Diesen Monat gibt es statt einer Fotostory aus der World of MTB ein unlängst wichtigeres und sehr aktuelles Thema: die Diskussion um die 2m-Regel. Neben dem lesenswerten Hauptartikel mit vielen hilfreichen Links gibt es außerdem ein Interview mit den Vorsitzenden des Schwarzwaldvereins sowie einen Kommentar von Constantin Fiene.

Einbahnstraße oder Durchbruch?

Streichung der „2-Meter Regel einschließlich entsprechender Bußgeldbestimmung im Waldgesetz Baden-Württemberg – so lautet die Forderung der DIMB (Deutsche Initiative Mountain Bike) und der Unterstützer ihrer Petition zur Abschaffung der 2-m Regel in Baden-Württemberg. Weit über 50.000 Unterstützer hat der Antrag in nur wenigen Monaten erhalten. Dadurch und durch die ehrenamtliche Arbeit zahlreicher Unterstützer gelangte das Thema in die breite Öffentlichkeit. Nicht nur in MTB-Foren wurde von da an diskutiert, sondern auch im Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz in Baden-Württemberg, das von Minister Alexander Bonde geleitet wird, einem vehementen Gegner der Streichung der 2-m Regel. In lokalen, aber auch zahlreichen überregionalen Tageszeitungen wurde das Thema kontrovers diskutiert, Artikel erschienen, erwidernde Leserbriefe wurden veröffentlicht und im Internet kommentiert. Schließlich gelangte das Thema bis ins öffentlich-rechtliche Fernsehen.

Eine fast vollständige Liste der Veröffentlichungen hat die DIMB auf ihrer Homepage gesammelt: http://goo.gl/uwDnnh

Doch zäumen wir das Pferd hier eher von hinten auf, wobei Pferd natürlich auch schlecht ist, denn auf noch weniger Wege als Mountainbiker dürfen eigentlich nur noch Reiter. Aber egal. Die 2-m Regel in Baden-Württemberg ist unser Thema. Diese verbietet das Befahren von Wegen unter 2-m Breite.

Eine Regelung die schon einige Jahre auf dem Buckel hat und auf eine Zeit zurück geht und auf Drängen verschiedener Interessensgruppen durchgebracht wurde um den einhaltenden MTB Boom, von dem man noch nicht wusste wie er sich auf Natur und Wege auswirken wird, zu kontrollieren. Doch die Zeiten haben sich geändert und an der Regelung wird weiter festgehalten. Wieso eigentlich?

Die zwei Argumente gegen den Mountainbike-Sport

Zwei Argumente die immer wieder aufgeführt werden sind die mangelnde Natur- und Sozialverträglichkeit des Mountainbikesports, übersetzt: das Mountainbike fahren schadet der Natur und gefährdet andere Naturnutzer. Problematisch an diesen Argumenten ist allerdings, dass diese nicht belegt werden können. Eher im Gegenteil. Der BUND Naturschutz kommt in einer Studie zu folgendem Urteil: „Beim Vergleich der Verhaltensweisen von Mountainbikern, Wanderern und Reitern kann keine überproportional hohe Naturbelastung durch Mountainbiker festgestellt werden, die eine vordringliche Reglementierung dieser Nutzergruppe rechtfertigen würde.“ Interessant ist die Studie aus zwei Gründen: Einerseits stammt diese vom BUND Naturschutz, die in der gesamten Studie nicht unbedingt rein Pro-MTB sind, sondern durchaus Unverständnis für die Gruppe aufbringen. Andererseits untersuchen sie die Auswirkungen auf sehr breiter Linie. Es werden primäre, sekundäre und tertiäre Auswirkungen untersuchte: direkte Auswirkungen auf die Natur, also beispielsweise Wegschäden; Effekte durch Lärm und Verkehr, also beispielsweise das Verscheuchen von Tieren; und zuletzt weitere Folgen verursacht durch Folge 2, also beispielsweise Verbissschäden durch das Aufscheuchen von Tieren.

Nach dieser Untersuchung kommt man in der Studie zu folgendem Schluss: „Ein ökologisch begründetes Betretungsverbot nur für Mountainbiker, nicht aber für Wanderer, ist nicht haltbar und erzeugt Unverständnis.“

Dazu kommen zwei englischsprachige Studien, die sich vor allem mit der Auswirkung auf Wege beschäftigen, diese kommen ebenso zu dem Schluss, dass es in den Folgen des Betretens des Waldes keinen Unterschied zwischen Wanderern und Mountainbikern gibt. Die Argumentation der Naturverträglichkeit wäre damit im Grunde vom Tisch.

Die Sozialverträglichkeit ist das zweite große Argument. Hier gibt es vier maßgebliche Studien (siehe Literaturliste) – Alle gehen davon aus, dass sich ein subjektiv empfundenes Konfliktpotential nicht von der Hand weisen lässt, kommen aber einstimmig zu dem Schluss, dass sich dieses Potential in der Realität nicht äußert, weder durch erhöhte Unfallzahlen, noch durch signifikante Störungen.

In der Studie des BUND Naturschutzes wird darauf hingewiesen, dass die Gefährdung auf breiten Forstwegen auf Grund der tendenziell höheren Geschwindigkeit ungleich höher ist. Auf schmalen Wegen sei das Gefährdungspotential sehr gering. Ende letzten Jahres wurde eine Studie der Uni Freiburg zum Thema der Sozialverträglichkeit veröffentlicht. Diese zieht den Vergleich mit ähnlichen, sehr schmalen (unter 2 m Breite), äußerst stark frequentierten Wegen in der Freiburger Innenstadt heran, auf welchen Radfahrern und Fußgänger eine gemeinsame Spur nutzen. Die Frequenz ist ungleich höher als zu Stoßzeiten auf Waldwegen. Auf den untersuchten sehr schmalen Wegen in der Stadt gibt es im Vergleich mit den Waldwegen keine erhöhten Unfallzahlen, und das trotz höherer Geschwindigkeit und ungleich stärkerer Frequentierung. Damit wurde auch das Argument der Unfallgefahr durch eine sehr aktuelle Studie widerlegt.

Ein zweiter Faktor der Sozialverträglichkeit ist aber natürlich auch das Störpotential, mit dem sich die Studie ebenfalls beschäftigte. Auch hier liefert die Freiburger Studie aktuelle Zahlen (aus einem Ballungsgebiet):

–       89 % der Wanderer fühlten sich durch Mountainbiker nicht gestört.
–       90 % der Waldbesucher waren mit ihrem Waldbesuch zufrieden und haben die Erholung gefunden, die sie gesucht haben
–       Die Zufriedenheit aller Waldbesucher stieg mit sinkender Wegbreite.

Damit wären alle Argumente, die sich allein gegen Mountainbiker auf schmalen Pfaden wenden, im Grunde widerlegt. Diese Argumente wurden auch bereits in Baden-Württemberg ausgetauscht, und dennoch hält Minister Bonde in der Öffentlichkeit weiter an der Regelung fest. Eine neuseeländische Studie fasst diese Vorurteile gegenüber dem Mountainbiken treffend folgendermaßen zusammen: „They think that mountainbiking is not appropriate“, also „Mountainbiken gehört sich quasi nicht“.

Lösung durch Image-Arbeit?

Ein Problem also, das sich durch Imagearbeit mittelfristig in den Griff bekommen lassen sollte. Ein Beispiel für die Auswirkungen solcher Gedanken konnte man letztes Jahr in Kirchzarten beobachten: Die langjährigen Veranstalter des Ultra Bike Marathon, die darüber hinaus sehr stark in der regionalen Radsportvereinsarbeit engagiert waren, sahen sich mit einem Bürgerentscheid gegen eine Trainingsstrecke konfrontiert, worauf sie in einer viel beachteteten Pressekonferenz mit den problematischen Strukturen im Schwarzwald abrechneten. Problematisch bei dem Bürgerentscheid war vor allem die Tatsache, dass nur die Kerngemeinde abstimmen durfte, in welcher Grundstückspreise ähnlich denen in München an der Tagesordnung sind. Es votierten also kaum Familien mit Kindern, welche aktiv Sport ausüben, sondern eher saturierte Bürger mit mangelndem Verständnis für das Bedürfnis nach naturnahen Sportarten für die Jugendbildung.

Im Grunde könnte man sagen, gibt es eigentlich kein Problem, denn an die Regelung hält sich sowieso niemand. Mountainbiker fahren Wege unter 2-m Breite, Ordnungsgelder werden kaum ausgesprochen. Doch die Regelung hat dennoch Folgen. Einerseits steigt das Konfliktpotential im Wald, denn Wanderer sehen sich im Recht und fühlen sich gestört durch Mountainbiker, die auf schmale Pfade nicht gehören. In einem Pilotprojekt in Davos (Schweiz) wurden Wanderwege für Wanderer und Mountainbiker geöffnet, dazu kam eine Beschilderung mit dem Hinweis auf die gemeinsame Nutzung und ein respektvolles Miteinander. Laut Aussagen des Tourismusverbandes sanken die Beschwerden auf Grund von Begegnungskonflikten auf Null.

Problematisch wird es vor allem bei Unfällen. Bei einem Unfall könnte die Versicherung in Zukunft die Zahlung verweigern, mit Verweis, das man sich ordnungswiedrig verhalten habe. Noch kritischer ist die Vereinsarbeit: Führt man seine Jugendgruppe auf Wege unter 2-m und einer der Jugendlichen oder Kinder verletzt sich dort, dann wird sich dessen Versicherung sicherlich an den Jugendleiter wenden, der die Gruppe dort ja eigentlich nicht hätte entlang führen dürfen.

Aber wie bekomme ich Jugendliche zu einem naturnahen Sport? Indem ich sie über 3 m breite Forstwege führe, die so stark geschottert sind, das ein Vorankommen nur schwer möglich ist und deren graue Farbe sich ungefähr so gut in den Wald einbettet, wie ein neues Einkaufszentrum in eine historische Altstadt? Wohl eher nicht. Der Effekt zur Naturbildung ist dabei ebenfalls sehr gering. Naturnahe Wege eignen sich hervorragend einen Bezug zur eigenen Umwelt herzustellen, nicht umsonst sehen sich Mountainbiker laut aktueller Umfragen als wesentlich naturnäher als andere Bevölkerungsgruppen.

Darüber hinaus ist der Erholungswert auf naturnahen Wegen für Wanderer und Mountainbiker ungleich größer.

…warum gibt es die Regel überhaupt noch?

Das ist eine gute Frage. Die 2-m Regel ist alt und etabliert, die Änderung einer solchen Regel bedeutet immer viel Arbeit, die nur durch äußeren Druck eingefordert werden kann. Wanderverbände sprechen sich immer noch öffentlich gegen die Abschaffung der 2-m Regel aus, durchaus verständlich, wenn man sich ihre zu vertretende Klientel ansieht.

Zusammen mit den Tourismusverantwortlichen der Naturparke Schwarzwald Mitte/Nord und Südschwarzwald, sowie dem Forst BW und der Landesregierung wurde dabei ein „Mountainbike Handbuch“ veröffentlicht, welches auf 63 Seiten erklärt wie man, mit hohem bürokratischem Aufwand, einzelne schmale Wege ausweisen kann. Diesen Aufwand wird kein Verein mehr leisten können. Bei der beschriebenen Ausnahmeregelung handelt es sich um den sogenannten „10 % Kompromiss“, denn die beteiligten Parteien einigten sich, dass 10 % des vorhandenen touristischen MTB Wegenetzes in Singletrails umgewidmet werden könnten.

Diese Ausnahmeregelung steht schon seit 1995 im Gesetz wurde aber von Forstbehörden kaum angewandt. Das jetzt genau die Forstbehörden, die jahrelang die Ausweisung schmaler Wege behindert haben, nun grosszügig genehmigen sollen, zeigt den blanken Aktionismus den die Politik an den Tag legt. Das Forstamt Villingen-Schwenningen hat die Mitarbeit schon öffentlich abgelehnt.

Das Konzept nützt vor allem dem regionalen Tourismus, weniger aber der Nachwuchs-Vereinsarbeit oder dem ganz normalen Mountainbiker vor Ort, der gern seine Feierabendrunde ab der Haustüre drehen möchte. So müsste er um legal biken zu können, mit dem Auto zum Start seiner Tour fahren. Etwas, wogegen sich die meisten Mountainbiker klar aussprechen.

Die Wanderverbände argumentieren gern mit der Zerstörung der von ihnen gepflegten Wege. Doch das Befahren mit dem Mountainbike stellt keine Zerstörung dar. Auch wenn eine Spur auf einem Weg vielen nicht gefallen mag, so ist der Weg dadurch keinesfalls zerstört. Und auch wenn Spuren durch eine Pfütze sehr offensichtlich das Befahren anzeigen, so ist diese Fahrt durch die Pfütze doch sinnvoller, als die Pfütze weitläufig zu umgehen, so dass der Weg verbeitert wird.

Der Pressesprecher des Schwarzwaldvereins greift im folgenden Interview die Analogie von Wanderer und Radwandern auf. Übersetzt man diesen Begriff auf den etwas moderneren des Touren- und Trailbikers, als welchen sich nach Umfragen über 80 % der Mountainbiker betrachten, dann wird ersichtlich, dass die Beweggründe von Wanderern und Mountainbikern sich kaum unterscheiden und die angesprochenen Probleme und Vorurteile im Wald und auf dem Trail einfach keinen Bestand haben.

Wieso also an einer Regelung festhalten die in der Praxis nicht beachtet oder kontrolliert wird und einen Großteil der Naturnutzer ohne ersichtlichen Grund diskriminiert?

In den nächsten Monaten geht es in die heiße Phase. Der Landtag muss entscheiden wie es mit der 2-m Regel weitergeht. Die Chancen stehen gut, dass diese endlich gekippt wird.

Was kann man als Biker tun?

–       Halte dich an die DIMB Trail Rules
–       Schreibe freundliche, aber argumentativ gut aufgearbeitete Leserbriefe bei diskriminierenden Artikeln (Literatur findest du auf www.dimb.de)
–       Sei freundlich und zuvorkommend gegenüber anderen Naturnutzern
–       Wende dich an deine politischen Interessensvertreter und weise sie auf die diskriminierende Regel hin

Literatur

Veröffentlichungen zum Thema 2-Meter Regel Baden-Württemberg: http://dimb.de/aktivitaeten/open-trails/weg-mit-2m-regel-in-bawue/645-bawue-medienberichte
Studien und Statistiken zum Wegerecht, Naturschutz und Nutzerkonflikten: http://dimb.de/aktivitaeten/online-bibliothek

„Von den guten Begegnungen erzählt uns ja keiner!“ 

Der Schwarzwaldverein im Interview 

Ebenso interessant wie die Sichtweise der Mountainbiker ist bei den Diskussionen zum Thema 2-m Regel auch die der anderen Parteien. 8.500 km markierte Wanderwege werden von den Wegewarten des Schwarzwaldvereins gepflegt. Der Breitenwanderverein sieht sich keinesfalls als Gegner der Mountainbiker, nach Eigenaussage befürwortet man die Ausübung des Outdoorsports, eben nur nicht unbedingt auf Wegen unter 2-m Breite.

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# Gute Stimmung beim Gespräch mit dem Schwarzwaldverein

Wir haben den stellvertretenden Vorsitzen Herrn Stübler und den Pressesprecher Herrn Seyl zum Gespräch getroffen:

WOMB: Es drängt sich der Verdacht auf, dass der 10%-Kompromiss eine rein touristische Angelegenheit ist. Wobei der Schwarzwaldverein ja nicht touristisch ausgerichtet ist, die Wege des Schwarzwaldvereins werden doch hauptsächlich von lokalen Wegewarten gepflegt und von Wanderer genutzt, die vor Ort unterwegs sind. Woher kommt dann diese rein touristische Ausrichtung im Mountainbike-Bereich? Schließlich sollen da Wege gepflegt werden für Leute von außerhalb, die sich in der Pflege nicht involvieren werden, anstatt Leute vor Ort zu aktivieren, die auch selbst fahren.

Seyl:Die Antwort ist da recht klar, es liegt am Geld. Für den Ausbau von zusätzlichen Singletrails stellen Gemeinden wie Beiersbronn oder Feldberg Geld zur Verfügung, da sie hoffen, dass Radler von außerhalb kommen und übernachten, essen gehen…

Und das kann bei ihren Lokalgruppen transportiert werden? Ist es nicht schwierig, gemeinnützige Wege für die touristische Nutzung zu pflegen?

Seyl: Was die Wanderwege angeht ist der Nutzen ja gemischt.

Im Mountainbike Bereich soll es aber eine klare touristische Ausrichtung geben.

Seyl: Es ist noch nicht klar, wer die Wege pflegen soll. Es ist nicht gesetzt, dass sich der Schwarzwaldverein hier involviert. Viel hängt dabei von den Ortsgruppen ab und wie offen diese dafür sind.

Stübler: Das Argument mit dem touristischen Konzept kommt aber immer wieder und es ist natürlich so, dass wir den Schülern und Jugendlichen in unseren Ortschaften etwas bieten wollen.

Sollen im Zuge der 10 % Regelung auch neue Wege angelegt werden oder können bestehende Wege umfunktioniert werden?

Stübler: Das Praxisprojekt muss das erst zeigen. Ich denke nicht, dass es neue Wege geben wird, sondern es werden solche sein, die im Rahmen des Wegekonzepts des Schwarzwaldvereins aufgelassen wurden, denn die Forstseite will keine neuen Wege. Wir brauchen wirklich praktische Erfahrung, es wird sich hinziehen, bis man Projekte hat, die im Konsens laufen. Das entspräche dann 850 km Wegenetz für Radfahrer.

Was müsste aus ihrer Sicht passieren, damit sie von der 2-m Regel Abstand nehmen? Was können die Mountainbiker dafür tun?

Stübler: Wir wissen, dass 80% der Mountainbiker örtlich gebunden sind und auch in ihrer Umgebung fahren wollen. Doch erst einmal halten wir jetzt an dem touristischen Konzept fest, wir müssen einfach auf eine Umsetzung des 10%-Kompromisses warten. In den anderen Bundesländern gibt es ja auch ähnliche Regelungen, bei uns ist es halt konkret als „2-m-Regel“ festgeschrieben.

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# Redakteur Norman Bielig am Tisch des Schwarzwaldvereins

In Bayern ist es rechtlich aber so, dass schmale Pfade problemlos befahren werden dürfen.

Seyl: In der Öffentlichkeit wird die 2-m-Regel oft verkürzt und auf den Schwarzwaldverein bezogen. Der Schwarzwald Verein ist aber ein Wanderverband und unsere Klientel sind eben hauptsächlich Wanderer. Wir erkennen aber an, dass Mountainbiker ein natürliches Recht haben, im Wald ihren Sport auszuüben, sehen aber momentan keine andere Möglichkeit, als an der 2-m Regel festzuhalten. Ich glaube, es braucht einfach noch Zeit damit sich die zwei Benutzergruppen aneinander gewöhnen können. Ich werde oft von beiden Seiten angesprochen und höre dann von Bikern, dass sie gerne alle Wege fahren würden und von Wanderern, die berichten, dass sie mit ihren Enkeln fast überfahren wurden. Es gibt auch bei uns im Verband Mountainbiker, diese stehen aber der Gruppe gegenüber, die Mountainbiker für ein Sicherheitsproblem hält. Vor allem ältere Menschen, die nicht mehr so fit sind, nehmen Mountainbiker als Gefahr wahr. Man muss Verständnis und Geduld für dieses sensible Thema aufbringen und sich an einander ran tasten. Bis jetzt gibt es auch noch keine empirische Untersuchung im Schwarzwaldverein zur Haltung gegenüber Radfahrern auf schmalen Pfaden.

Unsere Erfahrung zeigt, dass es viele Menschen gibt, die beide Aktivitäten ausüben und beide Seiten verstehen. Eine Studie aus den USA zeigt, dass die meisten Konflikte einfach auf ein gegenseitiges Unverständnis heruntergebrochen werden können, die Wanderer vertreten die „Es gehört sich nicht, im Wald zu fahren“-Sicht und die Biker sehen in der älteren Wanderer-Generation den sogenannten Wutbürger. Es ist doch vor allem ein Kommunikationsproblem.

Seyl: Es gibt dann natürlich auch die ganzen verschiedenen Spielarten des Mountainbike Sports, von den Downhillern die ihre Räder den Berg hoch schieben und da runter brettern, über die Wettkampf-Fahrer bis zu den Radwanderern, die die Natur erleben wollen, aber gar nicht so wahr genommen werden. Wenn sich Wanderer bei uns beschweren, dann haben sie meist Biker getroffen die unbedacht, zu schnell und vielleicht auch rücksichtslos gefahren sind und die bleiben natürlich im Gedächtnis, von den guten Begegnungen erzählt uns ja keiner.

Bei diesen Extremspielarten redet man aber auch laut Umfragen von ungefähr 8% in Deutschland, Freiburg bildet da noch eine Ausnahme, die Stadt beherbergt ja 80% der deutschen Mountainbike Spitzensportler. Da ist die Wahrnehmung natürlich noch einmal anders. Vom Thema Wahrnehmung zu Wegpflege und Mitbenutzung durch andere Gruppen: Wäre es gewollt, dass sich auch Mountainbiker in die Pflege einbringen? Ist dahingehend eine Öffnung vorstellbar: Sie haben die Wegewarte, ist es gewollt das sich Mountainbiker auch in die Pflege einbringen? Ist dahingehend eine Öffnung vorstellbar?

Stübler: Wir haben ein durchgehendes System von Wegewarten, die etwa die Wege ausmähen und sich um die Pflege kümmern. Der Zeitaufwand liegt pro Jahr bei 30.000 Stunden auf 23.000 km Wegen, was etwas mehr als eine Stunde pro km bedeutet. Wenn sich Mountainbiker in einer aktiven Ortsgruppe engagieren möchten, würden wir das natürlich begrüßen. Im Moment haben wir keine Beispiele dafür, aber ich schließe das nicht aus.

Seyl: Ich kenne einen Wegewart, der seine Kontrollfahrten mit dem Mountainbike macht, weil er damit einfach dreimal so schnell ist. Ich finde man sollte das auch nicht zu verallgemeinern auf das Argument: der Mountainbiker soll dann doch auch Wege pflegen. Es gibt auch bei uns sehr viele, die sich nicht primär als Mountainbiker sehen, sondern als Menschen, der draußen die Natur erleben will, sei es jetzt zu Fuß oder auf dem Rad. Ich empfehle allen, sich doch in einer Ortgruppe zu engagieren und sich zu beteiligen, wer arbeiten will, wurde da noch nie weg geschickt.

Über Engagement das gegenseitige Verständnis zu fördern ist sicher eine gute Möglichkeit. Wie ist das mit den Wegewarten genau: Gibt es Nachwuchs oder sind das zumeist Ehrenamtliche, die das auch schon jahrelang machen?

Stübler: Es sind natürlich hauptsächlich Ehrenamtliche, die das schon sehr lange machen, vom Alter her aber eher gemischt. Es ist natürlich auch nicht immer leicht, geeignete Leute zu finden, da es mit viel Arbeit verbunden ist, die Wege instandzuhalten. Schon für kleine Ortsgruppen mit 100 – 200 km Wegenetz kommt da ein Arbeitsaufwand von ein paar hundert Stunden im Jahr zusammen.

Gibt es entsprechende Fortbildungen für die Wegewarte?

Stübler: Ja die gibt es, meistens auf Bezirksebene. Der Schwarzwaldverein ist in 16 Bezirke gegliedert, es gibt 3 Hauptwegewarte und darunter gibt es die Bezirkswegewarte, die für die Schulungen verantwortlich sind. Für uns sind das sehr wichtige Leute und auch unser „Aushängeschild“, sie genießen hohes Ansehen.

Danke für ihre Zeit und das offene Gespräch.

Der Wegewart im Schwarzwald – Pionier des deutschen Trailbuilders?

Ein Kommentar von Constantin Fiene
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Die Wandersleut um den Schwarzwaldverein machen es vor: Jeder Streckenabschnitt einer Wanderroute wird von einer Handvoll Wegewarten instandgehalten, gepflegt und ausgebessert. In unseren Breitengraden ist dies selbstredend ein „ehrenamtliches Projekt“. Die Honoration des immensen Arbeitsaufwandes erfolgt eher über Anerkennung, Bewunderung und freundliches Grüßen von seiten der Wandererer, schließlich scheint da ja eine ganze Menge Zeit drin zu stecken. Trailbuilder, die für Mountainbiker sorgfältig die Wegpflege übernehmen und ja auch nichts anderes sind als Wegewarte im Neudeutschen, werden hingegen verteufelt und schaden der Natur.

Machen wir uns doch einmal von allen Vorurteile frei und werfen einen Blick über den großen Teich, beispielsweise nach Squamish, Kanada BC, dort gibt es eine stark ausgeprägte Trailkultur. Wer fahren möchte, wird erst einmal eingeladen, Schaufel, Spitzhacke oder eine Handvoll Nägel mit in den Wald zu bringen. Wer sich weigert, wird auf keine Zustimmung treffen, wenn es nur ums reine Fahrradfahren geht. No Dig, No Ride. Der touristische Anteil auf den Trails ist oft so gering, dass bei Touristen eine Ausnahme gemacht wird, denn schließlich sind diese ja aus dem weiten Europa angereist, nur um diese zwei, drei bestimmten Trails zu fahren.

Für uns ist es unvorstellbar, dass es tatsächlich Leute gibt, die den lieben langen Tag nichts anderes planen und umsetzen als Mountainbike-Streckennetze. Dabei geht es keinesfalls darum, mit dem Bagger meterbreite Spuren in den Wald zu fräsen, sondern feine, kleine, naturnahe Trails entstehen zu lassen, die gemeinsam mit Freunden, Kind und Kegel eingefahren und dem bestehenden Trailnetz hinzugefügt werden.

Wenn auf beiden Seiten bereits ausgeprägte (Pflege-)Kulturen mit nahezu identischen Interessen existieren – warum dann an einer utopischen „2- Meter- Regel“ festhalten und nicht einmal über seinen Schatten springen und vielleicht ein gemeinsames Projekt starten?

Aktuelle Ausgabe: WOMB 06/2014

Ruhe und Einsamkeit sind die großen Themen dieser Ausgabe. Im Bregenzer Wald erkundeten wir menschenleere Pfade mit Weitblick, Teamfahrer Daniel fuhr allein gegen die Zeit die Trans Savoie, ein abenteuerliches Etappenendurorennen und Kurvenreich Redakteurin Mel machte sich auf den einsamen Weg um das Monte Rosa Massiv.

Gleich 12 High-End Enduros unterziehen wir einem gründlichen Fahrtest. 22 XC und Touren Laufradsätze werden im Labor und der Praxis in die Mangel genommen und zusätzlich beleuchten wir die ersten Schritte des neuen Community Bikes ICB 2.0.
Schneller & besser werdet ihr mit unseren Übungen mit dem Schlingentrainer, einer leckeren Kräutersuppe und vor allem den Eisdielentricks für den kommenden Sommer.

Hinter die Kulissen blicken wir bei Haibike um herauszufinden was es mit ihrem Motto „Zukunft braucht herkunft“ auf sich hat. Ein Blickfang sind die WorldCup Fotos des ersten Laufs in Pietermaritzburg.

https://worldofmtb.de/de/abo

Die Ausgabe 06 ist auch jetzt schon im App Store erhältlich und als Epaper im Nutzersystem auf unserer Homepage:

https://itunes.apple.com/de/app/world-of-mtb-magazin/id599934354
https://play.google.com/store/apps/details?id=de.worldofmtb.magazin

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Text & Interview: Norman Bielig
Foto: Constantin Fiene
Illustration: Nico Trautwein, Katrin Meyer

  1. benutzerbild

    Yankee Doodle

    dabei seit 03/2008

    @Torbn Danke dir fürs Feedback. Ganz unemotional lässt sich das Thema aus meiner Sicht nicht angehen. Der etwas polarisierende Vergleich bezieht sich auf Zahlen der Freiburger Studie die belegen, dass der Erholungswert auf breiten, geschotterten Wegen markant sinkt. Der Vergleich sollte das einfach verdeutlichen.
  2. benutzerbild

    Twenty9er

    dabei seit 02/2012

    Das schlechte Bild von uns Mountainbikern kommt nicht von ungefähr. Ein rücksichtsvoller Biker fällt nicht auf und bleibt daher auch nicht Erinnerung. Leider donnern viele durch den Wald ohne über andere nachzudenken. Solche Begegnungen bleiben im Erinnerung und schärfern das vorhandene Bild vom Bike-Rambo.
    Ich spreche aus eigener Erfahrung als ich am Sonntagnachmittag ausnahmsweise mal zu Fuß im Schwarzwald auf einem viel befahrenen und begangenen Trail unterwegs war (Hohes Horn Richtung Fritscheneck)und in einer Kurve beinahe umgefahren wurde...
    Einige werden mit bestätigen, das bleibt im Kopf

  3. benutzerbild

    aka

    dabei seit 09/2004

    Ja - aber ziehen wir mal einen Vergleich: nur weil sich einige nicht an Tempo 30 im Wohngebiet halten werden die Autofahrer dort trotzdem nicht in Sippenhaft genommen und pauschal das Autofahren verboten.

    P.S.: jeder der zu Fuss mit kleinen Kindern mal im Wald unterwegs wird sehen wie wichtig, unabhaengig von der Wegbreite, die Ruecksichtnahme auf Fussgaenger ist.

  4. benutzerbild

    psychotic

    dabei seit 01/2005

    Regeln hin oder her, was ändern Regeln an dem Verhaltensmilie Ich wohne im "dichtbesiedelten "NRW und benehme mich sehr rücksichtsvoll gegenüber den Spaziergängern und Wanderern. Bremse fast auf Schrittgeschwindigkeit ab und mache Platz wo es nur geht. Und doch kommt es permanent zu unnötigen Provokationen. Erst vor 2 Wochen machte sich ein Wanderer auf einer schmalen Brücke extra breit, so dass ich nicht vorbeikonnte, seine Frau ging zur Seite. Eine völlig unnötige Aktion und danach folgte der obligatorische Ruf "klingeln"smilie Und das ist leider kein Einzelfall, sondern an der Tagesordnung.
    Offensichtlich kann man es den Wanderern nicht recht machen und meinen sie hätten ein alleiniges Nutzungsrecht.
    So lange sie nicht akzeptieren, das ihnen die Wege nicht alleine gehören, wird sich das nicht ändern!! Wir MTB´ler sind zum auserkorenen Feindbild geworden und zwar aus Prinzip. Das NERVTsmilie

  5. benutzerbild

    mw.dd

    dabei seit 07/2006

    Kann sein, dass es in DE so ist...

    Nicht "kann sein", sonder es ist tatsächlich so. Näheres hier:
    http://dimb.de/mediathek/veroeffentlichungen

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