Auch in Zeiten von Systemlaufrädern gibt es sie noch: Die kleinen Hersteller, die mit großem Aufwand edle Naben fertigen. Einer der Anbieter in dieser Nische ist die amerikanische Firma Kappius, die von Boulder aus operiert. Wir haben Euch hier die Infos von der Interbike mitgebracht und zusammengefasst
Auf Anhieb fühlt es sich so gar nicht danach an, als ob man am Freilauf einer Nabe dreht. Eher, als ob man eine edle, mechanische Uhr aufzieht. Mal ganz zu schweigen vom einzigartigen Geräusch (Audio), das der Freilauf der Nabe von sich gibt. Und das hat einen guten Grund: Denn im Innern des Freilaufmechanismus von Kappius steckt ein Ring mit 60 Zähnen. In diesen greifen jeweils zwei der acht mit Neodym-Magneten fixierten, bei Bedarf einzeln austauschbaren Klinken. Das ergibt eine 240-fache Rasterung. Und diese sorgt neben einem blitzschnellen Kraftschluss für den unverwechselbaren Klang der Kappius-Naben.
Unverwechselbar ist auch die Optik der „KH-1“- und „KH-1.5“-Naben von Kappius: Neben Carbon für den eigentlichen Nabenkörper kommt für den Flansch und die Achsen gefrästes Aluminium zum Einsatz, mit golden anodisierten Akzenten am Flansch und an den Bremsscheiben-Aufnahmen. Die Modelle „KH-1“- und „KH-1.5“ sind mit allen gängigen Achsmaßen für Rennräder und Mountainbikes erhältlich. Zudem ist die „KH-1“-Vorderradnabe auch passend für die Lefty-Federgabeln von Cannondale erhältlich. Die Gewichte können sich sehen lassen: Bei der Rennrad-Variante ohne Aufnahmen für eine Bremsscheibe wiegt die Vorderradnabe 105 Gramm und die Hinterradnabe 295 Gramm. Die „KH-1“ bringt vorne 110 Gramm und hinten schlanke 265 Gramm auf die Waage.
Von der komplett aus 6061-T6 Aluminium gefertigten „KH-2“-Nabe wurde an der Interbike zusätzlich eine Ausführung für Fat Bikes gezeigt. Auch diese Nabe bietet den Kappius-Freilauf mit der 240-fachen Rasterung, kombiniert diesen aber mit einem Standard-Freilauf-Körper. Bei Bedarf ist der Umbau auf den hauseigenen XD-Freilaufkörper aber schnell erledigt. Die Vorderradnabe der „KH-2“ wiegt 130 Gramm, die Hinterradnabe 315 Gramm. Der Umbau auf verschiedene Achstypen und Freilaufkörper klappt übrigens komplett ohne Werkzeug: Die Endkappen der Nabe sind genauso aufgepresst wie der Freilauf-Körper, und Chef Russell Kappius persönlich zerlegt die Nabe vor sich in Windeseile und setzt sie neu zusammen.
Interessant ist der eigene XD-Freilaufkörper von Kappius für modifizierte 11-Gang-Ritzelpakete von SRAM: Ganz aussen weist dieser das gewohnte Gewinde auf, ehe der Durchmesser zum Flansch hin zunimmt. Damit füllt das rot eloxierte Teil den gesamten Freiraum hinter der Kassette aus und bietet dieser ein erzsolides Fundament. Zudem erlaubt es diese Konstruktion, die Hinterrad-Achse deutlich breiter abzustützen als bei der Verwendung eines Standard-Freilaufkörpers.
Modifizierte Kassette heisst: man schickt seine XX1 Kassette zu Kappius, diese fräsen die Kassette dann passend aus und schicken sie zurück, alternativ kann man auch neue, bereits ausgefräste Kassetten über Kappius beziehen.
A propos solide: Von flanschlosen Naben mit Straightpull-Naben, wie sie in vielen System-Laufrädern der jüngsten Generation stecken, hält Kappius wenig: „Damit werden die Speichen nochmals länger und die Laufräder sicher nicht steifer“, winkt er ab. Und setzt selbst weiterhin auf gekröpfte Speichen und einen grosszügig dimensionierten Nabenflansch. Erhältlich sind die Naben von Kappius wahlweise mit 28 oder 32 Bohrungen am Flansch – mangels Vertrieb in Deutschland aber vorläufig nur direkt übers Internet.
Seit kurzem lässt Kappius in China auch Carbonfelgen für Mountainbikes fertigen. Diese weisen ein asymmetrisches Profil auf (s. Grafik unten) und messen außen 30 und innen 26.4 Millimeter. Das Felgenhorn weist eine Aussparung auf, um dem Reifen besseren Halt zu bieten und Luftverlust unter seitlichen Belastungen („Burping“) zu vermeiden. Zudem bietet das Felgenbett eine Vertiefung, um die Montage der Reifen zu erleichtern. An der Interbike wurde die „KR-29“ für Twentyniner bereits gezeigt, und deren Gewicht kann sich mit 355 Gramm (± 15 Gramm) wirklich sehen lassen. In Arbeit ist zudem die „KR-275“ als 650B-Variante mit identischem Profil und Details. Mit 600 Dollar liegt der Preis für diese Felge noch im Rahmen – sicher im Vergleich zu Mitbewerbern wie Enve.
http://www.kappiuscomponents.com/
Fotos und Text: Laurens van Rooijen
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