Schon die Präsentation des neuen Carbon Operator im Rahmen des Sea Otter Festivals im Frühjahr ließ vermuten, dass Kona einen kleinen Neuanfang anstreben würde. Der erwarteterweise gut gelungenen Vorstellung des neuen DH-Boliden Carbon Operator folgten kurze Zeit später erste Spyshots eines gänzlich neuen Kona Enduro-Bikes mit interessantem Hinterbaukonzept. Seit einigen Wochen ist dieses Geheimnis nun gelüftet: Es handelt sich um den Nachfolger des im vergangenen Jahr vorgestellten Process, welches nun ebenso viel Interesse zu wecken scheint wie sein großer Bruder aus Carbon. Im Rahmen eines Presse Camps im neu angelegten Bike Park Fiss/Serfaus konnten wir das Process 2014 erstmals genauer unter die Lupe nehmen.
Drei Modelle in je zwei Versionen wird Kona für 2104 vom neuen Process anbieten. Die jeweilige Bezeichnung der drei unterschiedlichen Versionen gibt den Federweg an, nicht jedoch die Laufradgröße. Und das, obwohl sich die Bikes auch hier maßgeblich unterscheiden: Während das Process 134 und 153 auf 27,5″-Laufrädern stehen, kommt das 111-mm-Fully Process 111 mit 29″-Laufrädern auf den Markt. In einer Sache sind sich die Geschwister jedoch gleich – sie basieren alle auf demselben Geometriekonzept: Long Reach – Short Stem.
Vom 29er bis hin zu den beiden 27,5″-Bikes haben alle Process-Modelle dieselben langen Reach-Werte und einen annähernd identisch kurzen Hinterbau. Was es mit dieser Geometrie-Philosophie auf sich hat, erklären wir im Verlauf dieses Artikels im Detail. Im Großen und Ganzen lässt sich die Process-Familie wie folgt beschreiben:
Ein langer Hauptrahmen ermöglicht die Verwendung von kurzen Vorbauten, wodurch sich eine steife und direkte Verbindung zur Gabel ergibt – insbesondere bei breiten Lenkern. Dank der Laufruhe, die sich durch den langen Abstand zwischen Tretlager und Vorderradachse ergibt, fällt der Hinterbau sehr kurz aus, was ein agiles Handling in technischem Terrain bewirkt. Aufgrund moderner Teleskop-Stützen, auf die laut Kona heutzutage niemand mehr verzichten würde, wurde das Sattelrohr möglichst kurz gehalten. Das ergibt sich eine sehr tiefe Rahmenkonstruktion, die dem Fahrer viel Bein- und Bewegungsfreiheit bieten soll. Das Bike wäre somit in jeder Fahrsituation leicht und sicher zu handhaben, so der Gedanke von Kona.
Kona Produkt-Manager Chris Mandell präsentiert die 2014er Process-Linie: [hier entlang zur Audio-Spur]
# Das neue Kona Process: Eine Philosophie – drei unterschiedliche Modelle.
Für die Neuauflage des Process setzten sich die Kona-Entwickler drei Kernthemen zur Grundlage: Geometrie, Steifigkeit sowie die Federkennlinie. Laut Kona Produkt-Manager Chris Mandell sei es ihnen von größter Bedeutung gewesen, jedem dieser Punkte gleich viel Gewichtung zu geben, denn letzten Endes wäre die Balance aus allem ausschlaggebend für ein gutes Bike.
Kona Process 2014 – Geometrie
Liest man das neu Kona Tech-Book, welches die Produktpalette 2014 bis ins kleinste Detail beschreibt, so stößt man auf ein immer wiederkehrendes Thema: Geometrie und die daraus resultierende Balance. Für Kona ist die Balance aus Geometrie, Steifigkeit und Federkennlinie der alles entscheidende Faktor, welcher das Bike letzten Endes zu dem macht, was es ist. Glaubt man den Kona-Ingenieuren, so würde sich beispielsweise die „Raderhebungskurve“ nur verschwindend gering auf das Fahrverhalten auswirken, würde jedoch bei vielen Konkurrenten in der Entwicklung dazu führen, dass erheblich wichtigere Dinge eingeschränkt werden müssten – so zum Beispiel die Geometrie.
Long Reach – Short Stem: So lautet die Philosophie, mit der sich Kona den neuen Modellen verschrieben hat. Ganz unbekannt ist dieses Konzept nicht, gibt es doch schon seit einiger Zeit ähnliche Konzepte anderer Hersteller wie beispielsweise Mondraker mit ihrer „Forward Geometry“. Bei Kona habe man nach eigenen Angaben bereits seit drei Jahren an diesem Konzept gearbeitet. Der Sinn hinter dieser Geometrieverteilung ist folgender: Der lange Hauptrahmen zieht den Fahrer nach vorne, wodurch sich eine Gewichtsverteilung ergibt, die einen maximal kurzen Hinterbau zulässt. „Je kürzer der Hinterbau, desto besser das Handling“, so Produktmanager Chris Mendell. Da ein kurzer Hinterbau jedoch der Laufruhe abträglich ist, bedarf es eines langen Hauptrahmens, um wieder Stabilität bei höheren Geschwindigkeiten ins System zu bringen.
# Konas Geometrie-Philosophie 2014: Long Reach – Short Stem
Der größte Vorteil ergibt sich bei einem langen Hauptrahmen jedoch im Bereich der Lenkzentrale. Der Rahmen erlaubt nicht nur, er fordert sogar die Verwendung eines kurzen Vorbaus – dementsprechend befinden sich an allen Process-Modellen serienmäßig 40 mm kurze Vorbauten. Chris Mandell fügt jedoch hinzu, dass auch noch kürzere Vorbauten durchaus zum Gesamtpaket passen würden. Der Vorteil der kurzen Lenkzentrale: Das indirekte Lenkverhalten eines flachen Lenkwinkels wird durch die steifere und sehr direkte Verbindung zwischen Lenker und Gabel kompensiert. Das würde sich vor allem bei breiten Lenkern spürbar positiv bemerkbar machen, so Chris Mandell. Im Gegensatz zu Mondrakers Geometrie-Konzept mit „Zero-Stack“-Vorbauen erlauben es die Process-Rahmen, einen herkömmlichen Vorbau zu fahren, wodurch die Lenkzentrale deutlich tiefer baut.
Product-Manager Chirs Mandell zur neuen Process-Geometrie: [hier entlang zur Audi-Spur]
# Kona Größeneinteilung für 2014
# Langer Hauptrahmen mit kurzem Sitzrohr: Dank moderner Vario-Stützen gehören lange Sitzrohre der Vergangenheit an. Das Ergebnis ist ein tiefes Oberrohr für viel Beinfreiheit.
Kona Process 2014 – Steifigkeit
Auch das Thema Steifigkeit lag den Kona-Ingenieuren bei der Entwicklung der neuen Process-Modelle sehr am Herzen. Jede Art von Flex innerhalb der Rahmenkonstruktion sei mit einer Feder zu vergleichen, die ungedämpft ihre Arbeit verrichten würde, erklärte Chris Mandell zum Thema Rahmensteifigkeit. Da eine ungedämpfte Federung ausschließlich Nachteile hätte, sei es das Ziel gewesen, den Rahmen so steif wie möglich zu konstruieren, so Mandell weiter.
Das flexbedingte Federverhalten eines Rahmens ließe sich vom Nutzer nicht beeinflussen und würde sich je nach Größe und Gewicht des Fahrers ganz unterschiedlich auswirken. Um dem vorzubeugen, müsse der Rahmen durch seine Steifigkeit jede Kraft, die er vom Untergrund eingespießt bekommt, in die Federung weiterleiten, da man nur so einstellen könne, wie das Rad mit diesen Kräften umzugehen habe. Chris merkt an, dass die neuen Process-Rahmen in Sachen Steifigkeit im direkten Vergleich problemlos mit aktuellen Aluminium-Operator-Rahmen mithalten könnten. Dies hätte man unter anderem dank unüblich großer Lager an allen Drehpunkten erreicht.
Product-Manager Chris Mandell zum Thema Steifigkeit: [hier entlang zur Audio-Spur]
# Große Lager [gedichtete Kugellager] und durchgehende Hohlachsen sollen maximale Steifigkeit erbringen.
Kona Process 2014 – Federkennlinie
Federung: Unter der Bezeichnung „Kona Independent Suspension“ versteht Kona drei verschiedenen Federungskonzepte, die sich allesamt als abgestützte Eingelenker bezeichnen lassen. Das neue Process basiert auf genau auf diesem System: Die Sitzstrebe betätigt einen Rocker-Arm, welcher die eingespeiste Kraft über einen Hebel zum Dämpfer überträgt. Dieses Konzept sei ausschlaggebend für die Realisierung eines kurzen Hinterbaus. Das System ermöglicht dem Hinterrad, so nah wie möglich an das Innenlager heran zu rücken.
Auch in Sachen Federkennlinie unterscheiden sich die neuen Process-Bikes vom Großteil aktueller Konkurrenz-Produkte. Während viele Firmen bei All Mountain- und Enduro-Bikes immer häufiger sehr lineare Federkennlinien realisieren, schlägt Kona einen gegensätzlichen Weg ein. Alle Hinterbau-Systeme der drei Process-Modelle weisen eine konstant progressive Federkennlinie vor, die vor allem eins bewirken soll: Der „Tune“ des Dämpfer soll über den gesamten Federweg hinweg zur Kennlinie passen.
# Diese Interpretation eines abgestützten Eingelenkers ermöglicht den sehr kurzen Hinterbau. Ein Carbon-Steg verbindet beide Teile des Rocker-Arms und sorgt für zusätzliche Steifigkeit.
# Konstant progressive Federkennlinie: das Dämpfer-Tune soll dadurch exakt passen
Auch zum Thema Raderhebungskurve hatte Chris Mandell noch einige Worte zu sagen:
Modellübersicht
Kona Process 111
Das Process 111 bietet dem Fahrer 111 mm Federweg. Es steht auf 29″-Laufrädern und kommt in der „Deluxe“-Version mit einem Rock Shox-Fahrwerk und SRAM XX1-Antrieb. Auch wenn Kona das Bike keinem eindeutigen Einsatzbereich zuordnen möchte, so dürfte sich das Process 111 wohl als sportliches All Mountain mit Vorliebe für schnelle Trails etablieren. Das wohl entscheidendste Merkmal des 111 ist der Verzicht auf eine Umwerfer-Aufnahme. Nur so habe man bei diesem 29er einen 430 mm kurzen Hinterbau realisieren können. Dank 11-fach-Antrieb soll das Bike aber dennoch für jede Tour gewappnet sein.
- 29″-Fully mit sehr kurzem Hinterbau
- 111 mm Federweg
- 430 mm kurzer Hinerbau
- langer Hauptrahmen – Reach: 460 mm bei Gr. Large
- 12×142 mm Hinterradachse
- tapered Steuerrohr
- tiefes Oberrohr und Tretlager
- 2 Modellvarianten
# Kona Process 111 Deluxe – 29″: das Edel-Modell der Process-Reihe kommt mit XX1-Antrieb, Rock Shox Revelation RTC 3 Solo Air Gabel, ZTR Flow-Laufrädern und Avid X0 Trail Bremsen. Preis: 4.999 Euro
# Gedämpft wird der steife Hinterbau des Process 111 Delux von einem Rock Shox Monarch RT3 Dämpfer.
# Keine Umwerferaufnahme – das verlangt nach einem 1x-Antrieb. Beim teuren Deluxe-Modell kommt eine SRAM XX1-Gruppe zum Einsatz.
# Hohlgeschmiedete Ausfallenden für wenig ungefederte Masse.
# Hydrogeformte Sitzstreben sollen noch mehr Steifigkeit ins System bringen.
# Die Geometrie jedes Kona-Rahmens lässt sich kinderleicht am Sitzrohr ablesen – so wie bei diesem Rahmen in „Large“. Reach: 460 mm // Stack: 617 mm
# Geometrie: Kona Process 111
Kona Process 153
Das Process 153 stellt das Flaggschiff der Process-Reihe dar. Es bietet dem Fahrer 153 mm Federweg und steht auf 27,5″-Laufrädern. Mit seinem 66,5° flachem Lenkwinkel, dem soliden Rahmen und der abfahrtsorientierten Ausstattung richtet sich das Bike ganz klar an Enduro-Biker.
Interessant sind die eigens für Kona angefertigten WTB-Felgen, die an beiden Process 153-Modellen zum Einsatz kommen. Es handelt sich dabei um breite Tubless Ready-Felgen, die eine Maulweite/Innenbreite von 25 mm vorweisen. Besonders im groben Gelände soll dies einen soliden Halt des Tubeless-Reifens bewirken. Die Serien-Bikes werden jedoch nicht schlauchlos ausgeliefert, sind jedoch tubeless-ready.
- 27,5″ Enduro-Bike
- 153 mm Federweg
- 425 mm kurzer Hinerbau
- langer Hauptrahmen – Reach: 460 mm bei Gr. Large
- 12×142 mm Hinterradachse
- tapered Steuerrohr
- tiefes Oberrohr und Tretlager
- 2 Modellvarianten
# Kona Process 153 Deluxe – 27,5″: Enduro-Bike mit 153 mm Federweg, Rock Shox Pike 160 RCT3 Solo Air Federgabel und Shimano XT Bremsanlage. Preis: 4.399 Euro
# Kona Process 153 Deluxe
# 40 mm kurzer Kona Vorbau kombiniert mit einem 785 mm breiten Race Face Atlas [low rise] Lenker.
# Schönen Linienführung an allen Process-Rahmen
# Der Antrieb des 153 Deluxe setzt sich aus SRAM X.0 Type 2 Schaltwerk, SRAM X.9 Kurbeln und SRAM X.7 Umwerfer zusammen.
# Shimano XT Bremsanlage mit 180 mm Center Lock-Scheibe.
# Innenverlegte Schaltzüge sorgen für eine aufgeräumte Optik. Im Inneren verläuft ein „Inliner“, dank dem sich das Schaltkabel kinderlicht verlegen lässt.
# Große Lager und breite Wippen – am Process ist alles auf Steifigkeit ausgelegt.
# WTB i25-Felge: Diese Tubless Ready-Felge wurde eigens für Kona angefertigt und soll den Schlauchlosreifen sicher auf der Felge halten.
# Geometrie: Kona Process 153
Kona Process 134
Das mittlere Modell der Process-Familie dürfte wohl den tourenorientierten All Mountain-Biker ansprechen, der viel Wert auf Vortrieb liegt. Das Bike kommt in der „Deluxe“-Version für 3.299 Euro mit einem Mix aus Shimano SLX und XT. Die Federung an der Front übernimmt eine Rock Shox Revelation RL Solor Air mit 140 mm Federweg.
- 27,5″ Enduro-Bike
- 134 mm Federweg
- 425 mm kurzer Hinerbau
- langer Hauptrahmen – Reach: 460 mm bei Gr. Large
- 12×142 mm Hinterradachse
- tapered Steuerrohr
- tiefes Oberrohr und Tretlager
- 2 Modellvarianten
# Das 134 mm Process stellt das Verbindungsstück zwischen Process 111 und Process 153 dar. Das Bike basiert auf dem selben Konzept wie seine Brüder, bietet jedoch weniger Federweg, einen steileren Lenkwinkel und 27,5″-Laufräder.
# Kona Process 134 Deluxe: 134 mm Federweg, 68° Lenkwinkel, 425 mm kurze Kettenstreben, Shimano SLX Ausstattung und Rock Shox Fahrwerk. Preis: 3.299 Euro
# Das Process 134 bietet ähnlich aufgebaute Laufräder wie sein großer Bruder 154. Die WTB Felgen haben ein Innenmaß von 23 mm – aufgezogen ist ein Maxxis Ardent Reifen mit EXO-Protection und der Größe 27,5×2,4″.
# Rock Shox Monarch RT Dämpfer
# Kona Process 134 Deluxe
# Geometrie: Kona Process 134
Impressionen vom Media Camp
# Fachsimpeln nach einem guten Tag im Bike Park. Kleine Anmerkung: Der Bike Park Serfaus kann sich sehen lassen, auch wenn an vielen Stellen noch Nachholbedarf besteht hat der Park eindeutig Potenzial für mehr. Wir sind gespannt was 2014 noch so alles kommen wird.
# Feierabend – Zeit für eine Runde Bier.
# Das private Carbon Operator eines Kona Mitarbeiters – sieht schick aus.
# Kona Carbon Operator in der günstigen Ausstattungsvariante
# Kona Presse Camp im neuen Bike Park Fiss/Serfau
# Kona hatte sich nicht lumpen lassen und alle interessanten 2014er Modell mitgebracht.
# Aufbruchsstimmung in der Abenddämmerung
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