- Registriert
- 12. Juli 2008
- Reaktionspunkte
- 30.190
Seit etwa drei Jahren trug ich den Gedanken mit mir rum, ein Westalpencross zu machen. Es kam immer wieder was dazwischen. Einmal schaffte ich den Uniabschluss nicht genug früh im Jahr, weshalb dann Südamerika näher lag als die Alpen, einmal war der Begleiter, der mitkommen wollte verletzt, dann hatte ich keine Zeit und dann am
6. September 2013
gings los. Ich krame die letzten Dinge zusammen, verabschiede mich von meinen Mitbewohnern und mache mich alleine auf den Weg. Endlich passt alles, darum lass ich mich nicht davon abhalten, dass ich keinen Mitfahrer gefunden habe.
Ich starte vor der Haustüre nachdem ich den Gedanken verworfen habe, mit dem Zug nach Martigny zu fahren. Entweder ganz oder gar nicht! (Und ich hatte einfach keine Lust auf Zugfahren.) Zu Hause bin ich am Nordrand der Alpen, somit fahre ich über die Thur und dann gleich den Berg hoch über Ober Bächen auf die Breitenau.
Breitenau (1279) mit Sicht in die schiefgestellte Molasse und auf den Säntis.
Dann gehts über den Wielesch runter in die Linthebene. Der grösste Teil der Wege sind anspruchslose Wiesentrails auf denen die Bremsen heiss werden:
Alp Wielesch mit Blick auf den Zürichsee
Der letzte Teil der Abfahrt führt dann über einen offensichtlich nicht mehr genutzten Weg und durch eine Rinderweide. In der Linthebene biege ich auf den Veloweg ein, der nach Glarus führt. Bald schliessen zwei Rennradler zu mir auf, die auf den Klausen wollen, um da zu übernachten. Dahin will ich auch - und noch etwas weiter.
Sie sind dann doch etwas schneller und entschwinden. Ich gondle nach Glarus und stoppe da im Migros, weil die Mittagspause ansteht. Nachdem ich mein Velo sicher geparkt habe, schlage ich mir im Schatten den Bauch voll.
Dann geht's weiterhin gemütlich in Richtung Linthal.
Erste Wolken beginnen sich aufzutürmen, doch alles in allem sieht's nicht nach Gewittern aus. In Linthal muss ich den Radweg verlassen und auf die Strasse auf den Klausenpass wechseln. Das ist nicht weiter schlimm, denn es ist nichts los. So geht's durch den Wald und die Tunnels und Galerien hoch auf den Urnerboden.
Den Klausen kenn ich von diversen Rennradausflügen gut, doch ist er immer wieder schön. V.a. die Strecke vom Urnerboden bis auf den Pass mach Laune mit all ihren Kurven. Allerdings wird mir das Wasser knapp. Da ich nur mit einer 1-Literflasche gestartet bin, brauch ich regelmässig Nachschub. Aber aus unerfindlichen Gründen gibt's meinen Brunnen, wo ich immer tanke nicht mehr. Allerdings ist es ja nicht so, dass man wegen etwas Durst gleich stirbt.
So erreiche ich bald die Passhöhe und da hat's ja ein Restaurant. Die Wolken haben sich wieder verzogen und die Cola und die Nussschnecke geben mir meine Lebensgeister wieder zurück. Am Nebentisch sitz ein Rennradler, der von München nach Luzern fährt, um da seinen Bruder zu besuchen. So weit so unspektakuläer. Als er sich dann aufmacht um loszufahren, sehe ich, dass sein linker Arm gewissermassen verdorrt an der Schulter hängt und zu nichts nutze ist. Er bindet ihn sich an den Bauch und stürtzt sich einarmig in die Abfahrt nach Altdorf. Heftig.
Mich erwartet dann noch eine Überraschung. Zwar habe ich ein Tarp dabei, doch hab ich zuhause gesehen, dass es auf der Chinzig Chulm ein Biwakhäuschen hat. Dahin will ich noch. Als ich dann auf der Passhöhe aber die angeschlagene Landkarte studiere, sehe ich, dass das noch viel weiter ist, als ich angenommen hatte. Zudem geht's dahin ewig hoch und runter. Naja, das Wetter ist gut, die Flasche wieder voll und bis zum Sonnenuntergang dauert's noch zwei Stunden.
Also fahr ich auf dem Schächentaler Höhenweg gen Westen. Der beginnt als ausgewaschener Trail auf der Passhöhe und folgt zunächst der Passstrasse. Dann bleibt er als Fahrsträsschen auf der Höhe, während die Strasse ins Tal runter geht.
Auf dem Schächentaler Höhenweg
Ja und dann wird's lang. In Chrummwasen bin ich wieder auf 1477m unten und muss nochmals hoch auf die Chinzig Chulm auf 2073m. Weil ich falsch abgebogen bin, muss ich die letzten 300hm schieben und tragen. Immerhin erreiche ich bei Sonnenuntergang das Häuschen.
Chinzig Chulm - Sicht nach Osten
Das Häuschen existiert also wirklich, ist total neu renoviert und bietet einen Tisch und zwei Betten. Weil die Kühe schon abgetrieben worden sind, läuft der Brunnen daneben leider nicht mehr. Das ist etwas blöd wegen meiner 1-Literflasche. Strom gibt's nicht ebensowenig eine Kochgelegenheit. Dafür ist es wohlig warm.
Ich mach mir's gemütlich und höre am Radio wie die Schweizer Nati einen 4:1 Vorsprung gegen Island verspielt.
http://www.strava.com/activities/85572138
Zuletzt bearbeitet: