitzstreben. Im Traileinsatz positioniert sich das Scott hier im Vergleich zu den anderen XC-Hardtails in unserem Vergleichstest knapp hinter dem Bulls Black Adder Team 29, das mit noch höherem Komfort glänzt.
Downhill
Genauso wie im Anstieg überzeugt in der Abfahrt die gelungene Geometrie des Scott Scale RC 900. Der Schwerpunkt des Fahrers auf dem Trail ist zentral – sowohl nach hinten, als auch nach vorne erscheint ein Überkippen nicht möglich. Die neue Fox 32 Stepcast-Federgabel trägt dazu bei, dass dem Fahrer für ein Hardtail ein annähernd komfortables Bergabfahren ermöglicht wird. Die neuen SRAM Level Ultimate-Stopper lassen sich sehr gut dosieren – jedoch wanderte der Druckpunkt im Laufe des Testzeitraums etwas nach innen.
Hinsichtlich der Laufruhe und der Agilität des Scott Scale RC 900 machen sich ebenso die Geometrie-Veränderungen bemerkbar. Die verkürzten Kettenstreben sorgen für ein agiles Verhalten auf verwinkelten Trails. Der im Vergleich zum Vorgänger flachere Lenkwinkel sorgt für das nötige Maß an Laufruhe bei schnellen Abfahrten. Scott ist es beim Scale RC 900 gelungen, einen optimalen Kompromiss zu finden, um die verschiedene Anforderungen an ein XC-Hardtail komplett abzudecken. Es überzeugt bergab insbesondere dadurch, dass man als Fahrer mit einem extrem hohen Maß an Leichtigkeit und Unbeschwertheit über die Trails jagen kann.
Haltbarkeit
Auch nach über einem halben Jahr unter harten Testbedingungen fährt sich das Scott Scale RC 900 nach wie vor einwandfrei. Insbesondere die SRAM XX1 Eagle-Schaltung überzeugt durch ihre hohe Funktionalität und Zuverlässigkeit. Einzig die SRAM Level Ultimate-Bremse verlor mit der Zeit etwas den Druckpunkt und der Lockout aus dem Hause DT Swiss zeigte nach einiger Zeit Schwächen in seiner Performance.
Fazit – Scott Scale RC Ultimate
Das Scott Scale RC Ultimate stellt einmal mehr unter Beweis, warum es eines der heißbegehrtesten und erfolgreichsten XC-Hardtails auf dem Markt ist. Auf den ersten Blick etwas unscheinbar zeigt es im Dauereinsatz seine wahre Stärke. Eine ideale Sitzposition gepaart mit einer gelungenen Austattung sorgen für ein sehr gutes Gesamtpaket. Auf dem Trail glänzt es insbesondere durch seine hohe Flexibilität auf verschiedensten Strecken. Insgesamt ist das Scott Scale RC Ultimate ein sehr unbeschwerter Begleiter in allen möglichen Einsatzbereichen eines XC Race-Hardtails.
Stärken
- sehr gelungene Sitzposition
- Funktionalität SRAM XX1-Eagle
- Flexibilität auf dem Trail
- komfortabler Rahmen
Schwächen
- SRAM Level-Bremse verliert etwas den Druckpunkt
- Lockout-Hebel arbeitet nach längerer Zeit nicht mehr zu 100 % zuverlässig
Testablauf
Hier haben wir getestet:
- Hometrails Schwäbische Alb
- Trailpark Nove Mesto pod Smrkem (Tschechien)
- Trails im Schwarzwald
- Trails in Ligurien (Italien)
- XC-Weltcupstrecke Albstadt
Wer hat getestet?
Tobias Sindlinger
- Körpergröße: 182 cm
- Gewicht: 73 kg
- Fahrstil bergab: zügig, stets bedacht mit dem Blick nach vorne auf die saubere Linie
- Fahrstil bergauf: gleichmäßig, über kurze Rampen meist im Wiegetritt
- Rennerfahrung: hauptsächlich XC (Bundesliga, internationale Rennen)
Gabriel Sindlinger
- Körpergröße: 183 cm
- Gewicht: 73 kg
- Fahrstil bergab: agressiv, mit Blick auf die Idealllinie, verspielt
- Fahrstil bergauf: antrittstark
- Rennerfahrung: Weltcup, Bundesliga, verschiedene Marathonrennen
Christian Schöllhorn
- Körpergröße: 183 cm
- Gewicht: 68 kg
- Fahrstil bergab: flüssige und meist saubere Linie
- Fahrstil bergauf: konstant bei langen Anstiegen, schnellkräftig bei kurzen Rampen
- Rennerfahrung: Bundesliga XC und XCE, Marathonrennen
Bernhard Mast-Sindlinger
- Körpergröße: 180 cm
- Gewicht: 72 kg
- Fahrstil bergab: kontrolliert, aber auch zügig
- Fahrstil bergauf: gleichmäßig, kontrolliertes und zügiges Tempo
- Rennerfahrung: Marathonrennen
Weitere Informationen
Hier findest du alle weiteren Artikel unseres Racehardtails-Vergleichstests 2017:
- Das beste XC-Hardtail 2017: Vier Rennmaschinen im Vergleichstest
- Bulls Black Adder im Test: Allrounder für den Renneinsatz
- Radon Jealous 10.0 SL im Test: Rennmaschine mit Neidfaktor
- Ghost Lector 8 LC im Test: Preis-Leistungs-Knüller für die Rennstrecke
- Scott Scale RC 900 im Test: Goldener Wolf im Schafspelz
Website: www.scott-sports.com
Text & Redaktion: Gabriel Sindlinger | MTB-News.de 2017
Bilder: Jens Staudt
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