5. Tag
Heute wäre unsere Königsetappe. Heute regnet es. Wir versuchen irgendwie eine Alternative zu finden, scheitern aber und entschließen wenigstens die Strecke zu "verkürzen". Die Hotelbesitzerin findet einen Linienbus, welcher uns immerhin 10 km und 450 hm "shuttelt".
Dann geht es auf mehr oder weniger gut fahrbarer Schotterpiste bis zum Refuge de la Blanche.
Die folgenden ca. 500 hm gehen nur noch schiebend- und tragrenderweise. Eine echte Plackerei, die keinen Spaß bereitet. Teils graupelt es, teils pfeift der Wind saukalt von der Seite. Ich komme absolut an meine körperlichen Grenzen. Zumindest haben wir keinen Wassermangel, wie von Anderen schon berichtet...
Völlig ausgepowert und durchgefrohren kommen wir endlich oben an. Wir sind auf dem Colle da la Noire! 2955 m hoch, höher habe ich das Rocky noch nie getragen...
Das Wetter wird zunehmend besser, kurz nach dem Lac de la Noire kommt die Sonne raus. Dann folgt die Abfahrt durchs Ubayetal. Genialer Trail! Ein mal kurz unterbrochen durch eine Steinkante, welche kletternderweise überwunden wird, man könnte wohl auch schon vorher nach rechts über eine Wiese abzweigen und das Stück umfahren. Wir haben aber keinen Weg bzw. Markierungen gesehen. Der Trail erscheint schier endlos, und man muss auspassen dass einem vor lauter Euphorie kein Fahrfehler passiert. Es gibt halt doch immer wieder mal kleine Hindernisse.
Irgendwann im Verlauf des Trails, stossen wir auf ein Rudel bellender Hunde. Die "Scheffin" kommt uns auf dem Trail entgegen. Ich kann sie beschwichtigen und wir werden Freunde
Für uns endet die Abfahrt kurz vor Maljasset und wir zweigen ab ins Vallon de Mary, unserem zweiten Anstieg. Würden wir so vielleicht nicht mehr machen, da die nun folgenden 750 hm zum Col de Mary kaum gefahren werden können. Mit den zwei Anstiegen habe zumindest ich mich deutlich übernommen. Beim Laufen, Schieben, Tragen hab ich eh Probleme und mein Radel wog incl. der Rahmentasche fast drei Kilo mehr als das leichte Carbon-Fully von Frank. Aber Freunde helfen sich und wir tauschten beim Aufstieg die Fahrzeuge. Welch Unterschied...
Oben am Col Mary angekommen, stand die Sonne schon tief. Noch ca. 18 km durchs Valle del Maurin bis Acceglio, gottseidank fast nur Abwärts auf Anfangs auf tollem Trail, später grobe Schotterpiste und zum Schluss dann Asphalt.
Tagesleisung heute: 62 km, knapp 2500 hm Aufstieg und 2740 hm Abstieg.
6. Tag
Nach dem gestrigen Tag sind meine "Knochen" recht angeschlagen. Heute schon wieder 2200 hm? Ich habe meine Zweifel ob ich das schaffe. Wir schauen nach einer Alternative. Zug, Linienbus, Shuttle, Daumen rausstrecken - mir wäre alles Recht gewesen. Der Mensch im Hotel gibt sein Bestes, telefoniert und schaut im Internet - nix, niente, rien, nothing! Also entschließen wir erst mal die 10 km hinunter zum "Punte Marmora" zu rollen. Hier müssen wir dann entgültig entscheiden, ob es geradeaus eine ätzende Straßen-Zug-Alternative wird, oder doch die eigentlich vorgesehene Route durchs Vallone di Marmora auf den Colle d´Esischie. Wir nahmen Zweiteres. Die Auffahrt ist komplett asphaltiert und mit einigen Photostops empfand ich die 1500 hm am Stück völlig easy. Zumindest jetzt im Nachhinein.
Colle d´Fauniera, unser höchster Punkt heute (2480 hm). Ab da ging es bis auf ein kurzes Stück, wo man die Teerstraße abkürzen kann, ebenfalls komplett auf Asphalt hinunter nach Demonte.
In Demonte gab es dann ein frisch gezapftes und eine Partion Nudeln, da in Anbetracht der kommenden, zweiten Steigung mit immerhin gut 600 hm Steigung, der Kräftespeicher gefüllt sein will. Der Anstieg war wieder komplett Asphalt und am höchsten Punkt angekommen, fanden wir eine schöne Abfahrtsalternative nach Valdieri auf einem Wanderweg, welche die Straße immer wieder kreuzt. Macht Laune! Als Unterkunft hatten wir eine frisch renovierte Villa
Essensempfehlung:
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7. Tag
Eigentlich war die heutige Etappe durch das Sabbione-Tal geplant und hätte gleich mit einer 1600 hm Auffahrt begonnen. Wir schauten auf der Karte und waren uns einig die Tour umzuplanen. Ein Tal weiter östlich (Valle Vermenagna) dachten wir in Limone Piemonte mit dem Lift auf den Colletto Campanino zu kommen. Deshalb radelten wir runter nach Roccavione und nahmen die Bahn nach Limone Piemonte. So Weit so gut. Leider sind alle Liftanlagen im Sommer außer Betrieb! Mist! Hinzu kommt, dass noch mächtig Touribetrieb herrscht, Feiertag ist und gefühlt alle Italiener mit dem Auto auf "unseren" Berg wollen. Wir können nicht verstehen, dass man die Gondel außer Betrieb lässt. An so einem Tag wäre das eine sichere Einnahmequelle...
Die ursprünglich geplante Route ist mit Sicherheit noch schöner, hat aber auch einiges an Höhenmetern mehr. Wenn man fit ist, dann auf jeden Fall über den Sabbione.
Mal kein Auto...
Ab dem Coletto Campanin wurde es wieder ruhig und bis auf ein paar Moppedfahrer, Radler und Wanderer wurden wir mit herrlicher Landschaft und überraschender Blütenvielfalt (vermutlich war der feuchte Sommer schuld) belohnt.
Komplett auf Schotterpisten ging es im stetigen Auf und Ab bis zu dem Rifugio Don Barbera, unserer einzigsten Hüttenübernachtung.
Hüttenübernachtungen muss man mögen, oder auch nicht. Vielleicht wegen des Feiertages, waren alle (Stock-)Betten in den vier Zimmern belegt. Das Essen war gut und sehr reichhaltig, der Rotwein süffig aber auch schwer nötig...Ohrenstöpsel nicht vergessen!
Eckdaten heute: ca. 58 km und 2000 hm Aufstieg und 700 hm Abstieg. Davon ca. 10 km und 350 hm mit der Bahn.
8. Tag
Heute werden wir Meer sehen, heute führt uns die Route nach Ventimiglia. Die Tourdaten klingen fast schon unglaubwürdig: 80 km, 1600 hm Aufstieg und sagenhafte 3700 hm Abstieg!!! Am Ende werden es sogar 95 km, 1770 hm Aufstieg und 3850 hm Abstieg...
Vom Rifugio geht es auf einsamen Schotterpisten erst mal bis zum Passo Tanarello. Die letzten 200 hm Aufstieg erfolgen auf mieserabler Lehm-Steinstraße. Zwei PKW´s haben zu kämpfen, wir auch, obwohl es nicht sonderlich steil ist.
Dann folgt eine 400 hm Abfahrt, gefolgt von 350 hm Auffahrt, wo wir uns dann auch noch kurz verfahren haben. Nach dem Rifugio Monte Grai (geschlossen) hätten wir uns rechts halten sollen, sind aber dem Hauptweg Abwärts gefolgt. Nach über 100 hm ist uns das erst aufgefallen. Laut der OSM-Karte gab es einen Verbindungsweg zurück zur geplanten Route, diesen mussten wir aber komplett schieben/tragen. Also aufpassen. Zurück auf unserem Weg fanden wir Markierungen, welche diesen als MTB-Weg auswiesen. Ganz schön gewagt. Zwar hat er uns sehr gefallen, aber fahrbar ist er nur teilweise. Abschnitte die Aufwärts führen, haben wir aufgrund groben Schotters, häufig schieben müssen. Dafür ist er recht spektakulär von der Wegführung.
Uns hat dieser Weg viel Zeit gekostet. Blick auf die Karte - Planänderung! Wir fanden an dem Passo Muratone eine vielversprechende Abfahrt auf der Via Alpina nach Saorge. Vallon de Bolega. Zwar nach Westen und nicht in Richtung Süden, aber dort sahen wir eine Eisenbahnlinie, welche direkt nach Ventimiglia führt. So hätten wir uns etliche Kilomer sparen können. HÄTTEN. Es fuhr nähmlich nach 16 Uhr kein Zug mehr...
Der Weg nach unten war sensationell! Etwas ungehobelt und einige Spitzkehren am Anfang, vielleicht auch ein bissl Steinig und manch Ast über und auf dem Weg. Aber in Summe genial! Die absolute GrappaBiker-Empfehlung.
Saorge ist ein noch sehr ursprünglich gebliebenes Dorf und hat uns schwer beeindruckt. Am Hang gelegen, sehr enge, nicht mit Auto befahrbare Gassen, Häuser wegen Platzmangel teils über die Gassen gebaut. Wow! Die Bevölkerung scheint, sagen wir mal, sehr relaxt zu sein. Zumindest war das unser Eindruck des viel zu kurzen Besuches. Da rächt es sich, wenn man alle Übernachtungen im Voraus bucht...
Wie schon geschrieben, der erhoffte Zug fuhr nicht mehr, Regen setzte ein und wir hatten noch ca. 35 km bis Ventimiglia. Gottseidank quasi nur Abwärts, aber dafür auf fetter Autostraße mit einigen Tunnels.
Gegen 19:15 Uhr sind wir dann aber endlich in Ventimiglia am Strand angekommen.