Mit der XO Trail liefert Sram ein Produkt, auf das durchaus einige MountainbikerInnen gewartet haben: Zum einen alle, denen die bisherigen Elixir-Modelle zu schwach auf der Brust waren, zum anderen alle, die neidisch auf die Bikes der Downhill-Profis geschaut haben, wo ein leichter Elixir-Hebel mit einem standfesteren Code-Sattel kombiniert war. Denn im wesentlichen kombiniert die XOTrail das beste von Elixir und Code – und verzichtet hoffentlich auf die Schwächen. Ob das geklappt hat, klärt unser Fahrbericht.
# Auch der Schalthebel lässt sich sauber kombinieren.
Aus der Box:
Beim Wiegen vor dem Kampf bringt es der Sportler auf 237g (ohne Scheibe, mit Matchmaker, 850mm Leitung. 180mm Scheibe: 135g) und darf damit in den Ring, findet sich nur wenige Gramm über einer klassischen Elixir. Das ist verständlich, schaut man sich Hebel und Sattel etwas genauer an: Der Hebel verfügt zwar, wie sonst nur die Code, über eine Kugelagerung, fällt aber ansonsten schlank und leicht aus. Am Sattel das gleiche Bild: 4 Kolben a lá Code, aber in einem kompakteren, leichteren Paket.
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Davon abgesehen finden sich viele von Sram bekannte Details: Der matchmaker-kompatible Klappmechanismus, der ergonomische Carbonhebel, oder auch der drehbare Leitungsabgang. Auch die von der Griffweite unabhängige Druckpunktverstellung kennt man schon, bei der XO Trail wirkt sie allerdings endlich gelungen: Beim Drehen des griffigen Alurings dreht sich nichts ungewünscht mit, eine klare Rasterung gibt Feedback. Die Verarbeitung ist sauber, die Materialien wirken hochwertig – gute Arbeit Sram.
# Spart Gewicht: Weniger Passscheiben unter dem Bremssattel.
Bei der Montage des Sattels fällt auf, dass man sich endlich zumindest von der Hälfte der Passscheiben getrennt hat, diese sind bei sauber gemachten Rahmen und Gabeln nicht nötig, Gewicht und Optik profitieren. Auf diese Weise ist die Bremse schnell montiert und auf Handgröße und Vorlieben eingestellt, ab auf den Trail!
# Steil, rutschig, Montafon
Auf dem Trail
Bremskraft, Dosierbarkeit, Standfestigkeit – diese drei sind sicher die wichtigsten Argumente einer Bremse, erst sekundär sind Gewicht, Ergonomie, Einstellbarkeit, Optik und Haptik. Welcher dieser Punkte wird durch die konstruktionsbedingten Unterschiede profitierenn? Eine Vierkolben-Bremse ist nicht per se stärker als eine Zweikolbenbremse, worin liegt eigentlich der Vorteil der schwereren Bauweise?
# Im Bikepark überzeugt die Trailversion der XO mit Zuverlässigkeit. Foto: Tobias Stahl
Hierzu ein kleines bisschen Theorie: Presst man den Bremsbelag gegen die vorbeigleitende Bremsscheibe, so wird er am Bremssattel abgestützt um nicht mitgezogen zu werden. Daraus resultiert ein Kippmoment, der Belag wird nicht mehr gleichmäßig gegen die Scheibe gedrückt, man spricht hier auch von der „Qualität der Flächenpressung“. Wird nicht homogen gepresst, ergeben sich Hotspots auf dem Bremsbelag, Scheerung und „Verzahnung“ auf mikroskopischer Ebene nehmen ab, worunter Bremskraft und Standfestigkeit leiden. Mit vier Kolben lässt sich nun dieses Kippmoment besser ausgleichen, die Qualität der Flächenpressung erhöhen, die Bremse wird standfester und stärker. Soweit die Theorie, jetzt aber wirklich ab auf den Trail!
# Epic Blast, nette Wanderer
Hier fällt zuerst auf, wie gut sich der Hebel anfühlt: Spielfrei, solide, die Kugellager zahlen sich aus. Der Druckpunkt angenehm fest, der Hebelweg nach Belieben einstellbar, so soll es sein. Unser Testrad war hauptsächlich in den Alpen unterwegs, von Vorlberg bis Kaprun quer durch Österreich – auf dem Weg lagen neben langen Schleifbremsungen auf Downhills auch Steilstücke und Spitzkehren. Das Ergebnis: Diese Bremse ist ziemlich standfest. Als ich auf dem Weg von einer Hütte gen Tal eine Dame auf dem Lenker mitnahm, brachte das Gespann 155kg auf die Waage – 300hm Schleifbremsung später noch immer keine Spur von Fading, ein fester Druckpunkt und Bremskraft satt. Auch ohne Zusatzgewicht konnte ich (mit Rucksack 80kg) die XO Trail nicht bezwingen – Standfestigkeit: Check.
# Auch lange Abfahrten in den Alpen bringen sie nicht zum kochen.
Die Bremskraft liegt dabei auf einem sehr guten Niveau, merklich stärker als Elixir, Oval oder MT, sehr ähnlich einer Shimano XT oder einer Formula The One. Eine Shimano Saint oder Zee ist allerdings doch noch eine Ecke stärker auf der Brust. Trotzdem kann man auf jeden Fall sagen: „Bremskraft: Check.“
# Die Bremskraft liegt deutlich über einer normalen Sram XO
Dabei bleibt die Bremse immer gut dosierbar, die Bremskraft liegt nicht digital, sondern gut dosierbar an. Ob leicht schleifend, um am Querhang zwar nicht zu schnell zu werden, aber auch nicht auf der nächsten Querwurzel auszurutschen, oder stark zupackend im Steilhang, ohne dabei gleich einen Vorwärtssalto zu machen – diese Bremse enttäuscht nicht in Sachen Dosierbarkeit.
Fazit:
Dosierbarkeit, Bremskraft, Standfestigkeit – mit der XO Trail hat Sram eine Bremse im Programm, die in den entscheidenden Punkten überzeugen kann, ohne sich dabei Schwächen bei Ergonomie, Haptik, Gewicht oder Verarbeitung zu leisten. Die Preisempfehlung von 260€ fällt dabei hoch aus, der Straßenpreis fällt allerdings schon jetzt, erst kurz nach Erscheinen, erheblich niedriger aus und geht damit ziemlich in Ordnung.
Zweite Meinung von Jens:
Ein zweiter Satz der XO-Trail war auf einem unserer Testräder montiert. Vorne 203mm und hinten 180mm sollten mich und meinen Tagesrucksack auf einer Woche Tiroltrip verzögern. Mit einem Gewicht von über 100kg in Ausrüstung und Rucksack war ein aussagekräftiger Test definitiv möglich.
# Sauber: Reverb und XO Trail kombiniert.
In den letzten Jahren brachte dieses Gewicht so manche Elixir und davor Juicys an die Grenzen. Die filigran wirkende XO Trail verrichtet ihren Dienst hier um einiges solider. Bei unserem Roadtrip fuhren wir teilweise recht steile Trails auf Sicht, was viel Schleifbremsen verursacht, da man nie genau weiß wie schnell man die nächste Passage wirklich angehen kann. Hier zeigte sich die Neuentwicklung aus dem Hause SRAM als eine Bremse mit sehr guter Standfestigkeit und durch den ergonomischen Hebel kraftschonenden Stopper.
# Die XO Trail ist hervorragend dosierbar.
Der nah am Lenker liegende Hebellagerpunkt ermöglicht, dass der Druckpunkt recht nah am Lenker gefahren werden kann. Stellt man ihn über die Taperboreschraube so ein, dass er genau parallel zum Lenker einsetzt, liegt der Hebel genau auf dem zweiten Fingerglied auf. Die Zeigefinger können so entspannt auf den Hebel aufgelegt werden, ohne dass man je nach ihnen fischen müsste wenn man für eine Passage alle Finger am Lenker hatte.
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Vergleicht man die Bremse mit denen anderer Hersteller, so findet man sie auf sehr hohem Level. Shimano Bremsen mit Servowave liegen zwar noch etwas höher was die eigentliche Bremskraft angeht, aber der neue, etwas abrupt einsetzende Servo wird vermutlich nicht jedermanns Sache sein. Hier gilt es je nach persönlichem Gusto zu entscheiden – und ob man mit DOT oder Mineralöl beim Service umgehen möchte.
Wer von euch hat schon Erfahrungen mit der neuesten Bremse aus dem Hause SRAM gesammelt?
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