Als BMC anbot, dass wir im Rahmen des Trailfox 29 Launches (Fahrbericht folgt) das Enduro-Rennen mitfahren könnten, war mir nicht so ganz klar, auf was ich mich einlassen würde. Das Rennen und seine Strecken sind Teil der Enduro World Series und damit durchaus anspruchsvoll – auch, dass die Transferzeiten für nicht ganz so trainierte Fahrer durchaus knapp sein würden, war für mich ebenfalls unerwartet. Aber fangen wir besser von vorne an …

Ruhe vor dem Sturm

Die Ruhe vor dem Sturm - alles beginnt auf dem SRAM-Startturm.
# Die Ruhe vor dem Sturm – alles beginnt auf dem SRAM-Startturm.

Ines Thoma ist gut drauf - hier kurz vor dem Start
# Ines Thoma ist gut drauf – hier kurz vor dem Start

Ines Thoma am Start - gerollt wurde direkt bis zum Lift, der bis ganz nach oben führte
# Ines Thoma am Start – gerollt wurde direkt bis zum Lift, der bis ganz nach oben führte

Jemand Interesse an einem Norco mit Boxxer? Überall in Whistler Village stehen Bikes zum Verkauf BMC-Produktmanager Matthias Schmid geht auf die Strecke Währenddessen fand auf dem Platz im Village wieder Yoga statt... ...und alle Fahrer liefen vorbei: Hier Pauline Dieffenthaler, Freundin von Jerome Clementz und später Siebte bei den Damen Emily Slaco von Norco auf dem Weg zu Platz 16 Auch Joost Wichman musste nach zwei Stages passen - DNF Altmeister und immer gut drauf: Mark Weir wurde 30ster
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Start

In der Hobby-Masters-Klasse durften wir uns um kurz nach 8 Uhr am GLC (Garibaldi Lift Co.) einfinden, wo Laufräder, Rahmen und Gabel bestickert wurden. Auf dem Startturm empfing uns Brett Tippie mit bester Laune und fragte uns, was wir von dem Rennen erwarten würden. Mein letztes Rennen lag zu diesem Zeitpunkt aktuell zirka 5 Jahre zurück und so war ich froh, dass mich jemand vom Piepsen ablenkte, dass die Nerven anspannen ließ.

Kurz danach war dann mein Signal da und ich rollte über die Startrampe hinunter über den Vorplatz zur Gondel, die mich auf den Berg zu Stage 1 bringen sollte.

Daumen hoch: Noch ist alles top bei Jens...
# Daumen hoch: Noch ist alles top bei Jens…

...und los geht´s
# …und los geht´s

Immer dabei: Jeero hat sich auf den Rucksack gemogelt
# Immer dabei: Jeero hat sich auf den Rucksack gemogelt

Ein entspannter Anfang – aber so sollte es nicht lange bleiben. Nach dem kurzen Verbindungstrail zum Peak-Chair, der mich zum „Top of the World“-Trail bringen sollte, fand ich mich in einer Wolkenschicht wieder.

Von der wunderbaren Aussicht liess sich leider nichts genießen – so rollte ich zum Einstieg des Trails. Hier musste zuerst der obere Trail ohne Wertung zurückgelegt werden, ein Zubringer zum eigentlichen Start. Ganz professionell hatten wir uns am Samstag für dieses anstrengende Rennen vorbereitet: wir sind nicht etwa die 60km Enduro-Runde gefahren, sondern im Bikepark. 5.000 Tiefenmeter auf den aktuell durch die lange Trockenperiode ziemlich zerrütteten Strecken. Armpump, bevor es los ging – perfekt. ;)

Von ganz unten kommt man...
# Von ganz unten kommt man…

Aussicht aus dem Peak-Chair-Lift
# Aussicht aus dem Peak-Chair-Lift

Über den Wolken... oder besser in?
# Über den Wolken… oder besser in?

Start des Top of the World Trails
# Start des Top of the World Trails

Zubringer zu Stage 1
# Zubringer zu Stage 1

Am Start begegnete ich Brandon Sloan von Specialized, der ebenfalls auf einem 29″-Bike das Rennen bestreiten wollte – es sollte definitiv ein Härtetest werden. Die Nervosität vor dem Start wurde uns auf interessante Art und Weise genommen: Tausende von kleinen Fliegen und Mücken zerstachen unsere Beine und Arme. Die Orga-Leute waren teilweise komplett bis auf die Augen verhüllt, um dem zu entgehen.

Spot the rider. Aussicht mit Kanadafeeling pur.
# Spot the rider. Aussicht mit Kanadafeeling pur.

Blick auf den Start der ersten Stage.
# Blick auf den Start der ersten Stage.

Man kann... aber will man das? Wirklich?
# Man kann… aber will man das? Wirklich?

Bekannte Namen. Brandon Sloan startete einige Plätze vor mir.
# Bekannte Namen. Brandon Sloan startete einige Plätze vor mir.

Keine Bankräuber. Mückenopfer.
# Keine Bankräuber. Mückenopfer.

Das einzig wirklich wirksame Mittel gegen die Mücken. Abschottung.
# Das einzig wirklich wirksame Mittel gegen die Mücken. Abschottung.

Stage 1 – Länge: 2,8km, Höhendifferenz: 405m

Singletrails auf Sicht fahren bin ich eigentlich gewohnt, und das macht mir persönlich mit am meisten Spaß. So lasse ich es direkt gut laufen und versuche in den Fahrfluss zu kommen. Allerdings waren einige Passagen recht schlecht einzusehen und nach zweimaligem Schultertouchieren an einem Baum nehme ich die Geschwindigkeit raus und fahre auf Sicherheit. Prompt werde ich erst vom meinem Nachstarter und dann sogar vom zweiten in einem Uphill überholt. Dadurch motiviert, liess ich mich vom Rennfieber packen und konnte dann im nächsten technischen Downhill den einen der beiden wieder überholen. Kurz darauf war die erste Stage auch schon zu Ende und wir konnten entspannt einen Transfer ohne wirklichen Gegenanstieg bis zur nächsten Stage rollen.

Ausblick auf dem Transfer zu Stage 2. Später fuhr man Trails auf der anderen Talseite.
# Ausblick auf dem Transfer zu Stage 2. Später fuhr man Trails auf der anderen Talseite.

Stage 2 – Länge: 1,45km, Höhendifferenz: 160m

Wirklich Zeit hatte ich mir nicht gelassen im Transfer – dennoch konnte ich fast nahtlos wieder an den Start gehen. Es wartete ein weiterer Singletrail mit moderatem Gefälle, einigen knackigen Gegenanstiegen und kleinen Holzbrücken auf mich. Schnell wurde klar, dass ich mir mit den Abfahrten vom Vortag keinen Gefallen getan hatte. In den Uphills fand ich mich schnell schiebend neben dem Rad wieder. Etwas demotiviert beendete ich so Stage 2.

Start von Stage 2. Noch sind die Trails sehr moderat.
# Start von Stage 2. Noch sind die Trails sehr moderat.

Spontanes Leih-Stativ auf Stage 2
# Spontanes Leih-Stativ auf Stage 2

Mike Kazimer mit Style - Platz 23 bei den Masters für den US-Amerikaner
# Mike Kazimer mit Style – Platz 23 bei den Masters für den US-Amerikaner

Vince Perrine auf Stage 2
# Vince Perrine auf Stage 2

Jens und Jeero düsen durch die Kurve...
# Jens und Jeero düsen durch die Kurve…

...während dieser Fahrer sein Vorderrad lädierte.
# …während dieser Fahrer sein Vorderrad lädierte.

Staubig wie hier war es auf den meisten Stages
# Staubig wie hier war es auf den meisten Stages

Dieser Baumstumpf fungierte als natürliche Bremse für die Fahrer, die nicht die korrekte Linie trafen - und das waren einige
# Dieser Baumstumpf fungierte als natürliche Bremse für die Fahrer, die nicht die korrekte Linie trafen – und das waren einige

Jenny Konway gelang ebenfalls auf einen völlig falschen Weg und fuhr direkt in Simone von MtbCult.it hinein
# Jenny Konway gelang ebenfalls auf einen völlig falschen Weg und fuhr direkt in Simone von MtbCult.it hinein

Steffi Marth on track - das Trek Gravity Girl fuhr auf Platz 20 bei den Damen
# Steffi Marth on track – das Trek Gravity Girl fuhr auf Platz 20 bei den Damen

Während die meisten Fahrer wegdrückten, hatten manche richtig Spaß am Springen
# Während die meisten Fahrer wegdrückten, hatten manche richtig Spaß am Springen

Dylan Wolsky rammt sein Hinderrad kompromisslos in den Boden - dieser Fahrstil reichte für Platz 26 bei den Herren
# Dylan Wolsky rammt sein Hinderrad kompromisslos in den Boden – dieser Fahrstil reichte für Platz 26 bei den Herren

Mark Weir immer am Grinsen - mit Schwung auf Rang 30
# Mark Weir immer am Grinsen – mit Schwung auf Rang 30

Auch unseren Redakteur Maxi Dickerhoff schied nach dieser Stage 2 aus - technischer Defekt
# Auch unser Redakteurs-Kollege Maxi Dickerhoff schied nach dieser Stage 2 aus – technischer Defekt

Tobias Woggon von BMC auf dem Weg zu Rang 74
# Tobias Woggon von BMC auf dem Weg zu Rang 74

Florian Nicolai wurde lautstark von Brett Tippie angefeuert und fuhr auf Platz 27
# Florian Nicolai wurde lautstark von Brett Tippie angefeuert und fuhr auf Platz 27

Fabien Barel
# Fabien Barel

Jerome Clementz im Eiltempo: Der Franzose führte bis zur letzten Stage...
# Jerome Clementz im Eiltempo: Der Franzose führte bis zur letzten Stage…

...und war darüber ganz glücklich
# …und war darüber ganz glücklich

Stage 3 – Länge: 1,64km, Höhendifferenz: 237m

Trotz dass uns das Wetter hold war und die Sonne nicht auf uns herunterbrannte, hatte ich die 3 Liter-Trinkblase schon geleert und war froh um die Versorgungsstation, welche Wasser und Riegel bereitstellte. Dann kam der erste ernstzunehmende Transfer: Ein kurzer Wegabschnitt führte über die Straße, doch bald zeigte eines der gelben Hinweisschilder auf ein kleines Loch im Gebüsch.

Pause vor Stage 3.
# Pause vor Stage 3.

Zwischendurch ein Blick auf die Karte.
# Zwischendurch ein Blick auf die Karte.

Der Start von Stage 3.
# Der Start von Stage 3.

Manche Fahrer verzichten auf einen Rucksack.
# Manche Fahrer verzichten auf einen Rucksack.

Alle Helfer sind bester Laune.
# Alle Helfer sind bester Laune.

Dahinter erwartete uns kanadischer Wald wie aus dem Bilderbuch: Riesige Bäume, die ihre Wipfel hallenartig über die Trails spannten. Lange konnte man das nicht genießen, denn der Anstieg wurde immer steiler. Kopf runter und treten. Bald fand ich mich zusammen mit einigen Startern um mich schiebend wieder. Brandon Sloan überholte uns tretend, aber schwer atmend auf seinem kleinsten Gang.

„This climb is a b*tch – it evens out and you think you got it – but then it steepens again.“ Nicht gerade motiverend waren die Worte von einem Kanadier, der mit mir schob – aber immerhin wusste ich, was mich noch erwartete. Der letzte Uphill war dann wirklich hart und ich blickte immer wieder beunruhigt auf das Oberrohr, auf dem ich einen Sticker mit meinen Startzeiten geklebt bekommen hatte.

Würde es noch reichen? Bei der letzten Stage hatte ein Franzose einen Platten und so verpasste er seine Startzeit. Völlig durchnässt und mit Klingeln in den Ohren vernahm ich langsam ein Piepsen im Wald. Fast kam es mir vor wie eine Fata Morgana – aber es war tatsächlich das Startsignal von Stage 3. Nach regulärer Startzeit hätte ich lediglich 5 Minuten Erholung gehabt, aber da eine Unwetterwarnung Stage 5 unsicher machte, bekam ich weitere 10 Minuten Gnadenfrist.

Wie der lange und steile Anstieg hatte vermuten lassen, war die nächste Abfahrt um einiges steiler als die vorangegangenen. Nur ein kleiner Gegenanstieg musste bewältigt werden. Als ein Fahrer mit Abfahrtsschwerpunkt fühlte ich mich um einiges wohler und konnte den Schwung des Geländes nutzen, um etwas Zeit gut zu machen.

Dass es Linienoptionen geben würde war im Vorfeld nicht ganz klar – prompt nahm ich den kürzesten Weg und fand mich auf einem gefühlt senkrechten Abschnitt wieder, der meine Augen doch recht groß werden ließ. Ich war bereits über die Kante gefahren und es gab kein Zurück: Dies schien eine der sehenswerten Stellen zu sein, denn meine Linienwahl wurde von den versammelten Zuschauern mit extremem Gejohle begrüßt.

„I guess this wasn’t the Chickenway?!“Als ich die Sektion überwunden hatte und der Trail nicht mehr so steil war, rief ich nach hinten: „I guess this wasn’t the Chickenway?!“ – erneut großes Gejohle. Davon motiviert rumpelte ich weiter über die Steine und Wurzeln und der typisch kanadischen Holzkonstruktionen über einen rauschenden Bergbach hinab ins Ziel. Der Fahrer vor mir war auch gerade angekommen und fiel mehr oder minder mit seinem Fahrrad in den Wald. Ich tat es ihm gleich und japste nach Luft. Waren die beiden ersten Trails noch sehr moderat vom Schwierigkeitsgrad, so hatte ich nun das Gefühl, ich hätte eher eine Downhillstrecke beendet – auf einem 15cm Enduro 29er. In meiner Trance nach dem Uphill hatte ich sogar vergessen, die Gabel auf vollen Federweg zurück zu stellen. Große Laufräder scheinen doch so einiges möglich zu machen. ;)

Alles top an der Versorgungsstation
# Alles top an der Versorgungsstation

Richie Schley war ebenfalls vor Ort
# Richie Schley war ebenfalls vor Ort

Lindsey Voreis (23.) und Heather Ermiger (13.) grinsen in die Kamera
# Lindsey Voreis (23.) und Heather Ermiger (13.) grinsen in die Kamera

Anne-Caro Chausson, Anka Martin und Pauline Dieffenthaler auf dem Verbindungsstück zwischen den Etappen
# Anne-Caro Chausson, Anka Martin und Pauline Dieffenthaler auf dem Verbindungsstück zwischen den Etappen

Anka Martin
# Anka Martin

Hier entlang bitte - das weitläufige Areal erforderte viele Hinweisschilder
# Hier entlang bitte – das weitläufige Areal erforderte viele Hinweisschilder

Anneke Beerten, Anita und Carolin Gehrig und Ines Thoma
# Anneke Beerten, Anita und Carolin Gehrig und Ines Thoma

Stage 4 – Länge: 2,87km | Höhendifferenz: 443m

Stage drei war aus Landeignersgründen gekürzt worden und so fuhren wir noch etliches an Höhenmetern auf wunderbaren Singletrails über gigantische Felsformationen hinab ins Tal. Steile Stufen und staubiger Boden sorgten dabei für Riesenspaß ohne Renndruck. Ich kam im Tal an und fand mich auf einer Straße wieder – die gelben Hinweisschilder schickten uns Richtung Norden. Mehrere Kilometer legten wir über Asphalt zurück. Ein kurzer Abschnitt führte danach durch einen Wald, der massiv von einem Trailnetz durchzogen ist. Ich war froh um die gelben Hinweisschilder mit den Richtungsangaben an jeder Gabelung – sonst wäre man hoffnungslos verloren gewesen. Ich verließ den Wald und kämpfte mich einen Schotteranstieg hinauf.

Transfer über Lokaltrails zu Stage 4
# Transfer über Lokaltrails zu Stage 4

Keep going!
# Keep going!

Einige Fahrer genießen eine Pause mit Aussicht auf dem Uphill zu Stage 4. Vom "Seelevel" ist man gestartet.
# Einige Fahrer genießen eine Pause mit Aussicht auf dem Uphill zu Stage 4. Vom "Seelevel" ist man gestartet.

Warteschlange vor Stage 4
# Warteschlange vor Stage 4

Mountainbikes mit E-Unterstützung halfen beim Transport des Equipments auf den Berg
# Mountainbikes mit E-Unterstützung halfen beim Transport des Equipments auf den Berg

Energie und Wasser. Extrem wichtig um das Rennen zu überstehen.
# Energie und Wasser. Extrem wichtig um das Rennen zu überstehen.

Knackige Uphills.
# Knackige Uphills.

Ende von Stage 4 und die Berge rund um Whistler
# Ende von Stage 4 und die Berge rund um Whistler

„GO GO GO! PEDAL TO WIN!“ Wieder auf der Straße standen die Anwohner auf den Bürgersteigen und feuerten mich an. Die Straße war mit bunter Kreide mit GO! GO! GO! und PEDAL TO WIN bemalt. Nach einigen Abzweigungen finde ich mich auf dem längsten Anstieg über eine „Fireroad“ wieder. Solange es nicht zu steil war und man die Luft nicht gänzlich nur zum Treten brauchte, kam man schnell mit den Mitfahrern ins Gespräch. Später wurde der Anstieg immer steiler und sogar Brandon Sloan schob mit uns sein Bike. Etwas tückisch war die Pause, die einige der schnelleren Fahrer an einer Abzweigung einlegten: Ein Blick auf die Uhr offenbarte mir eine halbe Stunde bis zum Start. Ich freute mich über eine längere Ruhepause und genoss die Aussieht hinab aufs Tal. Aber wo war das Piepen? Doch nicht oben! Also zurück in den Sattel und weiter. Ich überholte einen Fahrer, aus dessen Rucksack die Titelmelodie von Zelda tönte. „For motivation?“ fragte ich ihn. „Yeah. But today it doesn’t work!“ antwortete er mir mit einem bitteren Grinsen und schweißüberströmten Gesicht. Kurz darauf quittierten auch meine Beine das Pedalieren und zusammen schoben wir den Trail hinauf. Link’s Titelmelodie mochte auch mir nicht helfen.

Endlich veränderte sich der Weg, richtete sich abwärts und wurde wieder zu einem Singletrail wie auf den Abfahrten. Das Piepen der Startuhr kündigte mir zumindest eine kurze Pause von 10 Minuten an. Leider musste ich in dieser Pause feststellen, dass sich mein Dämpfer verabschiedet hatte – zumindest von einem Teil seiner Funktionalität. Die Zugstufe war plötzlich viel langsamer als von mir eingestellt, das letzte Stück federte der Dämpfer dafür ungedämpft und hart aus. Zusammen mit Matthias Schmid von BMC versuchten wir uns an einer kurzen Not-OP, aber viel war außer der Beschleunigung der Zugstufe nicht zu holen. Enduro scheint Materialschlacht zu sein…

„There is a long climb in this stage.“„There is a long climb in this stage.“ meinte ein Mitfahrer zu einem anderen. Genau das, was meine Beine brauchten! Die Sonne kam raus und es folgte die vorletzte Stage. Mit Motivation ging ich an den Start, nach dem Piepen sprintete ich los.

Der Trail begann sehr „manmade“ und sorgte für Pumptrackfeeling mit extrem hoher Geschwindigkeit. Bald tauchte direkt vor mir das weiße Streckenband auf und ein Helfer winkte hektisch nach links. Zu Recht: Fast 90 Grad bog der Trail ab, wurde schlagartig technischer und nach wenigen Metern auch richtig steil. Die Geschwindigkeit behielt ich bei. „Woahhhh!“ war das einzige, was mir unter meinem Helm neben einem dicken Grinsen ins Gesicht geschrieben stand. Über Steine, Wurzeln und Bremswellen beförderte ich mich in die natürlichen Anlieger und ließ es richtig schön laufen. Erst der oben am Start erwähnte Gegenanstieg sollte mich verlangsamen: So sehr, dass ich wieder von meinem Verfolger tretenderweise überholt wurde. Nach einigen hundert Metern Traversieren bog ich wieder in eine steile Sektion ein – diese sollte jetzt fast bis unten anhalten. Ich nahm wieder massiv an Fahrt auf und das Johlen der Zuschauer an der Strecke tat sein Übriges. Meine Oberschenkel brannten, meine Hände schmerzten. Der Dämpfer mit seiner eingeschränkten Funktion reichte die Schläge heftig an mich weiter, dennoch schaffte ich es, meinen Vordermann wieder zu überholen.

Diese linke Abfahrt des Trails war praktisch die Pro-Line
# Diese linke Abfahrt des Trails war praktisch die Pro-Line

„WHICH WAY???“ „You choose!“Ich versuchte weit nach vorne zu schauen um gute Linien fahren zu können und dadurch mehr Kraft zu sparen. Vor mir tat sich eine unklare Stelle auf und es war nicht abschätzbar welche Richtung ich einschlagen sollte. Vor mir war kein Band gespannt – aber auch kein Trail sichtbar. Hatte jemand hier das Band durchfahren? Ging es nach rechts oder doch geradeaus? „WHICH WAY???“ schrie ich dem Streckenposten zu. Es kam nur ein „you choose!“ zurück. Ok – zumindest schien geradeaus auch eine Option zu sein. Als ich über die Kante fuhr wurde mir klar, dass es die heftige Option war. Ich schoss in eine extrem steile Sektion, angefeuert von einer Menge Zuschauer. Kraft zum Bremsen hatte ich nicht mehr viel und so legte ich die Passage entsprechend schnell zurück. „Draufbleiben“ war so ziemlich der einzige Gedanke den ich noch hatte, als ich in den flacher werdenden Trail kam, der das baldige Ende der Stage einleitete.

Nach der Kante ging es ziemlich direkt sehr steil hinab
# Nach der Kante ging es ziemlich direkt sehr steil hinab

Sitzend versuchte ich meine kribbelnden Hände zu entspannen, was meinem Verfolger die Möglickeit bot aufzuschließen. Also aufstehen und treten! Ungebremst driftete ich in einen der letzten Kurven und versaute prompt die nächste. Wie nah oder fern mein Verfolger war wusste ich nicht, also fuhr ich zur Seite um Platz zu machen. Er war noch weit weg – verdammt. Ich ließ ihn passieren und rollte um die nächste Kurve. Das Ziel wäre direkt vor mir gewesen. Mit brennenden Händen und Oberschenkeln rollte ich über die Ziellinie. Brett Tippie empfing mich mit dem Mikrofon. Völlig außer Atem konnte ich nur das sagen, was ich mir die letzten Minuten durch den Kopf kreiste: „It’s so hard, but amazing!“

Martin Donat nach Stage 4: Der MTBR-Redakteur fuhr auf Platz 30 der Masters-Klasse
# Martin Donat nach Stage 4: Der MTBR-Redakteur fuhr auf Platz 30 der Masters-Klasse

Matthew Wight auf der harten Stage 4
# Matthew Wight auf dem flacher werdenden Auslauf der vorher sehr harten Stage 4

Staubwolke: Ines Thoma war auch hier schnell unterwegs
# Staubwolke: Ines Thoma war auch hier schnell unterwegs

Dieses Stück ist live unglaublich steil!
# Dieses Stück ist live unglaublich steil!

Martin Flano von Giant
# Martin Flano von Giant

Jeremy Arnould
# Jeremy Arnould

Tobi Woggon in der Sonne
# Tobi Woggon in der Sonne

Damien Oton fuhr auf Platz 14
# Damien Oton fuhr auf Platz 14

Staubig um die Kurve...
# Staubig um die Kurve…

René Wildhaber
# René Wildhaber

Fabien Barel nahm die direkteste, aber enorm enge Linie - ein dicker Lenkerklatscher gegen den Baum war die Folge
# Fabien Barel nahm die direkteste, aber enorm enge Linie – ein dicker Lenkerklatscher gegen den Baum war die Folge

Stage 5 – Länge: 10,63km, Höhendifferenz: 1450m

Wir rollten die letzten Höhenmeter hinab ins Tal und durch den Park auf die andere Talseite. Es war Zeit für die letzte und zugleich härteste Stage – Top of the World! Als ich Richtung Lift rollte war ich froh, dass der Transfer ohne großartigen Anstieg ausfiel. Trotzdem frage ich mich, wie ich die Kraft aufbringen soll, diese Stage sicher hinab zu bringen.

Nach der Kabinenbahn rollte ich den Transferweg zum Peak-Chair-Lift und meine Hände schmerzten in den Bremswellen. Ich nahm alle Finger an den Lenker und umschloss ihn, die Vibration war beim Fahren durch die Bremswellen am Zeigefinger auf dem Bremshebel sonst zu unangenehm. Immerhin bin ich so auch schneller! Der Peak-Chair-Lift bot die letzte Möglichkeit zu entspannen. Ich genoss die Sonne und bereitete mich mental auf die zehrende Abfahrt vor.

Jede Gelegenheit zur Erholung wird wahrgenommen.
# Jede Gelegenheit zur Erholung wird wahrgenommen.

Die Sonne lacht auf die Warteschlange der müden Krieger.
# Die Sonne lacht auf die Warteschlange der müden Krieger.

Kurz vorm Start zur letzten Stage.
# Kurz vorm Start zur letzten Stage.

Spot the rider. Die erste Sektion des Top of the World Trails.
# Spot the rider. Die erste Sektion des Top of the World Trails.

Mit einer Mischung aus Anspannung und freudiger Erwartung stand ich an der Startlinie. Das letzte Mal für heute ertönte das Piepsen und ich startete in den Trail. Bis auf eine neue Sektion kannte ich die Abfahrt bis ins Tal vom letztjährigen Crankworx. So teilte ich mir meine Kraft bewusst ein. Hände entspannen war oberstes Gebot nach der felsigen Sektion und der langen Traverse, bis zu „No duff“ war mein Energielevel dennoch sehr weit gesunken. Eine ungewollte „Vor dem Baum parken“-Situation folgte. Weiter, nur weiter… bald war es geschafft.

Auf der Fireroad, mit teilweise groben Steinen in der Linie, musste ich erneut im „Deathgrip“ fahren, da meine Zeigefinger weder die Kraft zum ernsthaften Verzögern hatten noch mit den Vibrationen auf dem Bremshebel klarkamen. Fast beängstigend schnell kam ich dann beim „Too tight“-Trail an, der durch seine Enge an meiner Konzentration zehrte. Sichtlich gezeichnet brachte ich den Trail hinter mich und bog in „Angry Pirate“ ein. Schnell, eng, viele Kurven und eine dicke Staubschicht auf den Steinen boten einen fordernden Abschluss – auf den letzten Metern holte mich meine Entkräftung ein. Bei einem schnellen Wechsel von zwei Anliegern sprang ich zu weit in den Anlieger und meine Arme konnten die Wucht der Landung nicht mehr halten. Ich schlug mit dem Brustkorb auf dem Lenker auf und überschlug mich hinein in den Anlieger. Ein Fotograf, der kurz zuvor noch ein Foto von mir geschossen hatte, zog das Rad von mir, in das ich verknotet war und schaffte es von der Strecke. Vom Adrenalin getrieben sprang ich auf und schrie nur „Bike! Bike! My Bike!“, riss es ihm aus der Hand, richtete den Lenker mit zwischen den Beinen geklemmten Vorderrad und machte mich auf den Weg ins Ziel.

Es folgte der untere Teil vom „Eez does it“, der ein wenig Erholung bot bevor ich durch die letzten Bremswellen das Ziel vor Augen hatte. Weit auf den Lenker gelehnt forderte ich das letzte, was noch in den Beinen an Kraft zu mobilisieren war und sprintete ins Ziel. Über die Ziellinie. Stehen bleiben. Atmen. Luft. Nicht umfallen. Mehrere Minuten rang ich auf den Lenker gebeugt nach Luft.

Jens und Jeero nach dem Rennen - "leicht" kaputt
# Jens und Jeero nach dem Rennen – "leicht" kaputt

"Könnte ich noch so ein Getränk haben?"
# "Irgend was zu trinken. Mit Zucker!"

Mit Beinen aus Gummi setzte ich mich auf einen Sessel am Zelt der Zeitnahme. Es dauerte einige Minuten, bis sich mein Kreislauf erholt hatte. Meine Hände waren noch länger taub. Plötzlich nahm Hannes mich in Empfang. Er gab mir die Hand: „Respekt, dass du das überstanden hast!“

Fazit

(…) als würde ich mit einem Rad mit 15cm Federweg mehrere Downhillrennen bestreiten! Am Ende reichte es, trotz den beiden mäßigen Abfahrten auf Stage 1 und 2 und dem massiven Crash auf Stage 5, für Platz 37 womit ich mehr als zufrieden bin. Für mich fühlte sich das Enduro-Rennen in Whistler, bis auf die ersten beiden Etappen, so an, als würde ich mit einem Rad mit 15cm Federweg mehrere Downhillrennen bestreiten, die ich alle selbst über den jeweiligen Uphill selbst erreichen muss. Im Vorfeld dachte ich, man könne sich auf den Transfers relativ viel Zeit lassen und so Kraft sparen. Aber dem war nicht so: Auch wenn sie nicht gewertet wurden, machen diese doch einen extrem großen Anteil am Rennen aus, da man schlichtweg die Ausdauer haben muss, um nach dem langen Uphill noch fit genug zu sein für die eigentliche Wertung – die Abfahrt.

Wer die Chance hat an so einem Event teilzunehmen – machen! Training der einzelnen Stages wäre mir persönlich nicht so wichtig, beziehungsweise machte (und macht) es mir persönlich mehr Spaß, Strecken auf Sicht zu fahren. Einige Passagen fühlten sich dennoch an, als ob man sie besser mit einem Downhillbike in Angriff nehmen sollte. Mit dem 15cm Rad war es durchaus möglich, fühlte sich dennoch etwas heftig an. Verglichen mit der Megavalanche war dieses Rennen um einiges härter. Dennoch – wer die Chance hat an so einem Event teilzunehmen – machen!

Jens und Jeero - verstaubt und angeschlagen, aber angekommen!
# Jens und Jeero – verstaubt und angeschlagen, aber angekommen!

  1. benutzerbild

    caribooyj

    dabei seit 01/2008

    Freu mich auf die Trails, morgen geht's nach Whistler...yeah!

  2. benutzerbild

    Tobias

    dabei seit 08/2001

    Sau geile Aktion Jens smilie So muss dat - und Respekt für Platz 37.

  3. benutzerbild

    grenduro

    dabei seit 12/2012

    Danke für den tollen Bericht und die eindruckvollen Bilder.

    Beim Lesen habe ich mich so gefühlt als ob ich mit dabei gewesen wäre ;-)

    Servus aus Graz

  4. benutzerbild

    desktop

    dabei seit 02/2011

    Wann kommt denn der erwähnte Fahrbericht zum neuen Trailfox 29er?

  5. benutzerbild

    Grinsekater

    dabei seit 08/2002

    Wann kommt denn der erwähnte Fahrbericht zum neuen Trailfox 29er?

    @desktop

    http://www.mtb-news.de/news/2013/09/09/bmc-trailfox-29-vorstellung-und-kurzfahrbericht/

    smilie

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