2010 - Wo bitte geht's nach Hause?: Eine Schnegge auf Reisen

Renn.Schnecke

im Zuckersandsee
Registriert
7. Mai 2004
Reaktionspunkte
3.520
Ort
Land Brandenburg :)
2010 - Wo bitte geht's nach Hause?: Eine Schnegge auf Reisen

Auch nach einer Salzkammerguttrophy muss man wieder nach Hause fahren. Allerdings muss ich das ja nicht im Auto tun...

Aber von Anfang an:

Prolog 1: Siegerehrung und Wandertag


Nach diesem Ereignis sollte ich am Sonntag noch einmal auf der Bühne stehen, auf der ich schon am Freitag stand.

Wie, was, schon am Freitag? Ja, schon am Freitag!
Da stand ich dort allerdings nicht auf dem Treppchen sondern half dabei, das Sponsorenplakat, welches man im Hintergrund auf dem Foto sieht, anzubringen. Ja, ich war nicht nur Schleppschnecke sondern auch Tackergehilfin. Und das ist die Auflösung für das Schleppschnegg-Foto:
20100724-174457-101.jpg


Ich hab mich für den Vortag des Rennens als Support einstellen lassen. In diesem Rahmen transferierte ich Material hin und her oder bat Herrn König vom Konsum um die Ameise (die Trauti sagt Mucki dazu :D). Dabei habe ich mir eine Blase gelaufen und eine Abschürfung an der Ferse zugezogen, die heut noch nicht verheilt ist (danke, Pirat, für die Pflaster!! Und auch dem Wirt von der Pizzeria!).

Am Sonntag also gab es einen Stein. Ich glaube, Eispickel hat genau in dem Moment das Foto geschossen, als der Moderator mich etwas gefragt hat, ich allerdings sein Österreichisch nicht verstanden habe und mit "Wie bitte?" antworten musste. :rolleyes: (Er hat gefragt, ob ich nass geworden bin.)

Diesen Stein habe ich gewonnen:


100 Millionen Jahre und stolz drauf (solch Stein mal halten zu dürfen (nein, das bin nicht ich auf dem Foto)).


Immer noch stolz.


Na ja, eigentlich ist es ja doch nur ein Staubfänger. Und regnen tut's auch schon wieder.

Vor der Siegerehrung hieß es: Gruppenfoto!!!



50% sollten bleiben, 50% wieder in der Heimat entgegenstreben. Man beachte das schicke Bike im Vordergrund.

Damit war die Salzkammerguttrophy beendet. Kuka, JPK, sunday und Eispickel strebten der Heimat entgegen, der Rest den Bergen:

Während Pirat verlorene Gels auf der 200er Strecke sammelte, gingen JPK, die Gebrüder S. und iche wandern.



Mit und ohne Profil, mit und ohne Eisenplatte an der Sohle. Zur Blaschkewarte und Richtung Predigtstuhl mit Klettereinlagen. Ganz oben waren wir in den Wolken und sahen nichts mehr.


Nebelwaldgeist?


Feine, kleine Kletterei. Erst als wir den Weg entdeckten (links zwischen den Ästen zu sehen), wussten wir, dass wir tatsächlich diesen beinahe Klettersteig nehmen müssen/dürfen.

Runter wurde förmlich gerannt, denn die männlichen Mägen knurrten nach Pizza. Und Eis:



Piratpiloteneis; der Magen dafür stieß nämlich pünktlich zum Essen zu uns.

Nur noch eine Nacht, dann sollte ich allein sein...

... wird fortgesetzt...

 
Prolog 2: Wenn eine Schnegge allein gelassen wird

Am Montag drehten wir bei bestem Wetter zu dritt noch eine Runde zum und um und in den Altaussee.


Abfahrt zum Strand


Rechts zu sehen: der Loser

Die Zeit des Alleingelassenwerdens kam immer näher: Als wir auf dem Sportplatz eintrafen, standen auf dem Rasenplatz nur noch sundays Palast, die Autos und ein Wohnmobil. Zwei Tage zuvor herrschte hier noch Halligalli und Bunny Hopping über diverse Zeltschnüre. Nun war fast ganz Goisern zur Normalität zurück gekehrt.

Wir packten unsere Sachen, steckten den Palast in den Sack und JPK sowie Pirat starteten die Motoren. Pirat fragte ein letztes Mal, ob ich nicht doch ins Auto steigen möchte. Möchte ich?

Nein, ich möchte nicht! Aber zumindest den Stein manövrierte ich noch aus meinem Rucksack in das Taxi. Vielleicht doch besser so. ;)

Ein letztes Winken - dann war ich allein.

Dies fiel auch dem Sportplatzwart auf: "Jessas, hoabn sie di oallein geloassn?" Er versprach mir, Bescheid zu sagen, wenn die Fußballer mit ihrem Training fertig wären und ich im Umkleideraum auf der Massageliege lagern könne. :) Na wenn das nix ist!

Bis dahin war aber noch viel Zeit und da das Wohnmobil ein deutsches Kennzeichen hatte, gesellte ich mich zu diesen letzten Deutschen.

Wir schwatzten bis in die Nacht über Alpencrossfahrten, über die 211 km und wie es ist, wenn man nach 16,5 h ins Ziel kommt. Ich bekam sogar warmes Abendbrot. Der Sportplatzwart kurbelte vorbei und gab mir zu verstehen, dass mein Schlafraum nun auch zur Verfügung stehen würde. Also soweit alles gut. :)

... wird fortgesetzt...
 
Ich lese aus dem letzten Posting heraus, dass du dich so langsam mit dem Slang der Einheimischen anfreundest. Wird ja auch langsam mal Zeit, denn wenn ich überlege wie viele Sprachreisen Du schon in diesen Sprachraum unternommen hast, dann müssten sich die ersten Erfolge schon lange eingestellt haben...

In diesem Sinne: Ahoi und warte nicht zu lange mit dem nächsten Teil :daumen:
 
Also nach meinen Recherchen ist Schnegge gerade mal von Zeltplatz runter. Denn Schneggen, nur die Größten und Stärksten, legen erstaunliche 50m pro Tag zurück und müssen nach getanener Arbeit die Hälfte ihres Körpergewichts verschlingen.

Aber ich lasse mich gerne vom Gegenteil überzeugen, es handelt sich schließlich um eine Rennschnegge und was weiß die Wissenschaft schon von Schneggen auf Rädern.:daumen:
 
Wo bitte geht's nach Hause?
Tag 1, 20.7.: Zu Besuch bei Familie Runterrauf


Sonnenschein brandete durch mein Zimmer. Ausgestattet mit unzähligen Garderobehaken für meine Klamotten sowie sechs Duschen und einer Toilette verdiente es eindeutig vier Sterne! Und das für lau!


Ein komfortabler Ersatz für sundays Palast

Meine Sauerländer, Christoph, Karsten und Jörg mit Namen, hatten das Frühstück schon fast beendet, als ich über die Wiese zu ihnen rollte.


Zum Glück waren sie noch da: Meine Sauerländer. ;)

Ich bediente mich an dem Frühstücksbüfett und schmierte mir Stullen. Mit Cappuccino im Bauch konnte die Fahrt beginnen! Der Sportplatzwart war zwar der Meinung, dass ich doch jetzt nicht schon gehen könnte, aber allein im Salzkammergut herumstrolchen - nee, das ist leider nix für mich.

Also hieß es "Pfüati und danke schön" und die Reise begann: "Na dann fahr ich mal los."

Immer auf der Straße, vorbei am türkisfarbenen Wolfgangssee, the sun was shining, auf nach Salzburg. Das einzige, was ich von Salzburg als bleibenden Eindruck mitbekam, waren T-Shirts a la "I :love: Mozart". :D Ziemlich schnell hatte ich die bestimmt lohnenswerte Stadt auch wieder hinter mir gelassen. Was so viel bedeutet wie: ich bin an einem nicht ganz korrekten Ende rausgefahren. Schilderlos glitt ich wieder übers Land. In welches Tal muss ich denn jetzt? Ich fragte den ersten Radfahrer, der mir entgegen kam: "Komm ich auf dieser Straße nach Kitzbühel?" "Mmmh, do you speak english?" - Ihr seid sicherlich nicht überrascht, wenn ich kundtue, dass er mir nicht sagen konnte, ob ich hier richtig bin.
Also den nächsten gefragt: "Kitzbühel? Ist das nicht schon in... (hab ich mir nicht gemerkt). Nein, das ist doch in... (hab ich mir auch nicht gemerkt). Aber Du bist hier wahrscheinlich richtig."
Na ich frag mal lieber noch einen: "Kitzbühel? Weiß ich nicht, ich arbeite hier nur."
Im nächsten Ort fuhr ein Radfahrer vor mir vorbei. Der musste natürlich auch noch ran: "Kitzbühel? Hmmmmm, da musst Du... also... hmmmm." Na in der Zeit holte ich dann doch mal meine Karte raus und dort stand, dass ich richtig bin. Der Radfahrer erklärte mir noch, dass eine 20%ige Steigung auf mich warten würde, aber man könne da und dort ausweichen und die Steigung würde auch nur fünf oder zehn Minuten dauern....

War ganz schön steil. Die Temperatur hat ihr übrigens getan. Verdammte Berge! ;)

Ich sollte immer Richtung Lofer fahren, sagte mir ein Rennradfahrer im Berchtesgardener Land. Aber dass die Straße dorthin gesperrt war, hat mich doch etwas aus dem Konzept gebracht. So stand ich auf einem Acker und ließ mich von einem Bauern zurück zum Brunnenkresser (oder so ähnlich ;)) zurückschicken. Ein Stückchen Wald nahm ich damit auch mit, sehr schön, endlich mal was anderes als Autos und Asphalt.

Doch es dauerte nicht lange, da war ich wieder auf einer zudem recht vielbefahrenen Straße.


Irgendwo begegnete mir dieser Fischprediger. :D

Durch herrlichste Steilhänge näherte ich mich schnell Kitzbühel. In Lofer hatte ich Runterrauf Bescheid gesagt, dass ich tatsächlich am Abend eintreffen würde.

Im Runterrauf'schen Urlaubsort angekommen, musste ich in der Touri-Info fragen, wo sich der Herr Runterrauf und Anhang versteckt hielt: Ja, ich müsse wirklich die Straße immer weiter hoch und sozusagen aus dem Ort rausfahren, durch ein Waldstück und dann sei ich da.

Na super, zum Abschluss noch mal einen Anstieg. :D

Aber es hat geklappt! Brandenburger Radler traf auf Berliner Urlauber: Flachtiroler übernehmen die Herrschaft in Tirol!! *hehe*

Ein bisschen ungläubig waren wir alle. Sonst trifft man sich ja doch eher auf heimatlichen Boden und nun standen wir jwd voreinander.

Feine Sache!!!



Nach der Wäsche gab es sogar noch abgezwacktes, warmes Abendbrot für mich. Das noch freie Zimmer schlug ich aus und begab mich auf die Gartenbank:


Komfortabler Schlafplatz unter Sternenhimmel

Am nächsten Tag würde ich den direkten Weg Richtung Zuhause einschlagen. Da leider kein mir bekanntes Forumsmitglied in Bayern Urlaub machte, würde es wohl eine einsame Nacht werden... oder?
 
Zuletzt bearbeitet:
Wo bitte geht's nach Hause?
Tag 2, 21.7.10: Abschied von den Bergen


Eine Hundenase weckte mich an diesem Morgen: Atilla, der hauseigene Wachhund, musste mich unter die olfaktorische Lupe nehmen, schließlich kannte er mich noch nicht.

Gefrühstückt und den Tag geplant wurde im Sonnenschein mit Blick auf die Streif: Die Kinder wollten zur Sommerrodelbahn, ich nach Deutschland. Der Plan bestand darauf, so weit zu fahren, wie ich wollte und es schaffte, um dann irgendwo in der Pampa zu übernachten.


"Postkarte"

So trennten sich unsere Wege. Nach einem Frühstück, bestehend aus Stulle, Joghurt, Tomatenmark und Kräuterlimo, auf dem Kirchplatz von Johann in Tirol war ich "on the road again"!

Es dauerte nicht lange, da waren die alpinen Berge verschwunden und Flachland tat sich vor mir auf. Es hätte mich nicht gewundert, wenn mich ein großes Schild am Straßenrand in Brandenburg willkommen geheißen hätte! Stattdessen bin ich aber am Ufer des Chiemsees entlang gefahren. Das war gegen 14 Uhr.
Ein Blick auf meine Süddeutschlandkarte im Maßstab 1:500000 zeigte, dass ich gar nicht unbedingt auf einer Waldlehrpfadbank (oder Parkbank) übernachten müsste: Deggendorf, wo mein Cousin wohnt, war gar nicht mehr sooo weit weg. Vielleicht noch 150 km. Ein Klacks! :D

Der kürzeste Weg wurde auf der Karte mit dem Finger nachgezeichnet und los ging's! Über Trostberg und Neuötting ging es nach Eggenfelden.

Wo geht es denn hier nach Schönau? Mädels? Sagt mal an!
Ach so, wisst ihr auch nicht, na gut.

In Johanniskirchen fand ich wiederum einen Abzweig nicht und musste fragen: Der Mann stutzte: "Nach Deggendorf?? Heute noch??" und lachte. Wo ich denn herkomme? Kitzbühel? Noch witziger! Wo ich denn hinwolle? (In die Nähe von) Berlin? --- Naja, der Mann hatte seinen Spaß. War ein sympathischer und außerdem wusste er, wo es langgeht!

Das erste Schild, auf dem Deggendorf stand, wurde fotografiert. Um halb neun konnte ich den Sonnenuntergang in der Stadt fotografieren.

Auf dem Stadtplatz erwarteten mich circa 50 Eisschlecker (*lechz*) an einem Brunnen (*lechz*). In Null Komma nix war ich auch endlich wieder in Gesellschaft: mein Cousin holte mich ab und in seiner Wohnung wurden hervorragenderweise meine Klamotten gewaschen, ich bekam eine Dusche und durfte den Kühlschrank leeren. :)

Alles dufte! Am nächsten Tag war eine Feierabendrunde im Bayrischen Wald angedacht, aber der Wetterbericht sah die Sache anders. Denn der sagte: "Fahr weiter, wenn Du nicht zwei Tage im Regen fahren möchtest." Was nun?

Na jetzt erst mal schlafen!
 
Vielen Dank für Euer Feedback! :love:

Tag 1 (von Bad Goisern Richtung Kitzbühel) sowie Tag 2 (von Oberndorf nach Deggendorf) hier mal in der Übersicht:


Wie wird es wohl weitergehen?:


...Der Bericht wird nach derzeitiger Planung frühestens in anderthalb Wochen fortgesetzt...
 
Wo bitte geht's nach Hause?
Tag 3, 22.7.: Irgendwo in Tschechien


Dieser Tag sollte meine abenteuerlichste Nacht bringen.

Nach dem Wäscheaufhängen gabs noch das Ausschlafen. Die Sonne wanderte am blauen Firmament und ich sollte dann doch mal aufstehen und mich entscheiden: Soll ich bleiben oder geh'n?

Ich ging!:

Nach der Recherche des Wetterberichts und des schon aus anderen Berichten bekannten Verhaltens einer Raupe war ich wieder "on the road again". Eine von drei österreichischen Postkarten erreichte noch den Postkasten, dann ging es wieder Kilometer für Kilometer auf dem Asphaltband weiter Richtung Norden:

Das mehr oder minder vom nahenden Regen ausgerufene Ziel hieß Sachsen. Und zwar Chemnitz. Zur Wahl stand ebenso Freital (neben Dresden), aber dann hätte ich noch länger und weiter durch Tschechien fahren müssen und es wären ein paar Kilometer insgesamt mehr gewesen. Und ewig pitschpatschnass durch die Gegend zu juckeln erschien mir nicht sinnvoll (hatte ich keinen Bock drauf).
Zum Glück wurde mir aus den Alpen die Kontaktdaten für eine ganz liebe Person gesandt, welche sich auch spontan bereit erklärte, mich willkommen zu heißen. Allerdings sollte noch eine Nacht dazwischen liegen. Und ein Land:

TSCHECHIEN. Dort, wo es pivo gibt und Achtung pozor heißt und danke so ähnlich klingen müsste wie das polnische Danke.

Dort gibt es aber nicht nur pivo, sondern auch "Neue Mädchen" und girls, girls, girls und - nach meinem Empfinden! - viele nicht oft lächelnde Menschen.

Aber von vorn: Das erste Ziel hieß Furth im Wald.


Immer weiter, immer weiter.

Ob es dort noch einen Supermarkt gibt?, fragte ich einen Passanten: "Furth im Wald? Das ist doch an der tschechischen Grenze?! Dort wollen Sie hin? Mit Fahrrad?" Joar?!
Zum Glück wusste der Befragte (und besonders sein Sohn), dass es dort noch einen Konsumtempel gibt. So brauchte ich meinen Mampf für den und den darauffolgenden Tag nicht noch bis zur Grenze raufschleppen.


Mmmh, Laugenbrezel!!

Nun ging es also über die deutsch/tschechische Grenze zu den girls, girls, girls, dargeboten auf bunten Werbetafeln. Außerdem: Breite Straßen und erstklassiger Asphalt! Zumindest am Anfang. Ansonsten gab es aber nichts weiter zu sehen...


Sehenswürdigkeiten auf meiner Strecke durch Tschechien Richtung Karlovy Vary.

Um es kurz zu machen: es war unspektakulär. Ich sah noch ungefähr zwei andere Radfahrer (bzw. Menschen auf Fahrrädern), probierte meine Gesäßcreme aus (ziemlich erfolglos...) und entdeckte im Laufe des voranschreitenden Tages eine dunkle Regenwand hinter mir. Nun aber schnell! Wenigstens bis Tepla wollte ich gelangen. Die dunkle Wand drohte von Stunde zu Stunde mehr und ich schaute schon nach Brücken, verlassenen Häusern oder ähnlichem, um mich unterzustellen. Vor der Stadt Planá bog ich vom ursprünglich geplanten Weg ab, um zu dem Ort Teplá zu gelangen. Dort sagte die Karte zwei Seen und ein Kloster voraus. Da müsste sich doch was finden lassen?!

Doch ach, ich war zu langsam. Einige Kilometer vorher holte mich der Regen ein: *tripftropf*

"Halte ich an dieser Bushaltestelle? Ach nee... Und an der hier? Nee, auch nicht. Ein Stück schaff ich noch!"
Letztendlich hatte ich dann doch zu lange gewartet und ein Nadelbaum musste herhalten *tripftropfschüüüütt*, um das gröbste Nass von mir abzuwenden. Als es etwas weniger regnete, wagte ich mich weiter. Doch gleich würde es wieder losplättern. Ich hätte auch eine Kanzel auf einem Feld genommen, aber weit und breit war nichts zu sehen.

Doch dort! Am Straßenrand! Das ist doch ein Häuschen?! Oder eine Gebetsstätte?! - Tatsächlich war es eine kleine Müllhalde, aber mit Dach und trocken. So richtig zum Schlafen (mittlerweile war es halb acht) lud es aber nicht ein.

Am Ende der Straße sah es so aus, als wenn der nächste Ort beginnen würde. Und wo ein tschechisches Örtchen ist, da gibt es auch leerstehende Häuser!


Hier muss es doch was für mich und meinen Schlafsack geben?


Aussicht auf die Landschaft, die ich schon hinter mir gelassen hatte.


In dem Moment, wo es etwas weniger zu regnen schien, verließ ich meine Deckung und - entdeckte tatsächlich etwas für die Nacht!


So ein Glück! Halbwegs trocken zur rechten Zeit ein Dach gefunden! Was wollte ich mehr?

Schick, oder?! ;) Hier blieb ich...

Tag 3 in der Übersicht: das nächste feste Etappenziel scheint zum Greifen nah! Wenn da nicht ein Fichtelberch dazwischen wär...


 
Wo bitte geht's nach Hause?
Tag 4, 23.7.: Fichtelberg im Nebel und Wasser mit Blasen


Eingeschlafen war ich mit dem Wunsch nach einer Flasche Wasser mit Blasen, sprich, Kohlensäure! Wie leeecker! *lechz* Aufgewacht war ich mit dem Wunsch nach weniger Wasser: Es regnete Blasen, die Blitze zuckten am Firmament, der Donner grollte über mir und der Wind zerrte an den Bretter des ehemaligen Tores. Es regnete etwas rein, aber aufgrund der geringen Zahl weiterer Gäste konnte ich einen Lagerplatz weiterrücken, weg vom Eingang, und schlief auch bald wieder.

Der Morgen begann um viertel sieben LAUT. Von den Geräuschen her mähte jemand ohrenbetäubend in meiner unmittelbaren Umgebung das Gras. Bevor dieser Jemand um die Ecke lucken würde und eine Deutsche im Schlafsack wegmähen würde, rappelte ich mich auf, verstopfstaute drängelig meine Sachen und schlich davon.


Lagerplatz

Tatsächlich stand der Rasenmähende vorn an der Straße. Seine Maschine war einfach so laut, dass ich dachte, er stünde vor dem Tore.

Meine Joghurtverpackung steckte ich in die nächste Mülltonne, grüßte einen Dorfbewohner, der in offensichtlicher Freizeitalltagskleidung vorbeischlurfte mit einem frohen Ahoj, erntete ein Grummeln und verließ meinen Übernachtungsort Bonénov.


Ist ja fast wie im Grunewald hier?!


Auf dem Weg nach Tepla.

In Tépla, drei Orte weiter, musste ich nun wirklich meine Trinkflaschen auffüllen. Die Sonne schien nämlich wieder und 150/160 km würden es heute sicherlich auch noch einmal werden.
Wasser gibt es an der Tanke (sah nicht wirklich verheißungsvoll aus), manchmal bei nem Sportplatz, auf einem Campingplatz auf alle Fälle, genauso wie auf einem Friedhof. Oder von einem Brunnen! Ein groooßer Brunnen stand vor der Kirche! Juhu! Aber ich kam nicht an das sprudelnde Nass heran! Der Brunnen war zu groß oder ich zu klein. Und vom stehenden Wasser wollte ich nichts nehmen. Da wäre die Mückenlarvenfleischeinlage größer gewesen als der Flüssigkeitsanteil. ;)
Das Gebäude dahinter sah wie ein Gemeindezentrum aus. Vielleicht würde ich dort ein WC finden. Ich stiefelte also hinein und begegneten einem, der sich gerade um die Fenster kümmerte. Ich hielt ihm meine leere Flasche hin und meinte in meinem besten Marathon-Tschechisch "wodu?". Ich glaub, er fand das etwas amüsant. Er erwiderte etwas, was ich natürlich beim besten Willen nicht verstand. Zur besseren Kommunikation ahmte ich einen Wasserhahn nach. Das funktionierte! Er sagte dem Schreibtischtäter in dem Raum, aus welchem er gekommen war, Bescheid. Dieser rappelte sich auf, murmelte mir einen Gruß entgegen, verschwand im nächsten Büro, kam mit einem Schlüssel wieder und schloss mir den Weg zu den Katakomben auf! Vielleicht war es auch nur der muffige Keller, aber es sah aus wie bei meiner Oma damals... Haus erbaut 1900 und eine schmale und enge Treppe führte hinunter in den dunklen Keller.
Der Beamte (?) testete den Wasserhahn, der sich dort befand. Schnell füllte ich meine Flaschen auf, bedankte mich in drei verschiedenen Sprachen, erhielt nur so etwas wie ein "Jaja" zurück und schwang mich wieder auf mein Bike.

Komische Gegend.


v.l.n.r.: Brunnen, Gemeinde mit Wasserkeller, Kirche

Klassischerweise bin ich kurz darauf natürlich an einem Friedhof vorbei gekommen...

Nun wusste ich nicht recht, welche Straße ich hinaus wählen sollte. Ich wollte nach Mnichov und nicht nach Touzim. Drei Mal dürft ihr raten, welchen Ort ich zuerst sah. ;)

Mit diesem kleinen Umweg war ich nun aber wieder auf einer neuen Straße gelandet. Aalglatter Asphalt aber eben auch dementsprechend LKWs. Circa 20 km vor Karlovy Vary (Karlsbad) ging es dann nur noch abwärts (aber sachte). Kurz vor der Stadt wollte ich mir noch etwas mehr Luft gönnen (ich hatte seit der Salzkammerguttrophy einen schleichenden Platten). An einer Tanke machte ich den ersten Versuch und hatte danach fast weniger Druck drauf als vorher. Nach einer kleinen und unnötigen Irrfahrt durch Karlovy Vary wagte ich einen zweiten Versuch: aber irgendwie scheinen die Kompressoren nicht wirklich Druck herzugeben. Na dann halt nicht!

Weiter ging es auf der Autobahn:


Bin ich hier wirklich richtig?

Ihr findet doch auch, dass die Straße wie eine Autobahn aussieht?! Als die Polizei an mir vorbeifuhr, wusste ich, dass ich doch nicht falsch bin: sie sagte nämlich nix und ich nahm die nächste Ausfahrt nach Deutschland, wo mir erklärt wurde, dass ich schon fast da bin:


Juhu, Chemnitz steht schon drauf!!

Vorher musste ich aber noch den Fichtelberg erklimmen. In Jachymov ging es los: iiiiimmmer schon bergauf. Links und rechts konnte ich den Häusern und Menschen (ich hab noch nie eine Person so ekelhaft rotzen hören) beim Verfall zusehen. Schrecklich.

Dann begann es auch noch zu regnen und ich legte eine kleine Pause ein. Blick den Anstieg in Jachymov runter:


Hier kann es bestimmt auch schön sein, keine Frage!

Es müssen wohl so elf oder zwölf Kilometer bergauf sein. Am Grenzübergang angelangt, zwang ich mich, doch mal noch die Kamera rauszuholen:


Fichtelberg im Nebel. Aussicht: mangelhaft.

Der Rest ist schnell erzählt: pitschpatschnass durch Oberwiesenthal gebraust, rauf und runter und wieder abgetrocknet und rauf und runter und wieder nass geworden und rauf und runter und schon wieder fast trocken. Durch Annaberg-Buchholz strebte ich Chemnitz entgegen, sah Sonnenschein und Regenguss gleichzeitig und landete frohen Mutes in der Stadt mit dem Kopf beziehungsweise etwas außerhalb davon in einem trockenen Heim mit Waschmaschine, Dusche, warmen Essen, Wasser mit Blasen und einem normalen Lagerplatz, Bett genannt. Vielen Dank noch einmal dafür!!!

Für den nächsten Tag war wieder Regen angesagt: "Da kannst Du aber nicht weiterfahren." Okay! :) Aber was mach ich dann?... Den Kopf anschauen! :D

Übersicht Tag 4:
 
Zuletzt bearbeitet:
Hmm, der Tscheche an sich scheint dir ja nicht so besonders freundlich oder interessiert begegnet zu sein....dazu das Regenwetter. :rolleyes:
Auf unserer Rennradtour im letzten Jahr haben wir aber sehr gastfreundliche Einheimische getroffen.

Aber was mach ich dann?... Den Kopf anschauen! :D
Den Karl-Chemnitz-Kopf? Der sieht doch auch nicht anders aus als die Thälmann-Rübe an der Greifswalder. Der größte Steinschädel (Lenin) der Welt steht übrigens in Ula-Ude am Baikalsee. :cool:
 
Oooooh Schnegge ... sehr hübsch, da fällt mir ein, du hast 2x meinen Weg gekreuzt ... die Autobahn bin ich letztes Jahr von (Marktredwitz) Cheb bis kurz hinter Chomutov (und von dort über Seiffen/Kliny nach Litvinov) gefahren und in Jachymov hab ich im Sommer getankt als wir in Oberwiesenthal boarden waren und ich den Sonntag ausgesetzt habe.

Mit Deinen Abenteuerunterkünften kann ich natürlich nicht mithalten ;)

Sehr schöne Story :) :daumen:
 
:) Danke, danke!!! :)

Auf unserer Rennradtour im letzten Jahr haben wir aber sehr gastfreundliche Einheimische getroffen.
Das glaub ich!! Ich will auch damit kein Urteil fällen. Es war halt mein Eindruck und mir wurde ja auch geholfen und so viele Tschechen sind mir ja auch nicht begegnet.

Der Kopf, auch wenn er nicht der größte und schönste ist :P ;), kommt gleich....
 
Wo bitte geht's nach Hause?
Tag 5, 24.7.: Stadtbesichtigung


Der Tag begann mit Regen. Ab Mittag machte ich mich bei trockenen Verhältnissen auf den Weg in die Stadt, warf eine Karte aus Österreich ein, schrieb eine weitere und nachmittags wurde mir eine exklusive Führung durch einen Teil der Karl-Marx-Stadt dargeboten. Aber seht selbst!:


Steinerner Wald, 240 Millionen Jahre alt



Der Kopf!

Am Abend bzw. für gewöhnlich üben die Skater hier ihre Tricks. Leider bekomme ich nicht mehr zusammen, was mir zu der Geschichte des Gebäudes und der derzeitigen Nutzung erzählt wurde... :/

Weiter ging es zum Trimm Dich-Spielplatz mit Radl und Hochschiebebank und Hängegerüst:


Trimm Dich-Spielplatz


Aber es gibt nicht nur riesige Köpfe in der Stadt der Moderne:

Achtung! Monsterspinnen!

Nicht weit davon blüht der Bürgergarten. Meine Guides selbst waren überrascht, was es nicht alles in ihrer Stadt gibt:

Guides @Bürgergarten

Am Schlossteich vorbei fuhren wir zur Schlosskirche hinauf, Chemnitz' Ursprung. Die hatte aber leider zu. Also auf die Kirchenmauer und dann ab zum Lapidarium:


Auf der Mauer auf der Lauer...



Lapidarium

Im Küchwald kreiste die Parkpioniereisenbahn und wir nahmen das Kosmonautenzentrum "Sigmund Jähn" in Augenschein:


Kosmonautenzentrum "Sigmund Jähn"

Danach vertrieben wir erfolgreich die Kinder von den Trampolinen:


Hier sollte sich was drehen... (Animation!)
Auf dem Weg zum Spielplatz:


Posieren auf dem Drachen

Auf dem Spielplatz testeten wir die Reifenschaukeln, die Seilbahn und Sachen, die wir nicht identifizieren konnten:


Massagefederplattform?

Zum Abschluss gab es auf dem Weg vorbei an der Freilichtbühne noch einmal die Gelegenheit mit Effekt auf und ab zu springen:


Wasserhüpfspritzanlage

Ein dufter Nachmittag! Vielen Dank an meine beiden spontanen Guides! :)

Eine Frage blieb aber noch: fahr ich am Sonntag weiter nach Hause? Oder bleibe ich noch einen Tag im Arzgebirg?
 
Zuletzt bearbeitet:
Zurück
Oben Unten